Säulenheilige

askan

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Jetzt mal ein Thema das ich selbst nur vom Hörensagen kenne!


Säulenheilige sollen aus Buße viele Jahre auf Säulen gelebt haben.
Ich glaube es war zu byzantinischer Zeit. Einer von ihnen trug den Namen Simeon und stammt aus Syrien, er soll in Trier gestorben sein und seine letzten Jahre in der Porta Nigra gelebt haben.
Das war jetzt meine gesamtes Wissen über diese Leute.
Wer weiß mehr?
 
askan schrieb:
Jetzt mal ein Thema das ich selbst nur vom Hörensagen kenne!


Säulenheilige sollen aus Buße viele Jahre auf Säulen gelebt haben.
Ich glaube es war zu byzantinischer Zeit. Einer von ihnen trug den Namen Simeon und stammt aus Syrien, er soll in Trier gestorben sein und seine letzten Jahre in der Porta Nigra gelebt haben.
Ich war im Simeonskloster in Syrien und mir kam die Geschichte mit Trier seltsam vor. Daher habe ich mal im Ökumenischen Heiligenlexikon nachgeschlagen. Das sagt:

Als Simeon - von den Leuten drei Tage lang unbemerkt - auf seiner Säule gestorben war, war sein Tod Anlass zu Unruhen. 600 Soldaten kamen aus Antiochia, damit sein Körper von den Verehrern nicht in Stücke gerissen wurde. Seine Reliquien wurden nach Antiochia übertragen und in einer ihm zu Ehren erbauten Kirche beigesetzt.

http://www.heiligenlexikon.de/start.html?BiographienS/Simeon_Stylites_der_Aeltere.html
 
Im frühen Christentum, gerade an der Ecke, an der sich die Urkirche von der jüdischen Christengemeinde spaltete, waren es die frühen Mönche, die sich in die Wüste zurückzogen und für sich einsame, wenn auch exzssive Gotteserfahrungen machten. Das Säulensitzen im Christentum hat sich aus dieser Wüstengemeinschaft abgeleitet. Das Sitzen und, ich verwende jetzt mal einen nichtchristlichen Begriff, Meditieren, also das Sitzen in Gott und dem ständigen Ausgesetztsein von Umwelteinflüssen, wie Hitze, Kälte, Regen und Insekten, Vögeln und ähnlichem, zerrt genz schön am Willen und an der Substanz. Das verlang einen starken Willen und ein ruhiges Gemüt. Denke man an die Leute, die einen verschmähen und schlecht Reden machen. Ich glaube nicht, wie einige Heiligenlegenden berichten, dass die Männer (Warum eigentlich keine Frauen? Die wären dazu ebenso in der Lage gewesen!) bis zu ihrem Eingang in den Himmel dort verblieben wären, oder sie vorher von wilden, heidnischen Römern von der Säule gezerrt und getötet wurden. Man bedenke auch die logistische Meisterleistung, die es erfordert, lange Zeit auf einer Säule auszuharren. Man muss sich zumindest mal von Haus und Frau lossagen und die häusliche Situation einer freien Säule muss auch gewährleistet sein. Zudem sollte man jemand haben, der einem mit Flüssigem und Festem versorgt und der mal um die Säule aufräumt, denn da sammeln sich tagtäglich einige kleine Häufchen, die sich mit der Zeit immer höher schieben... Nein, mal im Ernst: Heute gibt es noch so was ähnliches. In Indien sind es die Saddhus, die ihr Leben meist einer Sache widmen. Viele sind der Ansicht, dass man durch intensives Yoga und hier ist nicht nur körperliche Gymnastik gemeint, eine höhere Bewußtseinsebene erreichen und den hinderlichen Körper überwinden können. Das denken ebenso die Jainas, einer anderen religiösen Richtung des alten und neuen Indien. Ihr habt bestimmt schon mal Yogis gesehen, die ihre Gliedmaßen nicht mehr bewegen können, weil sie schon 15 Jahre auf einem Bein stehen.
Warum sind die Säuligenheiligen so heilig? Haben sie irgendwelche Fähigkeiten, die der normale Mensch nicht erreicht? Von vielen wird berichtet, dass sie prophetisch reden könnten... wie erklärt sich das? Viele leiden unter Dehydration, also dem Fehlen von Flüssigekeit im Körper. Das kommt daher, dass sie nicht aussreichend trinken. Dadurch vernebelt sich das Bewußtsein und man nimmt seine Umwelt anders war. Hinzu kommen vielleicht Drogen, wie die Betelnuss oder andere Kräuter, die eingenommen werden, um die enormen Einflüße auf den Körper zu dämpfen. Halluzinationen sind dann nicht mehr weit. Eine Person, die sich stark in Gott fühlt, nimmt daher all diese Strapazen freiwillig auf sich. Ich kann mir aber vorstellen, dass man nach ein paar Monaten seine Retreats abbricht und seine Erfahrungen vielleicht einigen Jüngern, Wiss- und Lernbegrierigen mitteilen möchte.

Ich würde die Pytia aus Dhelpoi mit unter die Säulenheiligen stellen, da sie ähnlichen Einflüssen ausgesetzt war... :nono:
 
askan schrieb:
Jetzt mal ein Thema das ich selbst nur vom Hörensagen kenne!


Säulenheilige sollen aus Buße viele Jahre auf Säulen gelebt haben.
Ich glaube es war zu byzantinischer Zeit. Einer von ihnen trug den Namen Simeon und stammt aus Syrien, er soll in Trier gestorben sein und seine letzten Jahre in der Porta Nigra gelebt haben.
Das war jetzt meine gesamtes Wissen über diese Leute.
Wer weiß mehr?

Die Styliten waren interessante Heilige... extrem asketisch - und mit einer Ausnahme auch nur in warmen Gefilden zu finden. Immer auf seiner Plattorm stehend, hie und da Proskynesen vollführend und manchmal auf eine höhere Säule umziehend...

Symeon Stylites war (ganz richtig) der erste Säulenheilige. Allerdings starb er nicht in Trier, sondern auf seiner Säule in Kal 'at Siman.

Es gibt auch einen jüngeren Symeon Stylites, Alypius, David von Thessaloniki, ...

Der einzige westliche Stylit war Wulfilaich, der tatsächlich im Bistum Trier seine Säule hatte. Prof. Scheibelreiter meinte, er habe trotz der Bitten des Trierer Bischofs erst auf seine Säule verzichtet, als ihm ein paar Zehen abgefroren sind.

Styliten tauchten bis ins 19. Jahrhundert immer wieder auf, vor allem im orthodoxen Raum (z.B. Seraphim Ssarow)
 
SRuehlow schrieb:
Warum eigentlich keine Frauen? Die wären dazu ebenso in der Lage gewesen!

Die Quellen erwähnen schon auch weibliche Styliten, diese waren aber nicht so bedeutend.

SRuehlow schrieb:
Man muss sich zumindest mal von Haus und Frau lossagen und die häusliche Situation einer freien Säule muss auch gewährleistet sein.

Die meisten Styliten praktizierten schon vorher extreme Askese, d.h. sie ließen sich einmauern u.ä., und kamen meist aus mönchischen Gemeinschaften. Meist hatten sie aufgrund ihrer Askese vorher schon Anhänger, die sie sich auf einer Säule (buchstäblich!) auch gut vom Leibe halten konnten.
 
Schini schrieb:
Die Quellen erwähnen schon auch weibliche Styliten, diese waren aber nicht so bedeutend.

In den katholischen Analen gibts das auch? Ich habe das noch nicht gelesen, aber bin echt gerne bereit mich da weiter belehren zu lassen!


Schini schrieb:
Die meisten Styliten praktizierten schon vorher extreme Askese, d.h. sie ließen sich einmauern u.ä., und kamen meist aus mönchischen Gemeinschaften. Meist hatten sie aufgrund ihrer Askese vorher schon Anhänger, die sie sich auf einer Säule (buchstäblich!) auch gut vom Leibe halten konnten.

Das war eigentlich nur ein kleiner Spaß von mir... Ich weis ja, dass diese Männer und Frau sich sehr durch ihre Askese auszeichneten. Anders wäre das ja auch gar nicht möglich gewesen. Wenn man Besitz und Familie hatte, der hätte es bei solchen Übungen sehr schwer gehabt. Von Jesus her kennen wir ja die asketische Form des Wanderradikalismus. Deshalb ist es durchaus denkbar, dass nur diejenigen den leidhaften Weg eines Wüsten- und Säulenheiligen antreten konnten, die vorher allem und jedem entsagten, um sich ganz ihrer Aufgabe widmen zu können.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Man trifft das Phänomen in vielen Religionen und Kulturen. Wer das Göttliche / die Eingebung / die Erleuchtung (was auch immer) sucht, benötigt Einsamkeit, gemischt mit Askese. Ob man nun in die Wüste, die Berge, ein Kloster oder eben auf eine Säule geht, ist im Prinzip gleich.

Mal verschiebt sich die Skala zwischen Einsamkeit und Askese. Bei der Säulenheiligen liegt der Schwerpunkt eher auf Askese, denn wie man liest, befanden sich die Säulen auch mitten in der Stadt. Man gab dadurch den Passanten ein Beispiel an Glaubensstärke und konnte von oben herab (oh, das ist zweideutig...) predigen oder Weisheiten verkünden.

Was SRuehlow schreibt, kann ich aus meiner Erinnerung an den Religionsunterricht unterstreichen. Uns wurde damals gesagt (und sowas vergisst man nicht als Kind), dass nach dem Tod eines Säulenheiligen die Säule mehrere Fuß höher war als zu der Zeit, als er die Säule bestiegen hat.

Grüße,

Jacobum
 
SRuehlow schrieb:
In den katholischen Analen gibts das auch? Ich habe das noch nicht gelesen, aber bin echt gerne bereit mich da weiter belehren zu lassen!

Die Analecta Bollandina sollten Auskunft geben: Delehaye, Hippolyte. "Les femmes stylites," Analecta Bollandiana, XXVII. 1908, pp. 391-392
 
... und seine letzten Jahre in der Porta Nigra gelebt haben.


Mit Simeon in Trier hat es eine andere Bewandtnis: nach der Übernahme der Franken hatten die römischen Torbauten der Stadtmauer keine große fortifikatorische Funktion mehr, um 1028 siedelte sich der aus Sizilien stammende Einsiedler Simeon in den Ostturm der Porta Nigra ein. Zu seinem Tode im Jahre 1034 gründete Erzbischof Poppo einen Kanonikerstift, wodurch der römische Torbau in eine Kirche umgewandelt wurde.
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MfG
Hardie
 
Jacobum schrieb:
Was SRuehlow schreibt, kann ich aus meiner Erinnerung an den Religionsunterricht unterstreichen. Uns wurde damals gesagt (und sowas vergisst man nicht als Kind), dass nach dem Tod eines Säulenheiligen die Säule mehrere Fuß höher war als zu der Zeit, als er die Säule bestiegen hat.

Das kommt auch davon, dass sie immer höhere Säulen bestiegen. Symeon Stylites fing lt. Überlieferung mit 3m an und endete bei ca. 20m. Mit den Exkrementen trieb man wohl auch Devotionalienhandel.
 
Na, da scheine ich über den Namen Simon ins Schleudern gekommen zu sein. :weinen:

In der Tat, sie erinneren ein wenig an Sadhus.
 
Hallo Askan,

zum Trost, es soll auch noch Dendriten gegeben haben, die ihr Leben auf Bäumen (griech. dendros) zugebracht haben. Die waren aber nicht so erfolgreich.
Mich würde nur mal brennend interessieren, wer den Styliten die Säulen aufgestellt hat. Das müssen ja Steinmetzen oder Maurer gewesen sein.

MfG
Hardie
 
Hardie schrieb:
Mich würde nur mal brennend interessieren, wer den Styliten die Säulen aufgestellt hat. Das müssen ja Steinmetzen oder Maurer gewesen sein.

Ich bin der Meinung, dass nicht die Heiligen vor den Säulen waren, sondern die Säulen vor den Heiligen. Nehmen wir mal an, so um das Jahr 400 n.Chr., gerade als die Antike sich wirklich dem Ende zuneigt: Die meisten Tempel sind damals schon Ruinen, die Tempel werden als Baustofflager für neue Gebäude benutzt. Manche Orte bestehen nur noch aus Ruinen und in diesen stehen halt auch mal unbenutzte Säulen rum, die zum sit-in einladen...
Mal im Ernst: Viele Säulenheilige, bzw. Männer und Frauen, die man später zu einem Heiligen gemacht hat, lebten in der Wüste und zogen sich dort in das bergische Land zurück. Gerade in Kapadokien kennt man viele dieser Wüstenbergheiligen. Diese Landschaften, ind denen sie dort leben, sind so bizzar geformt, dass manche Steine einfach wie Säulen aussehen. Da verwechselt man schon leicht eine echte Säule mit einer Natursäule (Entsehen durch den Wüstenwind, der den Sandstein durch tausende von Jahren bearbeitet hat...). Klingt doch irgendwie logisch, oder was meint ihr dazu?
 
Nö du. Die lebten schon auf echten Säulen. Ich habe mal einen Fernsehbericht über Syrien gesehen, da wurden auch die Überreste der Säule von Symeon Stylites und die mittlerweile verfallene Kirche gezeigt, die an der Stelle erbaut wurde.
 
Also, mich erinnert das weniger an Indien als vielmehr an Extremsportarten und Guinnes-Buch. Wer kann am längsten irgendwas Unmögliches aushalten? Im Ruderboot über den Atlantik, barfuß über den Grönlandgletscher oder so. Und hier: Mit wie wenig kann ich über lange Zeit auskommen? Es gibt auch heute viele, die unbedingt an die Grenzen ihrer Möglichkeiten kommen wollen, sie testen wollen (Mich interessieren meine Grenzen wenig). Ich erinnere mich schwach, eine Arbeit über soche Extrem-Eremiten gelesen zu haben. Die hatten ja auch Schüler. Da erinnere ich mich an eine Episode, dass ein Schüler irgendwo einen Kochtopf ergattert hatte und deshalb von seinem Meister wegen Verweichlichung augeschimpft wurde.
Das hat mit Christentum wenig zu tun. Ich habe vor ein paar Tagen den Film "Die große Stille" gesehen - über das Leben der Kartäusermönche. Sehr beeindruckend, dieser Film. Man wird als Zuschauer langsam aber sicher in eine meditative Stimmung versetzt. Meisterhaft. Aber ich halte das nicht für Christentum (Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, habt ihr mir getan - die tun niemandem irgendetwas - aber das ist eine andere Geschichte und hier OT). Dieses gewaltsame Eindringen in "höhere Bewusstseinssphären", das ist mir suspekt. Die Texte der Mystiker zeigen ja auch, dass die Erlebnisse offenbar nicht adäquat mitteilbar sind.
So rechne ich diese Säulenheiligen und auf einem Bein stehenden Inder eher zu den Extremsportlern als zu den religiös durchdrungenen Menschen.
 
Mich erinnern diese Säulenheiligen irgendwie ein wenig an die Meteoraklöster in Nordgriechenland, allerdings sind hier ganze Ordensgemeinschaften in einer Klosterarchitektur auf bizarren Felsnadeln erbaut. Der Sinn dieser Klöster ist, weltabgeschieden sich rein der asketischen Kontemplation widmen zu können.

Einige Säulenheilige wurden allerdings im Laufe ihres etwas seltsam anmutenden Lebensstiles zu Attraktionen für den Pilgertourismus. Jedenfalls sollen sich diese speziellen Eremiten auch mit den inneren Problemen ihrer Besucher befasst und mit ihnen teils in Form der Predigt korrespondiert haben. Die Probleme der Pilger lagen wohl mehr auf der spirituellen Ebene, die wir uns heute als eher säkularisiert-bürgerliche Christen kaum vorstellen können, wie überhaupt mystische Texte uns oftmals sehr unverständlich sind. Aber es ist doch auch in gewissem Sinne faszinierend, dass solche Einsiedler, die bewusst die Weltabgewandtheit gesucht haben, immer wieder in Kontakt mit der Außenwelt treten.

MfG
Hardie
 
askan schrieb:
Ich habe mal das allwissende Orakel befragt:http://www.uni-duisburg.de/Institute/CollCart/es/sem/s2/img02_01.htm

Also mich erinnert, es immer mehr an die indischen Asketen!

mich würde interessieren, wo diese Säule stand.

S. wurde nun Eremit bei Telneshin Telanissos (Deir Sim an) 60 km östlich von Antiochia. Er hauste zwar in einer Zelle, ließ sich aber während der 40 Tage der Fastenzeit einmauern. Bald übersiedelte er in das nahe Gebirge, wo ihn ungezählte Ratsuchende besuchten. Um solchen Störungen zu entgehen und um dem Himmel näher zu sein, setzte er sich um 422 auf eine Säule, auf der er den Rest seines Lebens verbringen sollte.

Steht so in deinem Link.
 
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