Roland Freisler/Volksgerichtshof

Wie gnadenlos er war, zeigen die Zahlen. 1943 entfielen von den 1662 Todesurteilen des Gerichts mit sechs Senaten 709 auf den ersten unter seinem Vorsitz. Die Urteile schrieb er immer selbst. Der Tod ist ein Meister aus Deutschland, und Freisler war sein williger Helfer. Auch beim nichtigsten Anlass.

»Fräulein«, hatte da einer 1943 auf der Straße zu einer jungen Frau gesagt, »der Duce ist im Gefängnis, mit Hitler wird es nicht anders gehen.« Das reichte. Oder: »Seit dem Schwindel mit dem Reichstagsbrand habe ich gewusst, dass es so kommen werde, denn auf die Dauer ist ein solches Lügenspiel nicht möglich«, auf einem kurzen gemeinsamen Spaziergang zu einem anderen, 1944. Ebenfalls Todesstrafe.

Er hat insgesamt 2600 Todesurteile gefällt.
(Quelle: Die Zeit)
 
Ingo Müller hat ein Buch darüber geschrieben mit dem Titel: "Furchbare Juristen"

Weitere furchbare Juristen neben Freisler waren:

Werner Best, Justitar der Gestapo und später Reichsbevollmächtigter in Dänemark

Hans Frank, Reichsrechtsführer und Generalgouverneur in Polen

Hans Kerrl, preussischer Justizminister und später Reichsminister für kirchliche Angelegenheiten

Schlegelberger, Staatssekretär im Reichsjustizminister

Gürtner bis 1941 Reichsjustizminister

Reichsgerichtspräsident Bumke

Oberreichsanwalt Werner

Reichsjustizminister Thierack bis 1945 (Selbstmord)

Carl Schmitt, ideologischer Rechtsvordenker der Nazis

Viele Juristen, die ihren Arbeit der Nazis stellten, kamen nach 1945 ungeschoren
davon, und sind in der Bundesrepublik weiterhin als Richter und Staatsanwälte tätig gewesen.
 
Besonders makaber war der Fall von Roland Freislers Witwe, denn die bekam eine Rentenerhöhung ausbezahlt, weil der Herr Gemahl ja vermutlich in der BRD weiter Karriere gemacht hätte.

kein einziger deutscher Richter oder Staatsanwalt wurde jemals wegen Rechtsbeugung zur Verantwortung gezogen. Die meisten machten Karriere, so Staatssekretär Globke, der den Kommentar der Nürnberger Gesetze verfasst hatte und Filbinger, der als Marinerichter noch nach Kriegsende junge Matrosen zum Tode verurteilt hatte.

"Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein", so argumentierte Filbinger bis zum Ende seines Lebens. Rolf Hochhuth nannte ihn einen "furchtbaren Juristen".
 
Roland Freisler

Die Frage gehoert in die Kategorie " was waere wenn" aber in der Geschichte kein Einzelfall.

Wenn Roland Freisler den Krieg ueberlebt haette und er vor dem Internationalen Militärgerichtshof angeklagt waere, was haette man ihm vorwerfen koennen als Jurist?

Er hat ja nicht wie meisten Hauptkriegsverbrecher direkt jemanden umgebracht, sondern er hat Leute aufs Schafott unter dem Vorwand das Sie gegen das Nazirecht verstossen haetten geschickt.
 
Danke fuer die schnelle Antwort.
Traurig.
Soviel ich weiss gibt es ein sogenanntes " Naturgesetz" bedeutet, das jeder Jurist nach sogenanten ethischem empfinden seine Urteile geben soll. Wenn also in Nazideutschland die Richter die Befehle haetten alle Juden rechtlich zu toeten, dann wuerden sie gegen das Naturgesetz verstossen und man koennte sie zur Verantwortung ziehen.

Ich verstehe das nach dem Krieg es einen grossen Mangel an Juristen gab und nicht alle Anwaelte die in der Hitlerzeit regiert haben automatisch Nazis waren, aber meine Frage:

Wie sehr hat es das Nachkriegsdeutschland interessiert ob jemand ein "NAZI" war oder nicht???

Dem Artikel entnehme ich das nicht so sehr, aber ich weiss das man nicht alles glauben soll was die Medien veroeffentlichen.
 
Wie sehr hat es das Nachkriegsdeutschland interessiert ob jemand ein "NAZI" war oder nicht???

Wir haben einge Threads zu diesem Thema, die Dich vielleicht interessieren:
http://www.geschichtsforum.de/f46/aufarbeitung-der-geschichte-1933-45-den-50ern-und-60ern-22785/
http://www.geschichtsforum.de/f46/e...e-schonung-von-andenauers-rechter-hand-11370/
http://www.geschichtsforum.de/f66/drittes-reich-und-funktionselite-22608/
http://www.geschichtsforum.de/f66/globkes-widerstand-6952/

Eine besondere Zäsur ist auch das Jahr '68 - wobei das zuletzt etwas angezweifelt wird. Von daher könnte auch in den Threads zum Jahr 1968 die eine oder andere Äußerung zu finden sein. Achte besonders mal auf Mitglied Repo, der war damals (also '68) jugendbewegt involviert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Jedenfalls hat seine Witwe von der BRD eine stattliche Rente bezogen, unter der Begründung, dass Freisler in der BRD weiter hätte Karriere machen können, ganz wie die Herren Globke, Filbinger, Gehlen oder Schleyer.

Es ist kein einziger Richter oder Staatsanwalt jemals wegen Rechtsbeugung verurteilt worden, denn "was damals Recht war, kann heute kein Unrecht sein".

Von den Angehörigen von Freislers Opfern hat übrigens keiner etwas bekommen.
 
Es ist kein einziger Richter oder Staatsanwalt jemals wegen Rechtsbeugung verurteilt worden, denn "was damals Recht war, kann heute kein Unrecht sein".

Von den Angehörigen von Freislers Opfern hat übrigens keiner etwas bekommen.

Das ist vielleicht eine Frage an Juristen, aber was haetten den zb. die Angehoerigen in Deutschland fuer eine Chance, wenn sie Freisler nach dem Krieg anklagen wuerden? (natuerlich wenn er leben wuerde)

Er hat ja wie gesagt nur das Recht vertreten.

Gab es nach dem Krieg faelle in Deutschland wo Uni-Professoren, Anwaelte und befuerworter auf hohen Positionen, die WEIL sie eben pro-Hitler und Nazideutschland waren zur Verantwortung gezogen wurden?
 
Das ist vielleicht eine Frage an Juristen, aber was haetten den zb. die Angehoerigen in Deutschland fuer eine Chance, wenn sie Freisler nach dem Krieg anklagen wuerden? (natuerlich wenn er leben wuerde)

Er hat ja wie gesagt nur das Recht vertreten.

Gab es nach dem Krieg faelle in Deutschland wo Uni-Professoren, Anwaelte und befuerworter auf hohen Positionen, die WEIL sie eben pro-Hitler und Nazideutschland waren zur Verantwortung gezogen wurden?

Es gab Versuche einzelne Täter anzuklagen. Hier ein Auszug aus einer Arbeit von mir über die Rote Kappelle:


Greta Kuckhoff wandte sich 1947 an die amerikanische Besatzungsmacht. Sie hatte erfahren, dass der Chefankläger Manfred Roeder verhaftet wurde. Sie beabsichtigte, den Ankläger vor Gericht zu bringen. Was sie nicht wusste war, dass Roeder es verstanden hatte, das von der Gestapo erfundene Spionagenetz Rote Kapelle den amerikanischen Untersuchungsbeamten zu verkaufen. Er legte den Beamten „einen Gestapo Abschlussbericht über die Rote Kapelle vor, in dem Fotos, Namen und zum Teil Adressen aller 1942 Verhafteten und Überlebenden der Widerstandsgruppe enthalten waren.“ Er stellte die Angehörigen der Roten Kapelle als Agenten der Sowjetunion dar. Er verstand es, die Situation des aufkommenden Kalten Krieges auszunutzen und überzeugte die Amerikaner, „dass die Rote Kapelle mit dem deutschen Widerstand nichts zu tun gehabt habe, dass diese Spionageorganisation weiterhin im Dienste der Sowjetunion aktiv sei und dass die Überlebenden sich gegen die besten Interessen der Vereinigten Staaten wenden könnten.“ Vor allem die Aussagen von Roeder hatten zur Folge, dass die Überlebende der Roten Kapelle von da an von der amerikanischen Spionageabwehr CIC überwacht wurden. Greta Kuckhoff bekam Besuch von einem Agenten der Spionageabwehr.

Dieser schrieb in seinem Bericht:

„(…) Kuckhoff ist weiterhin daran interessiert, die Deutschen, vor allem
die im sowjetischen Sektor Berlins und in der sowjetischen
Besatzungszone, über die grossen Opfer und Leiden, die die Schulze-Boysen Gruppe erlitt zu informieren. Sie nutzt jede Gelegenheit, um
diese Angelegenheit zu propagieren (…).“


Manfred Roeder wurde 1947 aus der Kriegsgefangenschaft entlassen und das Kriegsverbrechertribunal verwies das Verfahren gegen ihn an Niedersachsen ab. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg untersuchte den Fall weiter, sie kamen zum Schluss, dass die Ermittlungen keinen Beweis erbracht hätten, dass Manfred Roeder im Dritten Reich eine
Gesetzesübertretung begangen habe. Das Verfahren wurde 1951
eingestellt.
 
Es gab Versuche einzelne Täter anzuklagen. Hier ein Auszug aus einer Arbeit von mir über die Rote Kappelle:

Er stellte die Angehörigen der Roten Kapelle als Agenten der Sowjetunion dar. Er verstand es, die Situation des aufkommenden Kalten Krieges auszunutzen und überzeugte die Amerikaner, „dass die Rote Kapelle mit dem deutschen Widerstand nichts zu tun gehabt habe, dass diese Spionageorganisation weiterhin im

Es ist hier OT:
Es war ein oft angewandtes Mittel, dass Mitglieder oppositioneller Gruppen der Spionage bezichtigt wurden.
Gab es weiter keinen Ärger mit der Bevölkerung, "Spione werden überall hingerichtet".

Jeder ehem. Landser hat einst (in den 60ern und 70ern) erzählt: "Bei uns war alles verraten". Jeder hat irgendwann mitbekommen, dass da etwas nicht stimmen konnte.
Und die Erklärung hat auch jeder gleich gehabt, es wurden ja unheimlich viele Spione hingerichtet.

Nur waren die meisten keine Spione, die Alliierten wussten Dank der Entschlüsselung der Enigma eigentlich alles.
Vermutlich haben die Nazis mit diesem "Trick" Oppositionelle der Spionage zu bezichtigen, die Aufdeckung dieser Tatsache verhindert.

Hat das Opfer dieser vielen Menschen vermutlich doch noch erheblich zur Beseitigung der Nazis beigetragen.
 
Soviel ich weiss gibt es ein sogenanntes " Naturgesetz" bedeutet, das jeder Jurist nach sogenanten ethischem empfinden seine Urteile geben soll. Wenn also in Nazideutschland die Richter die Befehle haetten alle Juden rechtlich zu toeten, dann wuerden sie gegen das Naturgesetz verstossen und man koennte sie zur Verantwortung ziehen.
Der exakte Begriff heißt Naturrecht. Im Großen, Ganzen hast du schon recht mit deiner Auslegung. Richter haben auch übergesetzliches Recht zu beachten, z.B. im Fall Freisler auch die Weimarer Verfassung, die formell immer noch in Kraft war.
Der Straftatbestand, der in erster Linie in Frage gekommen wäre, ist die Rechtsbeugung. Wenn du es dir antun willst, kannst du mal den Wikipedia-Artikel lesen und vielleicht sogar eines der dort zitierten Urteile.
Rechtsbeugung ? Wikipedia
Jedenfalls kann man dort am Beispiel der Nazi-Juristen sehen, wie mit der Rechtsbeugung umgegangen wird, wenn man seinen Berufskollegen eher nichts tun will ("Krähen-Comment"), und wie, wenn man will, am Beispiel der DDR-Juristen.
 
Jedenfalls kann man dort am Beispiel der Nazi-Juristen sehen, wie mit der Rechtsbeugung umgegangen wird, wenn man seinen Berufskollegen eher nichts tun will ("Krähen-Comment"), und wie, wenn man will, am Beispiel der DDR-Juristen.


Der Bundesgerichtshof bedauerte in einem Urteil aus dem Jahr 1995 selbst, dass auf Grund von „folgenschweren Versagens der bundesdeutschen Justiz“ NS-Richter nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen worden sind.

Ich wiederhole meine Frage vom Anfang, was hat Nachkriegsdeutschland fuer Schritte unternommen um Nazis zu bekaempfen?

In der Justiz hat es nicht funktioniert. Wie sieht es in anderen Bereichen aus?
Vielleicht hat jemand etwas darueber gehoert.
zb. Uni-Professoren, Beamte, KZ-Aerzte usw
 
Ich wiederhole meine Frage vom Anfang, was hat Nachkriegsdeutschland fuer Schritte unternommen um Nazis zu bekaempfen?

In der Justiz hat es nicht funktioniert. Wie sieht es in anderen Bereichen aus?
Vielleicht hat jemand etwas darueber gehoert.
zb. Uni-Professoren, Beamte, KZ-Aerzte usw


Es gab die ganzen KZ-Prozesse, Einsatzgruppenprozesse usw. usf.
Dokumentationszentrum Ludwigsburg als Suchwort
Dann schau mal da:
Fritz Bauer war der leitende Staatsanwalt im Auschwitz-Prozess

OT: Der erste deutsche KZ-Prozess war übrigens in Hechingen. Musste dann in Ulm wiederholt werden, ein, damals, junger Richter (Flakhelfergeneration) ist "nomgschnappt" Angesichts dieser Verbrechen, was bei der Urteilsverkündung dann hochkam. Die Anwälte der Angeklagten haben ihre Chance wahrgenommen, der gesamte Prozess wurde wiederholt, es hat den Angeklagten aber nichts genützt, die Strafen wurden bestätigt, oder gar noch höher.
 
Ich wiederhole meine Frage vom Anfang, was hat Nachkriegsdeutschland fuer Schritte unternommen um Nazis zu bekaempfen?

In der Justiz hat es nicht funktioniert. Wie sieht es in anderen Bereichen aus?
Vielleicht hat jemand etwas darueber gehoert.
zb. Uni-Professoren, Beamte, KZ-Aerzte usw

Repo hat es ja schon angesprochen, es gab die verschiedenen Prozesse. Zum Beipspiel der Nürnberger Ärzteprozess


Nürnberger Ärzteprozess ? Wikipedia

Der Ärzteprozess | Nachfolgeprozesse in Nürnberg

Hier findest du eine Liste der Nachfolgeprozesse:

Die Prozesse im Detail | Nachfolgeprozesse in Nürnberg

Dann gibt es hier auch noch ein paar Artikel zur Juristischen Aufarbeitung:

Shoa.de - Juristische Aufarbeitung
 
Ich wiederhole meine Frage vom Anfang, was hat Nachkriegsdeutschland fuer Schritte unternommen um Nazis zu bekaempfen?

In der Justiz hat es nicht funktioniert. Wie sieht es in anderen Bereichen aus?
Vielleicht hat jemand etwas darueber gehoert.
zb. Uni-Professoren, Beamte, KZ-Aerzte usw


Vielleicht noch dies:
Es ist irgendwo unbefriedigend, wenn einer der Tausende von Morden auf dem Gewissen hat, ein paar Jahrzehnte, oder auch lebenslänglich Gefängnis bekommt.

Aber insbesondere die Nazi-Zeit hat die Deutschen zu der Überzeugung gebracht, dass in Deutschland niemandem mehr von Staats wegen das Leben genommen wird.
Und das ist gut so.
 
Es ist kein einziger Richter oder Staatsanwalt jemals wegen Rechtsbeugung verurteilt worden, ...
Ich habe mich noch nie mit diesem Theme beschäftigt.
Aber könnte das nicht auch daran liegen, daß die Nazis ihre Verbrechen im wesentlichen OHNE "Nutzung" des Justizapparats begingen?

Meine unrepräsentativen Eindrücke sind eher, daß die Justiz (Ausnahme Volksgerichtshof / 20. Juli) vorzugsweise dort eingesetzt wurde, wo eben die normalen Gesetze eine Grundlage hergaben (gerade in der Militärjustiz).
Da wäre dann auch schwer Rechtsbeugung nachzuweisen.

Ansonsten aber wurde ohne Richterbeteiligung gemordet, das wurde dann nach dem Krieg eben als Mord etc. verfolgt.

Insgesamt haben die Nazis (auch wegen Krieg und relativ kurzer Herrschaftszeit) weniger Wert auf äußerliche Korrektheit gelegt als z. B. die DDR. Der SED war es ja immer sehr wichtig, daß es für alle Unterdrückungsmaßnahmen eine "rechtsstaatliche" Basis gab.
 
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