Reisegeschwindigkeiten in der Frühen Neuzeit

Zum Thema der reisenden Menschen zu Fuß ist mir ein interessantes Beispiel mal wieder im Tagebuch des Grafen Lehndorff aufgefallen. Zum einen verdeutlicht es die Verbreitung der Reise zu Fuß auch bei der Oberschicht, zum anderen zeigt es auch den Zustand manches Adeligen an.

30. Juni [1757]
...
Meine Betrübnis ist groß, da ich hier mehr als hundert Menschen sehe, die allein von den Wohltaten der Königin* lebten. Noch kürzlich langte eine vornehme, aber ganz verarmte pommersche Familie von Dassel zu Fuß hier an in der bestimmten Hoffnung, ein Asyl bei der Königin zu finden. Sie sahen sich auch nicht getäuscht, denn Ihre Majestät empfing sie mit Güte, ließ die Mutter und die beiden Töchter bekleiden und gab sie in Pension, während sie den Sohn unter die Pagen nahm.
...“
S. 356
"Die Tagebücher des Grafen Lehndorff
Die geheimen Aufzeichnungen des Kammerherrn der Königin Elisabeth Christine" 2007, Berlin Story Verlag

* Mit der Königin ist Sophie Dorothea (1687-1757), die Gemahlin des Soldatenkönigs und Mutter Friedrich II. in Preußen gemeint.
 
Hallo Zusammen,

bei all Euren interessanten Beiträgen zu diesen Thema bewegt ihr Euch aber nur auf dem Lande.

Es gab aber auch noch die Reise per Schiff. Ob nun auf dem Meere oder über Flüße.

Und mit der Industrialisierung kam auch die Dampfmaschine als Mittel zur Fortbewegung hinzu, die die Reisegeschwindigkeiten extrem verkürzte. Sei es als Eisenbahn oder Dampfschiff.
 
Es gab aber auch noch die Reise per Schiff. Ob nun auf dem Meere oder über Flüße.

Und mit der Industrialisierung kam auch die Dampfmaschine als Mittel zur Fortbewegung hinzu, die die Reisegeschwindigkeiten extrem verkürzte. Sei es als Eisenbahn oder Dampfschiff.
Stimmt aber für die Frühe Neuzeit ist das noch nicht relevant, auch wenn das erste Dampfboot schon im ersten Jahrzehnt des 18.Jh. rumschipperte. Genauso könnte man den Dampfwagen Cugnots aus den 1760ern untersuchen, aber der fand noch keine weite Verbreitung. Ich denke der wesentliche Fortschritt, der sich auch rasch umsetzte war dann die Konstruktion der ersten wirklich leistungsfähigen Dampflokomotive von Richard Trevithick: http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Trevithik_dampflok.jpg Das war dann aber erst 1804, also ein paar Jährchen nach dem Ende der Frühen Neuzeit, welches, glaube ich, mit der Revolution von 1789 in Frankreich angesetzt wird.

Reisegeschwindigkeiten von Schiffen, besonders den üblichen Passagen wie z.B. über den Ärmelkanal sind natürlich ganz interessant. Ich hatte da nur bis jetzt noch keine aussagekräftigen Zeiten so schnell zur Hand.:rotwerd:
 
Reisegeschwindigkeiten von Schiffen, besonders den üblichen Passagen wie z.B. über den Ärmelkanal sind natürlich ganz interessant. Ich hatte da nur bis jetzt noch keine aussagekräftigen Zeiten so schnell zur Hand.:rotwerd:

Also dazu kann ich mal so sagen, Schiffe zum reinen Passagierverkehr gab es damals m.E. noch nicht.
Da es zu dieser Zeit noch Segelschiffe waren, konnte man wohl am schnellsten mit einer Fregatte oder Korvette fahren. Die waren gebaut für Geschwindigkeiten bis ca. 15kn. Es gab auch noch kleinere schnelle Segler, so die Brigg oder Sloops, aber über die 13-15kn kamen die Segelschiffe jener Zeit nicht hinaus. Natürlich nur, wenn der Wind mitspielte und die See entsprechend ruhig war.
 
@köbis17: Da es zu dieser Zeit noch Segelschiffe waren, konnte man wohl am schnellsten mit einer Fregatte oder Korvette fahren. Die waren gebaut für Geschwindigkeiten bis ca. 15kn.
Bloß dass Fregatten und Co. Kriegsschiffe sind, die nicht jeder Piefke so einfach benutzen konnte. Normale Reisende mussten sehen, wie sie rüberkommen. Also in der Regel einen Fischer anheuern und das ging dann nicht mit 15 kn voran. Für längere Fahrten sprach man einen Kauffahrerkapitän an, in der Hoffnung gegen Bezahlung oder Arbeitsleistung mitgenommen zu werden. Eigentlich so eine Art maritimes Trampen.
Ab dem späten 18. Jahrhundert gab es zum Teil feste Postrouten, Vorläufer des Linienverkehrs. Das war dann ein großer Fortschritt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Reisegeschwindigkeiten von Schiffen, besonders den üblichen Passagen wie z.B. über den Ärmelkanal sind natürlich ganz interessant. Ich hatte da nur bis jetzt noch keine aussagekräftigen Zeiten so schnell zur Hand.:rotwerd:

Nicht ganz Ärmelkanal. Wenn ich mich recht erinnere, das müsste aber z.B. in Herbers/Plötz Spiritualität des Pilgerns oder in einer Veröffentlichung des Pilgerberichts der Margery Kempe überprüft werden:
Bristol - La Coruña neun Tage
La Coruña - Bristol vier Wochen
Die Pilgerfahrt ist allerdings nicht frühneuzeitlich sondern spätmittelalterlich; sie fand 1417 statt.
 
1. Für längere Fahrten sprach man einen Kauffahrerkapitän an, in der Hoffnung gegen Bezahlung oder Arbeitsleistung mitgenommen zu werden. Eigentlich so eine Art maritimes Trampen.

2. Ab dem späten 18. Jahrhundert gab es zum Teil feste Postrouten, Vorläufer des Linienverkehrs. Das war dann ein großer Fortschritt.
1. Ja das war das Übliche, was man auch aus Defoes "Robinson Crusoe" kennt.

2. Klar dass das zunahm, der Handels- und Postverkehr nach Amerika wurde immer wichtiger. Mit der Zeit wurden die Atlantikpassagen von Handelsschiffen so häufig, dass man sicherlich in den großen Häfen Europas nicht lange warten musste, bis das nächste Schiff dorthin ablegte. Schon damals wurde die Welt kleiner, so schickten wohlhabende Kolonisten aus Amerika im 18.Jh. ihren Sohn schonmal auf eine Schule in England.
 
und des Malers Andreas Ludwig Krüger zu Pferde.

Von Reisegeschwindigkeiten der Reisen zu Pferde liefert das "Journal" des großen Künstlers gleich auf den ersten Seiten Auskunft. So schaffte er ungefähr 62 Kilometer am ersten Tag seiner Reise, am 10.Juni 1789. Er war von Berlin, wo er um 5 Uhr morgens aufgebrochen war bis Kemlitz gekommen, dabei hatte er einen kurzen Halt in Baruth gemacht, was in der Nähe von Kemlitz liegt.
Am Folgetag waren die Reiter dann schneller, am Abend erreichten sie Moritzburg bei Dresden, wobei sie der Weg über Elsterwerda, wo sie um die Mittagszeit waren, geführt hatte. An diesem Tag dürften sie über 100 km geritten sein. Streckenweise waren sie allerdings etwas schneller von daher unterwegs, da sie die Wut von Bauern fürchteten, deren Zaun sie einmal beschädigt hatten, als die Straße durch Regenwasser so unpassierbar war, dass sie durch einen Garten reiten mussten.

Quelle:
Daniel Chodowiecki: "Journal gehalten auf meiner Lustreyse von Berlin nach Dreßden Leipzig ... Anno 1789" Akademie-Verlag Berlin, 1961 mit Vorwort von Edgar Lehmann u. Einleitung von Adam Wiecek

Nicht bloß wegen der Details einer Reise zu Pferde sondern auch in künstlerischer Sicht sind natürlich die Bilder Chodowieckis von seiner Reise nach Danzig vom 3. Juni 1773 höchst interessant. Chodowiecki's Reise
Scheinbar war die unten erwähnte Reise Chodowieckis von 1773 nicht ganz so rasch von ihm gemeistert worden. Er soll für die Strecke Berlin-Danzig, welche ca. 450 km beträgt 8 Tage zu Pferde benötigt haben. Dabei muss man aber auch berücksichtigen, dass ihm auch manchmal ein Malheur passierte.
Die Durchschnittsgeschwindigkeit mit der Kutsche soll laut Kleßmann zwischen 6 und 7 km/h gelegen haben.

Rasant schnell muss bei diesen Geschwindigkeiten die Fahrt Casanovas im Dezember 1764 von Riga nach St. Petersburg gewesen sein, denn er legte die Distanz in 60 Stunden zurück, während Casanova im selben Wagen 1765 bei Regen 8 Tage für die selbe Strecke retour benötigte.

Quelle: Eckart Kleßmann: Ein Fest der Sinne. Casanova und sein Zeitalter. Artemis & Winkler, Düsseldorf Zürich 1998
 
Bloß dass Fregatten und Co. Kriegsschiffe sind, die nicht jeder Piefke so einfach benutzen konnte. Normale Reisende mussten sehen, wie sie rüberkommen. Also in der Regel einen Fischer anheuern und das ging dann nicht mit 15 kn voran. Für längere Fahrten sprach man einen Kauffahrerkapitän an, in der Hoffnung gegen Bezahlung oder Arbeitsleistung mitgenommen zu werden. Eigentlich so eine Art maritimes Trampen.
Ab dem späten 18. Jahrhundert gab es zum Teil feste Postrouten, Vorläufer des Linienverkehrs. Das war dann ein großer Fortschritt.

Die holländischen und britischen Ost- und Westindienfahrer nahmen relativ früh auch Passagiere an Bord, und die Kompanien waren unter betuchteren Zeitgenossen recht beliebt, da sie sehr gut bewaffnet und bewacht waren und so einen guten Schutz gegen Piraten garantierten. In Nordamerika und der Karibik entwickelte sich eine Art System von befristeter Schuldknechtschaft. Kolonisten, die die Passage nicht bezahlen konnten, verdingten sich für eine bestimmte Zeit, meist 7 Jahre, als Indetured Servants. Meist verfügten die Kapitäne über gute Beziehungen zu Grundbesitzern, denen sie Arbeitskräfte vermittelten. In Pamphleten, die sich gegen die Auswanderung richteten, weisen die Autoren immer wieder darauf hin, dass Kolonisten betrogen würden.


Recht abenteuerlich war das Reisen in Rußland. Sehr anschaulich schildert der kaiserliche Gesandte Johann Georg Korb seine Reise durch Polen und Weißrussland´bis nach Moskau. Bald verfolgten Wölfe die Reisenden, mal war eine Brücke defekt, mal kam man durch Landstriche, in denen die Bevölkerung Fremden gegenüber feindselig war. Wegen des Schlamms im Frühjahr und Herbst und des staubes im Sommer reiste man vorzugsweise im Winter. Flüsse wurden zugefroren zu Schnellstraßen, und hermetisch abgeschlossene Schlitten, geheizt mit heißen Ziegelsteinen boten großen Komfort. Zar Peter I. ließ an den Heerstraßen im Abstand von 40 km Gasthäuser bauen, und um die Orientierung im Schnee zu erleichtern, Stangen entlang der Rollbahn einstecken.

Mit ständigem Pferdewechsel schaffte Peter im Winter bis zu 100 km, zu anderen Jahreszeiten mit der Kutsche oft aber nur 20- 40 km.

Es wäre aber ungerecht, zu behaupten, dass nur russische Straßen in schlechtem Zustand waren. Noch um 1800 begab sich Bettina von Arnim auf eine recht abenteuerliche Reise, wobei sie Männerkleider und zu ihrem Schutz eine Pistole trug.
 
So brauchte die normale Post(-kutsche) zur Zeit Friedrich August I. von Sachsen 22 Stunden von Dresden nach Leipzig. Die "Extra"Post welche der Kurfürst selbst wählte benötigte für die selbe Strecke nur 9 Stunden(!).
Für 1683 spricht Andrea Dietrich für die Strecke von einer Postkalesche, die ein offener, zweispänniger Wagen war, welche bei drei- bis viermaligem Pferdewechsel auf der Strecke Leipzig-Dresden 25 Stunden brauchte.

Im 18.Jh. setzte sich dann das Relaisprinzip durch, wonach für die Postkutschen alle 3 bis 5 Meilen Postmeister frische Pferde vorhielten, was die Reisezeiten vermutlich verkürzte.

Dr. Andrea Dietrich: "Reisen nach Dresden im 18. Jahrhundert"
In: "Saxonia - Schriftenreihe des Vereins für sächsische Landesgeschichte e.V. Band 1 - August der Starke und seine Zeit" Sächs. Druck- und Verlagshaus, Dresden, 1995
 
Wollen wir auch die Entwicklung des Postnetzes mit hinzu nehmen? Das Thema Postkalesche an sich, sprach ich ja schon an.

Im 18.Jh. soll ein Brief von Regensburg nach München einen Tag gebraucht haben. 16:30 Uhr ging täglich die Post von Regensburg ab und traf am Nachmittag des Folgetages in München ein.* Natürlich muss man bei dieser bemerkenswerten Leistung betonen, dass Regensburg mit dem Immerwährenden Reichstag von hoher Bedeutung war, was sich nicht zuletzt auf die Kommunikationsmittel auswirkte, welche z.B. die Gesandten der Reichsfürsten, -städte, aber auch ausländischen Mächte ständig mit neuen Informationen sprich Briefen versorgen mussten.

* Martin Dallmeier: "Kommunikation und Publikation am Immerwährenden Reichstag" - "2. Beschleunigung der Beförderungszeiten" S. 41
In: "Reichsstadt und immerwährender Reichstag" Hrsg.: Martin Dallmeier - Fürst Thrun und Taxis Hofbibliothek - Zentralarchiv, Verlag Michael Lassleben, Kallmünz, 2001
 
1714 ritt der schwedische König mit zwei Begleitern binnen ca. 15 Tagen von Rumänien nach Stralsund. Der Ritt führte über eine Wegstrecke von etwa 2100 - 2400 km.
 
1714 ritt der schwedische König mit zwei Begleitern binnen ca. 15 Tagen von Rumänien nach Stralsund. Der Ritt führte über eine Wegstrecke von etwa 2100 - 2400 km.

Das wären bei 2100 km am Tag 140 km. Im Durchschnitt macht ein Pferd ca. 20 kmH, Durchschnitt von Schritt, Trab und Galopp.
Wären 7 Stunden am Tag Bewegung. Würde hinkommen. Vielleicht hat man unterwegs die Pferde auch gewechselt.
 
Ich bin beim Surfen auf ein interessantes frei runterzuladendes Online-Buch gestoßen:

Rumeli und Bosna, geographisch ... - Google Book Search

Rumeli und Bosna, geographisch beschrieben von Haji Khalifah, Kâtip Çelebi, übersetzt von Joseph Hammer-Purgstall

Darin sind von zahlreichen Städten des Balkans die Entfernungen in Tagesreisen nach Konstantinopel und z.T. untereinander angegeben.
 
Ich bin beim Surfen auf ein interessantes frei runterzuladendes Online-Buch gestoßen:

Rumeli und Bosna, geographisch ... - Google Book Search

Rumeli und Bosna, geographisch beschrieben von Haji Khalifah, Kâtip Çelebi, übersetzt von Joseph Hammer-Purgstall

Darin sind von zahlreichen Städten des Balkans die Entfernungen in Tagesreisen nach Konstantinopel und z.T. untereinander angegeben.
Eine tolle Sache, gerade wenn man sich mit der Gegend beschäftigt, aber auch für alle anderen.

Kannst Du das Straßennetz im Osmanischen Reich charakterisieren? War es besser oder schlechter als bsw. in Frankreich?

Das Buch ist ja von 1812, aber das ändert ja nichts daran, dass wohl die Beförderungszeiten ungefähr in der Frühen Neuzeit (vor 1789) ähnlich gewesen sein werden.:)
 
Guten Tag,

1.
Fuer alle an Kutschen Interessierten, die in oder in der naehe von Muenchen wohnen: Im Schloss Nymphenburg befindet sich ein durchaus sehenswertes Kutschenmuseum: http://http://www.schloss-nymphenburg.de/deutsch/marstall/index.htm .

2.
Noch eine Zeitangabe: In seinen Memoiren behauptet Talleyrand, als man ihn ~1760 von Paris nach Chalais landverschickte, habe diese Reise, die er (in Begleitung einer Gouvernante) in einer Postkutsche unternahm, gschlagene 17 Tage gedauert. Jetzt ist Chalais natuerlich wirklich in der tiefsten Provinz (auch heute noch), aber Google Maps sagt, dass die Distanz (bestenfalls) 504 Kilometer betraegt. Sicher waren Mademoiselle Charlemagne (!) und ihr kleiner Zoegling nicht laenger unterwegs, als unbedingt noetig, was darauf schliessen laesst, dass es unter Umstaenden trotz potentiell schneller Pferde sehr lange dauern kann, von A nach B zu kommen (etwa wenn sich B am Anus mundi befindet).

3.
Zweitens: Im Buch "Talleyrand in Amerika 1794-1796 - Ein Emigrantenschicksal zur Zeit der Französischen Revolution" von Eberhard Ernst wird eine Reise beschrieben, die Talleyrand in den USA unternahm: Er reiste im Juni 1794 von Philadelphia nach New York, und zwar (wohl aus Geldmangel) mit einer Postkutsche (eine Abbildung einer solchen findet sich ebenfalls in diesem Buch). Diese Reise dauerte 32 Stunden - Google Maps gibt 151 Kilometer dafuer an. Das ging dann wohl relativ flott, wenn man sich die Infrastruktur Nordamerikas zum Ende des 18. Jahrhunderts vor Augen haelt. Ach ja: Der Fahrpreis betrug 5 Dollar.
1.
Ich war da schon, war allerdings reichlich enttäuscht, weil von den einfachen Gefährten, wenn ich mich recht entsinne, keine aus dem 18.Jh. war.
Leider besteht ein großer Teil der Sammlung aus Wagen und Zubehör von Ludwig II. von Bayern, der ja viel in unterschiedlichen Gefährten sein Königreich bereiste.
Am interessantesten für mich war noch die Prunkkutsche von Kaiser Karl VII., wozu es auch schon eine Publikation gibt.

2.
Gibt er explizit an, wie oft man da halten musste? Ich nehme an, dass ein bedeutender Anteil der Reisezeit mit Pausen auf den Unterwegshalten und Umsteigen in den Poststationen draufging.
Interessant finde ich an dem Beispiel, dass sich ein Sprössling einer bedeutenden Adelsfamilie mit der Postkutsche und nicht der eigenen Equipage fortbewegt. Wobei ich annehmen würde, dass zumindest ein Diener beigegeben wurde.

3.
An der Ostküste dürfte doch die Infrastruktur nicht so schlecht gewesen sein. Ich denke, dass Postroutennetz war sicherlich nicht schlechter als in Nordostdeutschland zur selben Zeit.
 
@Brissotin

Im Kutschenmuseeum in muc war ich auch schon und war eher enttäuscht von der Anzahl der Stücke; vllt. waren meine Erwartungen, die ich mit dem Begriff "Museum" verbinde auch einfach zu hoch. Der Begriff Ausstellung täte es sicherlich auch. Was nichts daran ändert, dass einige Stücke sehr beeindruckend sind.

Zu Talleyrands Reise nach Chalais berichten die Biografen (Orieux, Cooper, Bernard) übereinstimmend, dass sowohl die Hin- als auch die Rückreise 17 Tage dauerte, was auf einen Fahrplan schließen läßt, der sich auch über Jahre nicht änderte.

Orieux beschreibt es so:
"Der vierjährige Junge und seine Gouvernante wurden in die Kutsche nach Bordeeaux gesetzt, in ein öffentliches Fahrzeug, in das jeder beliebige hineingestopft wurde. Ein billigeres Fahrzeug hatte man nicht finden können. Die Kutsche sollte sie unterwegs im Schloss von Chalais bei seiner Urgroßmutter absetzen. Siebzehn Tage lang wurden sie durcheinandergerüttelt, um vierhundertzwanzig Kilometer zurückzulegen. Die Gouvernante hieß Fräulein Charlemagne. Das Schicksal wollte dieser schäbigen Reise vielleicht etwas Glanz aufsetzen, denn sie bedeutete für den jungen Seigneur nichts anderes als eine Reise ins Exil." [1]

In seinen Memoiren findet sich verständlicherweise auch nicht mehr:

"Die Postkutsche von Bordeaux brachte mich genau in siebzehn Tagen, wie sie mich damals hergebracht, wieder nach der Hauptstadt." [2]

Verständlich werden diese Reiseumstände erst, wenn man weiß, dass sie unmittelbar nach Aberkennung seiner Ältestenrechte zustande kam. Orieux fasst die Handlungsweise seiner Eltern so zusammen:
"Ihr Sohn hatte nicht das Recht, zugleich Klumpfuss und Talleyrand zu sein. Man ließ es ihn spüren." [1]

Insofern kann diese Reise nicht als übliche Fortbewegung eines damaligen Aristokraten gelten.


Grüße
excideuil

[1] Orieux, Jean: „Talleyrand – Die unverstandene Sphinx“, Societäts-Verlag, Frankfurt, 1972, Seite 24
[2] Talleyrand: „Memoiren des Fürsten Talleyrand“, herausgegeben mit einer Vorrede und Anmerkungen von Herzog de Broglie, Original Ausgabe von Adolf Ebeling, Köln und Leipzig, 1891-1893, Bd. 1, Seite 10
 
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