Saint-Just: Fragen zu Person und Bedeutung

HenningM

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Hallo!
Geschichte war mir seit dem Abitur verleidet (immer nur Ereignis-Nacherzählungen, bäh!), aber in der letzten Zeit habe ich ein Interesse an der Französischen Revolution entwickelt - wahrscheinlich, weil's sowohl turbulent war als auch von der Gegenwart schön weit entfernt ist.
Wie auch immer. Ich bin über Robespierre (der ja ein ziemlich langweiliger Mensch gewesen sein musste) zu Saint-Just gekommen. Das Problem ist, es gibt kaum umfassende Darstellungen dieses jungen fanatischen grausamen Mannes. Ich kann Deutsch und Englisch, aber Französisch so gut wie gar nicht. Und die dürren Lebensdaten und -stationen plus Wiki-Eintrag sind unbefriedigend.
Also 3 Fragen an die Experten.
1. Kann mir jemand eine Website oder ein Buch empfehlen, in dem Saint-Just vorkommt, und zwar exakter behandelt? Würde sich 'The Twelve who ruled' lohnen? Und (als ergänzend-unterhaltende Lektüre) Bredels 'Der Kommissar am Rhein'?
2. Wie ist die reale Wichtigkeit von Saint-Just einzuschätzen? Konnte er die Abfolge der wichtigen Etappen beeinflussen, oder war er eher, wie Robespierre wohl, ein "Nutznießer" von bereits sich entwickelnden Ereignissen? Ferner: Worauf basierte denn sein unzweifelhaft großer Einfluss auf den Fortgang der Ereignisse? Demagogie? Rationalität? Auf "der Straße" oder auf "der Nationalversammlung" oder auf dem W.-Ausschuss?
3. Wie schätzt ihr Saint-Justs Charakter ein? Ein junger, sicher talentierter Mann wird zum Antreiber hin zu noch mehr Morden, noch mehr terreur - normal ist das nicht. Zumal Saint-Just mir nicht so vorkommt, als sei es nahe am Durchknallen wie z.B. Hebert, oder eine so düstere Persönlichkeit wie Fouquier-Tinville. Korrigiert mich, wenn ich schief liege.

Für die Antworten schon mal herzlichen Dank!
 
Aw

Hey Henning,

du könntest mal in das Drama "Dantons Tod" von Georg Büchner reinlesen. Es beinhaltet zwar keine exakten geschichtlichen Informationen (ich weiß, das war wichtig), aber St. Just´s Charakter wird sehr eindrucksvoll dargestellt. Und auch wenn das Geschichtliche etwas zu kurz kommt (ein Drama ist mit einem historischen Sachtext nunmal nicht zu vergleichen), ist es nicht uninformativ und als Lektüre sehr empfehlenswert.

St. Just rechtfertigt beispielsweise den jakobinischen Terror als natürliche Gesetztmäßigkeit und spricht letztendlich den Menschen von jeder moralischen Verantwortung für das eigene Handeln frei. Sehr aussagekräftig sind auch Zitate wie "Sie [die Dantonisten] müssen weg, um jeden Preis und sollten wir sie mit den eigenen Händen erwürgen" (lll,6).
Ich glaube die 2€ oder 3€ (Reclam-Verlag) sind das Buch wert :)

Einige Eigenschaften, die mir noch zu St. Just einfallen (aufgrund des Dramas):
-skrupellos,kaltherzig
-Hang zur Selbsterhöhung (Vergleich der Revolution mit der Sintflut -> sein Tun als Beitrag zur göttlichen Mission)
-sozialdarwinistisch eingestellt (vgl. ll,7 "bis die alte verdorbene Generation sich aufgerieben hatte")
-illoyal ("Er [Robespierre] tut, als ob er etwas zu sagen hätte" lll,6)
 
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