Regenbogenschüsselchen in Brandenburg

...Und das bemerkenswerte daran ist, das die Mark Brandenburg kein keltisches Siedlungsgebiet war.

Ist das so eindeutig? Die Przeworsk-Kultur zeigt doch intensive keltische Einflüsse, was die klassische Etikettierung als "germanisch" ziemlich aufweicht. Zudem wird durch dieses "bemerkenswert" suggeriert, es habe damals eine strikte Trennung zwischen "keltischem" und "germanischem" Kulturraum gegeben.
Falls die Münzen tatsächlich ursprünglich aus Hessen/RLP stammen ist höchstens die Entfernung nach Brandenburg interessant, nicht eventuelle Kulturunterschiede. Grenzen oder Schlagbäume gab es schließlich nicht.
Nebenbei gibt es auch Przeworsk-Funde aus dem Hanauer Raum.
 
Es geht um Brandenburg, also keine Przeworsk-Kultur. Und seit wann ist es seltsam oder irgendwie bemerkenswert, dass Münzen außerhalb ihres Prägegebiets gefunden werden?

Außerdem würde ich die Kulturraumtheorie nicht gleichzeitig vertreten und verwerfen. Alle üblicherweise als 'germanisch' apostrophierten Kulturen zeigen übrigens starke 'keltische' Einflüsse. Einige Einflüsse gehen auch in umgekehrte Richtung*; Connubium zumindest des Adels wird sowieso angenommen.

* Bei Handelspartnern wäre es anders auch kaum möglich. Ich habe jedenfalls nichts von einem keltischen Innenminister gehört, der alles an der Grenze abfing.
 
Ist das so eindeutig? Die Przeworsk-Kultur zeigt doch intensive keltische Einflüsse, was die klassische Etikettierung als "germanisch" ziemlich aufweicht.
Die ethnische Etikettierung der Przeworsk-Kultur ist natürlich ein schwieriges Thema, zumal die Frage auch politisch aufgeladen ist.
Meines Wissens ist die Przeworsk-Kultur nicht für Münzprägungen bekannt. Als keltischer Einfluss gilt vor allem die Nutzung der Töpferscheibe.

Aber eigentlich ist es auch egal, wenn der Siedlungsraum südlich von Potsam des Jastorf-Kultur zugerechnet wird. So steht es jedenfalls im Artikel der FAZ.
 
Meines Wissens ist die Przeworsk-Kultur nicht für Münzprägungen bekannt.

Die Münzen sollen ja auch aus Hessen oder Rheinland-Pfalz dorthin gekommen sein.
Ob es sich nun um die westliche Przeworskkultur oder die östliche Jastorfkultur handelt, spielt letztlich keine Rolle.
Der Autor des Artikels hebt vor allem darauf ab, dass keltische Münzen in nicht-keltischem Gebiet gefunden wurden. Das halte ich für wenig erstaunlich, da einerseits eine strikte Trennung keltisch/nicht-keltisch dort weder möglich ist noch besonders viel Sinn ergibt, und andererseits Handel über 1000 km auch nicht so erstaunlich erscheint.
 
Nach den Karten ist es eher die sächsische Lausitz, mit dem südöstlichsten Teil Brandenburgs, wo aber sonst die Jastorf Kultur zu finden ist, wie Maglor schon schrieb.

Ethnisch reden wir im Potsdamer Bereich wohl von Semnonen. Und bei aller Vorsicht ist die Großgruppe der Wandilier (Plinius und Tacitus) doch grob im selben Bereich wie die Przeworsk-Kultur zu suchen, was auch in der Literatur und auf Karten so zu finden ist. Wer außer Polnischen Nationalisten und Verfechtern kommunistischer Geschichtsschreibung sieht das denn anders?

Ich habe übrigens gerade in einigen gängigen Darstellungen nachgeschlagen. Wenn ich nicht wüsste, worauf sich das Bild stützt, müsste ich es als Fakten äußern. So bleibt es Auswertung und herrschende Interpretation verschiedener, nicht ganz sicher interpretierbarer Quellenarten.
 
Die Münzen sollen ja auch aus Hessen oder Rheinland-Pfalz dorthin gekommen sein.
Dann sind diese Münzen vielleicht das Werk der Germani Cisrheni oder der germanischen Ubier.
Jedenfalls halten weder Caesar noch Tacitus alle Bevölkerungsgruppen in dem Gebiet Hessen und Rheinland-Pfalz für Kelten, obwohl sie archäologisch eindeutig der La-Tène-Kultur zugeordnet werden können.

Das halte ich für wenig erstaunlich, da einerseits eine strikte Trennung keltisch/nicht-keltisch dort weder möglich ist noch besonders viel Sinn ergibt, und andererseits Handel über 1000 km auch nicht so erstaunlich erscheint.
Ja stimmt, eigentlich ist diese gängige Ethnisierung der kompletten La-Téne-Kultur als keltisch etwas unsinnig, noch unsinnger ist es die La-Téne-Zeit als "Keltenzeit" zu bezeichnen.
 
Leider ist der Artikel in der FAZ ein wenig knapp gehalten. Hier sind noch ein ausführlicherer Bericht des RBB mit Video und zwei Artikel aus der Zeit:



"Diese Goldmünzen sind eine Sensation"

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Diese Münzen sind sog. Regenbogenschüsselchen, wie man auch auf dem Foto in der FAZ und im Video des RBB erkennen kann. Nur taugen sie zur Datierung sehr grob. Im Gegensatz zu z. B. römischen Münzen kann man daraus keine genaue Datierung herleiten (Regenbogenschüsselchen – Wikipedia ). Da hätten wir einen Zeitraum von 300 v. Chr. bis zur Zeitenwende. Aus den Berichten der Zeit und des RBB geht zumindest hervor, dass die Münzen im Bereich einer germanischen Siedlung bei dem heutigen Baitz bei Potsdam. Ob sich im germanischen Fundkontext etwas finden läßt, damit diese Siedlung genauer datiert werden kann, steht in den Artikeln leider nicht. Allerdings wäre ich da auch eher skeptisch, weil m. W. die Datierung von germanischen Siedlungen zumeist über römischen Importwaren erfolgt. Die germanische Töpferei hat sich da in langen Zeiträumen wohl nicht großartige verändert. Aber da wird man dann auf Veröffentlichungen der Grabungsergebnisse warten müssen.
 
Nun ja,die überkommene Unterteilung in Kelten und Germanen stammt wohl im Wesentlichen von Caesar und Tacitus- beide waren aber nunmal keine Ethnologen und dass es sich bei dieser Unterteilung eher um eine politische als um eine ethnologische handelt (die im übrigen von der nationalistisch geprägten Geschichtsschreibung des 19./20.Jhdts wiederum aus politischen Gründen nahezu kritiklos übernommen und fortgeschrieben wurde) haben wir hier ja mehrfach herausgearbeitet.
Davon abgesehen: bereits vor La-Téne gab es weitreichende Handelsverbindungen kreuz und quer durch Europa- warum sollten die Regenbogenschüsselchen nicht auf diesem Wege z.B über den Bernsteinhandel dorthin gekommen sein.
 
Hierzu noch eine Anmerkung: Wir wissen,dass die Bewohner aus dem Gebiet Hessen und Rheinland-Pfalz bereits früh (späte Hallstatt/frühe La-Tene-Zeit) über ausgedehnte europaweite Handelskontakte verfügten- dafür spricht bereits vor der Römerzeit die überdurchschnittliche Häufung der Funde importierter etruskischer Schnabelkannen in der Region und auch Bernsteinfunde (z.B. u.a.in Mainz-Bretzenheim,Langenlonsheim, Stadecken-Elsheim )
 
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