sächsische Gaue

derralf

Mitglied
Hallo!

Mich interessieren zu diesem Thema zwei Fragen:

1. Gibt es in meiner Region mehrere "Gogerichtsstätten" - mich würde interessieren was genau es damit auf sich hat und wie so ein "Gogericht" von statten ging (auf welcher Grundlage wurde dort Recht gesprochen?)

2. Interessiert mich ob es zwischen den sächsischen Gauen (hier besonders der Leri- und der Dersagau) klare Grenzen gab - und wenn ja wie diese festgelegt wurden und wie sie verliefen.

Vielleicht kann mir hier jemand weiter helfen...
 
derralf schrieb:
1. Gibt es in meiner Region mehrere "Gogerichtsstätten" - mich würde interessieren was genau es damit auf sich hat und wie so ein "Gogericht" von statten ging (auf welcher Grundlage wurde dort Recht gesprochen?)
Das Gogericht (Gaugericht) mit dem Gografen an der Spitze war ein Niedergericht, war also nur das für Schuld- und Fahrnisklagen sowie für leichtere Straffälle zuständige Gericht im Unterschied zum Hochgericht.

derralf schrieb:
2. Interessiert mich ob es zwischen den sächsischen Gauen (hier besonders der Leri- und der Dersagau) klare Grenzen gab - und wenn ja wie diese festgelegt wurden und wie sie verliefen.
Als Grenzbeschreibung fand ich folgendes:
Das galt auch für Land und Leute des heutigen Oldenburger Münsterlandes. Inmitten dieses Landes lag der große Lerigau: Im Osten und Nordosten war das linke Hunteufer, vom Austritt aus dem Dümmer bis hinter Wardenburg, die Grenze; von da an bot das sich lang hinstreckende Fehner-Moor bis über Barßel hinaus an die Leda nach Norden hin eine ganz naturgemäße Grenze; als westliche Begrenzung trat das Sater-Tief auf, dann die Marka und schließlich das Hasetal bis hinunter nach Essen. Mit der Hase begann aber schon ein weiterer Gau mit dem bezeichnenden Namen Hasegau; hierzu gehörten Löningen, Lastrup und Lindern. Im Süden umschloss den Lerigau der Dersagau. Diese Gaueinteilung währte bis ins 11. Jahrhundert.
http://www.christadelphian.de/nord/bistum.htm
 
Sehr interessant - also war der Nordkreis Vechta im Gebiet des Lerigaues - ebenso wie Wildeshausen und Emstek.
Das Gogericht kann also kein Gesamt-Gaugericht gewesen sein? Oder sind die Steine die heute daran erinnern (in Wildeshausen und in Desum/Emstek) willkürlich gesetzt?
 
Go: in Sachsen und Thüringen im Mittelalter wahrscheinlich aus dem sächsischen Gau entstandener, territorial geschlossener Gerichtsbezirk (Go[graf]schaft), dessen Gericht (Goding, Gogericht, Landfeste) vom Gografen bzw. seinem Vertreter geleitet wurde; er wurde gewählt u. zwar dem Namen nach von den vollberechtigten Freien, tatsächlich schon früh von einer Anzahl von Grundherren. Der Gograf gehörte meist dem hohen Adel an, häufig war der Landesherr Inhaber mehrerer Gografschaften.
Im Lauf des Mittelalters wurden die alten G. vielfach geteilt und jeder Teilgo erhielt ein eigenes Gogericht, i.d.R. das ordentliche Gericht für die Bevölkerung.
Seit dem 15. Jahrhundert wurden die Gogerichte teils zu Landgerichten, teils zu Stadtgerichten, teil verschwanden sie.
Der Gograf, der im 16. und 17. Jh. meist Bürgerlicher war, wurde häufig zum bloßen Vollstreckungsbeamten (mit Goknechten) des Amtmanns, manchmal auch nur Titel desselben.

(Haberkern/Wallach, Hilfswörterbuch für Historiker, Tübingen 1987, Bd.1, S.251f.)
 
Livia schrieb:
Go: in Sachsen und Thüringen im Mittelalter wahrscheinlich aus dem sächsischen Gau entstandener, territorial geschlossener Gerichtsbezirk (Go[graf]schaft), dessen Gericht (Goding, Gogericht, Landfeste) vom Gografen bzw. seinem Vertreter geleitet wurde; er wurde gewählt u. zwar dem Namen nach von den vollberechtigten Freien, tatsächlich schon früh von einer Anzahl von Grundherren. Der Gograf gehörte meist dem hohen Adel an, häufig war der Landesherr Inhaber mehrerer Gografschaften.
Im Lauf des Mittelalters wurden die alten G. vielfach geteilt und jeder Teilgo erhielt ein eigenes Gogericht, i.d.R. das ordentliche Gericht für die Bevölkerung.
Seit dem 15. Jahrhundert wurden die Gogerichte teils zu Landgerichten, teils zu Stadtgerichten, teil verschwanden sie.
Der Gograf, der im 16. und 17. Jh. meist Bürgerlicher war, wurde häufig zum bloßen Vollstreckungsbeamten (mit Goknechten) des Amtmanns, manchmal auch nur Titel desselben.

(Haberkern/Wallach, Hilfswörterbuch für Historiker, Tübingen 1987, Bd.1, S.251f.)
Für Thüringen sind solche Begriffe, wie Godind, Gogerich usw. nicht bekannt.
 
derralf schrieb:
Sehr interessant - also war der Nordkreis Vechta im Gebiet des Lerigaues - ebenso wie Wildeshausen und Emstek.
Das Gogericht kann also kein Gesamt-Gaugericht gewesen sein? Oder sind die Steine die heute daran erinnern (in Wildeshausen und in Desum/Emstek) willkürlich gesetzt?
Jahrhundertelang war angeblich auf dem Desum der Ort des Things, der Volksversammlung mit Gerichtsbarkeit, für den ganzen Lerigau, später das Gogericht. Das Gogericht auf dem Desum bei Emstek, das in altsächsischer Zeit das mächtigste Gericht der Gegend war, war das bedeutenste oldenburgische Gericht des Mittelalters. Bis ins 17. Jahrhundert hinein wurde hier noch unter freiem Himmel die Landesgerichtsbarkeit für die ehemaligen Ämter Cloppenburg und Vechta ausgeübt. Der Desum Gedenkstein vor dem Alten Rathaus in Vechta bezeichnet die enge Verbundenheit zwischen der Stadt Vechta und dem Gogericht auf dem Desum bei Emstek. Das Gogericht stand unter der Leitung eines gewählten Gografen, häufig war dies der Landesherr. Das seit dem zwölften Jahrhundert entstandene Stadtrecht unterschied sich vom benachbarten Landrecht. Im Laufe des Mittelalters entwickelte sich das Gogericht durch Teilungen teils zu Landgerichten, teils zu Stadtgerichten. Im Jahr 1270 fiel Wildeshausen an das Erzstift Bremen und wurde Stadt. Im Jahr 1281 wurde die erste Gerichtsverhandlung auf dem Marktplatz der Stadt Wildeshausen abgehalten. Rechtsgeschäfte und Kaufverträge wurden auf dem Markt beim großen Stein abgeschlossen mit Rittern und Knappen als Zeugen. Dabei spielte "de groode Steen" eine beherrschende Rolle. Man glaubt, ihn bei der Erneuerung des Platzes im Jahre 1979 freigelegt zu haben, und hat ihn in die neue Pflasterung eingearbeitet. Im 14. Jahrhundert wurde ein Rathaus erbaut und dort zu Gericht gesessen. Die Wildeshauser Desum-Grafen nahmen noch nach dem Erlaß der Vechtischen Gerichtsordnung die vier stevelichen Gerichtstage an alter echter Dingstatt auf dem Desum wahr.
 
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Hallo Strupanice,
die Thüringer waren ja auch nicht unbedingt Sachsen. Im Gegenteil: Bevor die Sachsen selber von den Franken unterworfen wurden, hatten sie selber denen geholfen, die Thüringer zu unterwerfen. Obwohl ihnen ein Teil des Eroberungsgewinns zugesagt war, gibt es keinen Nachweis sächsischer Siedlung in Thüringen.
(Quellen: • der frühmittelalterliche Historiograf Widukind von Corvey, • Bremer Archäologische Blätter, Beiheft 2/2000 "Siedler, Söldner und Piraten", ISSN 0068-0907, S.123 ff.)
 
Hallo Strupanice,
die Thüringer waren ja auch nicht unbedingt Sachsen. Im Gegenteil: Bevor die Sachsen selber von den Franken unterworfen wurden, hatten sie selber denen geholfen, die Thüringer zu unterwerfen. Obwohl ihnen ein Teil des Eroberungsgewinns zugesagt war, gibt es keinen Nachweis sächsischer Siedlung in Thüringen.
(Quellen: • der frühmittelalterliche Historiograf Widukind von Corvey, • Bremer Archäologische Blätter, Beiheft 2/2000 "Siedler, Söldner und Piraten", ISSN 0068-0907, S.123 ff.)

Das Thema ist aber nun wirklich alt und schon mehrfach widerlegt, daß die Sachsen an der Vernichtung des Thüringer Königreiches beteiligt gewesen sein sollen. Widukind von Corvey ist hier völlig untauglich, da sächsicher Hofberichterstatter.
 
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