Qumran - ein Kloster der Essener?

Aragorn

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Hi liebe User,

Hab heute in der Schule mit meinem Religionslehrer im Unterricht darüber diskutiert, ob die Siedlung Qumran wirklich von den Esenern bewohnt war oder ob es eine stinknormale jüdische Siedlung am Toten Meer war. Ich bevorzuge die zweite Theorie, während mein Religionslehrer an den Esenern festhält.
Wer lebte denn nun in Qumran?
Ich hab mal eine ZDF - Dokumentation gesehen, in der nach Auswertung der neusten Forschungen davon ausgegeangen wurde, dass Qumran eine normale jüdische Siedlung war, die am damals noch dicht besiedelten Toten Meer lag.
Vielleicht könnt ihr mir weiterhelfen!!

Gruß
Aragorn
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo, lieber Aragon!

Ich habe davon auch gehört. Quaram soll nach neuesten Erkenntnissen keine Stadt der Essener gewesen sein (tatsächlich gibt es dazu auch keinen schlüssigen archäologischen Beweis), sondern eine von vielen Handelsstationen am Toten Meer. Diese Theorie impliziert, dass Quaram auch keinerlei direkte Beziehung zu den Schriftrollen besitzt, die man in der Nähe in den Höhlen gefunden hat. Vielmehr sagt man nun, dass beide Fundstellen nur eine zufällige räumliche Nähe zueinander besitzen. Grundlage für die Theorie sind wohl Münzfunde, die man in Quaram direkt gemacht hat, die absolut gegen die Essener sprechen. Dies bedeutet aber nicht, dass es die Essener nicht gegeben. Im Gegenteil. Es ist vielmehr verbürgt, dass es sie gab. Nur wo sie gelebt haben, ist offen. Man nimmt an, dass die Schriftrollen aus anderen Landesteilen dorthin geschafft wurden, um sie im zweiten Anti-römischen Aufstand (meines Wissens zur Zeit des Kaisers Hadrian) vor den Legionären zu verstecken.
 
El Quijote schrieb:
Ich hab den Beitrag gesehen, aber überzeugt hat er mich nicht. Die Essener-Theorie wurde durch eine andere, nicht weniger unwahrscheinlichere, ersetzt. Das "Essenerkloster" soll nun eine Töpferei gewesen sein, schön und gut. Aber die Qumran-Rollen gerettet aus dem brennenden Jerusalem des Jahres 70? Womöglich gar aus dem Tempel? Mir kommt das eher vor als ob ein Mythos durch einen anderen ersetzt werden soll. Statt des protochristlichen Ursprungs, in die Welt gesetzt von einem Archäologen der gleichzeitig Dominikanermönch war, werden die Schriftrollen nun mit dem jüdischen Heldenmythos des 1. Jhdts. verknüpft, genausowenig beweisbar.

Naja, egal. Die Bedeutung der Qumran-Rollen wird weder durch die eine,noch die andere Seite gemildert. Und beide Theorien wären es ja durchaus wert von unseren Forumshypothetikern üppigst zerdiskutiert zu werden:rolleyes:
 
Mir ging es nur um Qumran selbst, nicht um die Herkunft der Rollen. Wobei ich die These, sie stammten aus Jerusalem nicht vollkommen ad acta legen würde. Was mir allerdings sehr hebräisch vorkam (spanisch versteh ich ja ;) ) war der Gedanke "vielleicht finden wir ja auch noch den verlorenen Tempelschatz". Denn dagegen spricht doch imho eindeutig die Darstellung auf der Innenseites des Triumphbogen des Titus in Rom, auf der die Verbringung des jüdischen Tempelschatzes nach Rom dargestellt ist.
 

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El Quijote schrieb:
Mir ging es nur um Qumran selbst, nicht um die Herkunft der Rollen. Wobei ich die These, sie stammten aus Jerusalem nicht vollkommen ad acta legen würde. Was mir allerdings sehr hebräisch vorkam (spanisch versteh ich ja ;) ) war der Gedanke "vielleicht finden wir ja auch noch den verlorenen Tempelschatz". Denn dagegen spricht doch imho eindeutig die Darstellung auf der Innenseites des Triumphbogen des Titus in Rom, auf der die Verbringung des jüdischen Tempelschatzes nach Rom dargestellt ist.
Die Forschungsergebnisse zu Qumran würden in irgendeiner archäologischen Institutsbibliothek verotten gäbe es die Rollen nicht. Nur diese geben dem im 1. Jhdt. zusammengefügten Steinehaufen eine überdurchschnittliche Bedeutung.;)
Was ich an dieser Diskussion spannend finde ist der Versuch, politische Ansprüche archäologisch zu untermauern. Der Dominikanermönch begründet mit der Essenertheorie einen christlich-katholischen (Hinweis auf monastisches Leben) auf die Rollen. Die Theorie von Herrn Hirschfeld hingegen passt perfekt in die Staatsideologie Israels. Dass der Tempelschatz dort noch versteckt sein könnte, fällt hingegen eher in die Sphäre von Herrn Gärtner (der dadurch wiedermal bewies, wie schlampig das Erste doch recherchiert).

Natürlich ist es möglich, dass die Qumran-Rollen aus dem Tempel von Jerusalem stammen können. Genausogut aber aus einem Essener-Kloster, dem Einbruch in eine Schriftrollen-Handlung in Alexandria, vom Flohmarkt in Casarea oder entsprungen der fantasievollen Feder eines verkrachten Theologiestudenten der Jerusalemer Uni des 1. Jhdts.

Die Rollen von Qumran gehören zum wertvollsten und spannendsten archäologischen Schatz der 3 monotheistischen Weltreligionen. Vielleicht kann das Rätsel ihrer Herkunft auch irgendwal mal gelöst werden. Eine neue These (und mehr ists nicht) in den Raum zu stellen - auch wenn diese noch so mit Absolutheitsanspruch versehen ist - reicht aber nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Rovere schrieb:
Die Forschungsergebnisse zu Qumran würden in irgendeiner archäologischen Institutsbibliothek verotten gäbe es die Rollen nicht. Nur diese geben dem im 1. Jhdt. zusammengefügten Steinehaufen eine überdurchschnittliche Bedeutung.;)
Da hast Du wohl recht. Aber auch, wenn diese "zusammengefügten Steinhaufen" ihre überdurchschnittliche Bedeutung durch neue Forschungsergebnisse verlieren, quasi aus dem Interessensbereich der Theologen herausfallen, so werden sie doch für die Archäologen und wirtschaftshistorisch interessierten nicht weniger interessant.
Rovere schrieb:
Was ich an dieser Diskussion spannend finde ist der Versuch, politische Ansprüche archäologisch zu untermauern. Der Dominikanermönch begründet mit der Essenertheorie einen christlich-katholischen (Hinweis auf monastisches Leben) auf die Rollen. Die Theorie von Herrn Hirschfeld hingegen passt perfekt in die Staatsideologie Israels.
Geht mir genauso (was das Spannende an der Diskussion angeht). Als Archäologe im Dienste der israelischen Staatsideologie fällt mir besonders Yigael Yadin ein. Aber bei Hirschfeld ist mir das noch nicht ganz klar, warum dieser, Deiner Meinung nach im Dienste der israelischen Staatsideologie argumentiert (also Beweggründe wären mir schon klar, aber ich sehe an der Qumran-reconsidered-Dikussion bisher keine solchen Argumente).
 
El Quijote schrieb:
Geht mir genauso (was das Spannende an der Diskussion angeht). Als Archäologe im Dienste der israelischen Staatsideologie fällt mir besonders Yigael Yadin ein. Aber bei Hirschfeld ist mir das noch nicht ganz klar, warum dieser, Deiner Meinung nach im Dienste der israelischen Staatsideologie argumentiert (also Beweggründe wären mir schon klar, aber ich sehe an der Qumran-reconsidered-Dikussion bisher keine solchen Argumente).
Ich hab vielleicht etwas zu scharf formuliert. Mir gehts gar nicht darum ob Herr Hirschfeld nun "staatstragende" Archäologie betreibt oder nicht, mir ist eher die reisserische Aufmachung des Beitrags und des Buches sehr sauer aufgestossen. "Qumran - die ganze Wahrheit", das glaub ich net!
Wobei ich natürlich rein marketingtechnisch Verständnis für diese Aufmachung habe. "Qumran - neue Forschungsergebnisse" verkauft sich halt nicht so gut.
 
Wahrscheinlich wäre es schon, dass die Qumran-Rollen aus Jerusalem stammen und bei der Flucht dort ihren Aufenthalt fanden. Schließlich war das der Weg zur Wüste, wohin ihnen sicherlich die Römer nicht gefolgt sind.;)
 
Falsch, Massada als Beweis...
Mal abgesehen davon das man Qumran nicht unbedingt als "in der Wüste" bezeichnen kann, nahe dem Toten Meer...
 
Und: der westliche wie der nordöstliche Teil des Toten Meeres war zu der Zeit schon römisch. Nur der Südosten wurde erst 105/6 erobert (Petra). (Dafür gibt es felsschriftliche Hinweise, dass der Aufstand des Shimon Bar Kokhba auch ins Nabatäerreich ausgegriffen hat.)
 
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