Politikverständnis Platon

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Hallo,
ich beschäftige mich momentan mit dem Politik- und Demokratieverständnis von Platon und Aristoteles und habe einige Fragen.

1. Mein Prof sagte, das philosophische Denkens Platons sei ein Kind der Krise der athenischen Demokratie. Worin bestand denn genau diese Krise?

2. Ich habe in dem Buch
Die Struktur des idealen Staates in Platons Politeia von Sung-Chul Rhim

auf Seite 24 gelesen, dass Platon kritisierte, dass es nur durch "Freunde und zuverlässige
Parteigänger" möglich gewesen wäre, an Macht zu gelangen. War es denn nicht so, dass
die Posten verlost wurden?

3. Wie lässt es sich vereinbaren, dass Platon einerseits verlangt, der Philosoph sollte
Distanz zum Politischen haben und anderseits fordert er das Philosophenkönigtum?

Für Antworten und Anregungen wäre ich sehr dankbar.
Vielen Dank und euch allen ein schönes WOchenende :)
 
Politikverständnis Aristoteles

Jetzt habe ich vor lauter Fragen zu Platon Aristoteles ganz vergessen. :)

1. Was ist damit gemeint, dass bei Aristoteles Ansätze einer pluralistischen Ordnung zu finden sind?

2. Ist Aristoteles davon ausgegangen, dass die Schaffung der Politie realistisch ist, oder war das eher eine Utopie und er war der Meinung, dass nichts besseres als eine Mischform aus Oligarchie und Demokratie zu erreichen sei?
 

1. Mein Prof sagte, das philosophische Denkens Platons sei ein Kind der Krise der athenischen Demokratie. Worin bestand denn genau diese Krise?
In der Tyrannis der 30 und anderen oligarchischen Umtrieben zum Ende und nach dem Peloponnesischen Krieg, indem sich die Athener übernommen haben, sprich der Demos ("das Volk") einen Krieg zuließ/begann, dessen Größe ihm kaum bewusst war
. Hinzu kommt, dass Platons Lehrer und Vorbild Sokrates von einem demokratischen Gericht zum Tode verurteilt wurde.
auf Seite 24 gelesen, dass Platon kritisierte, dass es nur durch "Freunde und zuverlässige
Parteigänger" möglich gewesen wäre, an Macht zu gelangen. War es denn nicht so, dass
die Posten verlost wurden?
Das Amt des Strategen wurde gewählt und auch außerhalb der festen Ämter ließ sich Macht gewinnen, indem man sie abschuf und eine Tyrannis errichtete oder sich der Volksversammlung bediente und sie als Redner im eigenen Sinne lenkte.
3. Wie lässt es sich vereinbaren, dass Platon einerseits verlangt, der Philosoph sollte Distanz zum Politischen haben und anderseits fordert er das Philosophenkönigtum?
Hierfür auf jeden Fall in der politeia nachschlagen. Die Forderung nach dem Philosophenkönig steht ziemlich mittig drin.

Aristoteles Vorstellungen sollten sich bei ihm doch gewiss direkt nachschlagen
 
Wo sagt er, der Philosoph müsse Distanz zum Politischen wahren? In Form einer politischen Gruppierung wollte er sich tatsächlich nicht einmischen, das ist richtig. Er hatte durch Sokrates' Verurteilung erfahren, dass es gefährlich sein kann, in die Tagespolitik einzugreifen.

Außerdem hatte er ein Konzept eines elitären politischen Wissens, das sich mit Rhetorik nicht lehren ließ - und die Rhetorik war die Form, aktiv politisch zu werden. Rhetoren hat er ja immer angegriffen, z.B. in einer Bemerkung zu Perikles (ironisch Phaidr.269e-270a), s.a. die 1. Rede dort, wo er Lysias auf's Korn nimmt.

D.h. mit dem Alltagsgeschäft in einer Demokratie wollte er sich nicht abgeben, das war eine Sache für Rhetoren und Sophisten - und damit nicht wahrheitsfähig -, aber nicht für Philosophen. Dagegen den geeigneten Politiker zum Philosophen machen und damit indirekt in die Politik eingreifen (Beschreibung vor allem im 7. Brief): das war seine Vorstellung.

Folglich: Er selbst hat den Tyrannen Dionys II zu lehren versucht (erfolglos) und sich damir indirekt in dessen Politik eingemischt. Und er hat - wie du ja schreibst - ideale Gesellschaftsmodelle entworfen, nicht nur in der Politeia, sondern auch im Politikos und den Nomoi. Die Antworten waren zwar verschieden - einmal war die Aristokratie angesagt, dann wieder die Monarchie -, immer jedoch gegen die Demokratie gerichtet. Der Philosoph konnte nur in einer solchen idealen Gesellschaft politisch aktiv werden, ansonsten - in der Demokratie - soll er sich heraushalten.
 
Vielen Dank für eure Antworten. Das hat mir schon sehr geholfen.

Ich weiß leider nicht, woher die Aussage über die Distanz des Philosphen zum Politischen kommt, da sie ohne Quellenangabe in meinem Skript vorkommt.

Ich habe leider doch noch Fragen zu Aristoteles, da ich immer noch nicht weiß, was mit dem Ausdruck der "pluralistischen Ordnung" gemeint ist.
Und auch bei meiner zweiten Frage bin ich noch unsicher.
Ist Aristoteles davon ausgegangen, dass die Schaffung der Politie realistisch ist, oder war das eher eine Utopie und er war der Meinung, dass nichts besseres als eine Mischform aus Oligarchie und Demokratie zu erreichen sei?
Und wenn ja, wieso war er dieser Auffassung, obwohl doch eigentlich,laut ihm, der Mensch ein politisches Wesen ist?

Vielen Dank!!! :)
 
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