Reisegeschwindigkeit

Nergal

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Wie hoch war in etwa die Reisegeschwindigkeit eines Pferdefuhrwerks im Alten Rom?


Noch was interessantes:
Ich erinnere mich gelesen zu haben (Artikel in bdw irgendwann in den 90ern) dass eine Alpenüberquerung mit so einem Wagen damals etwa 3-4 Wochen gedauert haben soll. Was im Schnitt 20km pro Tag bedeutet wenn man so 5-600km im Mittel annimmt.
Stimmt das wirklich so?
 
Schau mal hier nach:

ORBIS: The Stanford Geospatial Network Model of the Roman World

Einfach auf die Karte rechts klicken. Der Rest ist weitgehend selbsterklärend. Da findest du dann auch die Geschwindigkeiten für unterschiedliche Fortbewegungsmittel.

4-6km/h waren für ein Pferdegespann üblich. Kommt natürlich auf das Gespann an, und das Gelände. Über die Alpen gings sicher etwas langsamer. Nicht umsonst waren etwa alle 20 km Wechselstationen und alle 40 km Raststationen mit Übernachtungsmöglichkeit.

Ich habe gerade mal eine Reise von Comum an den italienischen Seen nach Brigantium am Bodensee eingegeben: 229km in 14 Tagen. Andererseits soll Tiberius von Norditalien bis nach Germanien an das Sterbebett seines Bruders Drusus an einem Tag geritten sein.
 
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Schau mal hier nach:

ORBIS: The Stanford Geospatial Network Model of the Roman World

Einfach auf die Karte rechts klicken. Der Rest ist weitgehend selbsterklärend. Da findest du dann auch die Geschwindigkeiten für unterschiedliche Fortbewegungsmittel.

4-6km/h waren für ein Pferdegespann üblich. Kommt natürlich auf das Gespann an, und das Gelände. Über die Alpen gings sicher etwas langsamer. Nicht umsonst waren etwa alle 20 km Wechselstationen und alle 40 km Raststationen mit Übernachtungsmöglichkeit.

Ich habe gerade mal eine Reise von Comum an den italienischen Seen nach Brigantium am Bodensee eingegeben: 229km in 14 Tagen. Andererseits soll Tiberius von Norditalien bis nach Germanien an das Sterbebett seines Bruders Drusus an einem Tag geritten sein.

Vielleicht wurde dieser Gewaltritt des Tiberius schon von den Zeitgenossen, die gar nicht dabei waren, stark übertrieben. (Helden schaffen schließlich Dinge, die sonst niemand schafft.)

Hinzu kommt sich, dass auch Reisebedingungen zu berücksichtigen sind. So ist eine Alpenüberquerung im Frühjahr wegen der Lawinengefahr sicher gefährlicher ist als zum Beispiel im Sommer. Eine Militärstraße bzw. eine etablierte Handels- oder Verkehrsroute lässt sich sicher schneller bewältigen als kaum benützte Wege, die vielleicht inzwischen schon wieder zugewachsen sind.

Mit einem ortskundigen Führer, der vielleicht auch ein paar "Schleichwege" kennt, geht Reisen sicher schneller.

Außerdem wäre auch interessant zu wissen, wie viele Pferde für diesen Eilritt genutzt wurden bzw. wie viele Pferde diesen Ritt mit ihrem Leben bezahlt haben.
 
Vielleicht wurde dieser Gewaltritt des Tiberius schon von den Zeitgenossen, die gar nicht dabei waren, stark übertrieben. (Helden schaffen schließlich Dinge, die sonst niemand schafft.)

Natürlich ist das übertrieben. Wir wissen nicht genau, von Wo Tiberius nach Wohin genau geritten ist. Selbst wenn wir eine kürzere Strecke wie von Mediolanum nach Mogontiacum annehmen, dann sind das 750km.

Der Rekord im Staffelreiten durch den US-Pony Express liegt bei ca. 600km/Tag. Mongolische Staffelreiter sollen ähnlich gut gewesen sein. Das waren aber nicht nur mehrere Pferde, sondern auch mehrere Reiter. Theoretisch könnten Pferde diese 750/24 = 31 km/h erreichen. Aber dann müsste man sie weit öfter wechseln, was wohl kaum gegeben war. 24h Dauergalopp ist eigentlich nicht vorstellbar. Und über die Alpen sollte diese Top-Geschwindigkeit ohnehin nicht zu halten sein.

Es mag sein, daß Tiberius tatsächlich am nächsten Tag ankam. Aber dann nach weit mehr als nur 24h Dauerritt. Aber auch das ist pure theoretische Berechnung. Kann ein einzelner Reiter sowas überhaupt? Modernes Langdistanz-Reiten geht über max. 180km. Und das ist mörderisch für Tier und Mensch.

Außerdem wäre auch interessant zu wissen, wie viele Pferde für diesen Eilritt genutzt wurden ...

750/20=37,5 ... mindestens schätze ich mal. Und er ist sicher nicht alleine geritten.
 
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Andererseits soll Tiberius von Norditalien bis nach Germanien an das Sterbebett seines Bruders Drusus an einem Tag geritten sein.
Nicht ganz. Die Stelle (Valerius Maximus 5,5,3) lautet:
"Iter quoque quam rapidum et praeceps velut uno spiritu corripuerit eo patet, quod Alpes Rhenumque transgressus die ac nocte mutato subinde equo CC milia passuum per modo devictam barbariam Namantabagio duce solo comite contentus evasit." (... " dass er, nachdem er die Alpen und den Rhein überquert hatte, am Tag und in der Nacht unter häufigem Pferdewechsel 200 Meilen durch nur einigermaßen besiegtes Barbarenland mit dem Führer Namantabagius als einzigem Begleiter eifrig zurücklegte.")
Tiberius überquerte also (von Ticinum kommend) die Alpen und den Rhein, erst danach heißt es, dass er Tag und Nacht auf wechselnden Pferden 200 Meilen bis zu seinem Bruder ritt. Der durchgängige Ritt startete also erst nach der Rheinüberquerung, und dass Tiberius die Strecke ab dem Rhein an einem Tag und in einer Nacht zurücklegte, steht da auch nicht ausdrücklich, sondern nur, dass er Tag und Nacht ritt.
 
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Aus einer anderen Diskussion:

Das hatten wir doch alles schon:

Wenn man die antiken Quellen auswertet, sind die ca. 20 km so nicht haltbar, zumindest nicht, wenn wir von ausgebauten Straßen ausgehen.

Bei Expeditionen in Gegenden mit kaum vorhandenen Infrastruktur werden in der Literatur öfters mal 20 km als Tagesetappe genannt, manchmal 18, manchmal nur 15. Wobei auch das nur Durchschnittswerte sein können (im Fall von 20 km vielleicht Maximalwerte), denn die tatsächliche Tagesleistung war natürlich sehr vom Gelände abhängig.

Wenn wir von gut ausgebauten Straßen ausgehen, "... zeigen die Quellen, dass mansiones in der Regel im Abstand einer Tagesreise (im Schnitt 25 Meilen = 37 km) voneinander entfernt lagen, hingegen mutationes zumeist in sehr viel kürzeren Intervallen (zwischen 6 und 12 Meilen = rund 9-18 km) anzutreffen waren. Dabei waren die Abstände auch von der jeweiligen Geographie des Geländes abhängig." (Kolb, S. 213)

Siehe auch: http://www.geschichtsforum.de/760178-post326.html

Bei Gaius (Jurist des 2. Jh.) findet sich die Bestimmung "Vicena milia passuum in singulos dies dinumerari praetor iubet" - d. h. wenn jemand vor Gericht zu erscheinen hatte, wurden die Fristen in Tagesetappen von 30 km (20 m. p.) pro Tag berechnet.

Außerdem verweise ich nochmals auf die experimentelle Bestätigung durch Junkelmann. Die Gruppe war - ohne spezielles Training - mit schwerem Gepäck über die Alpen unterwegs und schaffte durchschnittlich 27 km pro Marschtag:
http://www.geschichtsforum.de/759731-post255.html
 
Bei Pferdefuhrwerken muss man auch bedenken, dass es schon damals verschiedene Wagentypen gab, mit denen man unterschiedlich schnell reiste.
 
Was mir zu dem Thema wider einfällt ist die Nachrichtenübertragung in dieser Zeit, angeblich sollen hohe Türme in Persien, von welchen herunter geschrieen wurde das Non plus Ultra in dieser frage gewesen sein.
Was mich wundert ist wieso niemand die Wasserversorgungsleitungen die ja bis an die 20kmh Fließgeschwindigkeit zusammengebracht haben soll, zum übermitteln von Nachrichten nutzte.
Das soll bei den chinesen ja mal im Altertum mit markierten schwimmfähigen Bällchen gemacht worden sein. Die Dinger hat man in dichten Fischernetzen am Ziel eingefangen.
Weiß Jemand mehr zu dem Thema?

(Wir hatten hier schon mal was ähnliches, dabei kam heraus dass das beste was ohne Funk etc. geht ein optischer Telegraf gewesen ist welcher im 20jh etwa 40km schaffen konnte.
 
Was mich wundert ist wieso niemand die Wasserversorgungsleitungen die ja bis an die 20kmh Fließgeschwindigkeit zusammengebracht haben soll, zum übermitteln von Nachrichten nutzte.
Die Möglichkeiten sind doch sehr begrenzt, und die Nachrichtenübermittlung ist sehr einseitig.
Das mit den chinesischen Bällchen höre ich zum ersten Mal.
 
Also bei Tristan und Isolde (im Roman "Tristrant" des Eilhart von Oberg) wird Nachrichtenübermittlung über eine Quelle genutzt. Das ist zwar ein fiktiver Text, aber er zeigt, dass eine solche Form der Nachrichtenübermittlung unter bestimmten Voraussetzungen für möglich gehalten wurde. (Was vielleicht ein Hinweis darauf wäre, dass das tatsächlich hin und wieder vorgekommen sein könnte.)
 
Vor allem in der optischen Telegraphie waren die Möglichkeiten noch sehr begrenzt - dabei ist die optische Telegraphie, vor der elektrischen, die einzige, die das schnelle Übermitteln von komplexen Nachrichten übermittelt.

Vor allem Erzählungen davon, der Limes sei eine riesige Telegraphenleitung gewesen, oder es habe gar Ketten von Türmen an anderen Stellen des Imperiums gegeben (Robert Harris lässt in Pompeji einmal eine solche Bemerkung fallen) halte ich für anachronistisch.

Ohne Fernrohr müssen die Türme nämlich entweder so nahe aneinanderstehen, dass man sich gegenseitig gut beobachten kann (was kein wirklichen Zeitgewinn ermöglicht) oder die Zeichen müssen so reduziert sein, dass man sie auch mit bloßem Auge auf weite Entfernung sieht - immerhin wird sich unter der Gruppe von Soldaten in einem Limesturm nicht immer ein Adlerauge befunden haben.

Solche reduzierte, einfache Zeichen könnten z. B. eine brennende Fackel sein (schon zwei sind schwierig auseinanderzuhalten): Aber was bedeutet die brennende Fackel? Sie kann nur eine Bedeutung haben, z. B. Angriff. Also wird diese Fackel jetzt entzündet, aber zu welchem Zweck? Am Ende der Postenkette kommt die Nachricht Angriff an, aber wo wird der Limes nun angegriffen? Die Suche nach der entsprechende Stelle könnte lange dauern, bis dahin könnten die Angreifer den Zaun schon längst überwunden und verschwunden sein.

Vor der Erfindung von Linsen war Nachrichtenübermittlung, von Boten einmal abgesehen, eine sehr langsame Sache.
 
Augustus hat das Staffelreiter-System (ca. 250-500 km / Tag) abgeschafft, und durch ein System mit nur 1 Kurierreiter ersetzt (ca. 50-80 km/ Tag).

Auf Geschwindigkeit kam es den Römern also offensichtlich gar nicht an.
 
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Augustus hat das Staffelreiter-System (ca. 250-500 km / Tag) abgeschafft, und durch ein System mit nur 1 Kurierreiter ersetzt (ca. 50-80 km/ Tag).

Auf Geschwindigkeit kam es den Römern also offensichtlich gar nicht an.

Von welcher Art von Nachrichten sprechen wir denn überhaupt? Wie oft und von wem an wen?
Gerade auch beim Rømischen Reich muessen wir ja auch den Seeweg in Betracht ziehen, der ohnehin mehr Zeitaufwand erfordert.

Ich kann mir bei den allermeisten Dingen tatsächlich vorstellen, dass "es auf den Tag nicht ankommt". Neue Gesetze z.B. kann, nein sollte man so ausarbeiten, dass sie auch bei längerer Postlaufzeit erst in der Zukunft in Kraft treten. Ein Machtwechsel, eine Niederlage, ein Sieg - was macht es für einen Unterschied, ob die Nachricht einen Tag früher oder später irgendwo im Reich vermeldet wird?

Etwas anderes ist es mit militærischen Befehlen des Befehlshabers an die Truppe, mitten im Feldzug. Da geht es um Schnelligkeit. Aber da wird der Befehlshaber das situationsabhængig entsprechend organisiert haben.

Gruss, muheijo
 
Aber da wird der Befehlshaber das situationsabhængig entsprechend organisiert haben.

Jo, Iulius Caesar etwa hat temporär ein Staffelreiter-System zwischen Rom und Brundisium eingerichtet, bevor er sich dann selbst auf den Feldzug gegen Pompeius machte. Offensichtlich waren ihm in dieser Situation schnelle Nachrichten von und nach Griechenland wichtig.

Situativ haben die Römer Alles genutzt, was ihnen geeignet erschien. Aber für ein flächendeckendes, permanentes, schnelles Kommunikationssystem über alle Provinzen gab es offensichtlich keinen Grund. Sonst hätten sie es gemacht.
 
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Augustus hat das Staffelreiter-System (ca. 250-500 km / Tag) abgeschafft, und durch ein System mit nur 1 Kurierreiter ersetzt (ca. 50-80 km/ Tag).

Es gibt da diese eine Stelle bei Sueton (Augustus 49). Von Reitern ist da überhaupt nicht die Rede:

Et quo celerius ac sub manum adnuntiari cognoscique posset, quid in provincia quaque gereretur, iuvenes primo modicis intervallis per militares vias, dehinc vehicula disposuit. Commodius id visum est, ut qui a loco idem perferunt litteras, interrogari guoque, si quid res exigant, possint.


"Und damit ihm (Augustus) schneller und leichter über die Vorgänge in jeder Provinz gemeldet und berichtet werden könne, verteilte er anfänglich junge Männer, später Wagen in Abständen längs der Heerstrassen. Das zweite System erwies sich als günstiger, weil so der gleiche Kurier die Nachrichten von Ort und Stelle bringen und nötigenfalls auch noch persönlich befragt werden konnte." (Übersetzung: Kolb, S. 54)

Die Kuriere waren also mit Fahrzeugen (vehicula) unterwegs, diese wurden (sicherlich samt den Zugtieren) regelmäßig gewechselt.
 
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Wenn ich mich recht erinnere, war es die von dir zitierte Anne Kolb, die zu dem Schluß kommt, daß Augustus von einem System von Staffelreitern zu einzelnen Kurierreitern überging.

Es mag sein, mein Gedächtnis trügt mich hier. Es ist aber auch irrelevant, ob die Kuriere reiten oder fahren. Fakt ist, daß bei einem Staffelsytem 24h durchgeritten wird. Ein einzelner Kurierreiter dagegen muß schlafen. Geschwindigkeit war also nicht maßgebend für Augustus.
 
Wenn ich mich recht erinnere, war es die von dir zitierte Anne Kolb, die zu dem Schluß kommt, daß Augustus von einem System von Staffelreitern zu einzelnen Kurierreitern überging.

Auch Anne Kolb spricht hier nicht von Reitern. Sie schreibt:

"Zunächst wurden demnach entlang der sogenannten viae militares in angemessenen Abständen junge Männer aus den Gemeinden der Umgebung postiert, die offenbar nach Art eines Staffellaufes jeweils abwechselnd die Nachricht bis zum nächsten Boten weitergaben."

Und zur Änderung des Verfahrens:
"Es wurden nun an Stelle von Personen Transportmittel stationiert, die im Wechsel genutzt werden konnten."

Geschwindigkeit war also nicht maßgebend für Augustus.
Dass für Augustus die Geschwindigkeit schon irgendwie maßgebend war, ergibt sich aus dem celerius ("schneller").
 
Dass für Augustus die Geschwindigkeit schon irgendwie maßgebend war, ergibt sich aus dem celerius ("schneller").

Nein, das ergibt sich daraus nicht. Nur in soweit, daß Alles schneller ist als Nichts. Ebenso wenig, wie das Sueton Zitat der Communis Opinio widerspricht, daß Kuriere mit Pferden unterwegs waren, und diese auch vom Cursus Vehiculorum bereitgestellt wurden.

Interessant an dieser Sueton-Stelle ist nur, daß Augustus das Staffelsystem zugunsten einzelner, langsamerer Kuriere aufgab, weil es ihm wichtiger war, mit dem Kurier sprechen zu können, als Nachrichten schneller zu bekommen.
 
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