Philipp der Streitbare oder ein unglücklicher Fürst der frühen Neuzeit

Murasaki

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Philipp der Streitbare war der Sohn von Ruprecht von der Pfalz und der Elisabeth von Bayern-Landshut und wurde am 12. November 1503 in Heidelberg geboren.
Sein Vater entstammte der pfälzischen Linie der Wittelsbacher und seine Mutter war die Tochter des Georg von Bayern-Landshut, genannt der Reiche.

Georg der Reiche galt zwar als unglaublich reich, doch ihn war kein großer Kindersegen beschert gewesen.
Mit der Hedwig von Polen zeugte er zwar (angeblich) 5 Kinder, doch überlebten nur die beiden Töchter Margarete und Elisabeth.
Georg setzte durch, dass seine Tochter Elisabeth mit Ruprecht verheiratet wurde.
Es gab nämlich auf grund der nahen Verwandtschaft zum Anfang einige Schwierigkeiten.
Ruprecht war nämlich der dritte Sohn Philipps (des Aufrichtigen) und der Margarete von Bayern-Landshut, die die Schwester von Georg dem Reichen war.
Georg der sich bewusst war das nach seinen Tode die Linie Bayern-München Erbansprüche stellen würde machte seine Tochter zur Alleinerbin und später adoptierte er seinen Schwiegersohn.
Von den Verwandten aus München schien Georg nämlich nicht allzu viel zu halten.
Er soll sogar mal gesagt haben, dass er sich lieber wünsche sein Herzogtum wäre ein Abgrundtiefer See und er selber eine Ente, die das stille Wasser durchpflüge, als das er sein Land den Wittelsbachern aus München überlassen würde.
Georgs andere Tochter war schon für eine geistliche Laufbahn bestimmt.
Am 1. Dezember schloss Georg, der bereits vorher schon länger schwer krank war, seine Augen für immer.
Als Nachfolger bestimmte er seinen Schwiegersohn Ruprecht, doch sein Vetter Herzog Albrecht der Weise von Bayern-München sah das ganz anders.
Albrecht dem politisches Kalkül, Geduld und Härte nachgesagt wurden sah nun seine Stunde gekommen und machte Erbansprüche geltend.
Der Hausvertrag der beiden wittelsbacher Linien sah nämlich vor, dass wenn eine Linie keine männlichen Erben hatte, das Land der anderen Linie zufallen sollte.
Da Ruprecht seine Ansprüche auf das Herzogtum Bayern-Landshut nicht zurück stellen wollte und Albrecht beharrlich auf sein Recht pochte, kam es zum Krieg zwischen den beiden Parteien.
Diese Auseinandersetzung ging als der Landshuter Erbfolgekrieg (1504 bis 1505) in die Geschichte ein.
Philipps Vater hatte nicht gerade gute Aussichten als Gewinner aus der Auseinandersetzung zu gehen.
Zwar standen ihn seine Familie, die Böhmen und viele Angehörige des niederen bayrischen Adels zur Seite, doch zu seinen Gegnern zählten der Schwäbische Bund, die Reichstadt Nürnberg, die Markgrafen von Brandenburg und Baden, der Landgraf von Hessen uvm
Erschwerend kam noch hinzu, dass über Ruprecht noch die Reichsacht verhängt wurde und das sich auch der deutsche König Maximilian in die Sache einmischte.
König Maximilian kann sogar als eigentlicher Gewinner des Landshuter Erbfolgekriegs bezeichnet werden.
Wie heißt es schließlich so schön?
Wenn zwei sich streiten, freut sich der dritte.
Der König beanspruchte das Tiroler Inntal mit den Gerichten Rattenberg, Kufstein und Kitzbühel, außerdem schwäbische Gebiete zwischen Iller und Lech.
Ruprecht war am 20. August 1504 bereits an der Ruhr gestorben und auch seine Frau Elisabeth und deren ältester Sohn Georg raffte die gleiche Krankheit hin.
Doch böse Zungen behaupten immer wieder, dass nicht die Ruhr Schuld gewesen sein soll, sondern Gift.
Philipp und sein um ein Jahr älterer Bruder Ottheinrich wurden also zu Vollwaisen.
Damit die beiden Kleinkinder nicht ganz mittellos und unstandesgemäß aufwachsen mussten, wurde für sie das Fürstentum Pfalz-Neuburg erschaffen (die junge Pfalz).
Das kleine Fürstentum Pfalz-Neuburg umfasste die Städte Neuburg, Lauingen, Höchstädt, Gundelfingen Heideck, Velburg, Burglengenfeld usw
Groß war das Territorium was sie bekamen nicht und die Einnahmen waren auch nicht sehr hoch.
Hinzufügen kann man das durch die vielen Landsknechte das Land ausgeplündert und in weiten Teilen zerstört war.
Da die beiden Kleinkinder ja noch nicht regieren konnten wurde ihr Onkel Friedrich von der Pfalz als Vormund eingesetzt.

Die beiden Kinder bekamen eine standesgemäße Ausbildung, wobei bei der Bildung mehr wert bei Philipp gelegt wurde, da er für die geistliche Laufbahn bestimmt war.
Von den Verlauf der ersten Lebensjahre weiß man leider fast gar nichts.
Man geht davon aus, dass die Kinder sich vorwiegend in Neuburg aufgehalten haben.
Der erste Lehrer hieß Alexander Wagner und unterrichtete die Kinder in Grammatik, Latein, Moral, Philosophie, Rhetorik oder Geschichte.
Im Jahre 1516 ließ sich Philipp ins Register der Universität Freiburg einschreiben.
Obwohl er noch jung war, soll er nach Berichten seines Bruders Ottheinrich schon bald das Amt des Rektors inne gehabt haben.
Mit 14 Jahren, wurde er von Friedrich von Wolmertshausen im adligen Benehmen, reiten fechten und tanzen ausgebildet.
Im September 1519 machte sich Philipp auf nach Padua um dort an der berühmten Universität zu studieren.
Um 1520 steckte er sich in Italien mit der Franzosenkrankheit an.
Später versuchte er mit erfolglosen Holzkuren die Syphilis zu bekämpfen.

Da es aus welchen Grund auch immer nicht mit der geistlichen Laufbahn klappte, wollte er genau wie sein Bruder ins heilige Land reisen, doch leider erlaubte es ihm sein Vormund Friedrich nicht.
Er gab an, dass so eine Reise ins gelobte Land auch gefährlich sein könne.
Wenn beiden auf der Reise was passieren sollte, wer sollte dann später das Fürstentum regieren?
Auch werden die hohen Kosten für die Reise sicherlich eine große Rolle gespielt haben.
So gab der junge Philipp dann auch widerwillig nach und musste sich später mit den Erzählungen seines Bruder begnügen.
Wenn man weiß, was Ottheinrich alles in sein Tagebuch eintrug, während er auf Pilgerfahrt war, kann man den Neid von Philipp durchaus verstehen.

Im Jahre 1522 war Friedrich von der Pfalz dann der Meinung, dass die beiden alt genug waren um selbständig regieren zu können.
Dieses Ereignis wurde prächtig gefeiert.
Mit großen Banketten, Ritterturnieren, Schlittenfahrten usw.und das obwohl das Fürstentum Pfalz-Neuburg sowieso nicht gerade viel Geld im Jahr einbrachte und das die Bevölkerung immer noch an den Folgen des Landshuter Erbfolgekriegs zu knabbern hatte.
Nachdem die beiden Brüder sich in den wichtigsten Städten ihres Reich huldigen ließen fingen sie auch so bald an mit dem regieren.
Schon bald wurden sie aber von der Realität eingeholt.
Das Fürstentum reichte nicht für zwei und so beschloss Philipp wie sein Onkel in die Dienste der Habsburger zu gehen.
Er trat in die Dienste von Karls Bruder Ferdinand, was aber auch bald scheiterte, weil das Leben am Hofe Ferdinands äußerst kostspielig war und die Besoldung mehr als schlecht.
So trat er den 1524 aus dessen Dienste und widmete sich in den folgenden Jahren mehr an der Bekämpfung seiner Krankheit, die ihn immer mehr einschränkte.

Doch im Jahre 1529 sah Süleyman (der Prächtige) die Zeit gekommen um Ungarn zu erobern, bevor die Habsburger ihre Macht dort festigen konnten.
Die Habsburger hatten erhebliche Schwierigkeiten eine schlagkräftige Armee bereit zustellen, da sie noch in Italien Krieg führten, außerdem spielten die deutschen Fürsten die Türkengefahr runter und wollten keine Türkensteuer errichten.
Da Philipps Onkel Friedrich über gute Kontakte zu den Habsburgern verfügte, bekam Philipp auch eine Kommandostelle.
Am 15 September zog er mit den Truppen in Wien ein.
Als er erfuhr, dass die Osmanen schon im Anmarsch waren und es nicht mehr lange dauern würde bis sie vor der Stadt stehen würden, da beschloss er gegen den Willen des Grafen Salm die Stadt zu verteidigen.
Dazu brach man die Gebäude der Vorstädte ab um das Material zur Verstärkung der Bollwerke zu nehmen.
Süleyman rechnete wohl damit, dass sie die Stadt ohne Probleme erobern würden und ließ sogar bei Philipp anfragen ob er die 300 Böhmen die zuvor in Gefangenschaft geraten waren zu Verstärkung haben wolle.
Natürlich lehnte dies Philipp empört ab.
Am 9 Oktober gelang es den Osmanen dann endlich ein Loch in die Mauer zu schießen und einige Soldaten konnten durch gelangen, doch Philipp schaffte es die Angreifer zurück zu drängen.
Auch den zweiten Ansturm konnten die Verteidiger zurück drängen.
Bein dritten Angriff (am 14 Oktober) wurden noch größere Breschen in die Mauer gesprengt.
Aber auch dieser Angriff scheiterte, auf grund besserer Waffen.
Die gefürchteten Hakenbüchsenschützen, die Karl V. seinen Bruder Ferdinand geschickt hatte erwiesen sich als äußerst nützlich.
Die osmanischen Soldaten wollten lieber durch die Hand oder den Säbel ihrer Offiziere fallen, als von den Feuerrohren.
Von der Elitetruppe der Janitscharen starben 350 Mann
Da nach alten islamischen Kriegsgesetzt schon genug gestürmt wurde machten sich die Osmanen auf den Rückzug.
Die Osmanen sollen mehrere 1000 Menschen in Stücke gehauen und junge Männer wie Schachtvieh davon geschleppt haben.
Insgesamt verloren 48000 Osmanen ihr Leben, wobei die Verteidiger nur 1500 Mann verloren.

Im Jahre 1530 nahm er das Amt eines Statthalters von Württemberg an, was ihn aber mehr Pech als Glück einbrachte.
Immerhin wurde er zum Ritter des goldenen Vlieses ernannt und bei der Kaiserkrönung von Karl V. war er als einziger deutscher Fürst anwesend.
Über seine zweijährige Amtszeit finden sich fast keine Quellen.
Es wird meist immer nur vom Ende seiner Statthalterschaft geredet, die ja bekanntlich in der verlorenen Schlacht bei Lauffen endete.
Der zuvor von dem Schwäbischen Bund vertriebene Ex Herzog Ulrich konnte sich wieder etablieren und Philipp war wieder gezwungen sich auf Pfalz-Neuburg zu konzentrieren.
In der Schlacht bei Lauffen zog er sich außerdem eine böse Fußverletzung zu, die nie mehr verheilen sollte.

Ein Jahr später, also im Jahre 1535 wurde Pfalz-Neuburg aufgeteilt unter den beiden Brüdern.
Ottheinrich bekam den südlichen und Philipp den nördlichen Teil.
Dies stellte sich als großer Fehler heraus.
Philipp wurde 1541 auf Grund der immensen Schulden gezwungen seinen Teil wieder Ottheinrich zu überlassen.
Doch drei Jahre später erging es seinen Bruder nicht besser.
Auch er war bankrott.
Die Schulden beliefen sich auf über 1000000 Gulden und die 600 Gläubiger wollten endlich ihr Geld sehen.
Die Landstände übernahmen die Schulden und den beiden wurde jährlich eine Pension gewährt.
Er folgte seinen Bruder nach Heidelberg, wo er auch 1548 starb.
Nicht nur karrieremäßig hatte er nie Glück gehabt, sondern auch in der Liebe.
Seine Heiratspläne scheiterten allesamt.
Weder schaffte er es eine Prinzessin von England oder Polen, noch eine von Dänemark zu heiraten.
Da sein Motto aber „Nichts unversucht“ hieß, versuchte er immer wieder ein Neuanfang zu starten, doch alle Anstrengungen waren umsonst.
Ottheinrich hatte vielleicht Recht gehabt, als er Philipp als den unglücklichsten Fürsten beschrieb, den es je gegeben hat.

Was haltet ihr von diesen Mann?
Wieso hatte er nur so viel Pech?
Hatte er selbst vielleicht auch viel Schuld oder war es eher die Umstände seiner Zeit?
Immerhin muss man sagen, dass er obwohl das Land hoch verschuldet war, eine prunkvolle Hofhaltung führte.
Aber gegen eine regelrechte Verwendungssucht wie sie Ottheinrich aufwies waren die Kosten für Philipps Hofhaltung ja gar nichts.
Wie war überhaupt sein Verhältnis zum einfachen Volk?
Welchen Einfluss nahm er überhaupt in der Politik ein?
Ich hab das Gefühl, das selbst sein Bruder ihn nicht allzu viel Macht einräumen lassen wollte.
Wieso wird in vielen späteren Quellen die Rolle des Verteidiger von Wiens eher den Grafen Salm zugeschrieben?
Philipp war ja zuerst für die kirchliche Laufbahn bestimmt gewesen, aber wieso hat das letztendlich nicht geklappt?


Quellenangabe:


http://www.amazon.de/Philipp-Streitbare-Fürst-Frühen-Neuzeit/dp/3791718622/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books&qid=1235418783&sr=8-1


http://www.amazon.de/Himmelsstürmer-Ottheinrich-von-Pfalz-Neuburg-1502-1559/dp/3791719114/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1235418933&sr=1-1


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Philipp der Streitbare (...)

Was haltet ihr von diesen Mann?
Sehr viel. Seine Verdienste bei der Verteidigung Wiens sollte man ihm hoch anrechnen. Damit steht er auf einer Stufe mit Leuten wie Sobieski oder Prinz Eugen. :yes:

Wieso hatte er nur so viel Pech?
Vielleicht lag's an seiner Krankheit (ist das mit der S. überhaupt sicher?) :huh:

Hatte er selbst vielleicht auch viel Schuld oder war es eher die Umstände seiner Zeit?
50% 50% :pfeif:

Wieso wird in vielen späteren Quellen die Rolle des Verteidiger von Wiens eher den Grafen Salm zugeschrieben?
Hm, vielleicht gibt es den Wittelsbachern gegenüber gewisse Vorurteile (man nimmt sie meist nur als kunstsinnige Menschen war). :fs:
 
Wieso wird in vielen späteren Quellen die Rolle des Verteidiger von Wiens eher den Grafen Salm zugeschrieben?
Hm, vielleicht gibt es den Wittelsbachern gegenüber gewisse Vorurteile (man nimmt sie meist nur als kunstsinnige Menschen war). :fs:

Vielleicht lag es einfach daran, dass er keine Nachkommen hatte. Sein älterer Bruder Ottheinrich hatte auch keine Nachkomme, diese Wittelsbacher-Nebenlinie starb also mit beiden Brüdern aus.

Während Ottheinrich immerhin Reiseberichte verfasste, die erhalten geblieben sind, aber keineswegs heute noch bekannt ist (bis eben zu ihm und später auch zu seinem Bruder eine populärwissenschaftliche Biographie Ende des 20. Jahrhunderts verfasst wurde), hat Philipp der Aufrechte offensichtlich nichts hinterlassen, das direkt wahrgenommen werden kann.
 
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