Religiös und/oder kulturell geprägte Feindbilder

Das gilt ja im Endeffekt auf für die Zeit vor dem osmanischen Reich, einer der Gründe, wieso es den Türken "relativ" leicht fiel zu siegen, da ja große Teile des Adels der ganzen Völkerschaften mit ihnen gemeinsame Sache machten, aber ich will hier jetzt auch nicht etwas schreiben, was die meisten eh schon längst gelesen haben, die sich unsere schönen balkanisch-osmanischen Terrorthreads durchlesen.

Nicht nur für die Zeit vor den Osmanen, sondern insbesondere nach der Osmanenzeitm, als ein Machtvakuum entstand und die christlichen Balkanstaaten infiziert vom Nationalismus bzw. Chauvinismus sich gegenseitig Territorien streitig machten. D.h. oft wird verkannt, dass es jene Grausamkeiten nicht nur im osmanischen Staat gab, also Muslime gegen Christen, sondern auch und gerade unter den Balkanslawen selbst. Wenn ich nur an die aktuelle Makedonienfrage denke, aber das ist hier off Topic.

Brushian schrieb:
In diesen Jahren musste der Sultan auch gewaltige Zugeständnisse machen, damit nicht gleich überall die Hölle ausbricht.
Übrigens Seldschuk, die bulgarische Kirche als solche wurde schon von Konstantinopel 800 Jahre vorher anerkannt.
Sie bekam 1849 das zurück, was sie mit dem Einmarsch der Osmanen verloren hatte, ist ne Tatsache.
Eröffnung würde ich dementsprechend nicht sagen, die Bulgaren gab es ja am Balkan auch schon ein paar hundert Jahre bevor die Osmanen diese Gebiete unter ihre Kontrolle brachten.

Mein Reden! Trotzdem die bulgarische Kirche wird von Muslimen rehabilitiert und Glaubensgenossen wollen dies verhindern. So muss es sich für einen Muslim Mitte des 19 Jhdt. erschlossen haben.


Brushian schrieb:
Darum wäre ich auch ganz dankbar, wenn man nicht alle Fakten, die von osmanischen Chronisten garnicht kommen können...

Oh wie Recht du doch hast! Manche Kommentare können wirklich nicht von osmanischen Chronisten und Historikern kommen.:winke:
 
Zuletzt bearbeitet:
Um nochmal die Feindbilder der slawischen, hier insbesondere die bulgarischen deutlich zu machen zwei Fallbeispiele die das "Türkenjoch" widerlegen ...

Es ist festzuhalten, dass die türkische Fremdherrschaft den christlichen Balkanvölkern vielfach große Traditionsbrüche zugemutet hat. Man muss auch von einer erheblichen Diskriminierung der nichtmuslimischen Bevölkerung sprechen, die ihr nationales Erbe vor allem im orthodox-kirchlichen Raum wahren musste.

Besonders in der städtischen Gesellschaft war der türkische Einfluss erheblich, wo ein islamischer Stadttyp entstand, der sich mit Basarvierteln, Moscheen und Stadtvierteln für osmanische Eliten stark von der bisherigen städtischen Struktur abhob.

Viel einschneidender war allerdings, dass es im Verlauf der jahrhundertelangen osmanischen Herrschaft zu bedeutenden kultur- und sozialgeschichtlichen Folgen für die Bevölkerung des Balkans kam, die sich im kulturellen, sprachlichen, geistigen und künstlerischen Bereich auswirkten. Es gab hier orientalische Einflüsse, die eine vom christlichen Abendland abgekoppelte kulturelle Synthese hervorbrachten.

Diese Sonderentwicklung beruhte auf der weitgehenden Abschließung des osmanischen Herrschaftsbereichs bzw. des Balkans von der geistigen und kulturellen Entwicklung Mittel- und Westeuropas. Das führte dazu, dass die abendländische Geistesbewegung des Humanismus, der Renaissance und schließlich auch der Auiklärung den Balkanvölkern verschlossen blieb, sieht man einmal von Ungarn und der dalmatinischen Küstenzone ab.

Somit ist den Balkanvölkern, die unter osmanischer Fremdherrschaft standen, eine Einbindung in das Gesistesleben des Abendlandes verwehrt geblieben und es hat keine Begegnung mit der Kultur der Renaissance, mit dem humanistischen Denken, mit der reformatorischen Lehre und schließlich mit den Ideen der Aufklärung stattgefunden.

Die ihrer natürlichen Oberschicht beraubten Bevölkerungsgruppen des Balkan sanken auf dem Lande auf eine kleinbäuerliche Entwicklungsstufe zurück. Es kam zu Rückbildungen, zu einer Wiederbelebung patriarchalischer Lebensformen und zu einem die Stämme betonenden Prozess.

Aufgrund dieser kulturellen Defizite und der wenig differenzierten Sozialstruktur, die eine Folge der türkischen Fremdherrschaft waren, fehlten den Balkanvölkern nach ihrem Freiheitskampf weitgehend die Grundvoraussetzungen für ein geordnetes staatliches Zusammenleben. Diese Versäumnisse mussten erst mühsam und oft in blutigen Auseinandersetzungen nachgeholt werden.
 
Ich versuche das Problem gerade mal so zu erfassen.
Die Diskussion dreht sich darum,
a. wie die Türken auf dem Balkan wahrgenommen wurden (Fremdherrscher etc.)
b. wie die Bevölkerung auf sie reagierte (Migrationen etc.)
c. was die Völker des Balkans verband bzw. trennte (Glaube, Nation, etc.)

Ich lese mir noch die Links durch, daher erst mal meine Frage: Hab ich das so richtig mitgekriegt?

Ich würde sagen ja. Zudem noch der Punkt, wie die Historiographie auf dem Balkan funktioniert(e), und im Rest der Welt.

Könnte jemand noch einige westliche Infos z.B. aus googlebooks oder in Artikeln von Fachzeitschriften, etc. zum "Backer Aufstand von 1591" raussuchen? Möglichst aktuell natürlich... :p
Oder haben sich nur Jugoslawen als einzige auf der Welt damit beschäftigt?

Danke schön. :winke:
 
Die Argumente sind dem Buch "Geschichte der Balkanländer" entnommen, was deren Plausibilität keineswegs mindert!

Inhaltlich trifft das einen Kern, denn es ist die oben geschilderte Abschottung, die den Balkan im Vergleich zum westlichen Abendland derart rückschrittlich machte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Korrekt, allerdings war die "Abschottung" zu Zentral und Westeuropa im Zeitalter des zunehmenden Fortschritts, ebenso (natürlich in Abstufungen) in anderen Regionen Europas festzustellen, die nicht unter dem Banner des Islams standen. z.b. große Teile Osteuropas, südl. Italien, usw.

Und da du und Edgar Hösch neuerdings so gerne von Türken, statt von Osmanen sprechen, möchte ich hier nochmal Donald Quataert: The Ottoman Empire 1700-1922, Cambridge 2005, Second edition. zitieren:
S. 2:

"By “Turks,” these frightened mothers meant a more complex reality –
the fighting forces, who may or may not have been ethnically Turkish,
of the multi-ethnic, multi-religious Ottoman empire. Thus, a word here
about the terms “Turks” and “Ottomans” seems in order. West, central,
and east Europeans referred to the “Turkish empire” and to the “Turks”
when discussing the state led by the Ottoman dynasty. This was as true
in the fourteenth as in the twentieth century. The appellation “Turk” has
some basis since the Ottoman family was ethnically Turkish in its origins,
as were some of its supporters and subjects. But, as we shall see, the dynasty
immediately lost this “Turkish” quality through intermarriage with
many different ethnicities. As for a “Turkish empire,” state power relied
on a similarly heterogeneous mix of peoples. The Ottoman empire succeeded
because it incorporated the energies of the vastly varied peoples it
encountered, quickly transcending its roots in the Turkish nomadic migrations
from central Asia into the Middle East (see chapter 2). Whatever
ethnic meaning the word “Turk” may have held soon was lost and the
term came to mean “Muslim.” To turn Turk meant converting to Islam.
Throughout this work, the term Ottoman is preferred since it conjures
up more accurate images of a multi-ethnic, multi-religious enterprise that
relied on inclusion for its success."
 
Könnte jemand noch einige westliche Infos z.B. aus googlebooks oder in Artikeln von Fachzeitschriften, etc. zum "Backer Aufstand von 1591" raussuchen? Möglichst aktuell natürlich... :p
Oder haben sich nur Jugoslawen als einzige auf der Welt damit beschäftigt?

Danke schön. :winke:
Aus Peter Bartls "Albanien":

http://www.osteuropa.ch/Inhalt/Inh_Pustet_Albanien.pdf

Albanien Institut - Albanische Forschungen

"Steuererhöhungen und die Willkür der Janitscharen, die besonders die christliche Bevölkerung drangsalierten, führten zu Bandenbildungen und Unruhen auf dem osmanischen Balkan, von denen auch Albanien berührt wurde. Am 7. November 1594 fand im Franziskanerkloster St. Maria in Mati eine Versammlung albanischer Notabeln und Bischöfe statt, auf der man beriet, wie man die Gelegenheit des kaiserlichen Türkenkrieges benützen könne, um sich von der Türkenherrschaft zu befreien. Man beschloss, sich an die katholischen Mächte des Westens zu wenden und schickte einen gewissen Thomas Pelessa zum Papst. Pelessa bat in Rom um Waffen, Geld und Truppen mit deren man die wichtigsten Festungen in Nordalbanien erobern wollte. Bei der päpstlichen Kurie zeigte man sich angesichts der bisher wenig erfolgreichen Operationen des Türkenkrieges, den der Papst mit eigenen Truppen unterstützte, an dem Plan der Albaner interessiert und schickte den Bischof von Korcula nach Albanien, um sich über die Lage dort zu informieren.
Das ganze Unternehmen scheiterte jedoch, weil die Venezianer von den albanischen Umtrieben erfuhren und Pelessa sowie den Bischof von Korcula verhafteten.
1596 kam es zu einem neuen Versuch, einen Aufstand in Albanien zu entfachen. Er ging diesmal vom orthodoxen Südalbanien aus und stand unter der Leitung des Erzbischofs Athanasius von Ohrid. Athanasius wandte sich zunächst an die Venezianer, um deren Unterstützung zu gewinnen. Als diese ablehnten, wandte er sich an die Spanier, die auch tatsächlich begannen, die Aufständischen mit Waffen und Munition zu versorgen.
Der Aufstand der sich in der Himara konzentrierte, scheiterte indes kläglich, da die spanische Truppenunterstützung ausblieb.
Der Erzbischof musste im Königreich Neapel Zuflucht nehmen und ging in der Folgezeit mit teilweise phantastischen Türkenkriegsprojekten in halb Europa hausieren; seine Spuren verlieren sich 1616 in Palermo.
Mitte Februar 1602 fand in der Abtei S. Alessandro in der Mirdita eine neue Albanerversammlung statt, auf der beschlossen wurde, der Republik Venedig die Herrschaft über Albanien anzubieten. Die Versammlungsteilnehmer, angeblich 2656 an der Zahl, schickten als Unterhändler den Bischof der nordalbanischen Diözese Sappa und einen Paolo Dukagjini nach Venedig. In dem Schreiben, das die beiden Albaner dort überreichten..."

In der darauffolgenden Schilderung wird über die osmanische Übermacht und die fehlenden Ressourcen der verschiedenen, mit der albanischen Krone umworbenen Herrscher Europas eingegangen.

Dasselbe steht auch hier:
Jugoslawien Integrationsprobleme in ... - Google Buchsuche

Über den großen Türkenkrieg und den 20000 "Ratzen und Albensern" (Serben und Albanern) die in Piccolominis Truppen dienten wird daraufhin etwas geschrieben, was sich genau mit Corovics Daten deckt.

hier noch eine Dissertation:

http://deposit.ddb.de/cgi-bin/dokserv?idn=969853394&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename=969853394.pdf
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Oh, dein obiges Buch schreibt dasselbe, was ich oben schon schrieb:

Jugoslawien Integrationsprobleme in ... - Google Buchsuche
s: 144.
"Es wäre sicher verfehlt, Unruhen, wie die von 1609-19 als Aufstand gegen die türkische Herrschaft zu bezeichnen; es handelte sich dabei vielmehr um Aktionen lokalen Widerstands gegen als unrechtmäßig empfundene staatliche Maßnahmen, Aktionen, die einer eigentlichen politischen Zielsetzung entbehrten."

Also im Prinzip ähnlich den Aufständen in Anatolien.
 
Und da du und Edgar Hösch neuerdings so gerne von Türken, statt von Osmanen sprechen, möchte ich hier nochmal Donald Quataert: The Ottoman Empire 1700-1922, Cambridge 2005, Second edition. zitieren...

Ich folge hier einer ziemlich einsichtigen Prämisse. Wenn es um den Staat geht, ist einzig der Begriff "Osmanisches Reich" angebracht, denn die Bezeichnung "Türkisches Reich" wäre definitiv falsch. Problematischer wird es, wenn z.B. von der Expansion einer Armee bzw. ihren Mannschaften gesprochen wird. Hier halte ich es mit vielen anderen, die natürlich nicht von "osmanischen Soldaten" sprechen, sondern - trotz des unbestreitbar multiethnischen Charakters - von Türken.

Im übrigen ist es ja nicht negativ besetzt, den Ausdruck "Türken" zu benutzen, denn immerhin handelt es sich um die regierende Elite.
 
Also im Prinzip ähnlich den Aufständen in Anatolien.
Von 1606-19 kann dass schon zutreffen, allerdings gehts ja hier um die größeren Aufstände von 1592 bis 1606, die von den höchsten kirchlichen Würdenträgern und den meisten Stammesältesten mitgetragen wurden und praktisch Gebiete von Südungarn bis Südalbanien erfassten.
Solange der Krieg mit den Habsburgern am Laufen war, waren die westlichen Balkanvölker fast durchgehend aufsässig und hofften auf militärischen Beistand, den sie aber dank venezianischer Intrigen, denen die Wirtschaftsbeziehungen zu den Osmanen wichtiger waren als riskante "Befreiungsprojekte", nicht ganz bekamen.
Wobei die Spanier hier eine größere Rolle spielten.
Immerhin wurden ja die Kronen Albaniens und Serbiens allen möglichen Herrschern Europas angeboten, solange diese im Kampf halfen.
Zb die Despotenwürde und der Königstitel, wie schon erwähnt, dem Fürsten Bathory, und wir sprechen hier von einem Katholiken.
Dazu dieses Zitat: "Für Serbien, dass seine Staatstradition und Kirchenorganisation besaß, hemmte die türkische Eroberung zweifellos die weitere Entwicklung. Für Albanien waren die Folgen nicht so gravierend, denn eine albanische Staatlichkeit, wenn man von einer solchen überhaupt sprechen kann, war gerade erst im Entstehen begriffen, als die Türken das Land besetzten."
Der Aufstand ab 1592 war eindeutig weitreichender.
 
Ich bin mir nicht mal so sicher ob es im Jahr 1592 noch eine ziemlich hoche Zahl von serbischen Katholiken gab. Immerhin existierte im Mittelalterlichen Serbien ein Erzbistum in Bar welches sich darum kümmerte. Das zum Thema katholische Könige welche man auch so gehasst hätte. Es ist ja nicht so das alle muslimischen Einwohner oder die menschen die heute in diesen Gebieten leben wirklich loyal und wohlwollend dem OR gegenüberstanden.

Ist jetzt egal wie auch immer die Türken waren nicht unbedingt beliebt am Balkan.

Das im osmanischen Reich nicht alles Sonnenschein war sieht man auch an den Arabern die unter dem osmanischen Sultan lebten.

In ihrem empfinden über das "Türkenjoch" nehmen sich Südosteuropäer und Araber wirklich garnichts.
 
eben, weil ihre Historiographie bis vor wenigen Jahren sehr sehr ähnlich war.
Ich sehe, niemand, oder zumindest nicht Zoki hat sich mal den Historiographie-Thread angeschaut.

Dann eben nicht.
 
eben, weil ihre Historiographie bis vor wenigen Jahren sehr sehr ähnlich war.
Ich sehe, niemand, oder zumindest nicht Zoki hat sich mal den Historiographie-Thread angeschaut.

Dann eben nicht.


Wenn ich mich auf die Vergangenheit beziehe dann beziehe ich mich nicht auf die Menschen von heute. :pfeif:

So das Histografie. Das Historiker in früherer Zeit echt Mist erzählt haben musst du mir nicht erzählen ich könnte dir hunderte Beispiele geben.:nono:

Menschen sind häufig subjektiv mal dachten die Slowaken mit den Tschechen leben wir bessern dann 1993 dachten die meisten was anderes.

Das es im Grunde egal ist, kam ihnen nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich bin mir nicht mal so sicher ob es im Jahr 1592 noch eine ziemlich hoche Zahl von serbischen Katholiken gab. Immerhin existierte im Mittelalterlichen Serbien ein Erzbistum in Bar welches sich darum kümmerte.

Ich bin ziemlich sicher, dass der weitaus größte Teil der serbischen Bevölkerung auch nach der türkischen Eroberung christlich blieb.

Anders sah das in Bosnien und Herzegowina aus, wo bekanntlich die christliche Führungselite zum Islam konvertierte, im Lande blieb (anders als die serbische Elite, die mehrheitlich nach Südungarn auswich) und ihre ländlichen bosnischen Hintersassen à la longue ebenfalls Muslime wurden - und bis zum heutigen Tage blieben!

Das zum Thema katholische Könige welche man auch so gehasst hätte.

Auch katholische Könige können Tyrannen und Barbaren sein, sogar wenn sie den offiziellen Titel "Katholische Könige" führen, wie das in Aragon, Kastilien und schließlich in Spanien der Fall war.

Fazit: Religion schützt vor Torheit nicht, auch nicht gekrönte Häupter wie Könige oder Sultane!

Es ist ja nicht so das alle muslimischen Einwohner oder die menschen die heute in diesen Gebieten leben wirklich loyal und wohlwollend dem OR gegenüberstanden.

Ich glaube, das hat auch niemand angenommen.

Ist jetzt egal wie auch immer die Türken waren nicht unbedingt beliebt am Balkan.

Welche Fremdherrschaft ist schon beliebt? Daran konnten auf die Dauer auch Steuergeschenke oder Vergünstigungen des Osmanischen Reichs für die unterworfenen christlichen Balkanvölker nichts ändern.
 
Gut, bin jetzt mit einigen Links durch. (Alle schaffe ich wohl nicht... ;) )
Allerdings bin ich zu einer Ansicht gekommen, die mich dazu veranlasst, die Bezeichnung Fremdherrschaft nicht unbedingt als korrekt anzusehen.
Im Mittelalter sah das Volk (ich weiß, pauschalisierend...) den Herrscher meist durch Erbfolge, in Europa meist durch göttliche Macht als bestätigt an.
Das Empfinden für ein Nationalbewusstsein war äußerst schwach, man identifizierte sich mehr über Familie und Ahnen (wie der Adel seine Legitimation ja auch aus seiner Herkunft bezog).
Auch auf dem Balkan fühlten sich die Völker ihrer "Nation", soweit davon zu sprechen ist, frühestens ab dem mittleren 18. Jh. verbunden (wenn überhaupt, eher wäre das beginnende 19. Jh. zu nennen).
Was möglicherweise einen Ablehnungsfaktor schaffen konnte, wäre die Kultur gewesen.
Auch diesen Punkt verneine ich aber, denn die Untertanen wurden auf dem Balkan davon zwar beeinflusst, es stellte wohl aber keine entscheidende Zäsur dar.
Was natürlich Ablehnung schaffen konnte, war die Religion.
Doch das würde ich eben dann nicht unbedingt, will meinen undifferenziert, als Fremdherrschaft bezeichnen.
Zumal ich glaube, dass die Gründe für die serbischen Aufstände (im Gegensatz zu den Migrationen, die (falls ich hier falsch liege, verbessern) größtenteils aus religiöser Ablehnung motiviert waren) in ökonomischen und sozialen Missständen lagen.

Nun, ich würde meinen, die Ablehnung der Balkanvölker geht einher mit dem aufstrebendem Nationalismus, der dem osmanischen Reich noch nachhaltig schaden sollte.
Denn der Zerfall des Reiches ist wesentlich auf die Unabhängigkeitsbestrebungen der Völker innerhalb seiner Grenzen zurückzuführen, die sich aus der nationalistischen Bewegung speisen, zurückzuführen.
 
Ich bin ziemlich sicher, dass der weitaus größte Teil der serbischen Bevölkerung auch nach der türkischen Eroberung christlich blieb.

Anders sah das in Bosnien und Herzegowina aus, wo bekanntlich die christliche Führungselite zum Islam konvertierte, im Lande blieb (anders als die serbische Elite, die mehrheitlich nach Südungarn auswich) und ihre ländlichen bosnischen Hintersassen à la longue ebenfalls Muslime wurden - und bis zum heutigen Tage blieben!



Auch katholische Könige können Tyrannen und Barbaren sein, sogar wenn sie den offiziellen Titel "Katholische Könige" führen, wie das in Aragon, Kastilien und schließlich in Spanien der Fall war.

Fazit: Religion schützt vor Torheit nicht, auch nicht gekrönte Häupter wie Könige oder Sultane!



Ich glaube, das hat auch niemand angenommen.



Welche Fremdherrschaft ist schon beliebt? Daran konnten auf die Dauer auch Steuergeschenke oder Vergünstigungen des Osmanischen Reichs für die unterworfenen christlichen Balkanvölker nichts ändern.

Naja ich hab nichts mit Moslems gesagt. Ich sagte nur das die Nemaniden als sie die orthodoxe Kirche in Serbien etablierten die vielen Katholiken im Land gezwungen haben etwas anderes zu glauben (siehe dazu Sveti Sava).

Die bosnische Bevölkerung ist noch heute mehrheitlich christlich (serben+kroaten zusammen). Gut ein Viertel der serbischen Bevölkerung waren Moslems oder wie man sagte "Türken".

Der Unterschied zwischen Serbien und Bosnien war marginal.

Der Unterschied war das 1830 alle Moslems Serbien verlassen mussten.

Die meisten Könige und Herrscher dieser Zeit waren Barbaren egal welchen Glaubens.
 
Zumal ich glaube, dass die Gründe für die serbischen Aufstände (im Gegensatz zu den Migrationen, die (falls ich hier falsch liege, verbessern) größtenteils aus religiöser Ablehnung motiviert waren) in ökonomischen und sozialen Missständen lagen.
Beim Aufstand 1592 werden die Gebeine von einem orthodoxen Heiligen verbrannt, worauf man aufsässig wird und die Königskrone zig anderen europäischen Herrschaften anbietet, u.a. die Despotenwürde an einen ungarischen Katholiken.

Zur Zeit des großen Türkenkrieges zeigen sich die Balkanesen durch jeden Funken von außen gleich angestachelt, unter anderem kämpfen 20 000 Albaner und Serben für die Österreicher, der Aufstand schlägt jedoch fehl, da sich die habsburgischen Truppen selber äußerst forsch zur Zivilbevölkerung verhalten und die osmanischen Truppen zu stark sind.

Der Aufstand von 1804 wurde durch den Mord von Janitscharen an 70 serbischen Stammerführern aufgelöst, welcher selbst dann nicht beendet wurde, als der Sultan sporadisch gegen die Janitscharen vorging.
Auch dieser dauerte fast 10 Jahre.

Ich habe mir dann noch die Frechheit erlaubt, alle möglichen europäischen Bauernaufstände anzusehen, und bin auch zu dem Schluss gekommen, dass diese kein Jahrzehnt dauerten, und auch nicht die Gebiete in der Art ergriffen wie den Balkan, wobei die Stammesältesten, sowohl der Serben als auch der Albaner und deren kirchlichen Würdenträger diese unterstützten, was ja ebenfalls den Bauernaufständen versagt blieb.
In den "westeuropäischen" wurde ja der Adel von der Kirche unterstützt und die Bauern von der Kirche mitdrangsaliert.
Wie gesagt, der Großteil der europäischen Bauernaufstände, fast alle, dauerte maximal 2 Jahre.

Ich würde nun gerne die sozialen und ökonomischen Gründe wissen.
Dann solle man mir bitte meine obigen Fakten zu den Aufständen und die besagten Gründe mit Argumenten relativieren, die beweisen, dass es sich um rein sozialökonomische Gründe handelte, die Aufstände auslösten, welche da im Abstand von einem Jahrhundert immer den Balkan für ein Jahrzehnt ergriffen.

Hier noch ein paar aufgezählte Bauernaufstände nach Wiki, alle dauerten höchstens 2 Jahre, der einzige der aus der Rolle fällt ist der Bundschuhaufstand:
Bauernkrieg ? Wikipedia

interessant finde ich ja den hier:

Kärntner Bauernaufstand 1478 ? Wikipedia

Was natürlich Ablehnung schaffen konnte, war die Religion.
Doch das würde ich eben dann nicht unbedingt, will meinen undifferenziert, als Fremdherrschaft bezeichnen.
Glaub mir Belisarius, der Glaube bedeutet am Balkan viel.
Dieser Glaube spielte auch schon vor dem 18. Jhdt eine Rolle.
Er war das einzige neben der Sprache, was die Identität im Völkergemisch des osmanischen Reiches über mehrere Jahrhunderte aufrecht erhalten konnte.
Gerade aufgrund dieser Religion konnte man im osmanischen Reich entweder aufsteigen oder ewig der Bergbauer sein, weshalb man gegenüber den Konvertiten im Nachteil war, trotz der oftmals toleranten Art der Osmanen.
Der serbischstämmige Mehmed Sokolovic konnte auch nur aufsteigen, weil er als Junge für die Janitscharen ausgelesen wurde.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ich bin dafür einen Teil der Diskussion in einem neuen Thread namens "Aufstände und Nichtmuslime im Osmanischen Reich" auszulagern.

Brushian, dein letzter Absatz würde nur stimmen, wenn du ihn auf den militärisch-politischen Aufstieg beschränkt hättest, da war es selten, dass man als Nichtmuslim Aufstiegschancen besonders in der Hauptstadt und wichtigen Städten hatte.

Ansonsten hatte man im Osmanischen Reich sehr wohl die Möglichkeit auch als Nichtmuslim sozial aufzusteigen, wie z.B. der berühmte jüdische Bankier Joseph Nasi, oder das Beispiel der Architekturfamilie Balyan, oder die griechischen Phanarioten in Rumänien, oder die Dragomanen, oder das Beispiel, dass zu Zeiten vom Reichs-Chefarchitekten Sinan (16. Jh.) mehr als ein Drittel der Hofarchitekten Christen waren, und so weiter, und so fort.
Wer tüchtig genug war, günstige Vorraussetzungen und das Quentchen Glück hatte, der konnte im Osmanischen Reich sozial aufsteigen, auch als Nichtmuslim, und so mancher Serbe, schaffte laut Quellen den Aufstieg z.B. vom Maultiertreiber zum Spediteur und Fernhandelskaufmann, der auf der Leipziger Messe Waren z.B. aus Plovdiv anbot.
 
Ansonsten hatte man im Osmanischen Reich sehr wohl die Möglichkeit auch als Nichtmuslim sozial aufzusteigen.

Der Sieg des Islam in Südosteuropa hat den traditionellen Führungsschichten der christlichen Balkanvölker die Existenzgrundlage entzogen ... Von Renegaten abgesehen fanden sie im islamischen Militärsystem nur in Ausnahmefällen während der Übergangszeit als christliche Spahis einen angemessenen Platz.

(Geschichte der Balkanvölker, München 1988/2008, S. 99)

Als Nichtmuslim konnte man nur in den von dir genannten Ausnahmefällen sozial aufsteigen. Diese Ausnahmefälle bestätigen aber nur die Regel, wonach Nichtmuslime zwar reich, aber im Staatsdienst keinesfalls aufsteigen konnten. Alle osmanischen Beamte bzw. Amtsinhaber mussten selbstverständlich muslimisch sein bzw. zum Islam konvertieren.
 
Also besteht für dich das Leben nur aus militärischer und politischer Laufbahn???
Alles andere, jeder anderer Lebensweg ist ein "Ausnahmefall"?

Das glaube ich dir nicht, dass du so verengt diese Sache siehst.
Richtig muss es heißen:
Mit AUSNAHME der militärisch-politischen Laufbahn, stand sozialer Aufstieg in allen anderen Lebensbereichen auch Nichtmuslime offen.
Nicht andersrum, wie du oben schreibst. Meinst du nicht auch?

Und ausserdem: Der Satz von Hösch ist auch nicht ganz korrekt, wenn du dir mal die griechischen Phanarioten und ihre Funktion als Hospodare in Rumänien im 18./19. Jh. anschaust.

Deshalb schrieb ich oben auch extra, dass dieses Prinzip, als Nichtmuslim schwerlich ein militärischer/politischer Aufstieg möglich war, vor allem für die Hauptstadt und wichtige andere Städte galt.
Im 18. Jh. zu Zeiten der Talfürsten/Derebeys, sah es wiederrum anders aus.
 
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