Römische Stangenwaffen

Dieses Thema im Forum "Archäologie" wurde erstellt von hjwien, 11. Juni 2013.

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  1. hjwien

    hjwien Aktives Mitglied

    Es gibt dermaßen viele Diskussionen hier, in denen römische Bewaffnung erörtert wird, daß ich lieber einen neuen Thread aufmache als ich mich irgendwo zu verlieren.
    Ich frage mich, ob es römische Stangenwaffen gab, an denen unter der Klinge ein Haken war, in der Form eines Enterhakens oder so ähnlich wie eine Hellebarde. Vielelicht weiß ja einer der vielen hier vertretenden Spezialisten da gleich ein Beispiel?
    Danke.
     
  2. Galeotto

    Galeotto Aktives Mitglied

    Für den Kampf auf See gab es die Schiffslanze," hasta navalis", die als Enterhaken diente. Auch die" manus ferrea" war eine Lanze mit Enterhaken. Eine weitere Stangenwaffe für Marinesoldaten war eine Art Sichel an einer Stage, die zum zerstören der gegnerischen Takelage diente. Mehr ein Werkzeug als eine Waffe.
    Ob dergleichen auch bei Landstreitkräften eingesetzt wurde weiß ich allerdings nicht.
     
    Zuletzt bearbeitet: 11. Juni 2013
  3. Sheik

    Sheik Neues Mitglied

    Das einzige, was ich kenne und einer Hellebarde halbwegs ähnlich ist, sind die Beneficiarii mit ihren Lanzen, die aber keine wirklichen Waffen waren.
    Ansonsten sowas wie Galeotto beschrieben hat, wobei Enterhaken ja auch nur entfernt mit Hellebarden zu vergleichen sind. Grundsätzlich denke ich, dass die Kriegsführung der damaligen Zeit keinen Anlass zur entwicklung einer solchen Waffe gegeben hat.
     
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  4. Bdaian

    Bdaian Aktives Mitglied

    Kann mich an keine hellebardenartige Waffe in der Antike erinnern und habe in meinen Büchern auf die Schnelle auch nichts gefunden.
     
  5. hjwien

    hjwien Aktives Mitglied

    Vielen Dank für die schnellen Antworten.
    Thomas Fischer schreibt in "Die Armee der Caesaren" S. 103 zu den Marinesoldaten, daß "die bisher bekannten Reste von Schwertern, Dolchen, Cingula, Panzern, Schilden und Lanzenspitzen sich nicht von den Funden aus gleichzeitigen Lagern der Legions- oder Auxiliarinfanterie unterscheiden."

    Mein Problem ist folgende Münze.

    erf_rp2773.jpg

    Links vom Tisch mit der Preiskrone ist ein Dings, auch Etwas genannt. Da rechts vom Tisch ein Caducäus steht, bin ich eigentlich der Meinung, daß auch der linke Gegenstand ein Attribut ist. Alle Leute, die sich die Münze auf mein Drängen hin angeschaut haben, waren ratlos bei der Deutung des Dings. Einige meinten allerdings, eben eine Waffe mit einem Widerhaken darin zu sehen. Deshalb fragte ich mich, ob es so etwas überhaupt gab.
    Aber was soll es sonst sein? Eine Feder? Ein Fisch? Eine Pflanze?
     
  6. Bdaian

    Bdaian Aktives Mitglied

    Auf Anhieb würde ich auch sagen, eine Forelle am Spieß.

    Wäre ein Fisch denn so abwegig? Aus dem Gefäß (Korb der Ceres?) ragen Ähren heraus und der Caducäus steht für den Handel.

    Ist das Ganze vielleicht ein Symbol für Frieden und Wohlstand?

    P.S.: Demeter/Ceres wird gelegentlich mit einer Fackel dargestellt. Vielleicht eine Flamme?
     
    Zuletzt bearbeitet: 11. Juni 2013
  7. Galeotto

    Galeotto Aktives Mitglied

    Schiffslanzen mit Enterhaken gehörten sicher nicht zur persönlichen Bewaffnung der Marinesoldaten sondern zum Schiffszubehör, die griffbereit an Bug und Heck, gebündelt bereitstanden wie auch in späteren Epochen.

    Ist das eine Münze von Valerian ? Der zeichnete sich eigentlich nicht durch Seeoperationen aus. Könnte aber dennoch eine Schiffslanze darstellen. Eine Feder ist aber auch eine Option, Fisch eher nicht.
     
  8. Bdaian

    Bdaian Aktives Mitglied

    Eigentlich sind es, ausgenommen der Schlangenstab, die Attribute der Ceres, also würde ich auf Fackel oder eventuell eine Sichel tippen.

    Auf Silberdenaren sieht man auch den Fascies flankiert von dem Caducäus und einer Ähre, bzw. gekreuzt mit einem Palmenwedel.

    Ich glaube nicht, dass es eine Waffe sein soll.

    Hier eine spätere zeichnerische Darstellung der pompeyanischen Ceres, mit Fackel, Ähren, Korb.
     

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  9. Bdaian

    Bdaian Aktives Mitglied

    Das auf dieser Münze hier soll ein Fasces sein:
     

    Anhänge:

  10. hjwien

    hjwien Aktives Mitglied

    In der Tat, eine Valeriansmünze, städtische Prägung Heliopolis, Bronze. Auf dem Tisch steht eine sogenannte Preiskrone, manchmal auch als Preisurne bezeichnet, die es Siegespreis für große Agone gab, in diesem Fall für Spiele nach capitolinischem Ritus.
    Die Ähre im Korb, die übrigens zwischen zwei Palmwedeln als Siegessymbolen steht, ist ein Attribut Jupiters. Der Caducäus steht natürlich für Merkur. Für beide haben wir sicher Tempel in Heliopolis. Deshalb denke ich, auch das dritte ist ein Götterattribut und soll einen Tempel kennzeichnen, weswegen ich weniger an allgemeine Symbolik wie Wohlstandsthematik denke.

    Man sieht es vielleicht nicht richtig auf dem kleinen Bild, aber ich denke, das Dings steckt auf einem Stab, der nur etwas abgerieben ist. Eine Fackel wäre eine Idee, aber was ist dann dieser gebogene Haken unten dran?
    Und wofür steht eine Feder? Eine gerupfte Taube der Venus:D?
     
  11. hjwien

    hjwien Aktives Mitglied

    Der Stab, der den Caducäus kreuzt? Da bin ich noch unsicher.

    Generell ist der Hinweis auf Demeter interessant. Man muß nur bedenken, daß wir im römischen Orient sind, wo die Demeterverehrung nicht üblich ist, und wir haben keinen Hinweis in Baalbek, Inschriften, Votive oder ähnliches.
    Das heißt, Demeter würde mehr Fragen aufwerfen als Antworten geben.
     
  12. Galeotto

    Galeotto Aktives Mitglied

    Ich würde sagen dass Deine Münze in ihrer Qualität einfach zu schlecht ist um genau zu erkennen was das für ein Gegenstand ist. Gibt es von dieser Prägung nur diese Eine?
     
  13. hjwien

    hjwien Aktives Mitglied

    Du wirst lachen, aber das ist die beste, die ich kenne, andere Münzen dieser Emission sind noch schlechter.
     
  14. Bdaian

    Bdaian Aktives Mitglied

    Gab es nicht auch eine Identifikation der babylonischen Ishtar=Ceres?

    Das gefäß ist durchbrochen. Ich würde es als Korb mit Ähren ansehen, und nicht als Urne, und so eindeutig der Ceres zuzuordnen. Auch Schlangen tauchen bei ihr als Attribut auf. Vielleicht deshalb der Caducäus.

    Ich würde es eher als Palmenwedel interpretieren.
     
    Zuletzt bearbeitet: 11. Juni 2013
  15. hjwien

    hjwien Aktives Mitglied

    Hmm, ich würde statt der babylonischen Ishtar eher mal in Richtung Atargatis gucken. Da bräuchte ich aber einige Zeit.
     
  16. Bdaian

    Bdaian Aktives Mitglied

    Die Dame kenne ich nicht. Du kannst sie mir bei Gelegenheit mal vorstellen. :D

    Aber ob Fackel, Sichel oder abgewetztes Fasces, ich glaube nicht dass es eine Waffe ist. Beim Fasces wäre der Haken unten eine misratene Axtklinge.

    P.S.: Astargatis ist eine Fischgöttin!?
     
    Zuletzt bearbeitet: 11. Juni 2013
  17. hjwien

    hjwien Aktives Mitglied

    Schau mal. Das erste Bild zeigt den Jupitertempel. neben dem steht eine Ähre, als Attribut für den Gott.

    Philip Jupitertempel.jpg

    Das zweite BIld zeigt eine solche Preiskrone. der Begriff Urne ist irreführend, aber in alten Artikeln häufig benutzt, es handelt sich aber wohl um kein keramisches Gefäß. Solche Preiskronen gibt es sehr häufig auf Münzen, sie stellen Spiele dar.

    rs_opt.jpg

    Neben der Krone steht der Name der Spiele: Certamen Sacrum Capitolinum Oecumenicum Iselasticum Heliopolitanum.

    Hier noch Bilder, wo die Ähren neben der Preiskrone sind und Bilder, wo man drei Preiskronen nebeneinander sieht.

    erf_rp2690.jpg erf_rp3085.jpg

    Und schließlich noch eine, wo man sieht, das das Ding auf einem Stab steckt. Also ein Palmwedel, da glaube ich nicht so recht dran. Palmwedel sind meist gebogen und gefiedert.

    valerianus-i-bronze-253-260-ss.jpg
     
  18. hjwien

    hjwien Aktives Mitglied

    Atargatis ist so ein klassisches Beispiel dafür, wie wenig man eine antike Gottheit definieren kann angesichts von Synkretismus und Ekklektizismus und vor dem Hintergrund ständiger Vermischungen. Sie ist die "Dea Syria", die Lukian für Hierapolis im nördlichen Syrien beschreibt, eine Entsprechung der syrisch-phönizischen Astarte, die auch nur eine lokale Form dessen ist, was sich seit der sumerischen Innana über Ishtar bis hin zu Aphrodite, aber auch Kybele und teilweise sogar Isis entwickelt hat. Wenn auch all diese Göttinnen lokal unterschieden sind, zeitlich und auch kulturell, so überlappen sie sich doch immer wieder in ihren Wesenszügen und Aufgaben, zu denen auch stets ein gewisser Fruchtbarkeitsaspekt gehört.
    In Hierapolis hatte Atargatis/Hera einen Fischteich, zu dem sie einmal im Jahr pilgerte, und bei dem sie aufpassen mußte, daß Baal/Zeus ihn nicht zu sehen bekam. Sie hat Fischelemente und Fischattribute, die teilweise sogar noch von Ishtar herrühren, entwickelt sich aber auch zu einer zunehmenden Universalgöttin, die wie selbstverständlich das Wasser und die Luft beherrscht.
    Insofern war die Idee eines Fisches zunächst mal gar nicht so abwegig, aber nicht, wenn der auf einem Spieß steckt, oder?


    Du bestätigst jedenfalls meine Ahnungen, denn ich halte eine Waffe auch für sehr problematisch.
     
  19. Sheik

    Sheik Neues Mitglied

    Wie beschreibt denn die RIC die Münze? Welche Vorschläge kommen von dort?
     
  20. Sheik

    Sheik Neues Mitglied

    So, ich habe zwar nicht in der RIC nachgeschlagen, aber mal so etwas gestöbert. Zum einem gibt es in Baalbek ja auch einen Bacchus-Tempel, wenn ich meinen knappen Unterlagen glauben kann. Da auch ich eine Waffe mehr oder weniger ausschließe, würde ich inzwischen zu einem Thyrsusstab bzw. einer Thyrsus tendieren, was ein Attribut von Dionysus/Bacchus ist. Sucht man banal und faul im Internet nach der Münze von hjwien, kommt auch auf einer privaten Seite die Beschreibung mit Thyrsus auf. Wie gesagt, die Kontrolle über den entsprechenden Band des RIC sollte da auch weiter helfen.
     

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