Russlands Wirtschaftswachstum

EL_Mercenario

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Das russische Wirtschaftswachstum vor und während dem "Sozialismus" wird sehr unterschiedlich dargestellt. Bei Noam Chomsky ("Eine Anatomie der Macht", S. 189) heißt es:

So sank z.B. das osteuropäische Einkommen im Verhältnis zu Westeuropa bis 1913 ständig ab, um danach bis 1950 stark anzusteigen und sich dann auf der erreichten Höhe einzupendeln. (Quelle: siehe Anmerkung 5 auf http://www.understandingpower.com/Chapter5.pdf)

Dagegen behauptet Niall Ferguson ("Der falsche Krieg", S. 78):

Das Nettosozialprodukt [Russlands] zwischen 1885 und 1913 wuchs im Jahr durchschnittlich um 3,3 Prozent [...] Nicht Deutschland, sondern Rußland war vor 1914 das Reich mit der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaft. Quelle: Mitchell, European Historical Statistics

Mir ist auch anderweitig schon aufgefallen, dass die Darstellung in diesem Punkt differiert, vermutlich je nach Einstellung des Autors zum Sozialismus. Mich würde interessieren, ob es da keine wirklich handfesten Daten gibt zum russischen Wirtschaftwachstum oder ob die nur jeweils anders interpretiert werden.
 
Da gehts allerdings um die Wirtschaft während des Stalinismus. Das ist nicht so einfach, weil die Kommunisten an den Zahlen herumgefälscht haben. Was mich wundert ist, dass die Einschätzung der Zeit davor so auseinandergeht.
 
Da gehts allerdings um die Wirtschaft während des Stalinismus. ...Was mich wundert ist, dass die Einschätzung der Zeit davor so auseinandergeht.


Sollte auch nur ein Ansatzpunkt sein, weil die Zahlen ab 1922 häufig eben mit dem Zarenreich verglichen werden.


Eine Frage zu Beginn: Wer geht da auseinander (bitte ohne Wikipedia)? Beziehst Du Dich nur auf die Hinweise bei Ferguson?
 
Da gehts allerdings um die Wirtschaft während des Stalinismus. Das ist nicht so einfach, weil die Kommunisten an den Zahlen herumgefälscht haben. Was mich wundert ist, dass die Einschätzung der Zeit davor so auseinandergeht.


So eine Aussage ist Quatsch. Schon deshalb, weil selbst fast alle derzeitigen führenden Ökonomen davon ausgehen, daß die heute publizierten westlichen Statistiken ebenfalls politisch angepaßt sind. (Ausnahmen bestätigen hier die Regel)
Kann man nicht einmal einen Sachverhalt darstellen, ohne gleich seine Kommunistenapathie kundzutun? Das wäre der Sache dienlicher.

Aber zu deiner Frage und den Abweichungen: Wirtschaftsstatistiken sind je nach Betrachtungs- und zugrunde gelegten Berechnungsmethoden nur bedingt vergleichbar. Das verkompliziert die ganze Sache sehr.


@silesia:
Sollte auch nur ein Ansatzpunkt sein, weil die Zahlen ab 1922 häufig eben mit dem Zarenreich verglichen werden

Mit was sollten die Zahlen sonst verglichen werden? Unbestritten ist doch, daß die noch junge UDSSR wirtschaftlich und industriell enorm in dieser Zeitspanne aufholte. Speziell in der Schwerindustrie, Elektrizität und dem Bildungs- und Gesundheitswesen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Schon deshalb, weil selbst fast alle derzeitigen führenden Ökonomen davon ausgehen, daß die heute publizierten westlichen Statistiken ebenfalls politisch angepaßt sind.
Das ist falsch.
Selbstverständlich gibt es immer wieder politisch motivierte Umdefinitionen (z. B. bei der Zählung von Arbeitslosen).
Die sind aber transparent (nicht unbedingt fürs Fernsehpublikum, aber für die Fachleute), und die normalen Wirtschaftsstatistiken sind so zuverlässig, wie sie überhaupt sein können.

Die Propaganda-Verzerrungen der Sowjetzeit sind da etwas ganz Anderes, die dort behaupteten Zahlen sind nur sehr bedingt als Grundlage geeignet.

Unbestritten ist doch, daß die noch junge UDSSR wirtschaftlich und industriell enorm in dieser Zeitspanne aufholte.
Eben dies ist strittig bzw. es fehlen zuverlässige Zahlen, um das beurteilen zu können.
 
Das ist falsch.
Die sind aber transparent (nicht unbedingt fürs Fernsehpublikum, aber für die Fachleute), und die normalen Wirtschaftsstatistiken sind so zuverlässig, wie sie überhaupt sein können.
Völlig richtig, sehe ich auch so.

Eben dies ist strittig bzw. es fehlen zuverlässige Zahlen, um das beurteilen zu können.
Die sowjetischen Zahlenmanipulationen sind eben nicht nur graduelle Schönheitskorrekturen. Allerdings kommt doch zunehmend Licht ins Dunkel, auch wegen der aufgehenden Archive. Die Historiker haben da noch viel zu tun.


Etwas anderes betrifft das Zahlenmaterial des Zarenreiches, insbesondere da, wo es durch Handel nachvollziehbar ist. Man sollte die Möglichkeiten von Plausibilitätsprüfungen, Rück-Schätzungen (zB bzgl. Werkzeugmaschinen-Importe etc.) nicht unterschätzen.
 
Eine Frage zu Beginn: Wer geht da auseinander (bitte ohne Wikipedia)? Beziehst Du Dich nur auf die Hinweise bei Ferguson?
Na die beiden Autoren Chomsky und Ferguson, bzw. die Quellen der beiden Autoren, die stehen ja oben dabei.

So eine Aussage ist Quatsch. Schon deshalb, weil selbst fast alle derzeitigen führenden Ökonomen davon ausgehen, daß die heute publizierten westlichen Statistiken ebenfalls politisch angepaßt sind.
Quatsch ist aber ein hartes Wort. ;)
Möglicherweise wird auch im Kapitalismus "geschönt" aber doch nicht so extrem wie im Kommunismus. Wenn die SED in den Wahlen 98% der Stimmen holt (laut Zählung der DDR), ist das ein statistischer Wert, ohne jede Aussagekraft, wieviel Bürger ihr Kreuz bei der SED gemacht haben. Wenn Bushs Verwandschaft in Florida bescheißt gehts vielleicht um ein paar Promille. Das wird in den Wirtschaftsstatistiken so ähnlich gewesen sein.
 
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