Reichskirchensystem und Investiturstreit

FoxP2gen

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Also ich dachte, die Bischöfe und Abteien unterstanden nur dem Papst... ihre Ländereien sammelten sich doch meist durch Schenkungen an.. Es war doch üblich, dass der zweite Sohn einer adeligen Familie meist an das nächste Kloster gegeben wurde um Mönch zu werden. So dies nicht so war, wurde ein Teil der Ländereien abgetreten..Oder Schenkungen, um das Seelenheil betuchter Fürsten zu erretten (durch ebenjene große Schenkung). Oder habe ich da etwas falsch verstanden? Die geistliche Macht war doch eigentlich sogar dem Fürsten übergeordnet, oder etwa nicht?

Bis auf die bereits erwähnten "Hauspriester" die in der an das Haus des Fürsten angeschlossenen Kapelle Dienst taten wüsste ich nicht, dass eine Abtei oder gar ein Bischof als Vasall eines Fürsten galt...
 
Also.. man stritt sich um die Einsetzungen von Bischöfen und Äbten, da die Kirchen Eigentum der Fürsten waren, weil auf ihrem Land. Aber laut Wiki wurde durch das Wormser Konkordat beschlossen, dass die Investitur allein von Kirchlicher Seite stattfand und der weltliche Fürst (Kaiser od. König) der Wahl nur zustimmen konnte/durfte, also: sie bewilligen musste.

Wiki:
Der Investiturstreit war damit beigelegt, doch hatte das Kaisertum dadurch starke Einbußen erlitten. Die sakrale Aura des Kaisers war erschüttert und die bis dahin bestehende Einheit von Kaisertum und Papsttum aufgehoben, wie auch das Reichskirchensystem faktisch zertrümmert wurde, wenn es auch nicht beseitigt wurde. Die Bischöfe bauten ihre Territorien aus, was teils in Konkurrenz zu den weltlichen Fürsten geschah, womit der Territorialisierung des Reiches Vorschub geleistet wurde – sehr zu Lasten des Königtums. All dies sollte zur Neuorientierung der Idee des Kaisertums unter den Staufern führen, die bemüht waren, die Idee des Kaisertums auf eine neue Grundlage zu stellen, wobei die Problematik des Verhältnisses des Imperiums zum Papsttum (und des sich verstärkenden Antagonismus zwischen den beiden Universalgewalten) jedoch bis ins Spätmittelalter Bestand hatte.

Also lag ich doch mit meiner Aussage doch gar nicht so falsch, oder hab ich den Abschnitt dort doch irgendwie nicht richtig verstanden?
 
Zunächst einmal: warum hätte es den Investiturstreit gegeben, wenn zuvor alles klar gewesen wäre? Es war ja gerade nicht klar. Seit dem unter den Ottonen etablierten Reichskirchensystem wurden zukünftige Bischöfe zunächst einmal in die ottonische Hofkapelle aufgenommen, dort ausgebildet und schließlich, möglichst weit von den Ländereien ihrer Verwandten entfernt, als Bischöfe eingesetzt bzw. investiert.
 
Das habe ich soweit ja auch verstanden, ich wüsste nur nicht, wo meine Aussage einen Fehler enthält, wenn man von der Zeit nach dem Wormser Konkordat von 1122 ausgeht... :confused:

Ich habe mich anfangs zu ungenau geäußert, fürchte ich, ich machte meine Aussage ja an keinem bestimmten Zeitpunkt fest, das ist definitiv ein Fehler und es tut mir Leid.

Nachdem ich nun beide Wiki-Artikel und den Ploetz auch wegen des Investiturstreites befragt habe, verstehe ich deinen Einwand, sofern es um die Zeit vor 1122 geht.

Ich hätte vielleicht vorher schon auf 1122 zu sprechen kommen sollen, um damit Verallgemeinerungen aus dem Weg zu gehen...

Da das Lehnswesen an sich aber auch nach 1122 beibehalten wurde, kann man meine Aussage zwar als ungenau aber nicht unbedingt als falsch einstufen.. für Berichtigungen bin ich aber sehr dankbar :) (bin allerdings erst spätnachts wieder online *Anm. d. Verf. :D)
 
Also.. man stritt sich um die Einsetzungen von Bischöfen und Äbten, da die Kirchen Eigentum der Fürsten waren, weil auf ihrem Land. Aber laut Wiki wurde durch das Wormser Konkordat beschlossen, dass die Investitur allein von Kirchlicher Seite stattfand und der weltliche Fürst (Kaiser od. König) der Wahl nur zustimmen konnte/durfte, also: sie bewilligen musste.

Beim Investurstreit ging es um die Einsetzung der Bischöfe in ihr Amt. Strittig war das Verfahren der Investitur seit Papst Gregor VII. und seiner Schrift "Dictatus Papae" allerdings nur zwischen Kaiser und Papst, da die Reichsfürsten dies Recht nie beanspruchten.

Der Kaier leitete seinen Anspruch auf Investitur aus einem sakralen Selbstverständnis her, das er als Kaiser, Beschützer der Christenheit und Priester (qua Amt) wahrnahm. Diesen Anspruch bestritt seit Einsetzen der Kirchenreform das Papsttum und verkündete, dass allein die Kirche bzw. dem Papst die Investitur zustehe.

Das weitere ist ja bekannt: Papst und Kaiser bannten sich gegenseitig, bis es schließlich 1122 zum Wormser Konkordat kam: Allein dem Papst stand künftig die Einsetzung der Bischöfe in ihr geistliches Amt zu (Spiritualien), während dem Kaiser die Belehnung mit den weltlichen Hoheitsrechten zustand.
 
Das Reichskirchensystem wurde von Kaiser Otto I. eingeführt. Dazu hatte ihn die Tatsache gebracht, dass es zur starken Dezentralisierung der Königsmacht unter der Herrschaft von Konrad dem Franken und Ottos Vater, Heinrich I., gekommen war. Otto I. wollte seine Macht gegenüber den Lehensträgern festigen. Mitglieder der Hofkapelle wurden mit seiner Hilfe von den Domkapiteln zu Bischöfen ernannt. Nun hatte Otto königstreue Verbündete. Dazu erhielten die Bistümer Schenkungen, die aber im Obereigentum des Reiches blieben. Da ein geistliches Amt nicht vererbt werden konnte, kam es zu keiner Entfremdung der Güter von Reich und König.
Positiv für die Königs- und Zentralmacht des Reiches und die Mitglieder der Hofkapelle, aber negativ für Kirche und Religion.
Während die Zentralgewalt gefestigt wurde und die Partikulargewalten des Reiches ihre Macht nicht ausbauen konnten, kam es zu Entwicklungen von Missständen und zur Reformbedürftigkeit der Kirche. Hauptschwerpunkt ist die Simonie (Verkauf von geistlichen Ämtern an weltliche Adlige) und die damit verbundene Laieninvestitur.
Auch durch das Dictatus papae; welches den Inhalt hatte, dass der Papst eine Vorrangstellung inne hatte sowie seine Festlegungen, dass der Kaiser durch den Papst abgesetzt werden kann und der Papst selbst unrichtbar ist, kam es zum offenen Streit zwischen Kaiser und Papst. Direkt strit man sich wer nun geistliche Würdenträger einsetzten durfte. Der Kaiser (Laieninvestitur) oder der Papst (Investitur).
Indirekt kann man aber auch den Investiturstreit als Auseinandersetzung zwischen dem Machteinfluss des Kaisers und des Einflusses des Papstes ansehen. Wer war der oberste Herr? Der Kaiser mit seinem Reich und dem Gottesgnadentum oder der Papst, als erster Stellvertreter Gottes auf Erden.
Zurück zur Investitur:
Der Kaiser, Heinrich IV., wollte auf sein Recht (welches ihm durch das Reichskirchensystem gegeben war) nicht verzichten. Da dies seine geistliche Machtstütze war.
Der Papst schrieb dem Kaiser einen Mahnbrief:“...nur er (der Papst) kann Bischöfe einsetzten und einen Priester oder Mönch mit kirchlichen Ämtern bekleiden. Es ist ihm erlaubt Kaiser abzusetzen. Sein Anspruch darf von

Keinem angetastet werden....“ Heinrich IV. reagiert und verweist auf das Gottesgnadentum seiner Herrschaft:“....Du hast die Drohung gewagt, uns die königliche Gewalt zu nehmen, als ob wir von dir das Reich empfangen hätten, als ob in deiner und nicht in Gottes Hand Königtum und Kaisertum lägen....“Es kommt zur Absetzung des Papstes durch den Kaiser (ermöglicht Ottomanium) und zum Bannspruch des Papstes auf den Kaiser. Außerdem befreit der Papst die Untertanen des Kaisers vom Treueeid.
Aus diesem Konflikt geht der Kaiser, mit dem Gang nach Canossa, als Verlierer hervor. Außerdem musste der Kaiser sich danach den Thron zurückerkämpfen (Gegenkönig Rudolf von Schwaben).
Erst die Nachfolger der Beiden, Kaiser Heinrich V. und Papst Calixt II., brachten mit dem Wormser Konkordat die Lösung des Investiturstreites.
Die Laieninvestitur wurde verboten und der Kaiser hatte bei der nun freien Wahl eines Bischofs nur ein begrenztes Mitspracherecht. Aber der Kaiser hatte die Herrschaftsgewalt im Bistum und durfte den Bischof mit weltlichen Herrschafts- und Besitzrechten belehnen.
Das Kaisertum verlor die Auseinandersetzung, weil das Ottomanium aufgehoben wurde und das Reichskirchensystem zerbrach. Damit war die geistliche Machtstütze, für den Kaiser, verloren.
 
geschichtsfan07 schrieb:
Damit war die geistliche Machtstütze, für den Kaiser, verloren.

Dankeschön für deine Ausfürungen zum Invesiturstreit. Dass mit dem Wormser Konkordat aber die geistlichen Reichsterritorien dem Einflussbereich der weltlichen Größen entzogen waren, stimmt so nicht. Schließlich manifestierte sich ja gerade in den Folgejahren das Wahlrecht des Bischofs durch das Domkapitel und bekannterweise waren die Domherren nicht unparteiisch, sondern fühlten bestimmten weltlichen Fürsten und Königen verpflichtet.

Allerdings stimmte ich damit überein, dass es nicht mehr ganz so einfach für die Könige und Kaiser war, wie noch zu Zeiten des ottonischen und salischen Reichskirchensystems.
 
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Das Kaisertum verlor die Auseinandersetzung, weil das Ottomanium aufgehoben wurde und das Reichskirchensystem zerbrach. Damit war die geistliche Machtstütze, für den Kaiser, verloren.

Etwas ganz Entscheidendes verlor der Kaiser zudem: Den sakralen Aspekt des Kaisertums, der ihm neben der weltlichen auch eine geistliche Würde als "Oberpriester" verlieh. Das war ein ursprüngliches und sehr zentrales Charakteristikum des Heiligen Römischen Reichs, das seit dem Investiturstreit nun entfiel.
 
Ich hätt da mal ne frage: Das Wormser Konkordat wurde geschlossen unter Heinrich V und Urban II. Urban II starb jedoch schon 1099, das Wormser Konkordat war 1122. Wie kann das ein???
 
Hey ihr Lieben :)
Meine frage passt zu dem thema.. undzwar schreibe ich diese Woche noch eine Klausur und es wird aufjedenfall mit dem Wormser Dekret also der Antwort Heinrichs auf das dictatus papae zutun haben... kennt jemand den inhalt diesen briefes? Oder zumindest was er besonders damit aussagen will? Danke schonmal :)
 
Meine frage passt zu dem thema.. undzwar schreibe ich diese Woche noch eine Klausur und es wird auf jeden fall mit dem Wormser Dekret also der Antwort Heinrichs auf das dictatus papae zutun haben... kennt jemand den inhalt diesen briefes?

Also das Wormser Dekret kann sicher nicht als Antwort Heinrichs auf das Dictatus Papae bezeichnet werden, da das Dictatus Papae "nur" ein reformpäpstlicher Entwurf ist, kein veröffentlichtes und damit kein wirksames Dokument ist. Sozusagen für den internen Gebrauch.
Aus dieser Sicht steht das Dictatus Papae und sein Bekanntheitsgrad in einem Missverhältnis zu seiner tatsächlichen Bedeutung. Natürlich sind aber die Gedanken, die im Dictatus Papae zu Pergament gebracht sind, dieselben, die die reformpäpstliche Seite im Konflikt mit dem Reich angetrieben haben.

Edit: Schau dir in der MGH Deutsches Mittelalter. Kritische Studientexte (http://www.dmgh.de/de/fs1/object/display.html?sortIndex=060:020:0001:010:00:00, findest du unter "Weitere Reihen") die Dokumente 10 - 13 an. Ab 14 dann die Kehrtwende.
 
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