Revolutionen mit positivem Ausgang?

Cécile

Aktives Mitglied
Hallo zusammen,

ich hab mal wieder eine doofe Frage. Angesichts jüngster Geschehnisse (die hier natürlich nicht Thema sein sollen) habe ich mich gefragt ob es eigentlich Revolutionen in der Geschichte gab die einen unmittelbaren positiven Ausgang für die breite Bevölkerung hatten, also echte Verbesserungen und keine Massenmorde etc. ?
Nur so als Beispiele:die Französische Revolution 1789 wird bekanntlich vom Terreur überschattet, 1848/49 hat den Deutschen meines Wissen nix gebracht (verbessert mich wenn ich da falsch liege).
Als einziges positives Beispiel kenne ich den Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, aber ich bin mir nicht sicher ob der als echte Revolution gedeutet werden kann und ich weiß auch nicht ob die Bevölkerung wirklich so sehr davon profitiert hat keinen König mehr zu haben sondern einen Präsidenten.

Ich bin gespannt was ihr dazu zu sagen habt :)

Grüßle

Cécile
 
ob es eigentlich Revolutionen in der Geschichte gab die einen unmittelbaren positiven Ausgang für die breite Bevölkerung hatten
Vielleicht ist die "breite Bevölkerung" ja von falschen Voraussetzungen ausgegangen, zumindest wenn man es von der rein materiellen Seite ansieht.

Vor der Französischen Revolution sah sie, dass die Adeligen das Geld verprassten, wären das Volk darbte. Allerdings kostete die Hofhaltung in Versailles nur 6 % des Staatshaushalts (50 % waren Schuldendienst). Wenn man dieses Geld unter das Volk aufteilt, bleibt nicht viel übrig.

Auch die Kommunisten sahen es so, dass allen geholfen sei, wenn man das Geld der Besitzenden nur gerecht verteilt. Allerdings war der Adel bereits verarmt; es gab nie eine so schnelle Fluktuation von Adelsgütern wie vor der Revolution.

Und das Brot wird auch nicht mehr, wenn die Adligen nicht mehr mitessen. Mit einer Revolution kann man im Idealfall Strukturen ändern, die verhindert haben, dass man vorher weniger Brot erzeugt hat, als benötigt wurde, obwohl man es eigentlich gekonnt hätte. Wenn man es uneigentlich auch nicht gekonnt hätte, gibt es nach der Revolution genauso wenig Brot wie vorher.
 
[...]Angesichts jüngster Geschehnisse (die hier natürlich nicht Thema sein sollen) habe ich mich gefragt ob es eigentlich Revolutionen in der Geschichte gab die einen unmittelbaren positiven Ausgang für die breite Bevölkerung hatten, also echte Verbesserungen und keine Massenmorde etc. ?
[...]

Klar, die Revolution der DDR Bevölkerung gegen das SED Verbrecherregime 1989.
 
Wie wäre es mit der Nelkenrevolution 1974 in Portugal? Sie brachte Portugal die Demokratie und das Ende der blutigen Kolonialkriege. Damit war bald auch ein Entwicklungsschub verbunden (z. B. war unter der Diktatur der Analphabetismus in Portugal noch weit verbreitet), und 12 Jahre später wurde das Land in die EG aufgenommen.

(Den portugiesischen Kolonien brachte sie zumindest die Unabhängigkeit, aber für die Bevölkerung nicht wirklich Verbesserungen, da zwar die Unabhängigkeitskriege aufhörten, aber stattdessen in einigen langjährige Bürgerkriege zwischen den ehemaligen Unabhängigkeitskämpfern ausbrachen. Bis zur Demokratie war es in allen ein weiter Weg. Osttimor wurde von Indonesien annektiert.)
 
ob es eigentlich Revolutionen in der Geschichte gab die einen unmittelbaren positiven Ausgang für die breite Bevölkerung hatten,


Das Problem der Revolution ist, dass sie etwas voraussetzt, was sie eigentlich erst erzielen möchte. Nämlich das "richtige gesellschaftliche Bewußtsein" des sozialistischen / kommunistischen Menschen.

Dieses Problem hat bereits Rawls als Probelm seiner Theorie der Gerechtigkeit benannt und Gramsci hat es ebenfalls im Rahmen seiner Überlegungen zum Einfluss der kulturellen Hegemonie auf das proletarische Bewußtsein problematisiert.

Da nach einer Revolution das Bewußtsein der deutlichen Mehrheit der Bevölkerung noch durch das gerade beseitigte politische Regime geprägt wurde, bringen sie nicht die notwendige politsiche Reife oder das notwendige moralische oder ethische Niveau mit, das erst das Zusammenleben in einer utopischen sozialistischen oder kommunistischen Geselschaft ermöglicht.

Platt gesagt, mit Gewalt durchgeführte Revolutionen müssen zwangsläufig scheitern, weil die, die sie machen zu egoistisch sind und nicht über das richtige "politische Bewußtsein" verfügen.

Aus diesem Grund ist es wahrscheinlich, dass Revolutionen entweder mit Gewalt das richtige politische Bewußtsein versuchen zu erzwingen, was wie eben ausgeführt ein sinnloses und erfolgloses Unterfangen ist, oder sie gehen auf den "langen Marsch" und versuchen durch faire Lebensbedingen, die richtige Ethik einer sozialistischen Gesellschaft langsam und durch freie Entscheidung seiner Bürger zu erzeugen.
 
Vor der Französischen Revolution sah sie, dass die Adeligen das Geld verprassten, wären das Volk darbte. Allerdings kostete die Hofhaltung in Versailles nur 6 % des Staatshaushalts (50 % waren Schuldendienst). Wenn man dieses Geld unter das Volk aufteilt, bleibt nicht viel übrig.

Nun gut man sollte auch schon erwähnen, dass der Adel und Klerus auch keine Steuern zahlten. Mit diesen Steuern wäre ein ganz ansehnliche Summe in die Kasse gekommen.

Die Hofhaltung ist ja nur das was König und Hofstaat ausmachten.
 
... habe ich mich gefragt ob es eigentlich Revolutionen in der Geschichte gab die einen unmittelbaren positiven Ausgang für die breite Bevölkerung hatten, also echte Verbesserungen ...
Ja, die Revolution des franz. Senates vom 1./2. April 1814. Sie brachte sehr schnell einen Waffenstillstand, eine sehr liberale Verfassung und schon am 30. Mai 1814 einen großzügigen Frieden.

Grüße
excideuil
 
Nun gut man sollte auch schon erwähnen, dass der Adel und Klerus auch keine Steuern zahlten. Mit diesen Steuern wäre ein ganz ansehnliche Summe in die Kasse gekommen.

Die Hofhaltung ist ja nur das was König und Hofstaat ausmachten.

Das Adel und Klerus keine Steuern zahlten, finde ich eher logisch. Sie arbeiteten nicht. Auf was sollten sie da effektiv Steuern zahlen? Das Geld müssten sie einem anderen wegnehmen.

Kann man die Industrielle Revolution als positiv ansehen? Sie schuf in den Städten erst einmal Elendsviertel, in dem die Lohnarbeiter mehr vegetierten als wohnten. Menschenmassen, Massenproduktion, Massenkrieg, Massenvernichtung... Wohlstand, aber eher nicht in der Masse.
 
Die industrielle Revolution ist ja keine gesellschaftliche Umwälzung (wenn sie auch gesellschaftliche Umwälzungen im Schlepptau nach sich zog).

Das im folgenden sind nicht unbedingt Revolutionen mit glücklichem Ausgang, ich habe die Liste mal in einem anderen Zusammenhang erstellt, teilweise ist in der Folge von einem anderen Forumsmitglied einigen dieser Revolutionen der Revolutionscharakter abgesprochen worden:

- Polnische Revolution 1980 - 1989
- Montagsdemos-Mauerfall-Wende
- Samtene Revolution
- Singende Revolution (jawohl, hier gab es Tote, aber nicht auf Seiten der Staatsmacht).
- Kifaya/Mīdān at-Taḥrīr
- Nelkenrevolution (und wo ich schon bei Portugal bin)
- Septemberrevolution 1836
- Asternrevolution
- Maurice Bishop und das New Jewel Movement
- Unabhängigkeit Indiens
- die georgische Rosenrevolution
- die orangene Revolution in der Ukraine
- argentinische Mairevolution 1810
- serbische Bulldozerrevolution (Absetzung von Slobodan Milošević)
- Thailändische Bauernrevolution 1970 - 1973. Resultat: 1973 floh die Militärjunta, weil sie die blutige Niederschlagung der Proteste durch die eigenen Truppen für einen Putsch hielt (wäre es nicht so traurig, könnte man fats darüber lachen). Der König beorderte dann einen Jura-Professor zum Ministerpräsidenten, der allerdings 1976 wieder weggeputscht wurde.
 
Hier eine kleine Zusammenstellung von Definitionen (manchmal kann das hilfreich sein):

Revolution

Aus: Hanno Drechsler: Gesellschaft und Staat: Lexikon der Politik. Vahlen Verlag 1995
Seite 695 ff.
(lat. revolutio: Umwälzung) grundlegende, meist plötzliche Umgestaltung der politisch-sozialen Verhältnisse, in der Regel unter Anwendung von Gewalt. Revolution wird als Gegensatz von *Evolution, aber auch von Reform angesehen. Revolution im engeren Sinne bedeutet immer die radikale Umwälzung der bestehenden Staats- und/oder Gesellschaftsordnung. Dieser revolutionäre Prozess kann in seinen äußeren Formen verschieden verlaufen:

1. gewaltsam als blutiger Bürgerkrieg, aber unter bestimmten Bedingungen auch auf friedlich-kompromisshafte Weise (*Reform);

2. als - meist spontane - Massenaktion in Gestalt der klassischen Volksrevolution, aber auch als bewusste "Revolution von oben", die - über Palastrevolution und Staatsstreich hinausgehend - unter Einsatz der Machtmittel des Staates eine weitreichende Umgestaltung der politischen und/oder Gesellschaftsstruktur bewirkt (Bismarck 1864-1871, Entstehung einiger osteuropäischer *Volksdemokratien).

Revolution im übertragenen Sinne bezeichnet grundlegende Umwälzungen in wichtigen Einzelbereichen der Gesellschaft, z.B.: erste industrielle Revolution (durch Erfindung der Dampfmaschine); zweite industrielle oder wissenschaftlich-technische Revolution (durch Einführung der Automation, Nutzbarmachung der Atomkraft und der Computer).

Die Bedeutung eines radikalen Bruchs mit einer tradierten Gesellschafts- und Staatsordnung hat der Revolutionsbegriff erst mit der *Französischen Revolution erhalten. In bürgerlichen Revolutionen erkämpfte sich das Bürgertum die politische Macht. So 1789, 1830 und 1848 in Frankreich; vorübergehend 1848/49 und endgültig 1918 in Deutschland, als die *Weimarer Republik als bürgerlich-parlamentarische Demokratie begründet wurde.

Die proletarische Revolution wird vom Proletariat (und den Bauern) gegen die Bourgeoisie durchgeführt, um das System des Kapitalismus durch Sozialismus/Kommunismus zu ersetzen (1917 in Russland, 1949 in China).
Von Revolution spricht man auch bei erfolgreichen Unabhängigkeitskriegen: z.B. den der englischen Kolonien in Nordamerika gegen England (1775-1783).
Deutscher und italienischer Faschismus sprachen von der nationalen Revolution (1933 bzw. 1922).

Eine Theorie der Revolution liefert der *Marxismus. Er sieht in Revolutionen gesetzmäßige Erscheinungen der Klassengesellschaft und erklärt sie aus dem Zurückbleiben vor allem der sozialökonomischen Verhältnisse (*Produktionsverhältnisse) hinter der technisch-industriellen Entwicklung (*Produktivkräfte). Die Aufhebung dieses Widerspruchs als "ruckartige Nachholung verhinderter Entwicklung" (Marx) vollziehen die bisher unterdrückten Klassen als Träger der neuen Produktivkräfte im Kampf gegen die herrschenden Klassen, die die überlebten Produktionsverhältnisse, besonders mit Hilfe der Staatsgewalt, verteidigen. In der Revolution wird die herrschende reaktionäre Klasse gestürzt, die revolutionäre Klasse erobert die Staatsmacht, beseitigt die alten Produktionsverhältnisse und errichtet ihre eigene Herrschaft. Insofern ist jede soziale Revolution zugleich eine politische Revolution. Damit es zu einer Revolution und nicht zu einem bloßen Putsch kommt, muss eine gesamtnationale Krise vorhanden sein:

"Zur Revolution genügt es nicht, dass sich die ausgebeuteten und geknechteten Massen der Unmöglichkeit, in der alten Weise weiterzuleben, bewusst werden und eine Änderung fordern; zur Revolution ist es notwendig, dass die Ausbeuter nicht mehr in der alten Weise leben und regieren können" (Lenin).

Proletarische Revolution unterscheidet sich von ihren bürgerlichen Vorgängern dadurch, dass sie nicht eine alte durch eine neue Klassenherrschaft ersetzen, sondern am Ende jede Klassenherrschaft überhaupt beseitigen will (*Kommunismus). Deshalb ist es nach Marx die wichtigste Voraussetzung einer sozialistischen Revolution, dass Wirtschaft und Technik des jeweiligen Landes einen außerordentlich hohen Entwicklungsgrad erreicht haben. Russland im Jahre 1917 erfüllte diese Bedingung nicht. Daher hat Lenin die Oktoberrevolution als bloßen Beginn einer *permanenten Revolution, als Signal zur *Weltrevolution verstanden.
Im übertragenen Sinne wäre die marxistische Revolutionstheorie durchaus auch auf die friedliche Revolution 1989/90 in der DDR anwendbar; streng genommen war dies dann aber keine Revolution, sondern eine *Konterrevolution.

Staatsstreich
Aus: Aus: Hanno Drechsler: Gesellschaft und Staat: Lexikon der Politik. Vahlen Verlag 1995.
S. 783

Änderung oder Beseitigung der bestehenden politischen Machtverhältnisse durch einen gewaltsamen Akt führender Vertreter staatlicher - häufig militärischer - Macht. Der Staatsstreich kann auch von der Regierungsspitze selber ausgehen, um z.B. die Stellung der Exekutive gegenüber der Legislative zu stärken.
Wie der Putsch ist der Staatsstreich immer das Werk einer Einzelperson oder einer kleinen Minderheit.

Putsch
Aus: Hanno Drechsler: Gesellschaft und Staat: Lexikon der Politik. Vahlen Verlag 1995.
S. 663
Aufstand einer bewaffneten Gruppe, meist mit Unterstützung von Teilen des Militärs, mit dem Ziel, die Regierung zu stürzen und selbst die Macht zu übernehmen.
Putsch und Staatsstreich sind Begriffe für sehr ähnliche politische Vorgänge.. Als Putschisten werden aber mehr Personen bezeichnet, die noch nicht direkt an der Regierungsgewalt beteiligt waren.
Beispiele: Aus der neuesten deutschen Geschichte sind der gescheiterte Hitler-Putsch der NSDAP (9.11.1923 in München) und der durch einen Generalstreik bald beendete Kapp-Putsch von Reichswehrtruppen (13.-17.3.1920) bekannt geworden. Durch einen Militärputsch, den man auch einen Staatsstreich nennen kann, übernahmen Offiziere 1967 in Griechenland und 1973 in Chile die Macht.


Reform

Aus: Hanno Drechsler: Gesellschaft und Staat: Lexikon der Politik. Vahlen Verlag 1995.
S. 677

(lat. reformatio: Erneuerung) schrittweise Veränderung und Verbesserung ökonomischer, sozialer und politischer Verhältnisse. Reformpolitik benutzt die in einem gegebenen System liegenden Möglichkeiten, um das System in Teilen zu verändern (z.B. Bildungsreform, Strafrechtsreform, Steuerreform, Wahlrechtsreform). Langfristig können umfassende Reformen dem gleichen Ziel nahe kommen, das Anhänger der Revolution in einem Schritt erreichen wollen. Z.B. könnte eine konsequente Demokratisierung ein Gesellschaftssystem grundsätzlich verändern. In der Regel beschränkt sich Reformpolitik aber auf die Beseitigung von Missständen, ohne ein gesamtgesellschaftliches Ziel ins Auge zu fassen. In den kompliziert organisierten wissenschaftlich-technisch-industriellen Gesellschaften stellen viele Menschen die Frage, ob es die Alternative Reform oder Revolution noch geben kann.
 
Das Adel und Klerus keine Steuern zahlten, finde ich eher logisch. Sie arbeiteten nicht. Auf was sollten sie da effektiv Steuern zahlen?

Auf Vermögen, unentgeltliche Vermögenstragungen, entgeltliche Geschäfte des Rechtsverkehrs wie Konsum, spezielle Vergnügungen etc. Die Liste ist lang.

Liest man zB Montesquieu oder schaut sich die empirischen Daten an, waren indirekte Steuern ohnehin bedeutender als direkte Steuern (auf Einkommen). Der Antagonismus bzw. die Suche nach Kompromissen in dieser Frage läuft nun schon Jahrhunderte.
 
Vielen Dank für die vielen Antworten! Da muss ich mir erstmal richtig Zeit nehmen um alles auch gebührend aufmerksam zu lesen.
 
Und das Brot wird auch nicht mehr, wenn die Adligen nicht mehr mitessen.
Ich habe versucht, die Frage hervorzuheben, ob die Ungleichverteilung des Geldes tatsächlich in jedem Fall die Ursache für das Elend der "breiten Masse" der Bevölkerung ist. Wenn dieses Elend in mangelnder Nahrungsversorgung begründet ist, kann es mehrere Gründe dafür geben :

1. Es ist nicht genug Nahrung vorhanden
(a) weil nicht genug erzeugt werden kann.
(b) weil genug Nahrung erzeugt werden könnte, aber nicht wird.

2. Es ist genug Nahrung vorhanden
(a) aber es wird von wenigen konsumiert.
(b) aber es gelangt nicht zu den Konsumenten

In einigen dieser Fälle kann eine Revolution Abhilfe schaffen, in einigen nicht :

ad 1 (a) : Wenn die Bevölkerung stark gestiegen ist, etwa, weil durch gute klimatische Bedingungen die Ernten gut waren, es aber nun ungünstiger wird -> in diesem Fall nützt keine Revolution, weil einfach - unabhängig von der Gesellschaftsstruktur - zu wenig Nahrung da ist. Das Geisseln der rauschenden Bälle der Fürsten wäre nicht zielführend.

ad 1 (b) : Wenn z. B. die Bauern davon abgehalten wird, den Acker zu bestellen, weil sie Kriegs- oder Frondienste auf dem Bau leisten müssen, könnte durch eine Revolution die Allokation der Mittel (Arbeitskraft) mehr in Richtung Nahrungserzeugung gesteuert werden.

(Andererseits möchte ich behaupten, dass der Bau von Kirchen & Schlössern der Schaffung eines geordneten Gemeinwesens dienen kann, das dann effektiver wirtschaften (z. B. Nahrung erzeugen) kann als ein unorganisierter Haufen. Die "Prunkbauten" stellten damit eine positive Investition in die Infrastruktur dar.)

Auch die Erschließung ungenutzter landwirtschaftlicher Potenziale (sofern noch vorhanden) durch Rodung, Trockenlegung von Sümpfen bzw. deren Unterlassung kann politisch getrieben sein, so dass der Sturz einer herrschenden Klasse nötig wäre, um endlich den Urwald roden zu dürfen.

ad 2 (a) Der erhöhte "Konsum" könnte z. B. im Export von Nahrungsmittel bestehen, um mit den Devisen Non-Food-Artikel aus dem Ausland anzuschaffen. Sind dies Konsumgüter für die Adligen, würde deren Enthauptung Abhilfe schaffen.

Aber wie ist es mit Investitionsgütern wie z. B. Kraftwerken, die ja nicht "verfressen" werden, sondern dem ganzen Land zu wirtschaftlichem Auschwung verhelfen (so hätte es Stalin begründet) ? Dann würde eine Revolution doch bewirken, dass für ein Jahr die Ernte ganz für den internen Konsum zur Verfügung steht, langfristig aber eventuell sogar weniger.

ad 2 (b) Dies wäre ein klarer Fall von Missmanagement : Das Volk hungert während die Ernte verrottet. Nieder mit den Herrschenden !
 
Für die Bauern waren Bodenreformen (wo diese nicht zu zahlen hatten sicherlich auch wenigstens wirtscahftlich bedeutend), für die Grundherren sicher nicht.

China 1949 später dann durch die Kollektivierung zurückgenommen.

Türkei unter Atatürk.

Ägypten 1952

Syrien 1963

Serbien 1806 und 1830

Bulgarien 1880.

Bosnien und Herzegowina 1919 e.t.c.

In Österreich wurde zwar das Land verteilt aber die Entschädigungen waren recht hoch und zu einem Drittel von den neuen Besitzern aufzubrinten (ein Drittel Staat und ein Drittel verzicht).
 
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Hallo zusammen,

ich hab mal wieder eine doofe Frage. Angesichts jüngster Geschehnisse (die hier natürlich nicht Thema sein sollen) habe ich mich gefragt ob es eigentlich Revolutionen in der Geschichte gab die einen unmittelbaren positiven Ausgang für die breite Bevölkerung hatten, also echte Verbesserungen und keine Massenmorde etc. ?

Als einziges positives Beispiel kenne ich den Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, aber ich bin mir nicht sicher ob der als echte Revolution gedeutet werden kann und ich weiß auch nicht ob die Bevölkerung wirklich so sehr davon profitiert hat keinen König mehr zu haben sondern einen Präsidenten.

Ich bin gespannt was ihr dazu zu sagen habt :)

Grüßle

Cécile


Ich finde, es ist durchaus keine doofe Frage, und auch kluge Köpfe werden bei der Beantwortung ins grüeln kommen und auch zu unterschiedlichen Ergebnissen. Die Unabhängigkeitserklärung war in ihren Folgerungen ziemlich radikal und die Amerikanische Revolution bescherte den Bürgern der USA ein beachtliches Maß an Freiheiten. Schon den Gründervätern aber stellte sich die Frage, wer eigentlich Bürger sein sollte, wer nicht dazugehörte. galt die Unabhängigkeitserklärung nur für Männer (....that all men are created equal and endowed by the Creator with certain unallianable rights, among these life, liberty and the pursuit of happiness)

Was war mit Frauen, was mit Indentured servants? Wer sollte das Wahlrecht haben, alle freien Männer oder nur Grundbesitzer?

Der Unabhängigkeitskrieg war auch ein amerikanischer Bürgerkrieg, der vor allem in den Südstaaten mit äußerster Erbitterung ausgefochten wurde. Viee Loyalists wurden enteignet und mussten nach Kanada auswandern. Mitunter ging der Riss nicht nur durch Stämme und Föderationen (die meisten der berühmten 6 Nations der Irokesen entschieden sich für die Briten, die Tuscarora für die USA), sondern durch Familien. Die Amerikanische Revolution verbesserte durchaus die Lebensbedingungen vieler Amerikaner, andere war es eine Katastrophe. Nicht nur Loyalisten, auch die meisten Indianerstämme, auch solche, die sich neutral verhieltzen, solange das möglich war, gehörten zu den Verlierern der Amerikanischen Revolution. zu diesen gehörten auch die meisten freien schwarzen Amerikaner. Etliche sklaven suchten ihre Freiheit und glück auf eigene Faust und schlossen sich den Briten und ihren Verbündeten an.

Die Frage der Sklaverei wurde ganz ausgeklammert, vielen Amerikanern war der Widerspruch durchaus bewusst, und in der Unabhängigkeitserklärung wurde das Wort gemieden wie ein gefährliches Riff. Hätte man die Sklaverei zum Thema gemacht, wären Virginia, die Carolinas, Georgia und Maryland nie der Union beigetreten. Diese Frage wurde vertagt. Für eine große Anzahl Amerikaner brachte die Unabhängigkeit zweifellos eine Verbesserung der Lebensverhältnisse, für andere brachte sie Enteignung, Vertreibung und Schlimmeres. Die Beantwortung der Ausgangsfrage inwieweit die Unabhängigkeit der USA die Lebensbedingungen ihrer Bewohner beeinflusste, ist daher auch eine des Standpunktes.
 
@Köbis: Im Prinzip schon, aber man kann auch den Faschismus / Nationalsozialismus als eine Art "Revolution" bezeichnen.

Allerdings hatte ich sie nicht für erwähnesnwert gehalten, da ich den emanzipierenden ideolgischen Gehalt dieser "Revolutionen als gering eingeschätzt habe.

Es waren Revolutionen von "Oben" und an diesem Punkt ergeben sich Ähnlichkeiten zur stalinistischen "Revolution".

Und dieser emanzipatorische Gehalt ist für mich das zentrale Kriterium für den "Erfolg" oder den "positiven Ausgang" einer Revolution.
 
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In der römischen Selbstwahrnehmung (also der der großteils der Oberschicht angehörenden oder nahestehenden Autoren) war sie natürlich positiv, da der letzte König als Tyrann verschrien war und die Republik von Autoren wie Cicero als Hort der Freiheit gepriesen wurde.
Wie es in Wahrheit aussah, ist eine andere Frage. Allem Anschein nach wurde die Monarchie durch eine faktische Adelsherrschaft ersetzt. Die Lage des "kleinen Mannes" blieb wohl weitgehend unverändert, profitiert dürften also in erster Linie nur die Patrizier haben. Ich halte es aber auch für denkbar, dass sich die Lage der Plebejer sogar verschlechtert hat - dann nämlich, falls die Könige sie in gewisser Weise vor den Patriziern geschützt hatten und dieser Schutz nun wegfiel.
 
Auf Vermögen, unentgeltliche Vermögenstragungen, entgeltliche Geschäfte des Rechtsverkehrs wie Konsum, spezielle Vergnügungen etc. Die Liste ist lang.
Geld an sich stellt keinen Wert dar, nur die Arbeit, die dahinter steht. Klerus und Adel, die niemand braucht, haben lediglich konsumiert. Sie müssen also jemandem in die Tasche greifen, der arbeitet, um ihren Vermögenstragungen (lange Liste) zu frönen. Und was ist Vermögen? Ohne Arbeit vermag man damit nichts. Da ist ein Stein genauso wenig wert wie ein dürrer Stock oder 100 ha Land. Müssten Adel und Klerus für ihren Konsum dann auch noch Steuern zahlen, würden sie den Arbeitenden nur noch tiefer in die Tasche greifen. Sie selbst schaffen nichts. Die Zeche zahlt immer der Letzte im Glied. Für einen Staat ist es also effizienter, ohne Umwege, gleich dem Arbeitenden das Portemonnaie zu plündern. Der darf dann auch endlich konsumieren (wenn auch im bescheidenerem Rahmen). Adel und Klerus werden überflüssig. Im Grunde bestand darin die bürgerliche Revolution.

Bist Du Dir sicher, daß eine Revolution sich nur auf das Linke Spektrum in seinen Zielen bezieht?
Diese Frage möchte ich auch stellen. Sind Religionsgründungen nicht auch Revolutionen? Zum Beispiel 613 in Mekka.
 
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