Pferdehaltung in MA und früher Neuzeit

swalwa

Neues Mitglied
Hallo,

mal eine Frage an die Pferdespezialisten unter euch:

Ich suche Informationen darüber, wie Pferde im Mittelalter und in der frühen Neuzeit (ich denke in dem Berich gab es keine entscheidenden Veränderungen) gehalten wurden. Insbesondere die Pferde des Adels.

- Wie sahen die Ställe aus (gibt es da Bilder ?)
- Wurde die Pferde in Anbindehaltung (Ständer) gehalten oder gab es auch Boxen (Bauernpferde wurden meist angebunden, die hatten auch genug Arbeit, klar) Aber wie steht es mit den Spazierenreit- oder Jadgpferden des Adels, die eben nicht jeden Tag genutzt wurden?
- Wie bekamen diese Pferde genug Bewegung (ich unterstelle mal, dass die Leute auch schon wussten, dass ein Pferd das nur rumsteht krank wird)
Kamen die Pferde auf die Weide, oder hat man einen Stallknecht zum ausreiten geschickt?

Viele fragende Grüße swalwa
 
Ställe - und zu diesen zählte auch der Marstall (genau das war ursprünglich der Pferdestall, auch wenn dies später an Fürstenhöfen die Gebäude für Pferde, Wagen, Kutschen und Geschirr bzw. die Gesamtheit aller Pferde eines Fürsten bezeichnete) - gehörten neben Vorratshäusern zu den Versorgungsgebäuden und neben Mauern, Zwingern, Torsystemen, turmförmigen Wehrbauten, palastartigen Wohnbauten, heizbaren Räumen (Kemenate) und Kapellen typischerweise zur Burg.
Vgl. dazu bspw. Wilhelm Volkert "Adel bis Zunft: ein Lexikon des Mittelalters" - C.H. Beck, München 1991
Einen Eindruck solcher Marställe vermitteln noch heute erhaltene Stallgebäude, wenn sie auch inzwischen teilweise aufgrund touristischer Nutzung (z.B. museal, gastronomisch) umgewidmet wurden:
http://www.dresden-und-sachsen.de/dd2/xpics_ddum/stolpen_burg_kornhaus_w.jpg
(Gebäudeteil rechts)
http://www.greiz.de/tourismus/sehenswert/oschloss/pic/pferdestall.jpg
http://www.burg-greifenstein.net/burg_gs/burgrestaurant/raum/marstall_big_001.jpg

Da es Arbeitspferde - und hierbei sind gleichsam auch Last- bzw. Transportpferde zu nennen - nicht nur im bäuerlichen (da übrigens im Hochmittelalter sogar sehr selten), sondern auch im adligen Haushalt gab, wurden solche Pferde tatsächlich in der Ständerhaltung gehalten, da sie täglich einige Stunden in Gebrauch und damit reichlich in Bewegung waren.

Desweiteren gab es - so es die natürliche Umgebung zuließ - die Pferchhaltung bzw. die Koppelhaltung.

Zusatzinformation:
Hölzerne Gerüste und Gestelle existierten im Mittelalter zudem, um den Pferdehuf zu fixieren und so dem Hufschmied die Arbeit des Beschlagens zu erleichtern.
(Bildquelle: Alexanderroman von 1340)
Lit.: John Clark (Editor) "The Medieval Horse and its Equipment: c.1150-c.1450" - Museum of London/The Boydell Press, 2. Aufl. 2004

Verantwortlich für die Pferde eines adligen Haushaltes war der Marschall (marescallus, mareschal, marshal), der - bei einem höheren Adligen - einen oder mehrere Hufschmiede (farrier, ferrour, ferrarius) und mehrere Stallknechte unter sich haben konnte oder aber - beim niederen Adel - auch die Arbeiten des Schmiedes selbst erledigte und lediglich einige Stallknechten unter sich hatte.
Anm.: Auch wenn der Marschall als Hofamt bspw. im HRR durchaus höhere Bedeutung hatte, so bezeichnete man damit ursprüglich niemanden anderes als eben den Stallmeister, dessen primäre Aufgabe es war, die Arbeit im herrschaftlichen Marstall zu beaufsichtigen sowie Pferde zu taxieren und medizinisch zu behandeln.
Ausführungen zusammengerafft ebenfalls nach John Clark (Editor) "The Medieval Horse and its Equipment: c.1150-c.1450" - Museum of London/The Boydell Press, 2. Aufl. 2004

Grundsätzlich kann übrigens davon ausgegangen werden, daß zumindest auch die normalen Reitpferde (Palfrey, Rouncey, Jennet, Zelter) regelmäßig bewegt wurden, da nahezu jeder Reiseweg zu Pferd zurückgelegt wurde, wenn man denn nicht zu Fuß gehen wollte (und als Adliger ging man auf Reisen wohl nur ungern zu Fuß).
Pferde für den reinen Kampfeinsatz und/oder für die Jagd (Destrier, Courser) dürften - rein aus den Gründen, daß man sicherlich wußte, daß Pferde bewegt werden müssen, und diese Pferde ja auch teuer waren - ebenso regelmäßig bewegt worden sein. Hier erscheint es mir jedoch am ehesten wahrscheinlich, daß dies bspw. im Rahmen ritterlicher Kampfübungen, Leibesertüchtigung u. dgl. geschah, denn ein solches Pferd wird man nur ungern einem einfachen Stallburschen überantwortet haben.
Anm.: Hier allerdings beginnt meinerseits bereits die Spekulation...

Schlußendlich noch eine Referenz im Forum zum Thema "Mittelalterliche Pferde": http://www.geschichtsforum.de/f77/das-pferd-im-mittelalter-westliches-europa-9789/
 
Nur eine kleine Anmerkung am Rande:
Rebecca Gable hat in ihrem gut recherchierten historischen Roman "Das Lächeln der Fortuna" die Hauptperson als Pferdeknecht und dann als anerkannten Pferdezüchter agieren lassen. Beim Lesen erfährt man so viel über Pferdehaltung und -zucht im 14.Jahrhundert.
 
Hallo Timotheus und Anish,

vielen Dank für Eure Antworten.
@ Timotheus: ich druck alles aus und arbeite es dann genüßlich durch - da wo es keine Informationen gibt kann man sich ruhig ein paar Spekulationen erlauben!!!
@Anish: Schande schande, ich hab das Buch sogar!!!!

Viele Grüße swalwa
 
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