Reichsgraf

D

De La Rosée

Gast
Ist der Reichsgraf (Betonung auf "Reichs-") immer gleichzeitig ein Gefürsteter Graf, also ein Reichsfürst?

Schon mal vielen Dank!
 
Danke für den Tipp, aber die Seite liefert keinerlei Information über "Gefürstete Grafen", selbst das engl. (!) Wiki ist da ausführlicher - und sowas, wo es sich doch um dt. Titel handelt ...
 
Naja, dann mach mal. Ich habe unter " gefürstete Grafen" 221 Einträge bei Yahoo gefunden.
Wenn ich in einer Stadt wohnen würde, dann hätte ich jetzt noch den Bibliothekar herrausgeklingelt. ( kleiner Scherz)
 
Wenn ich mich nicht schwer täusche, waren nur die Pfalz-, Mark- und Landgrafen Reichsfürsten und Reichsgraf ist ein ziemlich spät entstandener Titel.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ist der Reichsgraf (Betonung auf "Reichs-") immer gleichzeitig ein Gefürsteter Graf, also ein Reichsfürst?

... aber die Seite liefert keinerlei Information über "Gefürstete Grafen", selbst das engl. (!) Wiki ist da ausführlicher - und sowas, wo es sich doch um dt. Titel handelt ...

Naja, so wenig hilfreich ist der deutsche Wiki Artikel nun aber nicht, zumal er genaue Aussage zum Reichsgraf macht.
Und der englische Artikel, der den Gefürsteten Grafen erwähnt, ist - wenn man ihn richtig liest - ebenso aufschlußreich...

Wenn ich mich nicht schwer täusche, waren nur die Pfalz-, Mark- und Landgrafen Reichsfürsten und Reichsgraf ist ein ziemlich spät entstandener Titel.

Richtig ist, daß sowohl der Reichsgraf als auch der Gefürstete Graf eine relativ späte Entwicklung sind.

Einmal mehr möchte ich dazu aus Wilhelm Volkert "Adel bis Zunft - Ein Lexikon des Mittelalters" - C.H. Beck München, 1991 zitieren...

Der Grafenstand im Spätmittelalter schrieb:
Die Grafschaften, soweit sie als Amt galten, waren seit den hochmittelalterlichen Verleihungen durch das Königtum in den Händen der gesellschaftlich und politisch führenden Adelsgeschlechter, die zudem über Land und Leute ihrer Allodialgüter Grafenrechte ausübten.
Grafenherrschaften, wie man die seit dem 12. Jh. vorkommenden Bezeichnungen comicia, comecia oder cometia wiedergeben kann, waren in den Händen von herzoglichen oder herzogsgleichen Mitgliedern des Reichsfürstenstandes.
Wegen des Einbaues dieser Befugnisse in die reichsfürstliche Territorienbildung verschwanden diese Grafschaftsbezeichnungen entweder ganz oder sanken zu Benennungen fürstlicher Verwaltungs- oder Gerichtsbezirke herab, was jedoch keineswegs eine allgemeine Kontinuität zwischen alter Grafschaft und neuer Landesgerichtsordnung signalisiert, wie dies die ältere Forschung für mache Gebiete des Reiches (z.B. Bayern oder Tirol) angenommen hat.
In der formalen Feudalisierung des 12. Jh. (also noch im Hochmittelalter - Anm. von mir) schlossen sich die Angehörigen des zweiten Herrschildes, die weltlichen Reichsfürsten, standesmäßig gegen die anderen Adligen ab.
Nur die wenigsten Grafen
(so die von Flandern, Anhalt oder Tirol) fanden als gefürstete Grafen Anschluß an diese herausgehobene Gruppe der Fürsten.
Die anderen "comicia"-Inhaber wurden zu Grafen, was nunmehr eine Standesbezeichnung des Adels war.
Diese neuen Grafen bildeten zusammen mit den Angehörigen des Herrenstandes (Herr, Freiherr) jene Adelsschicht, die über dem aus der Ministerialität aufgestiegenen niederen Adel stand.
Zum Teil erlangten sie Reichsunmittelbarkeit; sie standen im vierten Heerschild, erhielten unmittelbar vom König Lehen und fanden damit Eingang in das Grafenkolleg des Reichtags. (Reichsgrafen - Anm. von mir)
Einige schlossen sich der Reichsritterschaft an, einige wurden auch landsässig unter anderen, reichsfürstlichen Territorialherren.
 
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De La Rosée schrieb:
Ist der Reichsgraf (Betonung auf "Reichs-") immer gleichzeitig ein Gefürsteter Graf, also ein Reichsfürst?

Nein, ein Reichsgraf ist genau das, was sein Name sagt, nämlich ein Graf. Zum Fürstenstand fehlt ihm eine gewisse Qualität in Rang und Herrschaft. Eine gräfliche Herrschaft ist im allgemeinen weder flächenmäßig so umfangreich wie eine fürstliche Herrschaft, noch in ihrer Intensität mit einer solchen vergleichbar, d.h. bei letzterer ist der administrative Apparat ausgeprägter, die Masse einzelner Herrschaftsrechte größer, der Hof als Macht- und Karrieremaschinerie zentraler usw. Auch genießt der Fürst immer einen Ehrenvorrang vor dem Grafen, was in der in hohem Maße auf symbolische Kommunikation angewiesenen Ständegesellschaft von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist. Kurz: Auch wenn Grafen wie Fürsten eine ungeschmälerte Landesherrschaft ausüben, so kann eine fürstliche Herrschaft als intensiver beschrieben werden. Als markantestes Indiz mag gelten, dass die Grafen der Grafenvereine bedurften, um ihre Interessen gegenüber den Fürsten durchzusetzen, während diese allein auf ihre individuellen Ressourcen vertrauen konnten und keinen solchen korporativen Zusammenschluss benötigten. Ebenfalls sichtbar ist dies auf den Reichstagen, auf denen Fürsten eine Virilstimme führten, jeder Fürst also eine Stimme hatte, während Grafen nur (als Mitglied einer Grafenbank) Kuriatstimmen führten, also eine regionale Gruppe eine Stimme führte.

Gefürstete Grafen (z.B. Henneberg oder Mömpelgard) waren das Ergebnis erfolgreicher Aufstiegsversuche von Grafen in den Fürstenstand. Mit diesem Aufstieg behielten die Grafen natürlich ihren Titel (d.h. sie waren weiterhin die Grafen von z.B. Henneberg), aber um die Differenz kenntlich zu machen, dass sie rangmäßig aufgeschlossen hatten und beispielsweise jetzt auch eine Virilstimme auf dem Reichstag führten, wurden sie gefürstete Grafen genannt.
 
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