Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher in Nürnberg

leider habe ich nur eine englische seite mit dem originaltext von 1929 gefunden (http://www.icrc.org/ihl.nsf/0/eb1571b00daec90ec125641e00402aa6?OpenDocument), der aber, soweit ich das überblicke, wortwörtlich 1949 übernommen wurde:

SECTION II
LIBERATION AND REPATRIATION AT THE END OF HOSTILITIES


Art. 75. When belligerents conclude an armistice convention, they shall normally cause to be included therein provisions concerning the repatriation of prisoners of war. If it has not been possible to insert in that convention such stipulations, the belligerents shall, nevertheless, enter into communication with each other on the question as soon as possible. In any case, the repatriation of prisoners shall be effected as soon as possible after the conclusion of peace....

die amerikaner schufen, um nicht gegen das völkerrecht zu verstossen, eine neue kategorie, disarmed enemy forces (def). diesen gestanden sie nicht die rechte von kriegsgefangenen zu, d.h. es gab keine schutzmacht, keine besuche des ikrk, keine kontakte mit der heimat, keine entlassung schwerstverwudneter, zwangsarbeit z.b. zum minenräumen, überstellung der gefangenen an andere staaten...und zumindest in den letzten kriegswochen und der zeit unmittelbar nach kriegsende, entsprach die unterbringung und versorgung deutscher kriegsgefangener durch die west-alliierten nicht der genfer konvention

wie gesagt, ich persönlich würde dies nicht als kriegsverbrechen bezeichnen, aber es war zumindest eine beugung des vorherrschenden rechts, und zwar nicht mehr durch einzelne sondern systematisch.


man hat es stalin schon sehr, sehr einfach gemacht, seine "kriegsbeute" zu behalten. ich erinnere da an die unselige aufteilung nach prozenten zwischen churchill und stalin, was mich ein wenig an die aufteilung im hitler-stalin-pakt erinnert (auch wenn es kein offizielles dokument gibt).

ob stalin wirklich einen krieg gegen die westmächte riskiert hätte, um seine beute zu behalten, ist spekulation. wenn es je ein zeitfenster gegeben hat, wo die westmächte noch einen einfluss auf die gestaltung osteuropas gehabt haben, dann waren es die monate zwischen jalta und hiroshima. das haben die westmächte nicht genutzt, aber nicht weil die sowjets so einen hohen blutzoll erbracht hatten, sondern weil man sie sehnlichst zum kriegseintritt gegen die japaner bewegen wollte. das stillhalten der westmächte gegenüber der sowjetischen politik in osteuropa war der preis, den sie dafür zu zahlen bereit waren. im nachhinein haben die westlichen politiker dies als fehler angesehen.
 
Hier wird schon lange über Kriegsverbrechen, deren Regelung in Rechten und Vereinbarungen diskutiert.
Gibt es denn niemanden, der auch einfach mal unter moralischen, menschlichen Gesichtspunkten oder von Fairness und Redlichkeit selbst im Krieg manches Geschehen beurteilen kann?
Wenn hier argumentiert wird, es wäre völlig okay - weil nicht verboten -, Männer die zum Kriegsdienst eingezogen wurden, 10 Jahre nach Kriegsende noch in Sibirien zur Zwangsarbeit einzusetzen, in Holzbaracken bei Minus 30° zu "halten" und von Brot, Sägespäne und Tee zu ernähren, da fasse ich mich an den Kopf. Sorry, das kann ich nicht milder ausdrücken.
 
Arne schrieb:
Hier wird schon lange über Kriegsverbrechen, deren Regelung in Rechten und Vereinbarungen diskutiert.
Gibt es denn niemanden, der auch einfach mal unter moralischen, menschlichen Gesichtspunkten oder von Fairness und Redlichkeit selbst im Krieg manches Geschehen beurteilen kann?
Wenn hier argumentiert wird, es wäre völlig okay - weil nicht verboten -, Männer die zum Kriegsdienst eingezogen wurden, 10 Jahre nach Kriegsende noch in Sibirien zur Zwangsarbeit einzusetzen, in Holzbaracken bei Minus 30° zu "halten" und von Brot, Sägespäne und Tee zu ernähren, da fasse ich mich an den Kopf. Sorry, das kann ich nicht milder ausdrücken.

Meinen Vorrednern kann ich nicht mehr viel hinzusetzen.
Ich hatte eigentlich bewußt noch den Ausdruck "Regierungs-Verbrechen" mit ins spiel gebracht.
Denn, natürlich sind das keine Kriegsverbrechen im eigentlichen Sinn.

Anzumerken hätte ich noch folgendes, die Überlebens-Chancen eines Russen in deutscher Kriegsgefangenschaft waren wohl ein paar Prozent schlechter als die eines Deutschen in Russischer Gefangenschaft. Eine Schande für eine Kulturnation!
Die Chancen eines Deutschen bis Mitte 1944 waren allerdings Richtung Null.
Wobei der russischen Seite eigentlich keine direkte Absicht unterstellt wird, die Gefangenen umzubringen.
Die befreiten Russen hat Väterchen Stalin dann noch durch den Archipel Gulag gejagt, ein Rotarmist der sich ergibt ist nämlich ein Verräter oder Feige!

Auch Hitler hat im Fall der italienischen "Militärinternierten" einen Sonderstatus geschaffen, vom Völkerrecht her war das genausowenig gedeckt.

Die Gefangennahmen nach der Kapitulation sind als Reparationen zu sehen, nicht mehr als Kriegshandlung.
Als dann 1948 die Westalliierten die Kriegsgefangenen vollends freigaben hat Stalin, aus allen die er behalten wollte, noch schnell Kriegsverbrecher gemacht.

Fällt mir noch ein, ein SS´ler der in französische Gefangenschaft geriet, hatte die Wahl, Bergwerk oder Kepi blanc. (Fremdenlegion)
Quelle überwiegend Lehmann Gefangenschaft und Heimkehr

Wenn sich Gandolf auf die Position zurückzieht, wann denn ein Frieden geschlossen wurde nach 1945, so ist das ein Infamie.

Ich denke es dürfte klar sein, wer bei allen diesen genannten Punkten der Blöde war, der kleine Mann, frei nach Brecht Mutter Courage "Wer am Krieg einen Schnitt machen will braucht eine große Schere.

Grüße Repo
 
Das Thema Gefangennahme nach Einstellung der Feindseligkeiten hat im Oktober 1918 übrigens ein Vorspiel:
Die ÖU Seite muss bei der Abfassung der Waffenstillstands-Bedingungen beim Zeitpunkt der Einstellung der Kampfhandlungen geschlampt haben, für die Soldaten ÖU´s war der Krieg aus, die zogen nach Hause, die Italiener haben sie überholt und zu Gefangenen erklärt. So kam Italien noch zu ein paar 10Tausend Kriegsgefangenen.
Näheres auf der AEIOU-Seite im Internet.

Grüße
Repo
 
Arne schrieb:
Hier wird schon lange über Kriegsverbrechen, deren Regelung in Rechten und Vereinbarungen diskutiert.
Gibt es denn niemanden, der auch einfach mal unter moralischen, menschlichen Gesichtspunkten oder von Fairness und Redlichkeit selbst im Krieg manches Geschehen beurteilen kann?
Wenn hier argumentiert wird, es wäre völlig okay - weil nicht verboten -, Männer die zum Kriegsdienst eingezogen wurden, 10 Jahre nach Kriegsende noch in Sibirien zur Zwangsarbeit einzusetzen, in Holzbaracken bei Minus 30° zu "halten" und von Brot, Sägespäne und Tee zu ernähren, da fasse ich mich an den Kopf. Sorry, das kann ich nicht milder ausdrücken.


Ich kann mich hier nur Arne anschliessen, schaut mal das ganze von der Moralischen Seite an. Aber dann vergesst bitte nicht die Hintergründe, warum die Alliierten so gehandelt haben.

Das fehlt mir an dieser Diskussion. Wenn man die Diskussion hier verfolgt kommt einem schon der Gedanke, das nur die Alliierten Kriegsverbrechen begannen haben und die welche mit dem ganzen Krieg begonnen haben nicht.

Versucht doch mal den Kontext herauszuarbeiten und darüber zu diskutieren.
 
collo schrieb:
ob stalin wirklich einen krieg gegen die westmächte riskiert hätte, um seine beute zu behalten, ist spekulation.
Ob es eine Chance gab, ihm diese wieder wegzunehmen, ist auch eine Spekulation. Dagegen spricht, dass Russland für seine Beute enorme Verluste erbracht hatte und dieser Umstand, war dem Westen durchaus bewusst.
collo schrieb:
das haben die westmächte nicht genutzt, aber nicht weil die sowjets so einen hohen blutzoll erbracht hatten, sondern weil man sie sehnlichst zum kriegseintritt gegen die japaner bewegen wollte. das stillhalten der westmächte gegenüber der sowjetischen politik in osteuropa war der preis, den sie dafür zu zahlen bereit waren. im nachhinein haben die westlichen politiker dies als fehler angesehen.
Im nachhinein sind manche Politiker mutiger - vor allem nachdem sich in Westdeutschland die Demokratie so prächtig entwickelt hatte.

Hätte man sich hingegen 1945 für einen Krieg gegen die SU entschieden, hätte dies sofort die Frage aufgeworfen, welche Schlussfolgerungen sich hieraus für Deutschland ergeben (Wiederbewaffnung, Aufrüstung, Bündnis, etc.). Es gab auf westlicher Seite nur wenige, die damals bereit gewesen wären, diesen Weg zu gehen (z.B. General Patton). Der überwiegenden Teil der Verantwortlichen wollte 1945 diese Entwicklung auf jeden Fall vermeiden. Zunächst einmal sollte der deutsche Militarismus zu Grabe getragen werden. Die anderen Probleme waren später zu lösen. Dass dann im Zeichen des Kalten Krieges Deutschland (1950) wiederbewaffnet wurde, steht auf einem anderen Blatt.

Repo schrieb:
Wenn sich Gandolf auf die Position zurückzieht, wann denn ein Frieden geschlossen wurde nach 1945, so ist das ein Infamie.
Ach herrje. In Artikel 20 der Haager Landkriegsordnung stand das nun mal so drin. Übrigens hat die SU, wenn ich mich richtig erinnere, die Genfer Konvention nicht unterschrieben, und somit galt für die sowjetischen Kriegsgefangenen eben nur die Haager Landkriegsordnung. Und wenn ich die Debatte um Guantanamo Bay richtig verfolgt habe, haben die Amerikaner die Genfer Konvention auch nicht unterschrieben.
ursi schrieb:
Das fehlt mir an dieser Diskussion. Wenn man die Diskussion hier verfolgt kommt einem schon der Gedanke, das nur die Alliierten Kriegsverbrechen begannen haben und die welche mit dem ganzen Krieg begonnen haben nicht.
Versucht doch mal den Kontext herauszuarbeiten und darüber zu diskutieren.
Zunächsteinmal muss man sich klar machen, dass ein Krieg kein fairer Sport oder Wettkampf ist. Es geht nicht darum, Tore fürs Vaterland zu schiessen, sondern ums nackte Überleben. Das führt zu zweierlei: 1. das Kämpfen und das Töten deformiert die Soldaten und senkt die Hemmschwelle auch ausserhalb des Schlachtfeldes Gewalttaten zu verüben. 2. Im Konflikt zwischen Strategie und Regeln/Ethik besteht die Gefahr von Regelüberschreitungen, wenn diese einer Kriegspartei als nützlich und notwendig erscheinen.

Diese Problematik existiert bei allen Kriegen. Deshalb ist es auch wichtig, dass solche Erscheinungen intern geahndet werden. Die Soldaten zumindest der Westalliierten mussten damit rechnen, von einem Gericht ihres Landes für Kriegsverbrechen bestraft zu werden. Deutsche Soldaten hingegen, die an der Judenvernichtung teilnahmen, handelten auf ausdrücklichen Befehl ihres Staates. Letzteres setzte auf deutscher Seite eine ganz andere Dynamik in Gang.

Im Zweiten WK kam hinzu, dass dieser von Deutschland, insbesondere im Osten, mit besonderer Brutalität geführt wurde (Stichwort: Vernichtungskrieg, Behandlung der Russen als "Untermenschen", Massenmorde der SS-Einsatzgruppen, Vorgehen im Partisanenkrieg, Taktik der "verbrannten Erde", etc.). Das hatte natürlich eine Rückwirkung auf das Verhalten der russischen Truppen bei ihrem Vormarsch auf Deutschland und eine Rückwirkung auf das Schicksal der sowjetischen Kriegsgefangenen.
 
Gandolf schrieb:
Ob es eine Chance gab, ihm diese wieder wegzunehmen, ist auch eine Spekulation. Dagegen spricht, dass Russland für seine Beute enorme Verluste erbracht hatte und dieser Umstand, war dem Westen durchaus bewusst.

Gerade dieser Erschöpfungszustand der SU würde dafür sprechen, daß "man", also die Westalleierten es geschafft hätten. Aber ich gebe dir recht, die Frage, wer von den Blöcken am Ende früher ruiniert gewesen wäre - denn von "Gewinnen" will ich da gar nicht sprechen - also wenn es zu einem weiteren Krieg Westmächte gegen SU gekommen wäre, ist reine Spekulation. Ich halte das für sinnlos darüber zu streiten, mir fehlen dazu zumindest die hellseherischen Fähigkeiten.


Gandolf schrieb:
Zunächsteinmal muss man sich klar machen, dass ein Krieg kein fairer Sport oder Wettkampf ist. Es geht nicht darum, Tore fürs Vaterland zu schiessen, sondern ums nackte Überleben. Das führt zu zweierlei: 1. das Kämpfen und das Töten deformiert die Soldaten und senkt die Hemmschwelle auch ausserhalb des Schlachtfeldes Gewalttaten zu verüben. 2. Im Konflikt zwischen Strategie und Regeln/Ethik besteht die Gefahr von Regelüberschreitungen, wenn diese einer Kriegspartei als nützlich und notwendig erscheinen..
Du willst auf das "All is fair in love and war" hinaus? Mag so geschehen, aber muß man das dann auch richtig finden oder sich damit klaglos abfinden?


Gandolf schrieb:
Im Zweiten WK kam hinzu, dass dieser von Deutschland, insbesondere im Osten, mit besonderer Brutalität geführt wurde (Stichwort: Vernichtungskrieg, Behandlung der Russen als "Untermenschen", Massenmorde der SS-Einsatzgruppen, Vorgehen im Partisanenkrieg, Taktik der "verbrannten Erde", etc.). Das hatte natürlich eine Rückwirkung auf das Verhalten der russischen Truppen bei ihrem Vormarsch auf Deutschland und eine Rückwirkung auf das Schicksal der sowjetischen Kriegsgefangenen.

Sicher. Wir können vermutlich alles, was Deutsche in den letzten Kriegsjahren erleiden mussten, als Folge von vorherigen, schrecklichen Verbrechen im deutschen Namen erklären, aber entschuldigen, will ich das nicht damit.
Ich habe es bereits mehrfach geschrieben: Ein Verbrechen wird auch durch ein vorheriges Verbrechen, das die zweite Tat begründete, keine Wohltat. Es erklärt vielleicht das Geschehen, aber auch nicht mehr. Da wirst du mir als Jurist vielleicht zustimmen.
 
ursi schrieb:
Ich kann mich hier nur Arne anschliessen, schaut mal das ganze von der Moralischen Seite an. Aber dann vergesst bitte nicht die Hintergründe, warum die Alliierten so gehandelt haben.

Das fehlt mir an dieser Diskussion. Wenn man die Diskussion hier verfolgt kommt einem schon der Gedanke, das nur die Alliierten Kriegsverbrechen begannen haben und die welche mit dem ganzen Krieg begonnen haben nicht.

Versucht doch mal den Kontext herauszuarbeiten und darüber zu diskutieren.

Widerspruch Ursi, darauf habe ich immer hingewiesen. Ich habe die ital. Militärinternierten genannt, den Umgang mit den russischen Gefangenen in Deutschland, den ital. Kriegsverbrecherprozess letzte Woche usw. usf. Kannst Du alles nachlesen. Auf meine Hinweise, dass das aber auf gar keinen Fall Aufrechnungen im Stile "Die haben aber auch" sein sollen, habe ich die "wohlgemeinte" Frage eingefangen, ob ich überhaupt Ernst genommen werden will.

Aber Du bringst da eine interessante Frage nach den Hintergünden warum die Alliierten so gehandelt haben. Das würde ich auch gerne wissen. (Lassen wir hier die Sowjets außer Acht, die hatten Grund, aber 1939 den Finger eben auch am Feuerzeug.)
Der holocaust beispielsweise hat bei den Alliierten Entscheidungen zur und über die Kriegführung absolut keine Rolle gespielt.

Warum haben die Alliierten explizit auf der bedingungslosen Kapitulation beharrt? Hätte ein Hinweis an den Widerstand, es hat wohl ständig kontakte gegeben, "weg mit Hitlerundwirkönnen reden" Den Krieg nicht erheblich verkürzen können?

Aber wenn ich das richtig sehe, haben auch die Koryphäen dazu noch keine schlüssigen Antworten.

Ach so, warum hier fast nur von alliierten Verbrechen die Rede ist? Die deutschen sind zu offensichtlich.

Grüße Repo
 
Repo schrieb:
Warum haben die Alliierten explizit auf der bedingungslosen Kapitulation beharrt? Hätte ein Hinweis an den Widerstand, es hat wohl ständig kontakte gegeben, "weg mit Hitlerundwirkönnen reden" Den Krieg nicht erheblich verkürzen können?

Hallo....dann bring ich meine Sicht der Dinge auch noch ein:

Mit wem hätten die Alliierten denn reden können? Offene (und dem Naziregime ernsthaft gefärlich werdende) Opposition war ja nicht vorhanden. Der einzige Moment, in dem der Umsturz hätte Realität werden können, war der 20. Juli 1944. Und den haben wohl die Alliierten auch nicht vorhergesehen.

Interessant vielleicht die Frage, was wohl bei einem gelungenen Staatsstreich passiert wäre. Hätten sie dann ebenso drauf bestanden, dass das Deutsche Reich bedingungslos kapituliert? Möglich. Einer Regierung, die nach dem Hitlerregime antritt, wäre ohnehin nicht sehr viel übriggeblieben, als den Krieg auf dem allerschnellsten Weg zu beenden.
Dennoch wäre die Geschichte wohl ein kleines bißchen anders gelaufen (vielleicht nicht komplett anders, aber ein wenig schon). (Wenn man alleine rekapituliert, dass ein Großteil der Toten nach dem 20.07. zu beklagen ist...)
 
Repo schrieb:
Widerspruch Ursi, darauf habe ich immer hingewiesen. Ich habe die ital. Militärinternierten genannt, den Umgang mit den russischen Gefangenen in Deutschland, den ital. Kriegsverbrecherprozess letzte Woche usw. usf. Kannst Du alles nachlesen. Auf meine Hinweise, dass das aber auf gar keinen Fall Aufrechnungen im Stile "Die haben aber auch" sein sollen, habe ich die "wohlgemeinte" Frage eingefangen, ob ich überhaupt Ernst genommen werden will.

Du hast darauf hingewiesen das stimmt, ging aber in der restlichen Diskussion meiner Ansicht nach unter.

Repo schrieb:
Warum haben die Alliierten explizit auf der bedingungslosen Kapitulation beharrt? Hätte ein Hinweis an den Widerstand, es hat wohl ständig kontakte gegeben, "weg mit Hitlerundwirkönnen reden" Den Krieg nicht erheblich verkürzen können?

Aber wenn ich das richtig sehe, haben auch die Koryphäen dazu noch keine schlüssigen Antworten.

Der Widerstand, nehme mal an hier sprichst Du den konservatvien oder militärischen Widerstand an, wollte keine Demokratie,

aus Motivation der Männer des 20.Juli schrieb:
Die Männer des 20. Juli wollten keine Demokratie wie sie nachdem Krieg entstanden ist, sondern ihre Ideen gingen auf die Zeit vor dem Nationalsozialismus zurück, als man in ihren Kreisen nach Alternativen zum parlamentarischen System der Weimarer Republik suchte. Sie vertraten im Wesentlichen eine oligarchische und autoritäre politische Vorstellung, die stark auf korporativistische und neokonservative Ideen aus der Weimarer Zeit beruht. Dazu gehören selbstverwaltete Gemeinden, ein beschränktes Wahlrecht und eine Erneuerung der christlichen Familienwerte.

Es gab Kontakte, aber nicht im grossen Stil. Es war für die Opposition sehr schwer in Deutschland Fuss zu fassen weil, Hitler zu populär war. Daran scheiterten viele Pläne des Widerstandes. Denn ein Widerstand ohne Volk ist sehr schwer.:

Zeittafel nationalkonservativer Widerstand

Repo schrieb:
Ach so, warum hier fast nur von alliierten Verbrechen die Rede ist? Die deutschen sind zu offensichtlich.

Grüße Repo

Der Titel der Diskussion heisst: Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher in Nürnberg. Waren den die Alliierten die Hauptkriegsverbrecher?
 
Arne schrieb:
Gerade dieser Erschöpfungszustand der SU würde dafür sprechen, daß "man", also die Westalleierten es geschafft hätten. Aber ich gebe dir recht, die Frage, wer von den Blöcken am Ende früher ruiniert gewesen wäre - denn von "Gewinnen" will ich da gar nicht sprechen - also wenn es zu einem weiteren Krieg Westmächte gegen SU gekommen wäre, ist reine Spekulation. Ich halte das für sinnlos darüber zu streiten, mir fehlen dazu zumindest die hellseherischen Fähigkeiten.
Franklin Delano Roosevelt hat mal seinen Generalstab planen lassen, welche Anforderungen sich aus einem Krieg ergeben würden, den man gegen ein faschistisches Deutschland führen würde, welches die SU besiegt hätte. Die für einen solchen Krieg benötigte langjährige Kraftanstrengung (Divisionen, Flotten, Rüstungsgüter, etc.) hätte das Anlitz der USA völlig verwandelt. Man hätte sich mehr oder weniger in einen Militärstaat verwandelt. Solche Überlegungen haben 1945 natürlich auch eine Rolle gespielt. Der Hauptfeind war besiegt und man wollte seiner selbst und des eigenen Volkes Willen zur Normalität zurückkehren, auch wenn dies für die Osteuropäer dem Schlucken einer bitteren Pille gleichkam. Doch diese Pille haben sie von Hitler und Stalin verabreicht bekommen und nicht von Churchill, Roosevelt oder Truman.
Arne schrieb:
Du willst auf das "All is fair in love and war" hinaus? Mag so geschehen, aber muß man das dann auch richtig finden oder sich damit klaglos abfinden?
Ich glaube nicht, dass es so etwas gibt wie einen "fairen" Krieg. Was soll "fair" daran sein, wenn man in der Nacht in seiner Kaserne von einem Bomber angegriffen wird? Im Mittelalter versuchte man bereits die "Armbrust" zu verbieten. Ein Boxkampf mag fair sein. Aber wenn ich Dich in einen Ring mit Mike Tyson zwingen würde, wäre das wohl auch unfair.

Das bedeutet natürlich nicht, dass man Kriege führen darf, wie man das für richtig hält. Regeln müssen beachtet werden - und vieles ist natürlich auch eine Frage des Anstandes.
Arne schrieb:
Sicher. Wir können vermutlich alles, was Deutsche in den letzten Kriegsjahren erleiden mussten, als Folge von vorherigen, schrecklichen Verbrechen im deutschen Namen erklären, aber entschuldigen, will ich das nicht damit.
Ich habe es bereits mehrfach geschrieben: Ein Verbrechen wird auch durch ein vorheriges Verbrechen, das die zweite Tat begründete, keine Wohltat. Es erklärt vielleicht das Geschehen, aber auch nicht mehr. Da wirst du mir als Jurist vielleicht zustimmen.
Man muss jedes Verbrechen für sich bewerten. Alles andere führt zur Auflösung des Rechts. Ansonsten beruft sich jeder nur noch auf die Verbrechen der anderen und keiner hält sich mehr an das Recht.

ABER wenn man ein Verbrechen fair bewerten will, muss man auch der Frage nachgehen, wie es zu diesem Verbrechen gekommen ist. Die Entstehung eines Verbrechens zu verstehen, bedeutet nicht das Verbrechen zu entschuldigen. Häufig zeigt sich jedoch, dass das Verbrechen die Folge einer Entwicklungsdynamik gewesen ist, der auch der Täter mehr oder weniger ausgesetzt war. So etwas kann sich dann strafmildernd auswirken.
 
Gandolf schrieb:
ABER wenn man ein Verbrechen fair bewerten will, muss man auch der Frage nachgehen, wie es zu diesem Verbrechen gekommen ist. Die Entstehung eines Verbrechens zu verstehen, bedeutet nicht das Verbrechen zu entschuldigen. Häufig zeigt sich jedoch, dass das Verbrechen die Folge einer Entwicklungsdynamik gewesen ist, der auch der Täter mehr oder weniger ausgesetzt war. So etwas kann sich dann strafmildernd auswirken.

Was wäre den strafmildernd für die Hauptkriegsverbrecher gewesen? Nehmen wir doch mal einer der nicht in Nürnberg war, weil er nach Südamerika gefohlen ist, Josef Mengele, welche Entwicklungsdynamik wäre für diesen Mörder als mildernd eingesetzt worden?
 
Gandolf schrieb:
Ein Boxkampf mag fair sein. Aber wenn ich Dich in einen Ring mit Mike Tyson zwingen würde, wäre das wohl auch unfair.

Na ja, Mike ist schon etwas in die Jahre gekommen - das ist richtig. Aber unfair?
Nein, ich glaube er könnte da schon noch sechs, sieben Runden durchhalten.
;)
 
Arne schrieb:
Na ja, Mike ist schon etwas in die Jahre gekommen - das ist richtig. Aber unfair?
Nein, ich glaube er könnte da schon noch sechs, sieben Runden durchhalten.
;)
Du würdest mindestens Deine Ohren verlieren.;)
 
ursi schrieb:
Was wäre den strafmildernd für die Hauptkriegsverbrecher gewesen? Nehmen wir doch mal einer der nicht in Nürnberg war, weil er nach Südamerika gefohlen ist, Josef Mengele, welche Entwicklungsdynamik wäre für diesen Mörder als mildernd eingesetzt worden?
Was ließ Mengele zum Mörder werden? Rassenideologie und Karrieredenken. Diese Entwicklungsdynamik hätte wohl zu einer Strafverschärfung geführt, wobei ich nicht weiß, wie man die ihn in Nürnberg erwartete Todesstrafe noch hätte verschärfen können.

Bei einem russischen Soldaten, der in 4 Jahren Vernichtungskrieg seine menschlichen Hemmungen verlor und zum Vergewaltiger wurde, sehe ich da schon eher Milderungsgründe.
 

Anhänge

  • Ohrenschuetzer.gif
    Ohrenschuetzer.gif
    10,7 KB · Aufrufe: 486
als strafmildernd in nürnberg wurde z.b. angesehen, dass die amerikanischen u-boote im pazifik ähnlich kämpften wie die deutschen im atlantik.
 
ursi schrieb:
Der Widerstand, nehme mal an hier sprichst Du den konservatvien oder militärischen Widerstand an, wollte keine Demokratie,
Zitat Ende
Antwort:
Das ist echt noch die Frage, die wenigen Überlebenden des widerstandes, es fällt mir namentlich im moment nur Gerstenmaier ein, haben sich später aber durchaus als aufrechte Demokraten bewährt. Auch mit den emigrierten Politikern, Wirth, Brüning der SDP in Prag später in London wurde im Prinzip kein Wort gewechselt.
Zitat Anfang:
Es gab Kontakte, aber nicht im grossen Stil. Es war für die Opposition sehr schwer in Deutschland Fuss zu fassen weil, Hitler zu populär war. Daran scheiterten viele Pläne des Widerstandes. Denn ein Widerstand ohne Volk ist sehr schwer.:

Zeittafel nationalkonservativer Widerstand
Zitat Ende
Antwort:
die Popularität Hitlers hatte aber mit dem Kriegsbeginn einen absoluten Tiefstand erreicht. Hier setzt dann "Alys Volksstaat" ein, die Thesen von ihm haben einiges für sich.

Aber das sind tatsächlich alles andere Themen... im Stil was wäre gewesen wenn...

Zitat anfang:
Der Titel der Diskussion heisst: Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher in Nürnberg. Waren den die Alliierten die Hauptkriegsverbrecher?
Zitat Ende
Es kam kurz nach der Ursprungs-Frage die Frage des/eines Gast/es nach alliierten Kriegsverbrechen.
Daher.

Grüße Repo
 
Zurück
Oben