Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher in Nürnberg

Zur Erklärung: Die Popularität Hitlers war nachdem Einmarsch in Paris auf dem absoluten Höhepunkt.

Der Widerstand der SPD und der Kommunisten kam nicht wirklich zustande, die einzige Gruppe war die rote Kapelle. Im Kreiserauer Kreis waren alle Schichten der Gesellschaft vertretten, SPD, Adel, Militär usw.

Aber über den Widerstand gibt es schon eigene Themen im Forum wo man gerne weiter diskutieren kann:

Militärischer Widerstand

Widerstand und Dissens von Frauen

Der Kreisauer Kreis

Widerstand der Jugend

Kampf gegen die Nazis von aussen. Deutsche in alliierten Armeen

Die Jüngste der Roten Kapelle

Das Ende der Arbeiterbewegung

Stimmt die Frage kam auf und wurde beantwortet. Aber der Titel ist nun mal Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher und es ist wünschenswert wenn man wieder auf das Ursprungsthema zurückkehren könnte.

Es wäre auch mal schön wenn der Link den Collo angegeben hat mal gelesen wird (ich habe den schon zu Beginn des Themas angeführt), den der ist sehr interessant und sagt sehr viel aus.
 
ursi schrieb:
Was wäre den strafmildernd für die Hauptkriegsverbrecher gewesen? Nehmen wir doch mal einer der nicht in Nürnberg war, weil er nach Südamerika gefohlen ist, Josef Mengele, welche Entwicklungsdynamik wäre für diesen Mörder als mildernd eingesetzt worden?

Achtung Ursi,

Mengele war auf gar keinen Fall einer der Hauptkriegsverbrecher. Sein Fall ist eigentlich nur so bekannt, weil er es tatsächlich geschafft hat, relativ unentdeckt zu leben und zu sterben.

Mehr zu Mengele http://www.josef-mengele.de/

Grüße Repo
 
Repo schrieb:
Achtung Ursi,

Mengele war auf gar keinen Fall einer der Hauptkriegsverbrecher. Sein Fall ist eigentlich nur so bekannt, weil er es tatsächlich geschafft hat, relativ unentdeckt zu leben und zu sterben.

Mehr zu Mengele http://www.josef-mengele.de/

Grüße Repo


Der Name Mengele taucht schon währende des Nürnbergerprozesses auf und zwar durch die Zeugin Madame Vaillant-Couturier, sie beschrieb die Selektionen in Auschwitz und die Menschenversuche durch Mengele. Seine Verbrechen und sein Name ist seit dem Prozess gegen die Hauptkriegsverbrechen bekannt.

Sein Fall ist nicht nur wegen seiner Flucht bekannt, sondern sein Fall ist bekannt wegen den grausamen Menschenversuchen in Auschwitz.

Ok er wurde nicht als Hauptkriegsverbrecher angeklagt. Er wurde überhaupt nicht angeklagt. Leider konnte er 1945 den Amerikaner entwischen, weil er da noch unbekannt war. Dies änderte sich aber nach der oben erwähnten Aussage.
 
ursi schrieb:
Der Name Mengele taucht schon währende des Nürnbergerprozesses auf und zwar durch die Zeugin Madame Vaillant-Couturier, sie beschrieb die Selektionen in Auschwitz und die Menschenversuche durch Mengele. Seine Verbrechen und sein Name ist seit dem Prozess gegen die Hauptkriegsverbrechen bekannt.

Sein Fall ist nicht nur wegen seiner Flucht bekannt, sondern sein Fall ist bekannt wegen den grausamen Menschenversuchen in Auschwitz.

Ok er wurde nicht als Hauptkriegsverbrecher angeklagt. Er wurde überhaupt nicht angeklagt. Leider konnte er 1945 den Amerikaner entwischen, weil er da noch unbekannt war. Dies änderte sich aber nach der oben erwähnten Aussage.

Trotzdem Ursi, man tut Mengele zuviel Ehre an, wenn man ihn in einem Atemzug mit den Hauptkriegsverbrechern nennt.
Der hat sich doch einige Etagen darunter bewegt.
Zweifellos ein Riesenverbrecher, aber er war ja nicht bei denen die die Situation herbeigeführt haben, er hat sie "nur" ausgenutzt.

so, und jetzt bitte ich für heute vollends um Dispens. Weit herum gekommen sind wir ja, von der Genfer Konvention über die Fremdenlegion zu Mengele.

Grüße
Repo
 
Repo schrieb:
Trotzdem Ursi, man tut Mengele zuviel Ehre an, wenn man ihn in einem Atemzug mit den Hauptkriegsverbrechern nennt.
Der hat sich doch einige Etagen darunter bewegt.
Zweifellos ein Riesenverbrecher, aber er war ja nicht bei denen die die Situation herbeigeführt haben, er hat sie "nur" ausgenutzt.

so, und jetzt bitte ich für heute vollends um Dispens. Weit herum gekommen sind wir ja, von der Genfer Konvention über die Fremdenlegion zu Mengele.

Grüße
Repo

Ich betrachte es nicht als eine Ehre als Hauptkriegsverbrecher betitelt zu werden. Sehe da nicht viel Ehrenhaftes an sich. Und ob er einige Etagen tiefer Menschen umbrachte ist meiner Ansicht nach nicht relevant, das Resultat ist bei beiden das Selbe. Und eine Entschuldigung ist es auch nicht, dass er "nur" die Situation ausgenutzt hatte. Das haben auch Hauptkriegsverbrecher getan oder etwa nicht?
 
ursi schrieb:
Ich betrachte es nicht als eine Ehre als Hauptkriegsverbrecher betitelt zu werden. Sehe da nicht viel Ehrenhaftes an sich. Und ob er einige Etagen tiefer Menschen umbrachte ist meiner Ansicht nach nicht relevant, das Resultat ist bei beiden das Selbe. Und eine Entschuldigung ist es auch nicht, dass er "nur" die Situation ausgenutzt hatte. Das haben auch Hauptkriegsverbrecher getan oder etwa nicht?

Also bitte Ursi...

Nein es ist nichts ehrenhaftes Menschen umzubringen. Habe ich, nehme ich wenigstens an, auch nicht behauptet. Die "Ehre antun" war sehr sarkastisch gemeint, ich dachte das sei klar.

Nur die Hauptkriegsverbrecher haben die Situation herbeigeführt in der Mengele (und sehr viele andere) sich austoben konnten.
Inwiefern Hitler, Himmler, Göring, Saukel usw. selbst Menschen umgebracht haben, weiß ich nicht mal, ich würde es aber eher verneinen.

Er gehört zu der Klasse die Himmler in seiner Posener Rede angesprochen hat. (einer der ganz wenigen Beweise, dass die Führungsspitze tatsächlich Bescheid wusste) Dazwischen gab es noch die Eichmann, Heydrich, Gestapo-Müller usw. usw.

Es gibt Menschen die leben, wenn sie meinen sicher sein zu können, dass sie niemand zur Verantwortung ziehen wird, ihre sadistischen Neigungen voll aus. Von Tucholsky gibt es eine Balade: ein serbischer Spion wird erschossen, und der Kommandeur der Soldaten, im Zivilberuf Kohlenhändler, bedauert es ungemein, dass seine Frau nicht zusehen kann, wie er einen Menschen erschießen lässt.
Für so einen Typ halte ich Mengele.

So das war jetzt aber für heute

Grüße Repo
 
bei meinen recherchen zu quellen des kalten krieges bin ich auf diese einschätzung des prozesses gekommen, von george f. kennan (hervorhebungen durch mich):

Schließlich ging es in Potsdam noch um die Frage der Aburteilung von Kriegsverbrechern. Auch hierüber hatte es schon lange vorher Drei-Mächte-Gespräche gegeben; aber nach dem Potsdamer Kommuniqué, in dem sich die drei Regierungschefs noch einmal mit dem ganzen Gewicht ihrer Namen für einen baldigen gemeinschaftlichen Prozess gegen einige der Hauptfiguren verbürgten, war keine Umkehr mehr möglich. Meine Abneigung gegen eine gemeinsame Aktion mit den Russen in dieser Angelegenheit habe ich schon erwähnt. Ich möchte aber nicht missverstanden werden. Die Naziführer haben unermessliche Verbrechen begangen. Sie haben sich in eine Lage gebracht, wo ihre Weiterexistenz auf Erden weder für sie selbst noch für irgendjemand anderen eine positive Bedeutung haben kann. Ich persönlich halte es für das Beste, die alliierten Befehlshaber anzuweisen, jeden dieser Männern, der ihnen in die Hände fällt, nach zweifelsfreier Identifikation sofort zu exekutieren [...]

Ein Verfahren kann ihre Verbrechen weder sühnen noch ungeschehen machen. Es lässt sich nur rechtfertigen, wenn man damit der Weltöffentlichkeit zeigt, dass die zu Gericht sitzenden Völker und Regierungen Massenverbrechen jeder Art mit ihrem Gewissen für unvereinbar halten. An diesem Verfahren aber einen sowjetischen Richter als Repräsentanten eines Regimes zu beteiligen, das nicht nur für die grenzenlosen Grausamkeiten der Russischen Revolution, der Kollektivierung und der russischen Säuberung der dreißiger Jahre verantwortlich ist, sondern darüber hinaus während des Krieges vielfältige Scheußlichkeiten gegen die Polen und die Bevölkerung des Baltikums begangen hatte, heißt den einzigen Sinn verhöhnen, den ein solcher Prozess überhaupt haben kann, und heißt zudem. einen Teil der Verantwortung für die stalinistischen Verbrechen [...] mitzuübernehmen. Es lässt sich daraus nur schließen, dass Verbrechen dieser Art gerechtfertigt und verzeichlich sind, wenn sie von einer bestimmten Regierung unter bestimmten Umständen begangen würden, jedoch ungerechtfertigt, ja todeswürdig, wenn eine zweite Regierung sie unter abweichenden Umständen verübe. Eine andere Interpretation ist kaum möglich. Es war auch nicht möglich, unsere Regierung damit zu entschuldigen, dass sie bedauerlicherweise in Unkenntnis der im Namen des Sowjetstaates von der stalinistischen Polizei begangenen Untaten gehandelt habe. Die Akten waren ziemlich unvollständig. Auch das flüchtigste Studium hätte genügend Beweise erbracht. Mehr als einer von uns hätte sie aus eigenem Wissen und Erleben bestätigen können, wäre er dazu aufgefordert worden.

aus: Kennan, George F. (1971) - Memoiren eines Diplomaten. 3. Aufl. 1982. München, S.264ff
 
Soweit ich aus diversen Filmdokumentationen weiß, gingen die sowjetischen Richter mit dem festen Vorsatz nach Nürnberg eh alle Angeklagten zum Tode zu verurteilen. Dagegen haben sich angeblich besonders die Briten gewehrt. Im Endeffekt war es wohl so, daß jede Haftstrafe den Sowjets "abgerungen" werden mußte.
 
1)

collos Zitat von George F. Kenan schrieb:
"Schließlich ging es in Potsdam noch um die Frage der Aburteilung von Kriegsverbrechern. Auch hierüber hatte es schon lange vorher Drei-Mächte-Gespräche gegeben; aber nach dem Potsdamer Kommuniqué, in dem sich die drei Regierungschefs noch einmal mit dem ganzen Gewicht ihrer Namen für einen baldigen gemeinschaftlichen Prozess gegen einige der Hauptfiguren verbürgten, war keine Umkehr mehr möglich. Meine Abneigung gegen eine gemeinsame Aktion mit den Russen in dieser Angelegenheit habe ich schon erwähnt. Ich möchte aber nicht missverstanden werden. Die Naziführer haben unermessliche Verbrechen begangen. Sie haben sich in eine Lage gebracht, wo ihre Weiterexistenz auf Erden weder für sie selbst noch für irgendjemand anderen eine positive Bedeutung haben kann. Ich persönlich halte es für das Beste, die alliierten Befehlshaber anzuweisen, jeden dieser Männern, der ihnen in die Hände fällt, nach zweifelsfreier Identifikation sofort zu exekutieren [...]

Ein Verfahren kann ihre Verbrechen weder sühnen noch ungeschehen machen. Es lässt sich nur rechtfertigen, wenn man damit der Weltöffentlichkeit zeigt, dass die zu Gericht sitzenden Völker und Regierungen Massenverbrechen jeder Art mit ihrem Gewissen für unvereinbar halten."


passt doch gut zu folgendem:

Schon im Laufe des zweiten Weltkrieges dachten verschiedene Gruppen darüber nach, was mit den Ver­antwortlichen des Nazi – Regimes nach dem Kriege geschehen sollte. Die Angaben in der Literatur über den Entscheidungsprozeß auf der politischen Ebene sind sehr widersprüchlich. Klar ist, dass in den USA vor allem Kriegsminister Stimson und Außenminister Hull für ein Gerichtsverfahren waren. Morgenthau jr., der amerikanische Finanzminister, war zunächst wie die Briten und Sowjets angeblich auch, für summarische Hinrichtungen, d.h. es sollte dazu eine Liste mit rund 50.000 der schlimmsten Verbrecher zusammengestellt und diese sollten dann nach ihrer Verhaftung und Identifizierung exekutiert werden.[5] Aber schon im Januar 1945 hatten sich in den USA die Befürworter eines Prozesses durchgesetzt. Auch die Briten und Sowjets ließen sich schließlich überzeugen. Andere Historiker hingegen – gestützt auf glaubhafte Quellen – zeigen auf, dass sich ausgerechnet Stalin und sein Außenminister Molotov für die Schaffung eines Gerichtshofes stark gemacht hätten und dass außer den Briten niemand summarische Erschießungen ernsthaft erwogen habe.[6]"
Quelle: http://www.shoa.de/content/view/341/184/





2)


arne schrieb:
Soweit ich aus diversen Filmdokumentationen weiß, gingen die sowjetischen Richter mit dem festen Vorsatz nach Nürnberg eh alle Angeklagten zum Tode zu verurteilen. Dagegen haben sich angeblich besonders die Briten gewehrt. Im Endeffekt war es wohl so, daß jede Haftstrafe den Sowjets "abgerungen" werden mußte.

[/font schrieb:
http://www.shoa.de/content/view/341/184/]
"Ob Stalin dabei eher eine Art Schauprozess sowjetischen Zuschnittes im Sinn hatte ist, nicht bekannt."





3)


George F. Kenans These, dass "an diesem Verfahren ... einen sowjetischen Richter als Repräsentanten eines Regimes zu beteiligen", bedeuten würde "einen Teil der Verantwortung für die stalinistischen Verbrechen [...] mitzuübernehmen" (zitiert nach collos Beitrag s.o.), halte ich nicht für nachvollziehbar.
 
collo schrieb:
was ist an kennans kritik nicht nachvollziehbar?
Weshalb soll der Westen "einen Teil der Verantwortung für die stalinistischen Verbrechen" dadurch mitübernommen haben, dass an den Kriegsverbrecherprozessen ein sowjetischer Richter beteiligt wurde?
 
Gandolf schrieb:
Weshalb soll der Westen "einen Teil der Verantwortung für die stalinistischen Verbrechen" dadurch mitübernommen haben, dass an den Kriegsverbrecherprozessen ein sowjetischer Richter beteiligt wurde?

Es ist ein gewisses Problem, dass der Verbrecher von "Katyn" über den Verbrecher von "Auschwitz" zu Gericht sitzt.
Das mindert selbstverständlich die Schuld derer von "Auschwitz" nicht. Aber das Ansehen des Gerichts leidet unter so etwas schon.

Respekt vor der anloamerikanischen Rechtssprechung, dass unter diesen Umständen doch eigentlich sehr faire Verfahren durchgesetzt wurden.


Grüße Repo
 
Ein Massenmord an polnischen Offizieren
Im April 1943 haben deutsche Einheiten in der Nähe des Ortes Katyn Massengräber mit den Leichen von mehr als 4100 ermordeten polnischen Offizieren entdeckt. Nachforschungen ergaben, dass die Erschießungen im März und April 1940 stattgefunden hatten. Während der Nürnberger Prozesse haben die Sowjets versucht, den Deutschen die Verantwortung für die Massenmorde in die Schuhe zu schieben.

T. Taylor schrieb:
Die anderen Ankläger legten Rudenko dringend nahe, auf diese Anschuldigung zu verzichten, die - ganz gleich, wie es sich in Wahrheit verhielte - der deutschen Verteidigung das Recht einräumen würde, sie zurückzuweisen und damit eine der mit der Durchführung des Prozesses betrauten Mächte in eine abscheuliche Greueltat zu verwickeln.
T. Taylor, Die Nürnberger Prozesse, S. 148f

Doch die Sowjets ließen sich nicht beirren. Sie beharrten darauf, die Anklageschrift entsprechend zu verändern und den Deutschen die Ermordung von 11000 gefangenen polnischen Offizieren vorzuwerfen (vgl. Taylor, S. 157), was der Zahl der tatsächlich Ermordeten anscheinend halbwegs nahe kommt. Die Russen legten zu diesem Zweck ein "Gutachten" vor, das die Morde auf den Herbst 1941 datierte, da das betreffende Gebiet zu dieser Zeit bereits von den deutschen Truppen kontrolliert wurde.

Taylor betont, dass es sich bei der Frage, wer die Schuld an den Massenmorden trägt, nicht um ein "tu quoque"-Argument handelt, denn im Falle von Katyn

T. Taylor schrieb:
waren die Umstände so beschaffen, dass nur die Sowjetunion oder Deutschland die Greueltat begangen haben konnte. Es gab also nur eine Möglichkeit, wie eines der beiden Länder seine Unschuld beweisen konnte: Es mußte beweisen, dass das andere schuldig war.
Taylor, S. 541

Hier war, führt Taylor weiter aus, eine seltsame Situation entstanden. Bisher hatten die Anklagevertreter stets versucht, den Angeklagten die Schuld an konkreten Taten nachzuweisen. In diesem Fall aber, so vermutet Taylor, sei es den Sowjets nicht so sehr darauf angekommen, einen bestimmten Angeklagten zu belasten, sondern eher darum, sich selbst zu entlasten.

Mit einem Verfahrenstrick und einer eigenwilligen Auslegung der Statuten versuchte General Nikitschenko, die deutschen Einwände gegen die unberechtigten Vorwürfe zu unterbinden,

T. Taylor schrieb:
aber Biddle erkannte zu Recht, dass er und die anderen diesmal nicht nachgeben konnten; denn wenn der Gerichtshof es zuließe, daß die sowjetische Anklagevertretung die Deutschen für schuld erklärte am Massaker von Katyn, jedes Gegenargument der Deutschen aber blockierte, dann würde das den Prozeß ad absurdum führen.
Taylor, S. 543

Gegen die Stimme des sowjetischen Richters Nikitschenko wurden die Entlastungszeugen der Deutschen zugelassen. Daraufhin legte der sowjetische Ankläger Rudenko dem Gericht eine weitere Petition vor, die dem Gerichtshof Pflichtversäumnisse vorwarf.

Biddle, der amerikanische Richter, bezeichnete diese Eingabe als "maßlos" (Taylor, S. 543) und gab seinem Mitarbeiter Herbert Wechsler den Auftrag, Klarheit in die Angelegenheit zu bringen.

T. Taylor schrieb:
Als der Gerichtshof am 6. April über die Petition beriet, hatte sich Biddle mit einem von Herbert Wechsler verfaßten Gutachten bewaffnet, das so würdig wie überzeugend formuliert war und Rudenkos Petition vom Tisch fegte.
Taylor, S. 543

Rudenkos Petition sei verleumderisch und anmaßend und hätte in den USA dazu führen können, dass der Verfasser wegen Missachtung des Gerichts belangt werde, erklärte Biddle.

T. Taylor schrieb:
Dann wandte er sich an Nikitschenko und fragte ihn, was man seines Erachtens tun solle. Der völlig verblüffte General brummte irgend etwas Unverständliches vor sich hin. Biddle trug daraufhin das Gutachten seinen Zuhörern vor und sagte, es könne "in öffentlicher Sitzung verlesen werden, ehe man General Rudenko verhaftet".
Taylor, S. 543

Nach einigen Verhandlungen war die Sache vom Tisch und neben drei deutschen wurden drei sowjetische Zeugen vernommen. Da die Sowjets bei ihrer Darstellung blieben, konnte die Frage, wer für das Massaker in Katyn verantwortlich war, nicht abschließend geklärt werden, aber Taylor meint: "Nach allen Indizien lastete die Schuld für Katyn schwer auf der Sowjetunion ..." (Taylor, S. 546). Rudenko habe durch sein Beharren die Sache nur noch schlimmer gemacht, erklärt Taylor abschließend.

T. Taylor schrieb:
Damals gab es zwar noch keinen klaren Beweis dafür, daß dafür eher die Russen als die Deutschen verantwortlich waren; aber viele dachten sich das schon, und damit hatte der Gerichtshof ein weiteres heißes Eisen. Klugerweise gestattete er sowohl den Russen wie den Deutschen, über das Massaker für Katyn ihre Aussagen abzugeben, erwähnte jedoch den ungeheuren Vorfall in der Urteilsbegründung mit keiner Silbe.
Taylor, S. 738f

1951/1952 beschäftigte sich ein Ausschuß des amerikanischen Kongresses noch einmal mit diesem Thema. Durch Befragung der Gerichtsmediziner konnte bestätigt werden, dass die Morde vor dem Jahr 1941 stattgefunden hatten, als dieses Gebiet noch in Händen der Sowjets war. Demnach ist der westlichen Geschichtsschreibung seit Anfang der fünfziger Jahre bekannt, dass die Sowjets für dieses Massaker verantwortlich sind; doch erst im April 1990 konnte sich die sowjetische Regierung entschließen, dies auch offiziell einzuräumen.

Das Massaker von Katyn spielt in der Argumentation der Rechtsextremisten eine gewisse Rolle. Sie gehen in etwa von folgender Überlegung aus: Da den Deutschen das Massaker bis vor kurzem noch zu Unrecht vorgeworfen wurde, muss man annehmen, dass alle anderen Vorwürfe gegen die Deutschen, insbesondere was den Judenmord angeht, ebenso unbegründet sind.

Die Tatsache, dass die Sowjets schon seit fast einem halben Jahrhundert als Täter überführt sind, fällt dabei nicht selten unter den Tisch, So führen die "Revisionisten" ihre Leser bewusst in die Irre, indem sie das sowjetische Eingeständnis aus dem Jahre 1990 in einer Weise präsentieren, als wäre erst zu diesem Zeitpunkt der wahre Sachverhalt aufgedeckt worden. Als Beispiel ein Zitat von Cedric Martel:

Die Morde von Katyn an 4.500 polnischen Offizieren wurden bezeichnenderweise bis 1989 den Deutschen angehängt, bis Jelzin die sowjetische Schuld zugab. Bei Babi Jar (Kiew) sollen die Deutschen etwa "33.000 Menschen erschossen" (Sowjets und Juden), dann unter die Erde "gesprengt", später wieder "enterdet", dann verbrannt und spurlos beseitigt haben.
Cedric Martel, "Der Holocaust - Korrektur eines Mythos"
In dieser Form und in diesem Kontext ist dies ein Musterbeispiel für die "revisionistische Wahrheitssuche". Es trifft zu, dass die Sowjets bis etwa 1990 die Fiktion von der deutschen Schuld an Katyn aufrechterhalten haben. Es trifft aber ebenso zu, dass spätestens seit 1952 kein westlicher Historiker mehr an diese Fiktion geglaubt hat - und genau diese westlichen Historiker sind es, die über die mehr als 33000 jüdischen Opfer in Babi Jar ebenso präzise Auskunft geben können wie über die wahren Täter von Katyn.

Die Frechheit besteht darin, dass ein korrektes Resultat westlicher Geschichtsforschung zur sowjetischen Lüge deklariert wird, obwohl die westlichen Historiker - wie man am Beispiel Katyns sieht - auf sowjetische Fälschungen überhaupt nicht hereingefallen sind. Die Umstände des Massakers von Babi Jar erschließen sich denn auch aus Dokumenten der "Einsatzgruppen" - also der Täter selbst - und keineswegs aus fragwürdigen sowjetischen Angaben. [vgl. Babi Jar ]

Es ist ein beliebter Trick der Holocaust-Leugner, den seriösen Historikern Behauptungen vorzuwerfen, die sie nicht zu verantworten haben; in der einschlägigen rechtsextremistischen Literatur findet man zahlreiche Beispiele dafür.

Und es gibt noch einen weiteren Punkt, der in diesem Zusammenhang bedeutsam ist. Zwar trifft es zu, dass die Sowjets in Nürnberg versucht haben, ein eigenes Verbrechen den Deutschen in die Schuhe zu schieben. Aber es trifft eben auch zu, dass sie sich damit nicht durchsetzen konnten, weil die westlichen Vertreter, die in der Mehrheit waren, das Verfahren so weit wie möglich nach rechtsstaatlichen Prinzipien abgewickelt und unberechtigte Vorwürfe in der Urteilsfindung nicht berücksichtigt haben.


(Quelle: http://www.h-ref.de/tricks/katyn/katyn.php Habe den ganzen Text hier reingestellt, weil verlinkte Seiten nicht immer gelesen werden)

Literatur:

Taylor, Telford
Die Nürnberger Prozesse
Heyne, München 1996
(Telford Taylor war einer der wichtigsten amerikanischer Ankläger)
 
Zuletzt bearbeitet:
Es gibt keinen Zweifel, dass die Nürnberger Prozesse faire Verfahren waren. Unter dem politischen Druck eine bemerkenswerte Leistung.
Wenn man diesen Prozeß mit den Verfahren des Volksgerichtshofs vergleicht... Mann oh Mann

Auch für die diversen Folgeverfahren kann man dies uneingeschränkt so sehen.

Die "Landsberger" Verurteilten hatten alle Chancen die man heute von der amerikanischen Rechtssprechung kennt. Auch hier gab es erhebllichen politischen Druck, z. b. Neujahrsgrüße des Bundespräsidenten.

Grüße Repo
 
vielen dank ursi, für die umfassende darstellung. es gab ja noch einen gewichtigen punkt, der für die sowjets unangenehm war, der hitler-stalin-pakt. wie wurde damit eigentlich umgegangen? ich meine mal gelesen zu haben, dass die sowjets das geheime zusatzprotokoll, welches die aufteilung ost- und mitteleuropas beschrieb, als fälschung darzustellen suchten.
 
collo schrieb:
vielen dank ursi, für die umfassende darstellung. es gab ja noch einen gewichtigen punkt, der für die sowjets unangenehm war, der hitler-stalin-pakt. wie wurde damit eigentlich umgegangen? ich meine mal gelesen zu haben, dass die sowjets das geheime zusatzprotokoll, welches die aufteilung ost- und mitteleuropas beschrieb, als fälschung darzustellen suchten.

Wenn ich mich richtig erinnere, Quelle müsste ich nachschlagen, wurde die Existenz bis 1979 geleugnet.

Grüße Repo
 
Repo schrieb:
Wenn ich mich richtig erinnere, Quelle müsste ich nachschlagen, wurde die Existenz bis 1979 geleugnet.

Grüße Repo

Ich habe 1989 als Datum.
Während des Prozesses kamen die Zusatzprotokolle zur Sprache, wurden aber von der Sowjetunion als Fälschung dargestellt. Auch in den sowjetischen Archiven fand man die Protokolle nicht. Beim 50-jährigen Jubiläum des Hitler-Stalin Paktes wurden die Existenz und die Echtheit der Zusatzprotokolle zugegeben.
 
ich meine jetzt nicht die zeit bis 89 sondern die konkrete behandlung in nürnberg. ich kann mir nicht vorstellen, dass die deutschen verteidiger dieses abkommen nicht als entlastungsbeweis eingebracht haben.
 
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