Relief aus Nimrud: Kampftaucher?

Dieses Thema im Forum "Hochkulturen Mesopotamiens" wurde erstellt von Mashenka, 4. September 2016.

  1. Mashenka

    Mashenka Aktives Mitglied

    Gewisse Kenntnisse müssen sie gehabt haben, ist doch die Taucherbrille nur für den verwöhnten modernen Menschen eine Voraussetzung, damit er unter Wasser die Augen überhaupt aufmacht. :abtauch: Man sieht auch ohne Brille gut genug, um z.B. nach Schwämmen und Perlen zu tauchen. Ersteres tat man spätestens in der früminoischen Kultur auf Kreta. Eine assyrische Tafel zeigt übrigens Kampftaucher völlig ohne Taucherbrille (dafür in langen Gewändern, eine Frühform des Burkinis?): Relief aus Nimrud, 9. Jh. v.Chr.
     
  2. Matze007

    Matze007 Aktives Mitglied

    :eek: - die haben ja sogar Atemgeräte, tote Schweine oder so was. Faszinierend.
     
  3. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Einen Balg.
     
  4. Mashenka

    Mashenka Aktives Mitglied

    Fairerweise muss man hinzufügen, dass jene Bälge von manchen als Schwimmhilfe interpretiert werden; m.M.n. eher unglaubwürdig, da 1. die Geräte zum Mund geführt werden, 2. die Verteidiger untätig sind, und 3. auch Meeresgetier (Sepien, Schnecken, Seeschlangen) abgebildet ist. Der Bildhauer dürfte aber die Szene nicht selber beobachtet haben; ansonsten hätte er die Kampftaucher nicht perfekt frisiert und in langen Gewändern gezeigt (während die Bogenschützen kürzere Kleidung tragen). Solche Gewänder wären fürs Schwimmen/Tauchen absolut ungeeignet.
     
  5. Galeotto

    Galeotto Aktives Mitglied

    Sicher waren Schwamm-und Perlentaucher in der Lage die Augen unter Wasser offenzuhalten. Auch Taucher, die auf dem Meer ein Leck am Schiff reparieren konnten ,mussten die Augen offenhalten. Das waren aber nur einige Berufsgruppen und kein Wissenschaftszweig ,die dies taten. Tauchurlaub war ebenfalls noch nicht erfunden.
    Man war in der gesamten römischen Antike der Meinung, dass sich Haie auf den Rücken drehen müssen ,um zubeißen zu können, da sich ja ihr Maul unter dem Kopf befindet. Das zeigt, dass offenbar nie unter Wasser beobachtet wurde, wie diese Tiere fressen.

    Die Assyrer auf dem Relief sind in meinen Augen Schwimmer und keine Taucher. Der Obere schwimmt eindeutig, denn mit den Armen zu crowlen wäre unter Wasser nicht sehr sinnvoll. Zwei von Ihnen liegen auf der aufgeblasenen Ziegenhaut, wie auf einer Luftmatratze. Ob man mit einem solchen Luftsack unter dem Körper überhaupt tauchen kann ? Man schafft es ja schon nicht einen aufgeblasenen Wasserball unter die Oberfläche zu drücken. Auch wenn sie diese im Mund haben, um zu atmen, ist die Körperhaltung so, dass sie mit den Augen über Wasser sind . Sie greifen kein Unterwasserziel an, sondern müssen sehen, was über der Wasseroberfläche ist. Für Taucher hätte ein langer Schnorchel mehr Sinn gemacht als ein Auftrieb erzeugendes Luftkissen, unter dem Oberkörper.
     
  6. Galeotto

    Galeotto Aktives Mitglied

    Als Schwimmhilfe können sie auch permanent aufgeblasen worden sein um nicht abzusaufen. Lange Zeit kann man aus einem Ballon nicht atmen. entweder er würde leer, wenn man ins Wasser ausatmet oder man vergiftet sich mit der Zeit an seinen eigenen Ausatemgasen. Mit einem solchen Airbag hätte man auch mit langen Gewändern schwimmen können.
    Die Meerestiere können ebensogut Strudel darstellen. Bei den Assyrern würde ich eher auf die Durchquerung eines Flusses als des Meeres tippen. Man siet ein Ufer und gegenüber eine Festung bzW. eine Stadt, die von der gegenübeliegenden Seite beschossen wird. Das sieht nach Fluss und nicht nach Meer aus.
     
    Zuletzt bearbeitet: 4. September 2016
  7. Mashenka

    Mashenka Aktives Mitglied

    Da bin ich ausnahmsweise nicht Deiner Meinung, Galeotto.

    Kaum! Warum sollte ein einigermaßen dichter Luftbehälter ununterbrochen nachgefüllt werden müssen? Wäre dies beim Schwimmen nicht allzu hinderlich? Könntest Du einen Schwimmbalg während dem Schwimmen blasen? Ich kann zwar ausgezeichnet schwimmen (habe als Kind täglich mehrere Kilometer trainiert), kann mir aber die Prozedur nicht vorstellen.

    Die Tauchtechnik mit einem Balg muss gewiss geübt sein (had's aber noch nie ausprobiert): einatmen durch den Mund und ausatmen durch die Nase. Ein Balg ist aber sicherlich nicht für lange Tauchgänge geeignet.

    Nein. In einem langen Rock kann man nicht schwimmen, da er sich sofort um die Beine wickelt.

    Schnecken und sepiaförmige Strudel, sowie schlagenförmige Strudel mit Augen? Du übertreibst. ;)

    Auch die Griechen sollen übrigens Kampftaucher eingesetzt haben. Warum also den Assyrern das Tauchen nicht lassen? Dass die Verteidiger nichtsahnend reingucken, hast Du übrigens links liegengelassen…
     
  8. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    @Nimrud-Stele:
    in die Diskussion, ob die Bälger(?) Auftriebhilfen oder Atemluftbehälter sind, möchte ich mich nicht einmischen (und ob die Verteiger die Schwimmer/Taucher sehen oder nicht), aber bzgl. der Sepia*-Strudel-Diskussion sehe ich darin doch eher Strudel als Nautilus (ich sehe auch keine Augen). Die Strudel bilden sich aus den Wellenmustern heraus. Sie befinden sich nicht unter dem Wellenmuster sondern sind ein Teil davon. Übrigens spricht auch der Fundort der Stele für einen Fluss, schließlich liegt Nimrud im Nord'iraq, am Tigris.

    *Gemeint sind wohl eher die Verwandten der Sepia, die Nautiliden.
     
  9. Mashenka

    Mashenka Aktives Mitglied

    Die Form der Wassertiere hängt aber sicherlich auch mit der Ornamentik zusammen.


    Noch ein Nachtrag; meinerseits die letzte Anmerkung zum Thema, um EQs Thread nicht mit dieser OT-Diskussion zu überlasten: die Unlogik hinter der Annahme von Schwimmhilfen ist der Glaube, dass die Assyrer auf eine Schwimmhilfe angewiesen waren und gleichzeitig der Glaube, dass die Assyrer sich im Wasser nur mit einem Arm fortbewegen konnten (wobei man die langen Röcke in jedem Fall als falsche Darstellung hinnehmen muss), während sie einen Balg mit ihrer Atemluft versorgten. Phänomenale Schwimmer also, die sich von Balgen ja auf der Wasseroberfläche treiben ließen, um ein leichteres Ziel zu bieten! :nikolaus:
     
  10. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Wir können das gerne zu einem eigenen Thread abspalten.


    Ist deine Argumentation hier nicht inkonsistent? Ich meine immerhin hast du selber auf folgendes hingewiesen:

    Im Übrigen, was die Erstürmung von vormodernen Festungen angeht - nein, eigentlich sogar bis in die Kriege der Gegenwart: Um eine Festung zu erstürmen, müssen sich Infanteristen recht häufig entblößen. Ob das nun Fallschirmspringer sind, oder ob man unter Beschuss aus Dünenbunkern an Omaha Beach den Strand erstürmt oder eben eine Burg, es werden immer Soldaten geopfert, um das Ziel zu erreichen. Um ihnen wenigstens ein bisschen Sicherheit zu gewährleisten, wird ihnen halt Feuerschutz geboten (der Bogenschütze jenseits des Flusses).
     
  11. Mashenka

    Mashenka Aktives Mitglied

    Eigentlich nicht. Dass die Darstellung nicht 100%-ig realistisch ist, ist mir nach wie vor klar. Jenes »phänomenale Schwimmer« betrifft das einarmige Schwimmen, plus das Blasen währenddessen.(auch unabhängig davon, ob die Beine mitbenutzt werden können.) Man kann während dem Schwimmen nicht etwas aufblasen, und schon gar nicht, während man schnell schwimmen muss.


    Da habt Ihr wahrscheinlich recht. Bzgl. »Meeresgetier«, muss ich mich geschlagen geben. Die Darstellung von Wasser mit ›Schnecken‹ scheint bei den Assyrern generell verbreitet gewesen zu sein, wie auch dieses Bild zeigt.
     
  12. Galeotto

    Galeotto Aktives Mitglied

    Da bin ich aber wirklich platt :rotwerd:

    Man kann also nicht mit einem Rock schwimmen aber tauchen mit einem Sack voller Luft unter dem Körper hälst Du für möglich. Probiere doch mal mit einer Luftmatratze zu tauchen. Naturgesetze konnten die Assyrer wahrscheinlich auch nicht außer Kraft setzen. Würde es ihnen gelungen sein unter die Wasseroberfläche zu gelangen, so hätte sie wahrscheinlich der Luftbalg auf den Rücken gedreht .
    Jeder was er gern sehen möchte. Wenn man Augen sehen möchte, wird man sie sehen. Sie können aber ebensogut das Innere eines Strudels zeigen. Sepien haben kein Schneckengehäuse . Nautilen (Perlboote) schon, aber leben ausschließlich im Westpazifik und in einigen Teilen des indischen Ozeans vor. Dass die Assyrer dort Krieg geführt haben wäre mir neu.

    Da bin ich vollkommen einig mit Dir. Nur benutzten diese Taucher keine Luftsäcke sondern Schnorchel oder waren Apnoetaucher, die mehrere Minuten unter Wasser bleiben konnten.
     

    Anhänge:

  13. Lukullus

    Lukullus Aktives Mitglied

    Jepp! Kürzliche Versuche mit einem Volleyball unter Wasser vorwärts zu kommen waren äußerst reich an verdrehenden Auftriebskräften - allenfalls wohl dienlich um einen Gegner via Lachmuskelkrämpfen außer Gefecht zu setzen. :yes:
     
  14. Matze007

    Matze007 Aktives Mitglied

    Nun ja, mit ein paar Steinen in dem Sack sieht die Sache ganz anders aus.
    Allerdings muss dann die Gasmenge im Sack halbwegs konstant bleiben, sprich, ausatmen in den Sack rein. Reduziert evtl die Reichweite, oder man holt zwischendurch mal nen Stein raus.
    Aber wenn man so was ne Stunde am Tag übt, geht da sicher einiges. Wir würden heute auch kaum marschieren können wie die Legionäre.
    Wie war nochmal das Thema ?:D
     
  15. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    Das muss man sicher auch üben, denn aus so einem Unterwassersack ist die Luft oft schneller raus als der Stein.
     
  16. Matze007

    Matze007 Aktives Mitglied

    Der Sack darf ja unten ein lose geschnürtes Loch haben. Bildet dann eine Glocke. Oder man bindet die Gewichte außen dran. Wie gesagt, wir reden ja von Profis die mit so was experimentiert haben. Das muss am Baggersee nicht gleich reproduzierbar sein.
     
  17. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    Auf der assyrischen Abbildung sind keine Gewichte zu sehen. Die Gewichte müssten also schon abgeworfen sein bzw. das Loch wieder solide zugeschnürt. Die Schwimmer drücken jedenfalls mit ihren Oberkörpern auf den Sack. Wenn da das Loch nicht dicht ist, macht die Luft blubblubblubblubblubb.
    Die Taktik der Kampftaucher wäre also, vom Ufer aus erst einmal abzutauchen und die erste Strecke unter Wasser zurückzulegen. Sobald man in Schussweite ist, lässt man die Steine aus dem Tauchersack und nutzt diesen als Luftmatratze.
    :abtauch:


    Daran habe ich nicht den mindesten Zweifel.
     
  18. Galeotto

    Galeotto Aktives Mitglied

    Entweder der Bildhauer hat hier eine reine Fantasie dargestellt oder das Tauchen mit Sack war vollkommen unpraktikabel, sonst wäre diese Kriegskunst nicht in Vergessenheit geraten sondern ständig weiterentwickelt worden. Die Idee durch einen lufgefüllten Sack ist sicher auch Anderen in den Sinn gekommen und als praxisuntauglich verworfen worden. Für mich sind das Schwimmhilfen und keine Tauchgeräte besonders durch den Schwimmer im oberen Teil .Dieser konnte offenbar auch ohne Hilfsmittel schwimmen. Die Fähigkeit zu schwimmen sind bis zum heutigen Tag in diesen trockenen Regionen der Erde nicht besonders ausgeprägt. Als reine auftriebskörper finden wir aber im alten Orient gegügend Beispiele, wie die Keleg genannten Flöße. https://de.wikipedia.org/wiki/Kelek_(Floßtyp)#/media/File:Assyrian_Kelek-sv.jpg Auch auf diesem Bild ist ein Schwimmer mit Schwimmhilfe zu sehen.
    Möglicherweise soll die Darstellung mit der Öffnung im Mund dem Betrachter nur verdeutlichen, dass man aufgeblasene Häute verwendete und nicht eine reale Handlung im Wasser zeigen. Noch vollkommen unerwähnt blieb hier der Wasserdruck, der die Häute von außen zusammendrückt was den Taucher aufblasen würde.
     
  19. Matze007

    Matze007 Aktives Mitglied

    Das wäre ein korrespondierendes System. Der Taucher ist ja dem gleichen Druck ausgesetzt wie der Balg.
    Außerdem: Das waren Kulturen die Jungfrauen und Stiere geopfert haben, warum sollten da nicht auch ein paar Taucher durch vollkommen untaugliche Mittel verheizt worden sein :zunge:
     
  20. Mashenka

    Mashenka Aktives Mitglied

    @ El Quijote: danke für's Separieren des Themas!


    Mit einem Balg in der Größe eines Schweines würde ich das Tauchen auch ausschließen. Ein Balg ist aber weich und passt sich dem Körper an (und kann auch fixiert werden), während z.B. ein Ball schwieriger unter dem Körper zu halten ist. Wenn ich annehme, dass der Schweinebalg nur zum Teil mit Luft gefüllt war, sagen wir mit etwa 6–8 Liter, ausreichend für ca. 2-maliges Einatmen, würde dies die Tauchlänge von etwa 40 Metern (mit etwas Training leicht erreichbar) mindestens verdoppeln.(bei assyrischen Superprofi-Kampftauchern, die aus Perlentauchern rekrutiert worden sind, auf sehr viel mehr). Mit etwa 6–8 Litern Luft, angebunden unter mir, könnte ich wegtauchen, da bin ich mir ziemlich sicher. Mit einem kleineren Ball, z.B. einem Wasserball, einarmig zu mir gedrückt, ist dies übrigens kein Problem.
    Hinzukommen aber Waffen, die nicht unbedingt leicht sind. Mit etwa 4 kg Metall zu tauchen, und v.a. wieder aufzutauchen, muss ja auch erstmal geübt werden.


    Alles in allem sehe ich aber dennoch keine der beiden Annahmen 100%-ig bestätigt:

    Gegen das Schwimmen spricht der Sinn einer Schwimmhilfe unter dem Bauch. Müsste ich einen Balg wegen dem Gewicht der Waffen mitnehmen, würde ich das Ding einfach an die Waffen binden und das Ganze mit mir ziehen, während ich von Pfeilen geschützt etwa 4–5 Meter tief schwimme.

    Gegen das Tauchen spricht die dargestellte Größe der Bälge, womit das Tauchen zugegeben äußerst schwierig, wenn nicht unmöglich wäre.(mit weniger Luft aber sicherlich möglich)


    Zumindest aber dürfte die sinnlose lange Kleidung (bei den Bogenschützen deutlich kürzer) zur künstlerischen Freiheit gehören, was die Annahme von sonstigen Freiheiten eigentlich aufdrängt, und sowohl die Größe, als auch die Position der Bälge relativiert. Sicherlich aber wollte der assyrische Bildhauer Bälge darstellen. Tat er dies, um auf die Schwimmunfähigkeit der Kämpfer, oder um auf das Tauchen hinzuweisen?
     

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