Potemkin

Jago

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Vor kurzem bin ich darauf gestoßen, dass es niemals die Potemkin der Potjomkinschen Dörfer gab und dass die Erzählung über Holzatrappen und herausgeputzte Schauspieler reine Legende sind. Meine Frage ist nun: Wer hat diese Legende begründet? Auch die Hintergründe wären interessant. Zwar finde ich in der Literatur, dass Gegner ihm die gute Beziehung zur Zarin Katharina II. neideten und es deshalb erfanden. Allerdings bleibt offen wer diese Gegner waren und wie sie auf eine solche kreative und ungewöhnliche Idee kamen. Gab es etwa literarische Vorlagen, wie Märchen mit ähnlicher Handlung. Ein bischen erinnert es ja an den gestiefelten Kater, als der König umherfährt und der Kater seinen Herren als den Herren über alle Länder preist.
Wäre wirklich schön, wenn mir jemand weiter helfen könnte. Finde das Thema sehr spannend, vielleicht kennt sich jemand ja besser mit russischer Geschichte und Literatur aus. :)
 
Der damalige Botschafter von Sachsen, Graf von Helbich, prägte den Begriff ''potjomkinsche Dörfer'' weitgehend. Als Katharina II. die Herrscher der damaligen Großmächte zu einer Kreuzfahrt auf die Krim einlud, präsentierte sie ihnen ihre neuen Eroberungen. Graf von Helbich jedoch spottete über die neuen Errungenschaften und meinte, es sei alles nur Fassade, ohne Substanz.
Vielleicht hilft dir ja dieser Link weiter: Krim-Reise
Am 19. Januar kam auf Arte eine Dokumentation über Katharina II. (Katharina die Große - ARTE) wobei die potjomkinschen Dörfer auch angesprochen wurden.
 
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In Gina Kaus "Katharina die Große" steht dazu folgendes:
Potemkin ist zugleich Statthalter der neuerworbenen Provinzen, Feldmarschall und Generalinspektor über sämtliche russische Streitkräfte. Seine Aufgabe ist es, aus dem wüsten, wilden Taurien ein kultiviertes Land und eine Basis für weitere Angriffe auf die Türkei zu machen.
Was ihm dazu fehlte, um daraus ein Märchenland zu machen, wie es ihm vorschwebt, ist bloß eine Kleinigkeit: ein Jahrhundert. Aber seine Phantasie überspringt ohne Mühe den Zeitraum um das alles zu schaffen. In wenigen Monaten ist alles in seinem Kopfe fertig. Er beginnt hundert Dinge zugleich: den Ausbau der Festung Cherson, die Anlage des Kriegshafens von Sebastopol. Er bestellt Samen für Melonen und Gemüse, Seidenraupen aus China, er legt Straßen an und legt an den Ufern des Dnjepr eine Stadt an, der es bestimmt sein soll, die südliche Metropole des Reiches zu werden. Ihr Name ist ebenso programmatisch wie es der Name von Petersburg ist: Jekaterinoslaw "Ruhm der Katharina", nennt Potemkin das Glanzstück seiner Phantasie.
Oft rast Potemkin in seiner Kibitka für wenige Tage nach Petersburg, um Katharina von den Wundern dieser Stadt zu erzählen, die gleichsam über Nacht, wie in jenem orientalischen Märchen, aus dem Nichts geschaffen werden soll. Und katharina glaubt an all die Wunder , von denen Potemkin ihr erzählt, an die wogenden Ährenfelder und saftigen Weiden, an die Dörfer voll zufriedener, wolhabender Bauern - sie glaubt wirklich das Potemkin in 3 Jahren aus einem elenden Steppenland die fruchtbarste und glücklichste ihrer Provinzen gemacht hat. Katharina beschließt dieses Land zu bereisen.
Narürlich war es Potemkin nicht gelungen, in 3 Jahren aus Wüsten Gärten, aus Steppen Wälder und aus elend Reichtum zu machen. Aber es gelingt ihm in wenigen Wochen, für Katharina die Illussion all dessen hervorzuzaubern. Die Straßen, die Städte stehen bloß auf dem Papier. Die Steppen sind so leer und trostlos seit eh und je, die Dörfer verfallen und schmutzig - aber das tut nichts. Potemkin ist zwar kein Zauberer, aber er ist ein großartiger Regisseur und die Inszenierung von Katharinas Reise in die Krim ist die größte Regieleistung aller Jahrhunderte.
Potemkin war Katharina vorgefahren um die nötigen "Vorbereitungen" zu treffen. Altersgraue Häuser wurden frisch gestrichen, meist jedoch nur die der Straße zugekehrte Fassade. In den Dörfern hatte man vor häßliche, verfallene Winkel künstliche Baumgruppen gestellt, schadhafte Dächer zwar nicht repariert, wohl aber mit bemalter Pappe zugedeckt, die Bevölkerung war angehalten worden sich so gut wie möglich zu kleiden, Mädchen hatten sich die Haare zu kämmen und mit Blumen zu schmücken. Alte, kranke und zerlumpte Leute waren in die Häuser verbannt.
Vor mehr als 40 Jahren war Katharina diese Straße zum ersten mal gefahren, damals hatten sich zerlumpte, halbnackte Gestalten an ihren Wagen gedrängt, in ausgemergelten, haßerfüllten Gesichtern hatte sie das Elend, den Hunger - die Wahrheit gesehen. Potemkins mächtige, künstlerische Hand hat den holden Schleier der Illusion um ihre Augen gelegt und der alten Katharina das köstliche Glück einer erfüllten Lebenslüge geschenkt. Sie hat den Bauern die Freiheit, den Sklaven ihre Rechte nicht zu geben vermocht, aber sie glaubt, angesichts dieser sauberen Straßenzüge, dieser geschmückten Menschen, dieser heiteren Pantomimen, das sie trotzdem ihren Untertanen das Glückund den Wohlstand gegeben hat.
 
Potemkin war Katharina vorgefahren um die nötigen "Vorbereitungen" zu treffen. Altersgraue Häuser wurden frisch gestrichen, meist jedoch nur die der Straße zugekehrte Fassade. In den Dörfern hatte man vor häßliche, verfallene Winkel künstliche Baumgruppen gestellt, schadhafte Dächer zwar nicht repariert, wohl aber mit bemalter Pappe zugedeckt, die Bevölkerung war angehalten worden sich so gut wie möglich zu kleiden, Mädchen hatten sich die Haare zu kämmen und mit Blumen zu schmücken. Alte, kranke und zerlumpte Leute waren in die Häuser verbannt.

So ist es gewesen.
Allerdings dürften es keine künstlichen Baumgruppen gewesen sein. Es wird sich um umgepflanzte Büsche und Sträucher gehandelt haben. Hier und da auch mal ein Bäumchen. Die russischen Katen waren sehr niedrig gebaut.
 
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