Polykrates

Mephistoe

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Ich arbeite gerade an dem Thema "Reziprozität und Tyrannen" und wurde auf Hdt.3,39-60 und 3,120-5 hingewiesen. folgende Probleme stellen sich mir bei der Lektüre von Leslie Kurke. Coins, Bodies, Games, and Gold. The Politics of Meaning in Archaic Greece. New Jersey, West Sussex 1999.:
- Herodot verwirft die Erzählung um das vergoldete Blei, mit dem die Spartaner bezahlt wurden, als falsch. Wieso wird dieses Thema immer wieder in der Sekundärliteratur diskutiert?
- Wie ueberzeugend ist die Einschaetzung, die vermutlich aristokratische samische Quelle Herodots würde die Thalassokratie loben, indem der Ring zu Polykrates zurückgebracht wird und die Herrschaft bestätigt wird?
- Wie kommt der Autor auf die Idee, Polykrates wird durch das Zurückbringen des Ringes durch einen Fischer (Hintergrund: Siegelring als Bestandteil des Selbst, somit unendlich wertvoll), da er diesem nie ein adäquates Gegengeschenk machen kann, unter dessen sozialen Stand gezogen werden?
Würde mich freuen, wenn mir irgendwer weiterhelfen kann!
 
Grundsätzlich halte ich nicht so viel davon, Anekdoten krampfhaft allegorisch auszudeuten und aus jedem Detail einen komplexen tieferen Sinn herauslesen zu wollen. Manchmal ist eine Anekdote einfach nur eine hübsche Geschichte.

Man weiß ja nicht einmal, wie diese Anekdote entstanden ist, wie sie sich verbreitet hat und wie sie dem Herodot zu Ohren gekommen ist. Wenn sie so eine tiefe Bedeutung haben sollte, müsste sie jemand bewusst konzipiert und diverse verschlüsselte Aussagen hineingepackt haben. Sie kann aber auch ganz natürlich entstanden sein.
 
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Es sind tatsächlich solche Münzen mit Bleikern erhalten. Ich stehe aber nicht tief genug im Thema, um jetzt sagen zu können, ob Herodots Bericht hierzu eine bloße Erklärung der Existenz dieser Münzen für die Zeitgenossen ist, oder tatsächlich mit ihrer Entstehung zu tun hat.

Den Aussagen Raveniks stimme ich zu: Man kann es mit allem Übertreiben. Insbesondere, wenn der Inhalt der Quelle schon halb zum Mythos geworden ist.

EDIT: Da fällt mir noch eine andere Erklärung ein. Ich habe aber keine Ahnung mehr, wo ich sie hörte. Es gibt doch zahlreiche Anekdoten und auch belegte Beispiele von Führungspersönlichkeiten, die Unglücksfälle umdeuten, um die Auslegung als schlechtes Omen zu vermeiden. (Friedrich der Große marschiert in Schlesien ein, ein Kirchturm stürzt ein. Es war aber eine katholische Kirche.) Bezogen auf den Ring des Polykrates:
Selbst die Götter wollen nichts von ihm. - Nein, er beherrscht das Meer, so dass es den Ring zurückgeben muss.

Außerdem war der Ring ja kein Geschenk des Fischers.
 
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