Um es mal aus dem falschen Bereich rauszuholen. Vielleicht kann ja einer der Mods die entsprechenden Beiträge von Maelon und mir hier rüberschieben.
Ich sollte wahrscheinlich jedes meiner hier geschriebenen Worte genauer überdenken, damit sie nicht falsch verstanden werden können... Also, zur Klarstellung: Ich habe nicht gemeint, dass die Sarissa als Waffe jämmerlich war. Ich habe gemeint, dass ihre Eignung als NAHKAMPFWAFFE jämmerlich war. Und dabei bleibe ich! Da mag der Lanzenschuh hundertmal die Form eines Streitkolbens gehabt haben - man kann eine Waffe, die vier bis sechs Meter lang ist, ganz einfach nicht wie einen Streitkolben einsetzen. Führ Dir vor Augen, wie so eine Phalanx vorgegangen
Na in dem Fall reden wir entweder aneinander vorbei oder du willst den Schritt wirklich einfach nicht mitvollziehen. Dass jener Lanzenschuh nicht zum Einsatz kam, solange die Sarissa intakt, der Gegner auf Distanz war oder zu schnell heran kam, da stimmen wir überein.
Aber: die Sarissa ist, genau wie der dory eben nicht unzerbrechlich. Dazu möchte ich nochmal auf die bereits gedrachten Bilder verweisen ebenso wie die Aussagen Connollys zu seinen Experimenten mit dieser Waffe. Die Biegung ist beträchtlich. Du magst dich schlicht querstellen, aber wenn mir meine 4 - 6 m lange Waffe bricht und ich habe eine vielleicht 1 - 2 m lange Waffe (oder auf handliche Länge verkürzbare) Waffe in der Hand, dann benutze ich diese auch.
Andernfalls würde ich gerne deine Theorie hören, warum das Sarissenende so geformt ist, wie es ist. Als reines Gegengewicht wäre ein massiver Amboßkörper praktischer gewesen, sowohl in Herstellung als auch Pflege als auch Anwendung).
Führ Dir vor Augen, wie so eine Phalanx vorgegangen ist:
Die Soldaten in der ersten Reihe haben den Schulterschluss gesucht, sich mit ihren Schilden gegenseitig geschützt und die Angriffswaffe gegen den Feind gerichtet. Von hinten wurden sie von den nachfolgenden Reihen "angeschoben". Die Phalanx hat also einen großen Teil ihrer Wirkung aus dem Effekt des "Massendrucks" gezogen, den jeder von uns heute noch testen kann, wenn er in ein Fußballstadion will. Daraus zog die Phalanx ihre Wucht! Es ging immer nur nach vorn, und wenn ein Kämpfer fiel, wurde - allein durch den Druck der Masse - der nächste Kämpfer in diese Position gedrückt.
Ich habe dazu mehrere Quellen, Artikel und Versuche vor mir liegen, in denen es mir vorgeführt wird. Und darum bat ich dich, was ich nach wie vor nicht als Stichelei oder Bösartigkeit meine, dich ebenfalls einzulesen, denn da ist das ein oder andere festgefahrene Bild.
z.B. der "Schulterschluss". Den gibt es in der griechischen Phalanx, in welcher der dory über dem Kopf und in steilem Winkel geführt wird, so dass die saurote den Hintermann nicht gefährdet (außer der Frontmann kann mit der Waffe nicht umgehen).
In der hellenistischen Phalanx ist seitlicher "Schulterschluss" de facto nicht möglich.
- aus den Quellen geht eindeutig hervor, dass mehrere Reihen ihre Speere in waagerechte Position gegen den Gegner richteten. Dafür mußten die Reihen hinter der Front ihre Speere zwischen den Männern der ersten Reihe hervorbringen. Dafür benötigen sie Freiraum.
- stünden die Soldaten dicht an dicht, das zeigten sowohl Delbrücks Versuche als auch Connollys, würden die Lanzenschuhe per se ihre direkten Hintermänner verletzen, ein feindlicher Ansturm würde zudem bedeuten, dass der von vorne kommende Druck die Sarissa in den Händen des Trägers nach hinten drückt oder bewegt, womit wieder ein Verletzungsrisiko verbunden wäre.
- die anzunehmende Grundhaltung würde bedeuten, dass Kontaktdichte jede weitere Bewegung und damit jede, absolut jede, Reaktion unmöglich machte und ein Vormarsch nicht nur, wie durch Quellen und Versuche dargelegt, schwierig, sonder schon durch die kleinste Kleinigkeit unmöglich würde. Jedes stolpern würde z.B. wieder die Verletzungsgefahr IN der Formation massiv nach oben setzen.
Das läßt sich noch erweitern, aber ich denke, es ist klar worauf ich hinaus wollte.
Was den "Druck" angeht, so ist dieser sicher von großer Bedeutung, da stimmen wir überein, aber die bislang übliche Lesart, dass bis zu 16 Reihen vollen Druck ausüben auf den Vordermann ist nicht vertretbar. Einige Darsteller können z.B. ein Lied davon singen, wie sie sich fühlen, werden sie von gerade mal vier Reihen vor und 4 Reihen hinter sich gepresst. Man stelle sich einfach das Gefühl vor, mit mindestens hundert kg Druck zwischen zwei Metallplatten gepresst zu werden.
Druck spielte vor allem in den klassischen Phalanxkämpfen eine Rolle, als die letzten Meter im Sturmlauf genommen werden konnten / sollten, etwas das den Makedonen nicht möglich war.
Der Kampf des Phalangiten wird durch zu großen Druck von hinten erschwert. Die gängigen Diagramme aus der Vogelperspektive lassen diese Aussagen klar erkennen.
Der Begriff "Phalanx" hat nicht (mehr) zu tun mit persönlicher soldatischer Qualifikation. Phalanx ist ein Massenphänomen.(...)
Bis hierhin konnte ich zustimmen, die folgenden, hier ausgelassenen Sätze stimmen so nicht mehr. Natürlich ist es nicht mehr der "heroische" Einzelkampf archaischer Zeiten, aber die Anforderungen an die Hopliten und Phalangiten war darum nicht minder hoch. Der Umgang mit der aspis wie mit dem kleinen makedonischen Schild wollte ebenso geübt sein, wie mit dem Speeren. Einfach nur hinhalten ist da nämlich eine extrem vereinfachte Sicht. Schnapp dir einfach mal eine sechs m lange Stange massiven Holzes, binde vorne und hinten ein wenig Gewicht daran und versuche die Spitze dann ruhig an einen Ort zu halten, den Ort, den du als Phalangit in der Formation zu decken hattest.
Danach laufe einfach mal mit ein wenig Schwung, die "Lanzenspitze" voran gegen eine Mauer und versuche ein Durchgleiten zu verhindern, Schwingung bzw. Kraftumsetzung in deinen Händen zu beherrschen und einen Strukturriß zu vermeiden.
Stelle dir dabei vor, einen Schild an einem Gurt um deinen Hals zu tragen, welcher dein Hauptschutz sein soll. Formationsbewegungen und deren Übung haben wir ja bereits besprochen.
Die kämpferische Fähigkeit in der Phalanx beider Zeitstufen jedoch ist es eben nicht "stumpf an seinem Platz in des Feindes Waffe zu laufen" sondern damit umzugehen, sprich, sich selbst und die Kameraden zu schützen und dabei nach Möglichkeit den Gegner zu erwischen.
Bei den Römern scheint es ja hin und wieder geklappt zu haben, wenn sie unter Flamminius oder Paulus die Makedonen erst frontal angehen und dabei wenige Verluste haben obwohl sie abgeblockt wurden. (Ich führe das auf die scuta zurück)
Die Qualität der Truppen ist nach Ansicht diverser Militärhistoriker bei den Phalangiten von besonderer Bedeutung. Sowohl Warry als auch (dem sonst wirklich wenig bemerkenswerten) Humble betonen die besondere Notwendigkeit gut einstudierter Bewegungen und Abläufe sowie eines ausgeprägten esprit de corps. Connolly legt auf ersteres besonderen Wert und zieht starke Disziplin in der Truppe heran.
Die geschilderte Schlacht aus dem Krieg Roms gegen Pyrrhos zeigt genau dieses. Die gegen Beschuss empfindlichen Phalangiten halten jedem Ansturm stand und bleiben diszipliniert auch unter Verlusten lange stehen.
Weiteres Beispiel ist Cannae. Sollten wirklich "richtige" Phalangiten dabei gewesen sein, mußten sie das Zurückweichen des Zentrums und / oder das Flankenmanöver mitgemacht haben. Viel Bewegung bei extremen Druck durch die Römer.
Grundlegend kann man aber feststellen, dass die Makedonen durchaus auch in der regulären Kampfsituation in den Nahkampf geraten sein mußten und dabei mehr oder weniger ihren Mann standen. Hanson gibt eine Steigerung der Verluste von klassischer Phalanx hin zu Alexanders Feldzügen von 10 - 20 % auf 30 - 40 % an, und schließlich in den Nahkämpfen mit Legionen bei 50 - 80 %.
In hellenistischer Zeit, man denke an Gaugamela usw. kann dies nicht nur durch Beschuss entstanden sein, und die Reichweite der Nahkampfwaffen der Perser etwa kam nicht über die Distanz einer Sarissa an. Natürlich ist das eine recht mathematische Annahme, die hypaspisten und Hilfstruppenverluste noch aufschlüsseln müsste.
Das galt schon bei der dorischen Phalanx, die Du erwähnst. Nun zur Sarissa: Die hat das System nicht grundlegend geändert. Die hat nur die Möglichkeit geschaffen, dass nicht nur die Soldaten in der ersten Reihe sondern auch die in der zweiten und dritten Reihe ihre (Angriffs-)Waffen (Sarissen) gegen den Feind richten konnten.
Stimmten wir bisher nicht überein muß ich hier protestieren. Die Reformen der Makedonen sind tiefgreifend, treten eine Welle von Taktikbüchern los (die uns leider nur in Erwähnungen erhalten sind) und ändern den Schlachtverlauf grundlegend. Darunter fällt auch die neue Phalanx und ihre geringere Mobilität.
Als Beispiel sei hier wiederum Cynoscephalai genannt. Der griechischen Flanke war es nicht möglich in zu erwartenden Schwenks und Drehungen, zu denen die klassische Phalanx fähig war, in Position zu marschieren und somit dauerte das Manöver zu lang, ermöglichte den Römern einen Flankenangriff und somit den Sieg.
Was ist der Unterschied zur dorische Phalanx? Lediglich die Zahl der Lanzenspitzen, die gegen den Feind gerichtet sind.
Wie gesagt, das stimmt nicht. Ich empfehle einen Blick auf die Diagramme in Connollys Greece and Rome at war, Warrys Ancient Warefare usw. Schon der kleine Abgleich der Schlachtenbeschreibungen bei Polybios oder den Alexanderbiographen, bei Xenophon usw. mit denen des Herodot oder den Vasenmalereien der Zeit zeigen es deutlich.
Zurück zur Sarissa: Die Soldaten in den ersten drei Reihen konnten ihre Waffen auf den Feind richten. Wie war das mit den Soldaten in den Reihen vier bis x? Die haben ihre Lanzen nicht nach vorn gerichtet, sondern sie aufrecht geragen. Sie konnten mit den Dingern nur "nach unten stampfen". Alles andere war unmöglich. Versuch doch mal, einen Gegenstand zu bewegen, der sechs Meter lang ist!
Ganz meine Meinung, aber was hat das mit unserer bisherigen Diskussion zu tun?
Ich habe zu keinem Zeitpunkt behauptet, dass die Makedonen ihre Stangenwaffen wie Akrobaten einsetzten (wobei die Kavallerie genau das tun konnte, s. Experiment Connolly zur Sarissa).
Ich teile auch nicht Deine Auffassung, dass diese Sarissen "dazu gemacht" worden sind, abzubrechen. Natürlich konnten sie brechen, aber das war nicht die Intention bei ihrer Konstruktion.
Ich habe auch nie behauptet, dass sie dazu gemacht sind, ich habe gesagt, dass ein Bruch sehr wahrscheinlich ist. Und ich habe dazu die Argumente aufgeführt. Länge, daraus ergebende Stresswölbung und Sensibilität, Größe des Frontaldrucks, Beschreibungen von brechenden Schäften bereits beim wesentlich kürzeren dory, Lanzenschuh in Waffenform. Auf diese Argumente hätte ich gerne eine Antwort, wenn du per se ablehnst, was man dir antwortet.
dann soll der Phalanx-Soldat mitten im Kampf fähig gewesen sein, seine Sarissa "durchzubrechen" und sie als Streitkolben zu verwenden? Und das auch noch mit einer Hand? Die andere war ja durch den Schild gebunden.
Sollte der feindliche Soldat in der Lage gewesen sein, EINEN Speer zu überwinden findet er dahinter den Speer der nächsten Reihe. So oder so verschaffen die Kameraden damit dem nunmehr "überwundenen" Zeit, zu reagieren. Entweder indem er seine möglicherweise geborstene Waffe dreht / umfunktioniert oder zu seiner Seitenwaffe greift. Darum ging es ursprünglich übrigens. Ich halte es aber eben auch nicht für ausgeschlossen, dass der Phalangit seine Waffe mittels gewaltsamer Verkürzung seines Schaftes umfunktioniert. Sei es durch einen oder ein paar beherte Tritte auf den Schaft oder durch den Einsatz anderer Waffen.
Das führt uns direkt zur Schildgröße. Wenn man eine sechs Meter lange Lanze führen soll, dann braucht man dazu in der Tendenz beide Hände. Je größer der Schild ist, den man ZUSÄTZLICH noch führen soll, desto schwieriger wird es, die Lanze zu handhaben
Unzweifelhaft und nie zur Diskussion stehend.
Die gefundenen Exemplare der Schildhüllen sind zwischen ca. 55 und 70 cm im Durchmesser, wobei die größeren als Kavallerieschilde verortet werden.