Romane aus der Zeit der Weimarer Republik

BZwo

Aktives Mitglied
Da ich keinen passenden Thread gefunden hab', mache ich mal kurzerhand einen auf.

Eigentlich wollte ich nur mal fragen, ob evtl. jemand den Roman "Blutsbrüder" von Ernst Haffner gelesen hat, und ihn auch empfehlen kann. Bin nämlich grad' auf einen interessanten Artikel über dieses Buch gestoßen.
Die Punks der Weimarer Republik
 
Alfred Döblin: Berlin Alexanderplatz
das ist durchaus das Opus magnum der genannten Zeit in der deutschen Literatur, evtl. gefolgt von Hermann Brochs Schlafwandlern.
Thomas Manns Zauberberg ist war aus der genannten Zeit, behandelt aber die Zeit davor (1907-14)
 
Sehr zu empfehlen für die Frühzeit ist der autobiografische Roman "Wir sind Gefangene" von Oskar Maria Graf. Der Roman setzt zwar schon vor dem Krieg ein, nachdem Graf vom elterlichen Hof nach München floh, doch ein ganz wesentlicher Teil befasst sich mit der Münchner Revolution, deren Niederschlagung und der Schilderung der Protagonisten.

Auch einige der Romane von Hans Fallada bilden die Zeit der Weimarer Republik ab.

Der politischste davon ist "Bauern, Bonzen und Bomben", das sich mit der Landvolk-Bewegung in Schleswig Holstein und deren Protest während der Wirtschaftskrise 1929 befasst.

Aus dem historischen Blickwinkel aber auch lesenswert:

"Ein Mann will nach oben", spielt auch schon im Ersten Weltkrieg, behandelt dann aber die frühe Republik, Freikorps und Waffenschmuggel.

"Wolf unter Wölfen" spielt in Berlin und Brandenburg während des Jahres 1923 und ist der "Inflationsroman" schlechthin. Ein Nebenthema ist die "Schwarze Reichswehr".
 
"Tagebuch der Hölle", von Jan Valtin.
Beginnt Ende des ersten Weltkriegs und endet in der NS-Zeit, es ist die Autobiographie eines jungen kommunistischen Seemanns, der während der Weimarer Republik im Auftrag der GPU zu denen gehörte die Gewerkschaften unterwanderten, um Schiffe und Häfen zu "übernehmen". Auch zu späteren Größen der DDR hatte er Kontakt.
Sehr packend und beklemmend, vor allem wenn man eine Affinität zur Seefahrt hat. Absolut lesenswert.
 
"Fabian" von Erich Kästner, erschienen 1931, spielt Ende der 1920er Jahre in Berlin und beschreibt den moralischen und auch politischen Verfall dieser Zeit.

Wurde nach 1933 als "entartet" und "pornographisch" verboten.
 
Danke an Euch alle für die vielen Tipps.

Den von mir eingangs erwähnten Roman scheint aber leider keiner zu kennen, oder?
 
Danke an Euch alle für die vielen Tipps.

Den von mir eingangs erwähnten Roman scheint aber leider keiner zu kennen, oder?

Leider nein, ich auch nicht.

Sehr schön, bissig und witzig, finde ich: Ödön von Horvath - Der Ewige Spießer.
Es ist eine Milieugeschichte gespickt mit großen Hoffnungen, demütigender Hoffnungslosigkeit, vielen kleinen Gemeinheiten und dem bescheidenen Glanz der Menschlichkeit. Leicht dahingeschrieben ist das leicht makabre Vergnügen in die große Politik Europas und Deutschlands nachsichtig eingelegt, wie süß-saure Gurken ins Glas.
 
Sei froh, hatl.

"Blutsbrüder" ist nicht lesbar. Die Sprache ist verquast, die Charaktere als Stereotype zu bezeichnen würde jedes Stereotyp beleidigen. "Sein Verleger Peter Graf meint zu Recht, es sei ein Text, "der so in der deutschen Literatur nur sehr selten zu finden ist".
Das seh ich auch so und bin sehr froh darüber.

Peter Graf hätte noch erwähnen können, dass sich 1932 ein Buch deutlich besser verkaufte, dass in seiner Sprachgewalt auf ähnlichem Niveau lag. Und jetzt auch wieder aufgelegt werden soll. Wahrscheinlich wieder mit besserem Erfolg.

Es ist mir, wie so oft, rätselhaft, warum die "taz" meint, auch im Feuilleton Gesinnung über Können stellen zu müssen. "Blutsbrüder" ist kein faszinierendes Buch.

Verflixt, selbst die taz-Rezession zerreißt den Roman substantiell und über weite Teile des Artikels. Und streut dann trotzdem Puderzucker-Lob drüber. Bei aller Sympathie: die Zeitung geht zu recht unter. Vielleicht hält sie sich länger, wenn sie sich von ihrem Feuilleton trennt.

Auf jeden Fall sollten dir die Textauszüge aus deinem Link auf die taz reichen, um deinen Lesehunger zu stillen. Es ist nämlich wie bei Kino-Trailern von schlechten Filmen: das war dann schon das erträglichste!

PS: Gibt es den "Hitlerjungen Quex" irgendwo antiquarisch?
 
Zuletzt bearbeitet:
nachdem schon einiges genannt wurde, könnte man ja präzisieren:
1. soll es um belletristische Literatur aus Zeit der Weimarer Republik gehen?
2. soll es um belletristische Literatur über die Zeit der Weimarer Republik gehen?
3. soll es um belletristische Literatur speziell über die Weimarer Republik gehen?

zu 1
da gäbe es vieles zu lesen, z.B. passt in diese Zeit der epochale Roman Manhattan Transfer von John Dos Passos, nur hat der mit der Weimarer Republik nichts zu tun - auch Thomas Manns Zauberberg ist in der Zeit der Weimarer Republik entstanden, thematisiert sie aber nicht

zu 2 und 3
die Geschwister Oppermann von Lion Feuchtwanger
Berlin Alexanderplatz von Alfred Döblin (wie schon erwähnt)
 
Ich suche schon länger nach einem Roman den ich vor Jahrzehnten mal gelesen habe. Es ging um einen jungen Mann, der von der Rotfront zur SA und wieder zurück wechselte. Spielte in einer Großstadt, der Autor hatte einen englischen Namen.

Kennt den jemand?
 
Ich suche schon länger nach einem Roman den ich vor Jahrzehnten mal gelesen habe. Es ging um einen jungen Mann, der von der Rotfront zur SA und wieder zurück wechselte. Spielte in einer Großstadt, der Autor hatte einen englischen Namen.

Kennt den jemand?

Ich habe sie leider bisher noch nicht gelesen, aber es gibt so einige Berlin Romane von Christopher Isherwood, die in der Vorkriegszeit spielen. Ist der das vielleicht?
 
"Kleiner Mann was nun", Von Bauern, Bonzen und Bossen" und "Wer jemals aus dem Blechnapf ißt" alle von Hans Fallada (Rudolf Ditzen) spiegeln die Turbulenzen der Weimarer Republik in sozialkritischer Weise meisterhaft wieder.
 
Zurück
Oben