Romanisch-germanische Sprachgrenzen im frühen Mittelalter

Dieses Thema im Forum "Völkerwanderung und Germanen" wurde erstellt von Sepiola, 24. Februar 2020.

  1. Riothamus

    Riothamus Aktives Mitglied

    Ich darf in dem Zusammenhang daran erinnern, dass limes sich eigentlich auf eine Grenzstraße / -schneide bezieht.
     
  2. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    Ich weiß nicht, welche Karte Du meinst, aber das widerspricht allem, was ich bei Ewig/Nonn und insbesondere bei Haubrichs gelesen habe:

    "Die altfränkischen Ortsnamenrelikte helfen aber vor allem, die Germania submersa, das untergegangene altfränkische, oft wohl bilinguale Gebiet auf gallischem Boden räumlich nachzuzeichnen. So gelingt es etwa in Flandern, über die neuzeitliche, bei Boulogne auf die Nordsee treffende Sprachgrenze hinaus einen lang andauernden altfränkischen Sprachraum bis zur Mündung der Canche zu rekonstruieren und einen Mischraum festzustellen, der noch weiter südlich bis auf die Höhe von Arras und Hesdin, westlich fast bis an das Tal der Somme heranreichte, und zwar zu rekonstruieren aus den Ortsnamen auf -ingheim und -ingatūn, wobei letzterer Typus zu afrk. *tūn ‘Zaun, eingehegter Platz’ (vgl. engl. town) zu stellen ist und auch angelsächsische Bezüge aufweist.
    [...]
    Etwa im 9. Jahrhundert dürfte die germanisch-romanische Sprachgrenze den eher linearen Verlauf erreicht haben, den die Karte Nr. 5 skizziert – mit einer Ausnahme, die doch noch erwähnt werden soll: die sog. Moselromania, die von Koblenz über Trier mosel- und saaraufwärts bis östlich Metz reicht."​
    https://www.google.de/url?sa=t&rct=.../18003/11815&usg=AOvVaw3_vsd6P3txjBahfnKeWZJj

    Gibt es für diese zweite "Grenze" denn irgend einen greifbaren Hinweis?
     
  3. Riothamus

    Riothamus Aktives Mitglied

    Nonn, Die Franken, Stuttgart 2010, S. 37.
     
  4. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    Da ist nicht die Rede von einer Sprachgrenze.
     
  5. Riothamus

    Riothamus Aktives Mitglied

    Schau dir die Karte an. Von Rede war nie die Rede.
     
  6. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    Ich weiß nicht, was Du sagen willst.

    Welche Sprachgrenze wird zur Zeit des Chlodio erreicht?
     
  7. Riothamus

    Riothamus Aktives Mitglied

    Wieso Sprachgrenze?
     
  8. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    Das hast Du doch geschrieben, oder hat das die Autokorrektur geschrieben?

    Von welcher Sprachgrenze schreibst Du?
     
  9. Riothamus

    Riothamus Aktives Mitglied

    Ah, Missverständnis. Ich habe mich wohl ungenau ausgedrückt. Der Bereich, bzw. Machtbereich erreichte in etwa die spätere Sprachgrenze.

    Wie ich schrieb, ist es zwar auffällig, ein evt. Zusammenhang aber natürlich erst zu prüfen. Leider helfen geographische Namen kaum weiter, da Verwaltungsgrenzen Sprachgrenzen langfristig beeinflussen.
     
  10. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    Ortsnamen eignen sich sogar dazu, die Verschiebung von Sprachgrenzen zu datieren.
    An der Saar unweit der Moselmündung haben wir einen Ortsnamen, der ursprünglich Tabernae gelautet haben muss:
    Der lateinische Name Vitelliacum (Wittlich, 50 km von Tawern entfernt) muss also schon vor dieser Zeit eingedeutscht worden sein – in Valeriacum (Fellerich) in unmittelbarer Nachbarschaft von Tawern sprach man dagegen noch länger romanisch.
     
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  11. Stilicho

    Stilicho Aktives Mitglied

    Off Topic, aber ganz lustig dazu: Der Nachbarort von Tawern ("französisch" ausgesprochen, also auf der zweiten Silbe betont -> Taverne) heißt Wawern (auf der ersten Silbe betont, vermutlich mit keltischer Etymologie)
     
  12. Carolus

    Carolus Aktives Mitglied


    Das erscheint ja auch sinnvoll, dass man bei fremdsprachlichen Lehnwörtern die dann auch nach den Regeln der eigenen Sprache schreibt.

    Das wiederum erscheint mir merkwürdig, auch wenn die Beispiele zeigen, dass es so war. Die romanischen/lateinischen Muttersprachler werden wohl diese Wörter mit v (also unserem deutschen W-Laut) ausgesprochen haben. Zumindest war es im Lateinischen so und auch in den modernen romanischen Sprachen. Gibt es einen Grund, warum diese Lehnwörter dann im Deutschen dann mit einem anderen Laut wiedergegeben werden?
     
  13. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    Ja, natürlich, ich hatte es Dir sogar schon einmal erklärt: Das althochdeutsche bilabiale w war noch ein anderer Laut als das neuhochdeutsche labiodentale w. (Im Romanischen hat dieselbe Entwicklung stattgefunden, nur schon deutlich früher.)

     
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  14. Riothamus

    Riothamus Aktives Mitglied

    Ein Fehlschluss, der zufällig oft stimmt. Gegenbeispiel ist z.B. der Mix aus nieder- und hochdeutschen Lautungen in Westfalen seit altsächsisch/althochdeutscher Zeit. Ein Ortsname kann sich zudem in verschiedenen Sprachen unterschiedlich entwickeln. Wenn München 2123 von Italienern besiedelt wird, wird auch 3123 noch die Aussage falsch sein, dass die Erwähnung Münchens als Monaco im Jahr 1923 zeigt, dass die Stadt schon damals italienisch dominiert wurde. Und zwar auch dann, wenn der Name sich aufgrund von Sprachwandel ändert. (Das Beispiel wurde mir, mit anderen Jahreszahlen hier im Forum mal vorgehalten.)

    Dem Satz, dass Ortsnamen sich dazu eignen, wenn es keine besonderen Umstände gibt, würde ich aber zustimmen. Aber bezüglich des fraglichen Abschnitts der Sprachgrenze sind ja im Thread mehrere Besonderheiten genannt worden, deren Auswirkungen erst mal beurteilt werden wollen.

    (Und auch bezüglich des angesprochenen Machtbereichs schrieb ich nur, und zwar ausdrücklich, dass es eine zu überprüfende Auffälligkeit ist.)
     
  15. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    Wenn er regelmäßig stimmt, ist die Wahrscheinlichkeit von Fehlschlüssen gering.

    Wenn wir in einer Gegend nur einen einzigen Ortsnamen haben, muss man sehr vorsichtig mit Schlüssen sein.
     
  16. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    Ortsnamen mit keltischem (gallo-romanischem) Hintergrund gibt es wie Sand am Meer. Sehr oft haben wir gallische Ortsnamen in oberflächlich latinisierter Form, häufig mit Namenbestandteilen wie *-(i)akon, *-magos, *-dunon etc.; die latinisierten Formen sind dann jeweils (i)acum, -magus, -dunum. Beispiele: Mogontiacum (Mainz), Antunnacum (Andernach), Rigomagus (Remagen), Noviomagus (Neumagen/Nijmegen), Virodunum (Verdun), Tarodunum (Zarten).

    Dann gibt es Mischformen, so lassen sich aus römischen Personennamen wie Iulius, Vitellius, Aurelius pseudo-gallische Ortsnamen bilden: Iuliacum (Jülich), Viteliacum (Wittlich), Aureliacum (Orly)

    Rein lateinische Namen sind gefühlt sogar in der Minderzahl; es gibt sie natürlich auch: Aquae (Aachen), Colonia (Köln), Divitium (Deutz), Confluentes (Koblenz) oder die erwähnten Tabernae-Orte.
    In der Trierer Gegend haben sich sogar noch zwei Ortsnamen nach römischen Zahlen erhalten: Quint liegt fünf Leugen von Trier entfernt, Detzem zehn Leugen.
     
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  17. Dion

    Dion Aktives Mitglied

    Das hängt weniger von der Sprache ab als von der Entfernung. Ortsnamen ändern sich lokal, aber in weit entfernten Orten werden diese Änderungen nicht mitgemacht. So erinnert die deutsche Bezeichnung Mailand mehr an das einstige Mediolanum als das italienische Milano. Das gleiche gilt für Florenz (ursprünglicher Name Florentia), italienisch Firenze. Und Italiener sagen zu Köln immer noch Colonia (zu Zeit der Römer: Colonia Agrippina), zu Augsburg Augusta (Augusta Vindelicum) und zu Aachen Aquisgrana (Aquæ Granni oder Aquisgranum).
     
  18. dekumatland

    dekumatland Aktives Mitglied

    verstehe ich nicht (nebenbei: gilt das auch für Grenzstädte, so Görlitz oder Swinemünde?) - und was ist an "Mediolanum" klanglich/sprachlich näher an "Mailand" als "Milano"??
    medioLANum - mILANo - maILANd (das zeigt nichts sprachwissenschaftliches, sondern nur die direkte klangliche Ähnlichkeit)
     
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  19. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Methodisch wären hier Metropolen mit Strahlkraft über das Hinterland hinaus und kleinere, unbekanntere Orte zu trennen.
     
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  20. dekumatland

    dekumatland Aktives Mitglied

    https://de.wikipedia.org/wiki/München#Etymologie und daraus:
    aber was hilft uns das jetzt???
     

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