Polis-System

G

Gymnasiast

Gast
Meine Frage lautet:

Welche Auswirkungen hat das Polis-System auf die Neuzeit? Vorallem am Beispiel Athen.

Vielen Dank für die Hilfe
 
Hallo Gymnasiast,

ein polis-System gibt es nicht. Eine polis ist eine städtische Ansiedlung im antiken kulturell griechischen Raum. Vgl. Neapel :rechts: Nea|polis :rechts: Neustadt.
Die griechischen poleis waren Stadtstaaten, also Städte mitsamt ihrem Umland, wozu dann noch ein paar Dörfer oder Gehöfte gehörten. Diese hatten ganz unterschiedliche Staatsformen, Sparta z.B. hatte eine Zeit lang ein Doppelkönigtum, andere Staaten hatten eine Aristokratie - also die Herrschaft mehrerer Adeliger -, eine Tyrannis (die Herrschaft eines Gewaltherrschers), eine Timokratie (ähnlich der Aristokratie, nur dass es hier nicht auf die Geburt ankam, sondern auf die effektiven Vermögenswerte) und schließlich eine Demokratie, wie wir sie in Attika (mit der polis Athen) finden. Diese Demokratie hatte sich über den Weg der Timokratie aus der Tyrannei in mehreren Phasen entwickelt (solonische Reformen, Reform des Kleisthenes).
Die damals formulierten Ideen einer Demokratie hatten im 18. Jahrhundert einen nicht geringen Einfluss auf die Ideen der Aufklärer (die sich allerdings auch auf die römische Republik beriefen).
 
schon mal vielen Dank. Aber gibt es noch mehr Auswirkungen die man auch heute noch sehen kann? Vielleicht an Stadtstrukturen oder in der politischen Geschichte?
 
schon mal vielen Dank. Aber gibt es noch mehr Auswirkungen die man auch heute noch sehen kann? Vielleicht an Stadtstrukturen oder in der politischen Geschichte?

An Stadtstrukturen? Naja. Hier sind die Anleihen dann eher aus der römischen Antike (wobei die Römer ja wiederum auf griechische Bauformen zurückgriffen): Besonders deutlich wird das in Bauwerken in Amerika (nicht nur den USA) und Frankreich mit antikisierendem Charakter, die gegen Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts entstanden.

Ich würde an deiner Stelle mal in der politischen Ideengeschichte kramen.
 
Von den damaligen Gegnern einer Tyrannis wurde es im Sinne von "unrechtmäßiger, auf Gewalt gestützte Herrschaft" verwandt, und in ähnliche Richtung geht auch die Einordnung von Aristoteles (Tyrannis als "schlechte" Regierung eines Einzelnen).
 
Was hat die Beliebtheit damit zu tun? Entscheidend ist, auf welchen Mechanismen eine Herrschaft basiert.Man könnte auch diverse Diktatoren der Neuzeit anführen, die einen ziemlich hohen Grad an Beliebtheit erreichten; dennoch wird "Diktator" als Syno0nym für "Gewaltherrscher" benutzt, da die Grundlage besagter Herrschaft eben auf Gewalt beruht.
 
Wenn man von der heutigen Zeit ausgeht hast du Recht. Wir sind hier aber in der Antike und da ist ein Tyrann mit nichten geleichzusetzen mit Gewaltherrscher. Sagt übrigens auch der "Neue Pauly".

Und Beliebtheit ist bei der Beurteilung einer Regierung sehr wohl wichtig.

Und wo du schon Mechanismen ansprichst: Eine Tyrannis basiert nur auf dem Mechanismus, dass ein Mann aus dem erlesenen Kreis der Elite soviel Geld und Einfluss erreicht hat um sich als Alleinherrscher zu etablieren. Von der Aristokratie unterscheidet die Tyrannis nur der Fakt, dass es eine Person an der Spitze ist.
Die Gewalt als einziges Attribut der Tyrannis anzuführen ist zu kurz gegriffen und sie ist auch keinesfalls Grundlage der Tyrannis.
Darum führte ich auch die Beliebtheit an: Ein zufriedenes Volk braucht nicht mit Rute gezüchtigt zu werden.
 
Und dennoch beginnt jede Tyrannis mit einem Akt der Gewalt bzw. der Darstellung von Gewalt. Kypselos löscht in Korinth das Bacchiadengeschlecht aus oder vertreibt die Überlebenden. Peisistratos erobert im letzen Versuch Athen mit seinem Söldnerheer, nachdem vorher die Darstellung von bewaffneten Leibwächtern nicht gereicht hat. Andere Tyrannen kommen dann an die Macht als in der Bürgerschaft Streit und Gewalt vorherrschend sind.
Ich denke schon, dass Gewalt der Schlüßel zur Erhaltung der Tyrannis ist. Nur über das Gewaltmonopol ist es dem Tyrannen möglich seine Ideen und Vorstellungen durchzusetzen. In einer Welt in der das ewige Kämpfen unter Standesgenossen um die vordersten Plätze der Gesellschaft reichen eben Geld und Einfluß nicht aus. Irgendwer wird immer versuchen sich einen weiteren Vorteil zu beschaffen.

@Themistokles: Soweit ich weiß waren früher Pittakos, Periandros und auch zeitweise Peisistratos unter den Weisen. Allerdings kann ich mir durchaus vorstellen, dass gerade Peisistratos sich aus Propagandazwecken selbst zu den Weisen zählen hat lassen.
 
Wir reden aneinander vorbei: Ich sage nicht, dass Gewalt das einzige Mittel bzw der einzige Herrschaftsmechanismus dessen ist, was in der Antike "Tyrannis" genannt wurde; sondern das der Begriff "Gewaltherrschaft" mE geeignet ist, ein politisches System zu umschreiben, dass Du wie folgt analysierst:

Eohan schrieb:
Eine Tyrannis basiert nur auf dem Mechanismus, dass ein Mann aus dem erlesenen Kreis der Elite soviel Geld und Einfluss erreicht hat um sich als Alleinherrscher zu etablieren.


Man mag den Begriff "Gewaltherrschaft" prinzipiell als ideologisch ablehnen, ich sehe darin ebenso wenig Sinn wie in der Unterscheidung zwischen Antike und Moderne (in diesem Punkt): Einen Herrscher bzw eine Herrschaft, die man im Zweifelsfalle nur mit Gewalt los wird, ist mit "Gewaltherrschaft" sicher nicht ausreichend analysiert, aber mE adäquat benannt.

Aber ich befürchte, über solche Fragen kann man sich totstreiten, und das wollen wir doch nicht. :pfeif:
 
zu Reinecke:
Das könnte man bestimmt, will ich aber auch nicht. Um nur nochmal meine Position ohne viel drumherum klar zu stellen:
Der Begriff Tyrann ist in der heutigen Welt negativ behaftet. Man denkt an Mussolini, Kim Jong Il oder Saddam. Den Begriff negativ mit Gewaltherrscher gleichzusetzen und dabei von der Antike zu reden ist m.E. falsch. Sondern er ist ein völlig wertfreier Terminus für eine Herrschaftsform der Antike.

zu Sheik:
Wenn man so argumentiert wie du, dann wäre jede Herrschaftsform, die durch Gewalt initiiert oder erhalten wird automatisch eine Gewaltherrschaft. Ergo auch viele in der Geschichte vorkommende Herrschaften. Beispiele gibt es genug:
- Die Liktoren setzen den Willen der Herrschenden in Rom eisern durch.
- Der dynastische König Alexander d.G. kommt nach einem Mord an seinem Vater (durch wen auch immer) an die Macht und erhält diese später durch Einschüchterung der bevölkerung.
- Der Attische Seebund hält seine Mitglieder durch Gewalt bei der Stange und bestraft andere, die sich auf Spartas Seite stellen mit Gewalt. Man würde aber nicht auf die Idee kommen die Athener als Gewaltherrscher zu bezeichnen
- Über die Guillotine nach der franz. Revolution wisst ihr auch bestens Bescheid.
 
zu Sheik:
Wenn man so argumentiert wie du, dann wäre jede Herrschaftsform, die durch Gewalt initiiert oder erhalten wird automatisch eine Gewaltherrschaft. Ergo auch viele in der Geschichte vorkommende Herrschaften. Beispiele gibt es genug:
- Die Liktoren setzen den Willen der Herrschenden in Rom eisern durch.
Und dennoch sind die Liktoren und der Einsatz durch Gesetze eingeschränkt und geregelt. Ebensoweing können die Liktoren mittels ihrer Macht Einfluß auf die Besetzung von Ämter nehmen.
http://ultramarinesthemovie.com/
- Der dynastische König Alexander d.G. kommt nach einem Mord an seinem Vater (durch wen auch immer) an die Macht und erhält diese später durch Einschüchterung der Bevölkerung.
Wo setzt Alexander die Machtfülle des Heeres ein, um die Bevölkerung einzuschüchtern? Ausserdem bietet das makedonische Heer Aufstiegsmöglichkeiten und Machtpositionen für Personen ausserhalb von Alexanders Machtbereich oder zumindest so weit, dass sie durchaus unabhängig von dem Einfluß Alexanders agieren könnten.
- Der Attische Seebund hält seine Mitglieder durch Gewalt bei der Stange und bestraft andere, die sich auf Spartas Seite stellen mit Gewalt. Man würde aber nicht auf die Idee kommen die Athener als Gewaltherrscher zu bezeichnen
In der späteren Phase ist der Attische Seebund doch klar eine Gewaltherrschaft über die "angeschloßenen" Inseln. Wer nicht auf einer Linie mit Athen ist, wird seiner Flotte beraubt und muss darüberhinaus noch weiter Tribut zahlen. Gesichert ist die Vormachststellung Athens einzig duch die Machtfülle der Attischen Marine. Der Verwarungsort der Gelder landet am Ende auch noch in Athen. Wenn das nicht eine Gewaltherrschaft über die "Bundesgenossen" ist, was ist es dann?
- Über die Guillotine nach der franz. Revolution wisst ihr auch bestens Bescheid.
Eben, darum muss hier eigentlich nichts mehr gesagt werden.

Aber ich denke, wir sollten, wie von Reineke angesprochen, versuchen einen gemeinsammen Nenner für den Begriff "Gewaltherrschaft" zu finden. Also welche Merkmale müssen erfüllt sein, welche Kriterien schließen die Gewaltherrschaft absolut aus. Vor daher kann ich aber mit der Aussage Reinekes konform gehen, folgende Definition von dir Eohan auch mit Gewaltherrschaft zu umschreiben:

Eine Tyrannis basiert nur auf dem Mechanismus, dass ein Mann aus dem erlesenen Kreis der Elite soviel Geld und Einfluss erreicht hat um sich als Alleinherrscher zu etablieren.

Denn Geld und Einfluß sicher die Möglichkeit auf die Gewaltmittel, egal welcher Art, um die Alleinherrschaft zu erhalten.
 
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