Römerrüstung

Ich bin auf diesen Gebiet ein absolut Unwissender, allerdings denke ich dass das Walzen von Blech und die Formung mit den damaligen Mitteln schwieriger war als die Verarbeitung von Kettenringen.

Wurde wirklich Blech für den Schienenpanzer verwendet?
 
Einn weiteres Argument dass gegen die leichtere Herstellung des Schienenpanzers spricht ist die Tatsache dass der Schienenpanzer relativ schnell verschwand und nie das Kettenhemd als vorherrschende Rüstung ablöste. Auch in späteren Zeiten (z.B. während der Völkerwanderung) war das Kettenhemd auch bei technisch nicht so hochstehenden Kulturen die vorherrschende Rüstungsart und nicht etwas ähnliches wie der Schienenpanzer oder einer anderen "komplizierteren" Rüstungsart.
 
Die ältesten Funde die einem Schienenpanzer zugeordnet werden, kommen aus Dangstetten (siehe z.B. hier: BMCR 2004.02.49, M.D. Thomas, Lorica Segmentata. - msg#00042 - education.publications.bryn-mawr-classical-review )
Somit lässt sich die Rüstung mindestens auf 15 v.Chr. datieren.
Berücksichtigt man nun, dass wohl mancherorts gefundene Platten und Schnallen von den Ausgräbern nicht als Rüstungsteile indentifiziert wurden, sondern unpubliziert in den Archiven verschwanden, so ist es durchaus möglich dass noch ältere Stücke irgendwo schlummern.

Ich bin auf diesen Gebiet ein absolut Unwissender, allerdings denke ich dass das Walzen von Blech und die Formung mit den damaligen Mitteln schwieriger war als die Verarbeitung von Kettenringen.
Überleg mal wie man Kettenringe herstellt, man muss einerseits einen Eisenbarren zu Platten ausschmieden, daraus dann Ringe ausstanzen.
Einen anderen Barren dann erst zu einem Stab schmieden, anschleißend zu Draht ziehen, daraus offene Ringe herstellen, diese dann mit kleinen Löchern an den Enden versehen und mit noch dünnerem Draht vernieten.

Für Schienenpanzer braucht man nur Platten und ein paar Scharniere und Ösen.

Der größere Aufwand bei der Reparatur ist m.E. das entscheidende Argument gegen den Schienenpanzer. Reisst einer der Lederriemen, der die Rumpfschienen hält, klafft eine große Lücke. Man muss dann alle Nieten des Riemens abfeilen (ca. 14 Stück) und einen neuen Riemen festnieten, damit war man eine Weile beschäftigt.
Relativ schnell ist er aber nicht verschwunden, mindestens 250 Jahre sind nicht wenig.

Vom Tragekomfort her finde ich übrigens das Kettenhemd angenehmer, obwohl es schwerer ist.
 
Überleg mal wie man Kettenringe herstellt, man muss einerseits einen Eisenbarren zu Platten ausschmieden, daraus dann Ringe ausstanzen.
Einen anderen Barren dann erst zu einem Stab schmieden, anschleißend zu Draht ziehen, daraus offene Ringe herstellen, diese dann mit kleinen Löchern an den Enden versehen und mit noch dünnerem Draht vernieten.

Gut überzeugt. Wie gesagt hier kenne ich mich wenig bis gar nicht aus.

Relativ schnell ist er aber nicht verschwunden, mindestens 250 Jahre sind nicht wenig.

Ich meinte dies im Gegensatz zum Kettenhemd dass sich ja deutlich länger hielt.
 
Bevor wir hier weiter überlegen möchte ich nochmals auf unsere Unwissenheit über die genauen Herstellungsprozesse verweisen. Arbeitsabläufe sind z.T. heute verloren, dass sehen wir bspw. am Bronzeguß oder dem dreifachen Brand von Keramik.
Dementsprechend ist die Erfahrung des Herrn Schwab zwar wertvoll, aber nicht unbedingt weiterführend. Er greift vermutlich, wie die meisten Handwerker (ob Profi oder Heimwerker) auf modernes Werkzeug zurück UND kennt, wie gesagt, die damaligen Abläufe nicht.

Gehen wir davon aus, dass, wie bspw. Greiner in seinem Artikel "Zur Herstellung römischer Kettenhemden" erwägt, dass die für beide Varianten wohl obligatorischen Barren nach ihrer Anlieferung beim Handwerker erst zu Stäben geschmiedet wurden, dann in noch erhitztem Zustand durch Öffnungen in einer Stahlplatte oder etwas ähnlichem gezogen, wobei der Prozess sich mit dünneren Löchern so oft wiederholt, bis das gewünschte Ergebnis erzielt wurde. Dann wird er auf einen Stab gezogen und in der runden Form erkalten gelassen, wobei er noch geplättet und mit einer Punze gelocht wird.
Schon haben wir die offenen Ringe.

Auf der anderen Seite werden die Barren zu Platten gehämmert, die wiederum, m.E. vermutlich ebenfalls noch warm, dann in die gewünschte Form gebracht werden und die Löcher für die Ösen und Scharniere eingeschlagen.

Beide Arbeiten klingen für mich nach reichlich zeitverlust. Und nun kommen die Fragen:
War es wirklich so?
Wenn ja, wie viele Arbeiter benötigte man für einen Vorgang und wie lange dauerte dieser dementsprechend?
Wie qualifiziert müssen die Handwerker sein, die einzelne Arbeitsschritte vollziehen?
Kannten die Römer Techniken zur Optimierung der Arbeitsabläufe?
usw. usf.
Zu viele unbekannte Faktoren.

Und wem das zu skeptisch erscheint: Als der Ottomotor erfunden war und die ersten Automobile hergestellt wurden, war dies alles neu und brauchte dementsprechend lange. Dadurch wurden die Autos teuer.
Mit den Jahren wurden die Vertriebswege optimiert und die Arbeiter wußten gut, was zu tun war. Einen Motor richtig einzustellen dauerte weit weniger Zeit und so wurden auch die Autos schneller fertig und verbilligten sich (wenn auch nicht dramatisch). Und dann kam jemand auf die Idee, das Fließband einzusetzen, und die Autos wurden regelrecht erschwinglich.

Das alles nur aufgrund von Optimierung, Routine und Techniken.
Wie gesagt, helfen könnte da nur eine Kostenaufstellung.
 
Kettenhemd:

Vorteile:

> leichtere Herstellung (?)

> weniger Gewicht für den Legionär zu tragen -> bessere Mobilität in der Schlacht?

> leichtere Ausbesserung

Bei der leichteren Herstellung wäre ich wie gesagt skeptisch.
Eine hamata kann nicht nur genauso viel wie eine segmentata wiegen sondern, je nach Ausführung (mit humeralia oder ohne, Länge, Saumform und bei späteren Varianten Ärmel usw.) sogar mehr. Es verteilt sich nur besser, aber wer will sagen, ob der Unterschutz unter der segmentata darauf nicht ausgelegt war?
Die Ausbesserung im Felde mag zwar leichter sein, aber nur, wenn ein kleiner Bereich betroffen ist und dieser nicht vernietet werden soll.
Trifft beides nicht zu, wird dies ebenfalls zu einer fiesen Frickelei, die dem Lösen der Lederriemen in der segmentata m.E. nicht nachsteht.

An Vorteil empfinde ich: platzsparend zu verstauen, luftdurchlässig und wenig Hitze absorbierend (in Relation).

Nachteile:

> schlechterer Schutz gegen Stich- und Stumpfwaffen

Ich würde noch dazu das "Pflegeproblem" auflegen. Junkelmann gibt zwar an, dass der Rost sich durch die ständige Bewegung darin abschubbert, aber da muß man schon wirklich hohe Anstrengungen unternehmen. Verzinken ist zwar eine Möglichkeit, aber eine m.W. selten belegte.



Schienenpanzer:

Vorteile:

> erhöhter Schutz gegen Stumpfwaffen

> erhöhter Schutz gegen Schnittverletzungen
Nicht zu vergessen: schmuckes Aussehen. Eitelkeit ist ein nicht zu unterschätzender Faktor unter Männern.
Je nachdem kann man unter beide Punkte auch die Lautstärke einordnen. Hat man mal gehört, wie eine Horde Büchsenträger sich nähert, so hat man leichte Assoziationen eines Herdentrieben. Versucht man sich dies vertausendfacht vorzustellen, ist das ein sicherlich beeindruckendes Geräusch, wenn diese Armee sich plötzlich in Bewegung setzt.
Gleichzeitig ist ein Anschleichen damit vollkommen zwecklos.


Nachteile:

> schwerere Herstellung und Reperatur

> wie das Kettenhemd gegen Stichverletzungen anfällig (wenn sich die einzelnen Schienen nicht überlappen)
Da kommt noch hinzu: eingeengte Bewegungsfreiheit (der Hampelmann gelingt nur fast), absorbiert Sonnenstrahlen (man sollte nicht den Fehler machen eine Weile in der Sonne zu stehen und dann die Arme über der Brust oder dem Bauch falten), engt die Atmungsfreiheit ein (ein wenig vom Korsageneffekt), besitzt mit der Armkonstruktion und den beiden Verbundstellen vorne und hinten über wesentliche Schwachpunkte und sie liegt unbequem auf zwei Punkten auf den Schultern mit ihrem Gewicht auf. (letzteres ist mit Vorsicht zu behandeln, dass sind Reenacter-Erfahrungen meinerseits, wer weiß, was die Römer dagegen unternahmen s.o.)

Auch so wird man glaube ich nicht darauf kommen, warum sie nun genau eingeführt wurde und warum sie wieder abgeschafft wurde.
 
Eine verlockende Erklärung (reine Spekulation) bezüglich der Einführung wäre der intensivere Kontakt mit dem Osten im 1. Jhr v. Chr., wo schon längere Zeit Lamellenpanzer (etwas anderes ist die sog. lorica segmentata eigentlich nicht) benutzt wurden, sozusagen als Ideengeber, und die Etablierung eines wirklichen geordneten Berufsheeres unter Augustus bei gleichzeitigem relativen Frieden im Vergleich zur Zeit vor 30 v. Chr.. Die Einführung würde dann in die zwanziger Jahre v. Chr. fallen. Man hatte Zeit und Geld und Ordnung und ausgeklügelte Organisation und weniger Soldaten zu versorgen und konnte einen neuen guten Panzer testen und einführen. Dieser verschwand langsam in den Wirren der zweiten Hälfte des 3. Jhr.. Das Kettenhemd wurde weiter ständig parallel genutzt. Bei Kalkriese finden sich z.B. neben den Fragmenten des neuen Panzertyps auch Kettenhemdspangen, zumindest eine (hier bin ich nicht auf dem neuesten Stand) mit der Inschrift für eine cohors I.

Ich halte den Segmentpanzer demzufolge von der Schutzwirkung dem Kettenhemd für überlegen, zumindest gleichwertig, gegen Hieb, Schnitt, Schuß und Stich. Ich finde es jedenfalls seltsam anzunehmen, wie es manche tun, das Heer in seiner Blütezeit hätte ein billiges Aushilfsprodukt eingeführt. Allerdings werden die Oberschenkel nicht geschützt, die Wartung ist wohl aufwendiger etc.. Wie bei allem gibt es Vor- und Nachteile, die Tib. Gabinius schon eindrücklich beleuchtet hat.


Was mich noch interessieren würde, kann man Vergleiche der Eisenbearbeitung mit mittelalterlichen Plattenpanzern ziehen? Hier kam es ja im Lauf des 13. Jhr. zu einer verstärkten Verbreitung von Plattenpanzern und -panzerteilen. Diese ersetzten nach und nach die Kettenpanzerunterlage, sicher nicht, weil Kettenpanzer ein gleichwertiger Schutz gewesen wäre, wie manche behaupten. Und: waren die römischen Panzer irgendwie gehärtet, welche Härte hatte das Material?
 
Zuletzt bearbeitet:
Generationes

Viele interessante Beiträge und links :yes:

Wer sich für die Ausrüstung römischer Legionäre und ihrem Wandel interessiert, dem möchte ich wieder einmal die derzeit auf der Saalburg laufende Sonderausstellung zu diesem Thema nahe legen. Ich bin dort letztes Jahr gewesen und fand es sehr informativ gemacht, zumal die dahinter stehende Reenactment-Gruppe an diesem Tag anwesend war und Erklärungen gab. Darunter die Aussage, dass vielleicht ein Buch darüber veröffentlicht werde....

sonderausstellung

Man wies auch auf die Schwierigkeiten hin einen derart langen Zeitraum thematisch abdecken zu wollen, doch fand ich das Ergebnis beeindruckend. Einige grundlegende Zusammenhänge wurden gut anschaulich gemacht und helfen das Bild des "Asterix-Römers" grundlegend zu wandeln und Wandlungen generell besser zu verstehen. Vor allem wird klar, dass es keine volleinheitlichen Uniformen gegeben hat, die mit jenen europäischer Armeen vergleichbar gewesen wären, die während des Absolutismus aufkamen! Der Name "Generationes" scheint nicht zufällig gewählt worden zu sein, brachte doch jede Generation Soldaten "neue" Rüstungseigenheiten mit sich, während gleichzeitig "ältere Ausrüstung" in der gleichen Einheit mitverwendet wurde. Es leuchtet auch ein, dass ein unter Augustus rekrutierter Legionär nicht jedem modischen Schnickschnack mitmachte: Kosten seiner Ausrüstung wurden von seinem Lohn einbehalten. Wenn er also seinen Helm und ein Kettenhemd schon bezahlt hatte, gab es keinen Grund etwa auf einen Segmentpanzer umzusteigen, nur weil jene vielleicht „in“ wurden. Auch kam es wohl vor, dass ein Legionär am Ende seiner Dienstzeit Ausrüstungsteile an aktive Soldaten oder Rekruten weiter verkaufte. So sei das Erscheinungsbild der Legionäre letztlich deutlich uneinheitlicher gewesen, als der Laie glaubt. Auch fanden „wehrtechnische Trends“ ihren Niederschlag, etwa indem man fremde Wehrtechnik und Erscheinungsbild übernahm – ob nun von persischen „Panzerreitern“ oder anderen gefürchteten Feinden… Das alles darzustellen ist wohl unmöglich, aber ich finde man bekommt bei der Ausstellung eine Vorstellung davon. Wems also beliebt… ^^
 
Ich hab nochmal eine Frage zur Beinbekleidung - ich bin da im Internet auf sogenannte Beinschienen (zum Schutz gegen Hiebe) gestossen? Weiß jemand wann die in der Legion eingeführt wurden? Wie verbreitet waren sie? Waren die nur bestimmten Rängen vorbehalten oder konnte die jeder kriegen, die sie sich leisten konnten?
 
Diese Art der Beinschienen kam bereits in der frühen Republik vor und hielten sich bis in die Kaiserzeit hinein.
Zur Verbreitung kann ich nichts genaues sagen, allerdings sollen diese Beinschienen recht unbequem gewesen sein, Da das Scutum (und auch die meisten anderen Schilder) recht gut die Beine abdeckten, denke ich dass es sich hier ähnlich wie beim Schienenpanzer hielt - Beinschienen waren vorhanden und wurden auch genutzt, allerdings waren sie nicht "Standard" bei der Ausrüstung eines römischen Legionärs. (Falls man dies überhaupt von einem Ausrüstungsgegenstand sagen kann)

Bestimmten Rängen waren Beinschienen nur während der späten Republik vor behalten. Anscheinend trugen zu dieser Zeit nur Zenturios Beinschienen.
 
Nach Polybios Beschreibung gehörten Beinschienen noch im 2. Jhd. v. Chr. zur regulären Ausrüstung.
Dann fehlen für geraume Zeit schriftliche und archäologische Hinweise.
In der Kaiserzeit tauchen Beinschienen dann manchmal als Abbildung auf den Grabsteinen von Centurionen auf. Josephus beschreibt auch Reiter die von Kopf bis Fuss gepanzert sind, die müssten also welche gehabt haben.
Gefunden hat man gelegentlich reich verzierte Beinschienen für Reiter, z. B. in Straubing und Künzing , http://www.uni-regensburg.de/Fakult...il/Latein/Res_gestae/Passau_2008/image032.jpg , die gehören dann aber schon ins 3. Jahrhundert.
Auf den Reliefs von Adamklissi, aus trajanischer Zeit, gibt es dann wieder Abbildungen von normalen Infanteristen damit.
 
Sie tauchen auch in der Gladiatur auf, auch bei den ja bereits erwähnten Gladiatoren (man siehe den Link unten).

Und in der Spätantike beschreibt sie Ammianus Marcellinus als teil der Ausrüstung der Soldaten.
 
Von den Gladiatoren trugen aber nur einige Typen Beinschienen, teilweise auch nur an einem Bein:
Der Samnit und der Hoplomachus hatten entweder 2 Beinschienen oder nur am linken Bein eine.
Der Thraker und der Bustuarius hatten 2 Beinschienen.
Der Provocator hatte links eine Beinschiene.
Der Murmillo und der Secutor hatten entweder am linken Bein eine Beinschiene oder gar keine.
Der Dimachaerus und der Eques hatten manchmal Beinschienen, aber wenn, dann auf beiden Beinen.
 
Ich hätte da nochmal einige Fragen zur Ausrüstung des Legionärs im Bildanhang.
1. In welche Epoche ist er einzuordnen?
2. Was trägt er für einen Helm?
3. Warum hat er 2 Gürtel?
4. Ist das Gladius vom Typ Hispansiensis?

Vielen Dank für eure Antworten im voraus! :yes:
 

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Dieser miles soll in die spätrepublikanische Zeit bzw. Übergangszeit gehören.
Er trägt zwei Gürtel, da dies lange vor dem Balteus so üblich war und noch weit bis in die Kaiserzeit. Der gladius wurde erst in der frühen Kaiserzeit an einem Schultergurt getragen und wie gesagt, auch dann nicht von jedem.
Der Helm soll, soweit ich das auf der verkleinerten Abbildung erkennen kann, eben ein Montefortino sein. (Knauf auf der Kalotte).

Um den gladius einzuordnen müßte man ihn sehen, aber aufgrund der Zeitdarstellung ist dies durchaus anzunehmen.
 
Der Helm ist eindeutig ein Typ Hagenau, wie man am Stirnbügel erkennen kann, der Gladius ist ein Typ Mainz.
Damit passt das Bild in die augusteisch-tiberische Epoche.
 
Stimme Secundus zu. Der Montefortino hat den Stirnbügel nicht. Die Schildform deutet auch auf die augusteische Epoche.
 
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