Römische Namen

Ich häng hier noch mal ein, zwei Fragen dran :)


Weiß irgendjemand etwas über Namengebung ursprünglich nichtrömischer Bürger, die dann aber im Zuge einer Romanisierung römische Namen annahmen? Gentilnamen fielen für diese ja aus. Wählte man dann so etwas wie römischen Vornamen plus Cognomen? hat da jemand Beispiele? War z. B. Arminius ein solcher Name, da er ja offenbar nicht germanischen Ursprungs ist?


Was ich mich auch fragte beim Sehen der Serie "Rome": Was ist mit den beiden Herren Titus Pullo und Lucius Vorenus? Blitzsaubere Vornamen und offensichtlich cognomina. Die beiden werden ja genau so auch bei Caesar erwähnt, da kann man wohl annehmen, dass er sich des Usus bediente, praenomen plus cognomen zu nennen. Gentilnamen also weggelassen?
 
Adlige Nichtrömer namen gerne Familiennamen adliger Häuser an, siehe Julius Civilis, Julius Tutor, Julius Classicus, aber auch Claudia Sacrata (ich hege etwas die Vermutung, dass die nichtrömischen Bürger der CCAA diesen Namen "en bloc" übernahmen). Ganz offensichtlich wurden diese eigentlichen Gentilnamen als Vornamen verwendet, ein Gebrauch, der sich bis heute hielt.
"Civilis" und "Tutor" sind dabei vermutlich phonetisch oder sinnhaft romanisierte germanische Namen. "Arminius" ist sicher phonetisch.

Im Heftchen des RGM über das Grabmal des Lucius Poblicius stand, dass es erst nach Claudius allgemein Sitte wurde, nach Art der Adligen die "tria nomina" zu verwenden. T. Pullo und L. Vorenus waren Plebejer und so mit zwei Namen perfekt ausgestattet.
 
Der Namensbestandteil 'Julius' bei deinen Beispielen könnte sich aber auch anders erklären, nämlich, dass es sich um nichtrömische Adlige handelt, die das römische Bürgerrecht verliehen bekommen haben - und zwar durch einen Kaiser der Julisch-Claudischen Dynastie und deswegen der Namensbestandteil Julius auftaucht. Die Annahme des kaiserlichen Namens bei Bürgerrechtsverleihungen lässt sich glaube ich über die ganze römische Zeit über nachvollziehen und ist dadurch natürlich ein wichtiges Hilfsmittel, um zu beschreiben, wer wann das römische Bürgerrecht bekam.
 
Tela: Ja, das mit dem Iulius, den man in Anlehnung an den grade amtierenden Kaiser übernahm, hatte ich auch so gefunden. Das passt, auch mit Claudia.



T. Pullo und L. Vorenus waren Plebejer und so mit zwei Namen perfekt ausgestattet.


Mit zwei Namen generell ja, aber "Pullo" und "Vorenus" sind nie und nimmer Gentilnamen... die riechen für mich ganz stark nach cognomen! Ist auch für plebejische Namen nicht so ungewöhnlich. Oder weiß jemand was Gegenteiliges?
 
Tela, ich glaube nicht, dass Civilis, Tutor und Classicus ihre (Vor)namen von einem echten Iulier bekommen haben, obwohl das eine plausible Erklärung sein könnte .. aber er ist einfach zu jung dafür, und ich habe keine Nachricht davon, dass diese Namen vererbt wurden. Der letzte, der "offiziell" mit Iulius signierte, war Augustus. Mit dem "Divus Iulius" wurde aber wortwörtlich viel Staat gemacht: Im Delubrum Martis in CCAA hing das Schwert Caesars, als Drohung wie als Machtanspruch gegenüber Germanien, ein Verwandter des Civilis war dort Priester, Caesar war also in Germanien bekannt, verehrt, gefürchtet und offensichtlich auch beliebt.

So beliebt, dass – so heißt es bei Tacitus – dass Civilis seine Herkunft auf eine Großmutter zurückführe, die Iulius Caesar verführt habe – er hatte demnach mehr als nur einen Anspruch auf diesen Namen. Claudia Sacrata hingegen wird zwar als eine tolle Frau und hinreißende Persönlichkeit beschrieben, aber das reicht noch nicht zur Verleihung eines Adelsnamens aus dem Kaiserhaus – und adlig war sie nicht. Daher auch meine Vermutung des "angeeigneten Namens qua Herkunft"; Ubier hatten da Übung drin, schließlich nannten sie sich ganz offiziell "Agrippinenser", und ich weiss nicht, ob sie vorher angefragt haben.


Zu Pullo und Vorenus - stimmt, die klingen nach Cognomina. Aber ich glaube, auch hier war - vielleicht mit Ausnahme der ältesten etruskischen Geschlechter, bei denen die Bedeutung des Namens verloren ging - auch der Gentilname ursprünglich ein Cognomen. Dass "Gentilnamen" für Plebeier irgendwann einfach statthaft, vielleicht sogar notwendig wurden, kann mit einem erhöhten Bildungsstand oder mit staats- und steuerrechtlicher Erfassung zu tun haben, oder mit dem Zwang des Trends: schließlich bestand in der frühen Kaiserzeit das Volk bereits zu einem beachtlichen Teil aus Freigelassenen und deren Nachkommen. Diese nahmen den Familiennamen ihres Herrn an, und in der dritten Generation wurde es schwierig, die "wahre Linie" aus dem Beziehungsgeflecht herauszufieseln. Sogar Vespasian hatte Ärger, seine Herkunft aus dem Landadel nachzuweisen, und nicht als Abkömmling eines Freigelassenen zu gelten.
 
Mummius Picius: Ich hatte es nicht so verstanden, dass der Kaiser selber einen "geadelt" hatte, sondern dass man siche ben nur nach dem amtierenden benannte. Dann müsste man sich heutzutage halt "Merkel" nennen. ;)

Dass "Gentilnamen" für Plebeier irgendwann einfach statthaft, vielleicht sogar notwendig wurden, kann mit einem erhöhten Bildungsstand oder mit staats- und steuerrechtlicher Erfassung zu tun haben, oder mit dem Zwang des Trends...
Da sprichst du aber von der Frühzeit? Gentilnamen waren doch bei den Plebeiern schon sehr früh üblich. Die cognomina kamen erst nach und nach allgemein in Mode.

Hier ist eine sehr schöne Liste bekannter Gentilnamen, plebejischer wie patrizischer. Namen, die nicht auf -ius enden, kann man an den Fingern einer Hand abzählen. Da scheint es mir unwahrscheinlich, dass Vorenus und Pullo welche seien.

Edit:

Mehercle!

Was muss ich sehen? Auf der von mir gelobten Liste ist "Vorenus" als Gentilname aufgeführt!
 
Zuletzt bearbeitet:
Mummius Picius: Ich hatte es nicht so verstanden, dass der Kaiser selber einen "geadelt" hatte, sondern dass man siche ben nur nach dem amtierenden benannte. Dann müsste man sich heutzutage halt "Merkel" nennen. ;)
Genauso kenne ich das auch. Wobei sich dann immer noch die Frage stellt woher die dann das Cognomen und das Praenomen nahmen. Einfach abwandlungen ihrer bisherigen Namen?
 
Bekanntes Beispiel: Joseph ben Matitjahu, Freigelassener von Vespasian und Titus aus der Familie der Flavier >> Flavius Josephus
 
Flavius Josephus war Vespasians Gefangener (=Sklave) und anschließend Freigelassener, bei denen war es Sitte, den Familiennamen des Patrons zu tragen. Sie gehörten sogar zur Familie. Aber das ist eine ganz andere Praxis als die, die offenbar zur Zeit des Claudius und Nero bei Batavern und Treverern beliebt war, vor allem, weil diese Iulier den Gentilnamen als Vornamen benutzen.
Es ist schade, dass wir über die Praxis der Namensvergabe keine genaueren Informationen haben – aber mir erscheint es plausibel, anzunehmen, dass es keine genaue Praxis gab. Dass man leicht behaupten konnte, Bürger zu sein, zeigen die Prozesse um diese Rechtanmaßung z. Z. des Augustus und Claudius (bei Sueton); offensichtlich gehörte dazu nichts anderes als ein verschwommener Lebenslauf und ein strahlender (neuer) Name.
Und dann gab es noch die Praxis, mit dem Eintritt in den Militärdienst einen römischen Namen anzunehmen, ich erinnere mich an ein Zitat aus einem Papyrus, wo ein Ägypter namens Apion seinen Eltern schrieb, er heisse jetzt Antonius Maximus (Goldsworthy, Legionen Roms) – wohlgemerkt beim Eintritt in eine Auxiliarkohorte. Gut möglich, dass Civilis und Co. so zu ihrem Iulius kamen – Claudia Sacrata sicher nicht.

Um meine Sicht der Dinge zusammenzufassen: einen römischen Namen bekam man durch Militärdienst, Patronat, Bürgerrecht, Gunst des Kaisers oder einfache Anmaßung. Welche die gängigste und effektivste Form war, ist vermutlich Objekt einer noch zu schreibenden Doktorarbeit.

Und zum Pullo und Vorenus schreibe ich nichts mehr, denn da weiss ich auch nichts mehr.
 
Ich kannte bisher eben nur die Vergabe im Zuge der Bürgerrechtsverleihungen. Die von dir angegebenen Gründe haben aber auch was für sich. Danke also für die neuen Informationen.
 
Flavius Josephus

Ich möchte Zweifel daran anmelden, dass Flavius Josephus Sklave und später Freigelassener des Vespasian war. In der Geschichte des Jüdischen Krieges steht lediglich, dass er nach der Eroberung von Jotapata römischer Gefangener wurde:

„Nachdem Josephus so aus dem Kampfe mit den Römern sowohl als mit seinen eigenen Leuten heil hervorgegangen war, wurde er von Nikanor zu Vespasianus geführt... Unter den Offizieren aber gab es keinen, der trotz noch so großer Erbitterung damals nicht durch seinen Anblick gerührt worden wäre. Besonders der edelgesinnte Titus, den des Josephus Ausdauer im Unglück und das Mitgefühl mit seinem Alter mächtig ergriff... Titus verwendete sich nun in ausgiebigster Weise bei seinem Vater, um dem Josephus das Leben zu retten; gleichwohl ließ Vespasianus ihn in strengsten Gewahrsam nehmen, um ihn unverzüglich dem Nero zu senden.“
(Flavius Josephus: Geschichte des Jüdischen Krieges, Drittes Buch, 8. Kapitel)

Von Versklavung ist hier nicht die Rede, vielmehr ging Josephus davon aus, dass ihm als feindlichem Heerführer in Rom die Hinrichtung bevorstand.
Der Übersendung nach Rom (und der Todesstrafe) entging Josephus seiner eigenen Aussage nach dadurch, dass er Vespasian die künftige Herrschaft vorraussagte. Als Vespasian dann wirklich zum Kaiser ausgerufen wurde, erinnerte er sich an die Prophezeiung und daran, dass Josephus immer noch sein Gefangener war:

„Hierauf gab er den Befehl, den Josephus zu rufen und ihm die Ketten abzunehmen.“
Titus setzte sich dafür ein, dass die Fesseln nicht gelöst, sondern zerhauen würden, wie dies üblich sei bei denen, die zu Unrecht in Ketten gelegt worden sind.

„Vespasianus war damit einverstanden, und sogleich trat ein Soldat herzu und zerhieb die Fesseln mit einer Axt. So gelangte Josephus zum Lohn für seine Prophezeiung wieder in den vollen Besitz seiner Ehre und genoss fortan in allem, was die Zukunft betraf, eine besondere Glaubwürdigkeit.“
(Flavius Josphus, Geschichte des Jüdischen Krieges, Viertes Buch, 11. Kapitel)

Im „Neuen Pauly“ steht zu Josephus, dass er erst 71 in Rom das römische Bürgerrecht erhielt; Wikipedia sagt das Gleiche:
http://de.wikipedia.org/wiki/Flavius_Josephus
Allerdings dürfte es hinsichtlich des Namens keinen Unterschied machen, ob er Vespasians Freigelassener war oder von ihm, dem Kaiser, das römische Bürgerrecht erhielt. (Ein Freigelassener, d.h. ehemaliger Sklave hatte nicht genau die gleichen Rechte wie ein römischer Bürger freier Geburt – der Josephus ja war).
 
Zur römischen Namensgebung in den germanischen Provinzen:

Es gibt ein Kapitel „Zu den kaiserlichen nomina gentilia im Inschriftenbestand des römischen Germanien und angrenzender Gebiete“ in „Traian in Germanien – Traian im Reich“ von Egon Schallmayer. Der Text bestätigt größtenteils das von Mummius Picius in Beitrag 45 Geschriebene:
„Überblickt man das gesamte überlieferte Namenmaterial der beiden germanischen Provinzen und Raetiens unter Abzug selbstverständlich der Senatoren, Ritter und anderer Personen, deren Herkunft aus anderen Teil(en) des Imperiums feststeht, so gehören über ein Drittel der ca. 3.700 bekannten nomina gentilia zu den kaiserlichen Gentilicien. ...
Für die kaiserlichen nomina gentilia eines Provinzgebietes ergeben sich aus dem Gesagten einige entscheidende Folgerungen. Als wichtigste ist die verbreitete Ansicht zurückzuweisen, dass kaiserliche nomina gentilia zwingend auf Privilegierungen des Namensträgers selber oder eines Vorfahren in direkter Aszendenz durch einen bestimmten Kaiser oder eine Dynastie hinweisen. Dies mag zwar häufig der Fall gewesen sein, jedoch ist die Größenordnung realiter nicht einmal annähernd zuverlässig bestimmbar. Verschiedene Multiplikatoren wie Generationstradierung auch über indirekte Linien, Freilassungen, Einheiratungen oder Übernahme eines Namens aus anderen Gründen können und werden zur Verbreitung auch der kaiserlichen nomina gentilia beigetragen haben.“
(Im o.g. Buch, S. 84)

Iulius Civilis und Iulius Tutor zumindest – mehr habe ich gestern beim Nachschlagen nicht geschafft - waren (dem „Neuen Pauly“ nach) Präfekten, also Ritter (meines Wissens wurden Präfektenstellen mit wenigen Ausnahmen, die Senatoren vorbehalten waren, von Rittern bekleidet).
Die Aufnahme in den Ritterstand setzte – das sagt zumindest mein „Lexikon der Antike“, VEB Bibliographisches Institut Leipzig, 1977, unter anderem das römische Bürgerrecht voraus.
Die Aufnahme in den Ritterstand (die Zugehörigkeit wurde nicht vererbt) erfolgte durch den Kaiser:

„Selbstverständlich war der Princeps bei der Verleihung des Ritterstandes nicht unter allen Umständen an das Vorhandensein der Ritterqualifikation gebunden, sondern konnte sich darüber hinwegsetzen oder die fehlende Qualifikation selbst erteilen, vor allem den Ritterzensus durch Geldschenkungen zuwenden und sogar eine fiktive Ingenuität verleihen. Daher wird die Erhebung in den Ritterstand bisweilen als kaiserliches Geschenk bezeichnet. In der Regel aber wird bei der Aufnahme in den Ritterstand die dreifache Qualifikation der Geburt, des Besitzes und der Würdigkeit berücksichtigt...“
(Arthur Stein, „Der römische Ritterstand, Beck Verlag, 1927, S. 73)

Demnach waren die genannten Herren durchaus privilegiert, und ich halte es für wahrscheinlich, dass sie oder ihre Vorfahren ihren Gentilnamen dem Kaiser zu verdanken hatten. Rom stützte sich bei der Unterwerfung von Völkern und Gebieten auf vorhandene Hierarchien bzw. Eliten, wie tela in Beitrag 43 schrieb.

„So wie gallische, so haben auch Offiziere germanischer Herkunft, meist Fürstensöhne, mit dem römischen Bürgerrecht sowie mit Ritterrang ausgestattet, gelegentlich ihre nationalen Kontingente in der römischen Armee befehligt, bis die Erfahrungen, die man im Aufstand des Civilis (69/70) machte, diesem System vollends ein Ende bereitete... (In den Anmerkungen dazu): Was Vell. II 118,2 von Arminius sagt, iure etiam civitatis Romanae decus equestris consecutus gradus, gilt natürlich auch von den anderen, z.B. von Iulius Civilis, seinem Bruder Claudius (?) Paulus und seinem Schwiegersohn Iulius Briganticus, der sogar auch nichtgermanische Truppen befehligte.“
(Arthur Stein, „Der römische Ritterstand, Beck Verlag, 1927, S. 286)

Vollständige Klarheit werden wir wohl nicht erlangen, denn, wie das Zitat sagt bzw. in Frage stellt: Wie konnte ein Bruder Iulius, der andere Claudius heißen? Überlieferungsfehler oder ein Hinweis auf willkürliche Namensübernahme? Letzteres erscheint mir im Falle eines Angehörigen des römischen Ritterstandes etwas abenteuerlich, aber nicht ganz unmöglich.

Sorry für meine ausschweifenden Beiträge. Mich interessierte das Thema auch, und da ich zu dem Thema, weswegen ich eigentlich in der Bibliothek war, nicht fündig wurde, habe ich versucht, mir hierzu etwas Klarheit zu verschaffen – leider nicht in dem Maße, wie ich es mir gewünscht habe.
Aber ich erlaube mir, auf den Beitrag Nr. 7 von Tib. Gabinius aufmerksam zu machen, in dem schon alles Wesentliche zur römischen Namensgebung steht.
 
Danke, Marcia! Das wirft wieder etwas Licht auf die absoluten Randbereiche, die offenbar schwer fassbar sind und um die es mir geht (insbesondere um eine fiktive Figur, die unter Germanen aufgewachsener unehelicher Sohn eines röm. Legionärs ist).

Heute stieß ich mit meiner 7. Klasse noch auf ein Problem: Uns ist - was ich für einen Haufen Dreizehnjähriger enorm finde - gelungen, die Namen der Figuren in unserem Lehrbuch (wo nur Vornamen genannt werden), an Hand der Mädchennamen herauzufinden, welchen röm. Familien die Leute angehören, und wunderten uns doch sehr, wie die Mutter zum Namen Cynthia kommt. Waren solche Namen für römische Patrizierinnen möglich, wenn Gentilname der Eltern durch mehrere ältere Schwestern "aufgebraucht" waren?
 
@Eichelhäher: Ich bin keine Expertin, sondern lediglich bemüht, bei der Namenswahl für Romanfiguren nicht völlig daneben zu liegen - die Experten hier im Forum werden dir deine Fragen sicher genauer beantworten können.

(insbesondere um eine fiktive Figur, die unter Germanen aufgewachsener unehelicher Sohn eines röm. Legionärs ist)

Das ist wirklich ein interessanter Fall, darf man erfahren, wie der Junge heißt?:)

Uns ist - was ich für einen Haufen Dreizehnjähriger enorm finde - gelungen, die Namen der Figuren in unserem Lehrbuch (wo nur Vornamen genannt werden), an Hand der Mädchennamen herauzufinden, welchen röm. Familien die Leute angehören, und wunderten uns doch sehr, wie die Mutter zum Namen Cynthia kommt.
Das verstehe ich nicht. Mädchen hatten doch keinen Vornamen (praenomen), oder sollte vom Gentilnamen des Mädchens auf die Namen der männlichen Mitglieder der Familie geschlossen werden? Ich würde mir solche Schlüsse überhaupt nicht zutrauen, zumal dann nicht, wenn ich an die komplizierte Namensgebung und Verbreitung in der Kaiserzeit denke - über die Frauennamen und deren Vergabe weiß ich ohnehin wenig.
Ist der Name Cynthia für eine Patrizierin belegt, und wenn, als welcher Namensteil? Würde mich interessieren - kommt mir doch sehr exotisch vor.
 
Das ist wirklich ein interessanter Fall, darf man erfahren, wie der Junge heißt?:)

Darf man, sobald ich es weiß! :D Deshalb frag ich ja.

Momentan bin ich bei Spurius Flavius Albinus. Spurius als häufiger Vorname unehelicher Söhne, Flavius als Gentilname seines Vaters, und Albinus als Romanisierung seines germanischen Namens Alfwin, (oder so), und passenderweise auch wegen seiner hellen Haare.


Das verstehe ich nicht. Mädchen hatten doch keinen Vornamen (praenomen), oder sollte vom Gentilnamen des Mädchens auf die Namen der männlichen Mitglieder der Familie geschlossen werden? Ich würde mir solche Schlüsse überhaupt nicht zutrauen, zumal dann nicht, wenn ich an die komplizierte Namensgebung und Verbreitung in der Kaiserzeit denke - über die Frauennamen und deren Vergabe weiß ich ohnehin wenig.
Ist der Name Cynthia für eine Patrizierin belegt, und wenn, als welcher Namensteil? Würde mich interessieren - kommt mir doch sehr exotisch vor.

Ja, genau - die Namen, mit denen das Lateinbuch aufwartete, waren Quintus und Cynthia für die Mutter, Marcus, Claudia, Publius und Cornelia für die Kinder. Daraus konnte man leicht schließen, dass Vater Quintus ein Claudier ist, seine Frau wohl eine Cornelierin, aber wohl ne jüngere Tochter, deren ältere Schwester dann wohl Cornelia heißt. (Und es haut mich umgehauen, dass die Schüler damit selber kamen.)

Cynthia für eine Patrizierin kommt mir auch sehr exotisch vor. Wenn C. C. Buchner da Mist gebaut hat, werde ich meine Klasse wohl kaum von einem Beschwerdebrief abhalten können. Die fanden die ganze Namenssache sehr spannend und waren entrüstet, als ich sagte, Cynthius sei definitv kein Gentilname.

Morgen werde ich ihnen aus "Caius ist ein Dummkopf" vorlesen, da werden sie an den Namen sicher ne Menge auszusetzen haben ;)
 
Momentan bin ich bei Spurius Flavius Albinus. Spurius als häufiger Vorname unehelicher Söhne, Flavius als Gentilname seines Vaters, und Albinus als Romanisierung seines germanischen Namens Alfwin, (oder so), und passenderweise auch wegen seiner hellen Haare.
Ich versuch's noch mal - und habe sogar was dazu in meinem Bücherschrank gefunden. In "Die Legionen des Augustus" von Marcus Junkelmann (vielleicht kennst du das Buch und die betreffende Stelle):

"Die Legionäre heirateten häufig Mädchen aus den Provinzen, in denen sie stationiert waren, und Soldatensöhne wurden meist selbst Soldaten, so daß sich die Armee ihren Nachwuchs zum Gutteil selbst heranzog. Man förderte das ganz bewußt, indem man den Söhnen aus während der Dienstzeit illegal eingegangenen Konkubinaten - Soldaten durften bis zu ihrer Entlassung ja nicht heiraten - nur unter der Bedingung das Bürgerrecht verlieh, daß sie den Beruf des Vaters einschlugen. Von der zweiten Häfte des 1. Jahrhunderts an wird auf Inschriften häufig castris angegeben, "aus dem Lager" (richtiger aus dem Lagerdorf - canabae - , denn im eigentlichen Lager durften keine Frauen wohnen). Als praenomen erhielten solche Rekruten oft den Namen Spurius..." :winke:
("Die Legionen des Augustus" von Marcus Junkelmann, S. 105/106)

Allerdings wirft der Umstand, nämlich die Tatsache, dass der Junge unter Germanen aufgewachsen ist, für mich Probleme auf, da eben die Bedingung, dass der Junge einer solchen eheähnlichen Beziehung entstammt, vom Vater anerkannt wurde, in den canabae lebt und einst den Beruf des Vaters ergreifen wird/soll, offenbar nicht gegeben ist...
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob solche Soldatenehen später legitimiert wurden, müsste das nochmal nachschlagen.
Als illegitimer Sohn des Legionärs hat der Sohn nicht von Geburt an das Bürgerrecht - und somit nicht den dreiteiligen römischen Namen, würde ich vermuten. (Wenn ich mich irre, bitte Einspruch.)
Der Umstand, dass er unter Germanen aufgewachsen ist, kompliziert die Sache.
Ob der Junge im Falle, dass er Soldat wird (Legionär), das nomen gentile des Vaters bekommt oder das des Kaisers, weiß ich nicht.
Das cognomen als latinisierte Form eines germanischen Namens finde ich gut.;)
 
Der Abschnitt von Marcus Junkelmann lag dem auch zugrunde ;)

"Unter Germanen aufgewachsen" trifft es nicht ganz - nur die ganz frühe Kindheit; später dann im Lagerdorf.

Das mit dem Bürgerrecht stimmt; das hat er noch nicht, erst mit seiner Entlassung, soweit ich das richtig verstanden habe. Da sein Vater Zenturio war, nicht nur bloßer Legionär, gehen damit ein paar Privilegien einher. Albinus wäre auch nicht wirklich ein klassisches Cognomen, sondern eine Art Spitzname - wie die Cognomina im ursprünglichen Sinne, da die ja "hängengebliebene" Spitznamen waren. Sein eigentlicher Name unter Römern wäre Sp. Flavius, sein eigentlicher Name unter Germanen Alfwin (oder so).
 
Wirklich ein interessanter Fall.:)

Ich habe einen ähnlichen konstruiert:), und die Parallelen (es gibt natürlich auch Unterschiede) freuen mich, du hast dich offensichtlich schon genauer mit der Thematik befasst, ich muss noch einiges lesen, hoffe aber, dass sich letztendlich bei mir die Fehler in Grenzen halten.
 
Römische Namensgebung hat mich fasziniert, seit ich dahinterkam, dass in meinem geliebten "Caius ist ein Dummkopf" kein einziger Name stimmte. Als wissbegieriges Kind wollte ich dann ganz genau wissen, wie es hätte sein müssen. :D

Umso beeindruckter war ich dann von Hans Dieter Stöver, bei dem bis ins kleinste Detail jeder Name passte...

Und trotzdem waren seine Geschichten nicht halb so schön. Das war heute ein echtes Erlebnis, nebenbei bemerkt - ich las "Caius" in meiner 7. Klasse vor, und 30 13-Jährige, die an deinen Lippen hängen, während du ein Buch aus deinen Kindertagen vorliest, das 20-mal geflickt ist und wo hinten noch "6,80 DM" draufsteht, und sobald du geendigt hast, steht ein Schüler neben dir, um es sich auszuleihen - das ist ein erhebender Moment.
 
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