Quellenrezension zu Quelle aus Dreißigjährigem Krieg

student123

Neues Mitglied
Hallo an alle!
Ich muss eine Quellenrezension bzw. Quellenkritik zu einer Quelle aus dem Dreißigjährigen Krieg anfertigen, habe aber leider große Probleme überhaupt zu verstehen, wovon der Autor genau spricht.
Ich wäre froh, wenn ich hier ein wenig Hilfe erhalten würde. Was ich denke verstanden zu haben ist, dass Heinrich Schütz (deutscher Komponist und zeitweise Oberkapellmeister in Kopenhagen) sich beim Empfänger des Briefes, in dem Fall also Prinz Friedrich III. von Dänemark, dafür entschuldigt, dass Aufgrund der Umstände die Qualität seiner Musik leidet und er sich dafür schämt. Er erbittet jetzt einen höheren Pfand, also bessere Entlohnung durch den Prinzen, damit er bzw. seine Werke wieder zu höherer Würde und höherem Wert erhoben werden???? Da bin ich mir schon nicht mehr ganz sicher.
Den ersten Teil des Briefes verstehe ich leider kaum.
Ich kann es mir jetzt nur so im Kontext denken, dass Schütz dem Prinzen noch einmal vor Augen führt, dass seine Künste früher einmal viel besser waren. Er erinnert an die Hochzeit des Bruders.
Na ja, der der Brief als Vorrede tituliert ist, bin ich mir nicht so sicher, ob die Intention des Briefes tatsächlich eine "Lohnerhöhung" ist.
Also ich wäre euch echt dankbar, wenn ihr mir eure Ideen und Erkenntnisse mitteilen würdet.

Originale Vorreden Kleine Geistliche Konzerte II SWV 306 - 337

An Prinz Friedrich (III.) von Dänemark

Dem Hochwürdigsten / Durchlauchtigsten /
Hochgebornen Fürsten Fürsten vnd Herrn /
Herrn
Friederichen /
Erwehlten zu Ertz- vnnd Bischoffen der
Stiffter Bremen vnd Vehrden / Coadjutoren zu Halberstadt /
Erben zu Norwegen / Hertzogen zu Schleßwig / Holstein /
Stormarn vnd
der Ditmarschen / Grafen zu Oldenburg vnd Delmenhorst
Meinem Gnädigsten Fürsten vnd
Herrn.

HOchwürdigster / Durchlauchtigster / Hochgeborner Fürst / Gnädigster Herr / Vnter andern trefflichen Tugenden / die in Ewer Hochfürstl. Durchl. der gütige Himmel eingepflantzt / ist nicht die geringste / die sonderbare Liebe vnd Lust / die nach dem Exempel der grössesten Helden von der Welt / Sie zu freyen vnd löblichen Künsten / insonderheit auch der werthen Music trägt / wie dann dieses / an dem vor wenig Jahren in Coppenhagen gehaltenen HochFürstl. Beylager des Königl. Printzen zu Dennemarck vnd Norwegen / (E. HochFürstl. Durchl. hochggehrten Herrn Brudern / meines auch Gnädigsten Herrn) ich mit fleiß in acht genommen habe / vnd dessen ein wahrer Zeuge seyn kan. Dann eben durch meine damalige / zwar wenige Verrichtung vnd Auffwartung bey der Kön. Capell daselbst / E. Hochfürstl. Durchl. gnädigst bewogen / sich gegen mir mit so thanen Gnaden vermercken zu lassen / Derowegen ich mich nicht vnglückselig schätzen kan / vnd überflüssige Vrsach habe / solches Zeit meines Lebens / mit vnterthänigstem Ruhm vnnd Dancksagung zu erkennen.
Vnd habe / Gnädigster Herr / zu keinem andern Zweck ich auch ietzo gezielet / in deme gegenwertiger meiner Musicalischen Arbeit (da sie zu männigliches gebrauch von mir herausser gegeben wird) E. HochFürstl. Durchl. hochwürdigsten Nahmen ich vorgesetzt.
Zwar muß ich mich schemen / mit einem so kleinen vnnd schlechten Wercklein vor deroselben zu erscheinen / Nun aber die Boßheit der ietzigen / den freyen Künsten widrigen Zeiten / meinen anderweit / sonder Ruhm / bey Handen habenden bessern Wercken / das Liecht nicht gönnen wollen / hat es bey diesem geringen für dißmal verbleiben müssen. Sollen aber die ietzo vnter den Waffen gleich als erstickten / vnd in den Koth getretenen Künste / durch GOttes Güte / zu voriger Würde vnd werth wieder erhoben werden / mir auch der Höheste biß dahin das Leben fristen würde / wil so dann bey E. HochFürstl. Durchl. mit einem reichern Pfande / meiner schuldigkeit nach / einzukommen / ich vnvergessen seyn. Inzwischen geruhen Sie dieses wenige vnd schlechte mit gnädigsten Händen von mir zu nehmen / So dann mit dero HochFürstl. Gnaden mir iederzeit wohl beygethan zu seyn / wie auch verstatten / die Zeit meines Lebens / massen ich wündschen thue / nach vnd nach zu verbeiben
Ewer HochFürstl. Durchl.
Vnerthänigster

Diener
Heinrich Schütz.
Dresden am Heiligen PfingstFest /
war der 2. Tag Junij / 1639
 
Was ich denke verstanden zu haben ist, dass Heinrich Schütz (deutscher Komponist und zeitweise Oberkapellmeister in Kopenhagen) sich beim Empfänger des Briefes, in dem Fall also Prinz Friedrich III. von Dänemark, dafür entschuldigt, dass Aufgrund der Umstände die Qualität seiner Musik leidet und er sich dafür schämt.

Zumindest behauptet er das. Diese Form der Selbsterniedrigung dient aber viel mehr dazu, den Prinzen zu erhöhen: "Ich bin es nicht wert euch die Füße zu küssen." Das ist falsche Bescheidenheit (allerdings nicht im heutigen Sinne). Ich würde mich hier an deiner Stelle mal über barocke Widmungsbriefe informieren, z.B. in einem literaturwissenschaftlichen Lexikon.

Er erbittet jetzt einen höheren Pfand, also bessere Entlohnung durch den Prinzen, damit er bzw. seine Werke wieder zu höherer Würde und höherem Wert erhoben werden???? Da bin ich mir schon nicht mehr ganz sicher.
[...]
Na ja, der der Brief als Vorrede tituliert ist, bin ich mir nicht so sicher, ob die Intention des Briefes tatsächlich eine "Lohnerhöhung" ist.

Die Stelle würde ich noch mal überdenken. Ich jedenfalls verstehe sie völlig anders bzw. teile deine weiter unten geäußerten ZWeifel. Wenn du die Stelle mal auf den Kernsatz reduzierst: "Ich will mit einem reicheren Pfande mit meiner Schuldigkeit einkommen". Es ist kein Bettelbrief, keine Bitte um eine "Gehaltserhöhung", zumindest nicht so plump, dass die Zuwendung direkt erfordert wird. Es ist im Prinzip wieder dasselbe wie oben: Zum Herrscherlob wird die eigene Unzulänglichkeit betont und dann noch die schwierige Zeit - eben des dreißigjährigen Krieges - bemüht. Wenn der Komponist sein Werk wirklich für schlecht befunden hätte, hätte er es nicht veröffentlicht. Der Autor hält sich an Gepflogenheiten, an Spielregeln.
Der Brief ist doch sicher auch publiziert, oder?

Also ich wäre euch echt dankbar, wenn ihr mir eure Ideen und Erkenntnisse mitteilen würdet.
Mag sein, dass ich mich jetzt als oute als jemand der den dänischen Hof nicht profund kennt (dies ist in der Tat so, ich bin kein profunder und intimer Kenner des dänischen Hofes zu keiner Zeit), aber ich finde es bemerkenswert, dass der Brief nicht auf Dänisch, ja nicht einmal auf Niederdeutsch geschrieben wurde. :winke:
 
Vielen Dank erstmal für die Antwort. Ich sitze immer noch an dem Brief und bin mittlerweile auch schon um ein paar Ideen reicher.
Das mit der falschen Bescheidenheit hatte ich allerdings nicht berücksichtigt, da die Kultur zur Zeit des 30jährigen Kriegs tatsächlich ziemlich im Zusammenbruch war und Ansprüche an Aufführungspraxis und Instrumentalien erheblich verringert werden mussten, aber ich werde es auf jeden Fall einbauen.
Mir fällt es sehr schwer diese Quellenkritik zu schreiben.
Was könnte denn die Intention des Autors sein? Zunächst einmal seine Dankbarkeit dem dänischen Prinzen gegenüber auszudrücken, dann aber unter Berücksichtigung der falschen Bescheidenheit auch, dass er sich dadurch selbst erhöht.
Hättet ihr dem noch etwas hinzuzfügen? Oder sollte das als Intention reichen?
 
Was könnte denn die Intention des Autors sein? Zunächst einmal seine Dankbarkeit dem dänischen Prinzen gegenüber auszudrücken, dann aber unter Berücksichtigung der falschen Bescheidenheit auch, dass er sich dadurch selbst erhöht.

Da hast du mich deutlich missverstanden.

Ich darf dir noch mal die Frage stellen, ob der Widmungsbrief publiziert ist?

Q-Kritik ist mehr, als nur die Untersuchung des Textes, Q-Kritik ist auch eine Darstellung der Überlieferung der Quelle.
Noch mal der Hinweis: Beschäftige dich mit der Quellengattung des Widmungsbriefes.
 
Schütz will hier keine Gehaltserhöhung. Das mit dem "reichern Pfande" bezieht er auf sich selbst; also, dass er zukünftig bei besseren (politischen) Umständen auch ein besseres Werk liefern wird.
Mit dem Brief sind keine geschäftlich-rechtlichen Regelung zwischen Schütz und dem Prinzen verbunden; er ist vielleicht eher als Begleitschreiben zu sehen.
Abseits der typischen Höflichkeitsfloskeln äußert sich Schütz allerdings gefühlsmäßig ungewöhnlich deutlich zu der Lage in seiner Heimat - in einer Zeit, als die Plünderungen und Zerstörungen im 30-jährigen Krieg in manchen deutschen Gegenden ihren Höhepunkt erreicht hatten.
 
Ich darf dir noch mal die Frage stellen, ob der Widmungsbrief publiziert ist?

Schade, leider hat Student123 nicht mehr reingeschaut die letzten Tage, aber die Frage ist nicht unwichtig. Ein solcher Brief in nur einem handschriftlichen Exemplar ist nämlich quellenkritisch völlig anders zu bewerten, als wenn es sich um eine gedruckte Vorrede in Briefform handelt, wie dies eben bei barocken Widmungsbriefen zu erwarten ist.
 
Zurück
Oben