Phonetische Archäologie?

Es ist zwar im Thema etwas Off Topic bzw. stellt ein eigenes Thema dar, aber an einem Punkt muß ich noch etwas dazu schreiben...

Die Berliner machen aus dem G ein J, die Sachsen aus manchem J ein G...

Hier solltest Du mit "die Sachsen" vorsichtig sein...

Daß ein (schriftliches) J zum (gesprochenen) G wird, kenne ich so explizit vom Erzgebirgischen, das zwar in Sachsen gesprochen wird, jedoch nur in einem Teil Sachsens, eben dem Erzgebirgsraum.
Übrigens gehört Erzgebirgisch nicht zu den Dialektgruppen des Ostmitteldeutschen (wie eben bspw. die Thürinigisch-Obersächsische Dialektgruppe oder die Lausitzischen Dialekte), sondern zur Ostfränkischen Dialektgruppe.
Siehe dazu auch:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ostmitteldeutsche_Sprache
http://de.wikipedia.org/wiki/Erzgebirgisch
 
Zitat:" th ist dort phonetisch ein d und wäre von Schreibern sicherlich auch als d oder dh erfasst worden, würde man nicht die standartisierte, englische Fassung kennen."

Im jamaikanischen Patouis ist es genauso, das typisch "spuckende" Th existiert dort nur auf dem Papier. z. B. the Water klingt fast wie das plattdeutsche "de´wadder"
 
Wie ist das eigentlich mit der Beziehung von /R/ und [L] bzw. [R] und /L/?
Man sagt ja den Ostasiaten nach, sie sprächen das /R/ als [L] aus, wobei ich dies (wider besseren Wissens) für einen populären Irrtum halte. Aber ich kenne Beispiele von der iberischen Halbinsel, des genau umgekehrten Phänomens, wo der Austausch des Phonems /L/ durch das Phon [R] stattgefunden hat, und zwar im Gaditanischen* (der Dialekt der andalusischen Provinz Cádiz, früher Gadir, Gadeira bzw. Gades) und im Portugiesischen.
Das Gaditanische ist natürlich keine Sprache, sondern "nur" ein Dialekt, im jeweils umgangssprachlichen Sinne. Hier gibt es das Phänomen, dass z.B. beim männlichen Artikel el dieser er ausgesprochen wird.
Bei den Portugiesen hat dieser Lautaustausch es bis ins Lexikon geschafft. Die Portugiesen bedanken sich mit obrigad@, was etymologisch ein adjektiviertes Partizip ist, welches ursprünglich soviel wie 'verpflichtet' bedeutete.

Meine Frage ist nun: wieso scheinen [r] und [l] diese Nähe zu haben? Und: ist dies Zungenspitzen- oder Zäpfchen-R-spezifisch?
Können die Japaner vielleicht kein alveolares (am Zahndamm realisierte) R, nur das uvulare (Zäpfchen)? Auch das L wird am Zahndamm realisiert.
 
Der Tausch des R gegen L ist auch aus dem Deutschen bekannt, wie schon die Gebrüder Grimm wußten:
6) über tausch des r mit dem nächstverwandten l vergl. th. 6, sp. 2, nr. 5, a; mundartlich geht dieser tausch weiter, als in der schriftsprache (vergl. alem. kilche für kirche, bilche für birke th. 5, 792), namentlich bei dissimilationsbestrebungen, wenn es z. b. in der Oberpfalz kulfürst für kurfürst (SCHM. 1, 412 Fromm. unter post) heiszt.
http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbuecher/dwb/wbgui?lemid=GR00001


Was die ostasiatischen Sprachen betrifft:

Im Japanischen gibt es das Zungen-R, aber kein L. Jedem, der auch nur eine Handvoll japanische Wörter oder Namen kennt, wird wohl schon über r-haltige Wörter wie "samurai", "sayonara", "karate", "Hirohito" oder "Hiroshima" gestolpert sein. "Berlin" wird auf japanisch als Be-ru-rin transkribiert

Im Mandarin gibt es ein L, aber kein Zungen-R, sondern nur ein "englisches" R, das aber nur im Auslaut und eher selten auftritt. Im Anlaut gibt es nur ein L; der Anlaut, der in der pinyin-Umschrift als r transkribiert wird (z. B. in "Renmin Ribao"[url]) ähnelt eher dem polnischen "rz" oder dem französischen "j". "Berlin" wird auf chinesisch als Bo-lin transkribiert.

Auch das vietnamesische "R" ähnelt dem polnischen "rz" (in der Aussprache von Hanoi ist es eher ein stimmhaftes S.)

Im Koreanischen gibt es sowohl ein Zungen-R wie auch ein L. Das R tritt allerdings nicht direkt vor Konsonanten und das L nicht im Wortanlaut auf. "Berlin" wird auf koreanisch als Berullin transkribiert.
 
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