Dieses berühmte Objekt steht im Zentrum vieler pseudo-historischer und esoterischer Werke, die sich bemühen, daraus eine alchimistische oder kabbalistische Formel zu dechiffrieren und anhand des Begriffes gnostische Häresien konstruieren, oder sogar einen satanischen Kult. Diese Theorien nahmen Ende des 18. Jahrhunderts mit J. A. von Starck ihren Anfang, der eine geheime okkultistische Gesellschat unter dem Namen Klerikat der Tempelherren ins Leben rief. Anfang des 20. Jahrhunderts ließ sich Aleister Crowley, der Gründer des Ordo Templi Orientis, sogar als "allmächtiger Baphomet" und Inkarnation Satans verehren!
Das historische Fundament des Baphomet ruht in den Protokollen, die während des Templerprozesses redigiert wurden. Einer der Anklageartikel von 1307 lautete, die Ordensbrüder würden ein "Idol verehren". Während der unterschiedlichen Verfahren des Prozesses bekannten nur wenige Zeugen eine solche Anbetung. Die Beschreibung des Götzen variieren. Nur in einigen Protokollen, die im Süden Frankreichs aufgenommen wurden, taucht der Terminus "baffomet" auf, um den Götzen zu benennen. Dabei handelt es sich um nichts anderes als das provenzalische Wort für den Propheten Mohammed, beziehungsweise für das angebliche Idol, welches man den Moslems in einigen Chansons de geste zuschrieb. Zum Beispiel findet man die "Götter Bafum/Bafumet et Travagan" und Mohammed als ihren Abgesandten im provenzalischen Gedicht über das "Leben des Heiligen Honorat", fertiggestellt im Jahre 1300. Im Chanson "Simon de Pouille", geschrieben vor 1235 spricht man von einem sarazenischen Idol genannt "Bafumetz", und bereits der Chronist des Ersten Kreuzzugen, Raimond d'Aigulhers, nennt die Moscheen "Bafumarias". Nach einem Idol befragt, beschrieben die Templer das, was sie über Idole aus den Chansons de gestes oder Heiligenviten wussten.
Auch möglich ist, daß diverse Darstellungen aus der Apokalypse-Tradition und aus mittelalterlichen Papstprophetien hier Eingang fanden - diese waren wohl zumindest den gelehrten Verfassern der Anklageartikel und den Inquisitoren vor Ort nicht gänzlich unbekannt. So existiert beispielsweise der ikonographische Topos eines dreiköpfigen Antichrist - natürlich ein Anklang an die Darstellung der göttlichen Trinität.