Scharfschützen im Ersten Weltkrieg?

Arnaud28

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Guten Tag in die Runde,

neulich hab ich mir ein paar Bilder angeschaut und dort habe ich französische Scharfschützen auf einem Bild gesehen. Jetzt meine Frage, über das Thema Scharfschützen im zweiten Weltkrieg gibt es viel Literatur und von den Russen sogar einen regelrechten Kult. Auch dieser berühmte Finne oder Matthias Hetzenauer sind allgemein bekannt. Aber wie sieht das aus beim ersten Weltkrieg? Wurden Scharfschützen großflächig ausgebildet und eingesetzt? Oder ist das nur eine Randerscheinung?

Bin dankbar für jeden Hinweis.
 
sogar einen regelrechten Kult.

Im Prinzip gehört die Gewaltverherrlichung von "Scharschützen" als heroische Tat des protoptypischen Helden als "Scharfschützen" zu den problematischten und für mich unangenehmsten Formen von Berichten über den Krieg.

Man muss wohl schon sehr abgestumpft sein, wenn man durch sein Zielfernrohr den Tod des anderen sehen kann. Und bildet damit die dialektische Gegenposition zu dem Offizier, der den Starbefehl für ICBM bildet.

In Bezug auf die Scharfschützen gehe ich davon aus, dass der Anteil mit einer PTBS sehr hoch sein sollte. Mag ja sein, dass diese "Helden" für eine gewisse Zeit den Horror der Tötung von Menschen verdängen können. Die "Bilder" wird man aber nicht mehr aus der Erinnerung bekommen und ihre Wirkungen in einem "zivilen" Umfeld sollten zu enormen psychischen Spannungen bei den Betroffenen führen.

Dieser Hinweis erscheint mir sehr wichtig um die negativen Seiten der einsetzenden Verherrlichung von Militär mal wieder zu verdeutlichen. Nicht ohne Grund gibt es in der US-Army unter den Soldaten, die im Kriegseinsatz waren, sehr hohe Selbstmordraten.
 
Guten Tag in die Runde,

neulich hab ich mir ein paar Bilder angeschaut und dort habe ich französische Scharfschützen auf einem Bild gesehen. Jetzt meine Frage, über das Thema Scharfschützen im zweiten Weltkrieg gibt es viel Literatur und von den Russen sogar einen regelrechten Kult. Auch dieser berühmte Finne oder Matthias Hetzenauer sind allgemein bekannt. Aber wie sieht das aus beim ersten Weltkrieg? Wurden Scharfschützen großflächig ausgebildet und eingesetzt? Oder ist das nur eine Randerscheinung?

Bin dankbar für jeden Hinweis.

Über die Ausbildung kann ich nicht viel sagen, aber im Grabenkrieg und Stellungskrieg spielten Scharfschützen eine zunehmende Rolle. Die britische Armee setzte sogar eigene Dummys ein, um Scharfschützen zu neutralisieren.
Aus den Dummys ließ sich relativ zuverlässig der Schusswinkel und die ungefähre Position des Scharfschützen rekonstruieren.

War ein Scharfschütze lokalisiert, forderte man Artillerie an, die das Gelände mit Granaten beschoss.

In den Frontabschnitten waren Scharfschützen in der Regel bei den stationierten Truppen äußerst unbeliebt, da Scharfschützen notwendigerweise eine Politik des Leben- und -eben-lassens konterkarieren musste, die sich an vielen Frontabschnitten eingebürgert hatte.

Scharfschützeneinsätze mussten zur Eskalation des Krieges führen und waren durchaus ein drehen an der Aggressionsschraube. Scharfschützen machten das Niemandsland zur Todeszone, erinnerten jeden daran, dass einen ständig der Tod ereilen konnte, machten es mit diesem Bewusstsein unmöglich, sich in der Todeszone einzurichten.

Scharfschützen provozierten natürlich auch Gegenmaßnahmen: Trommelfeuer, Störfeuer, Giftgas und eigene Scharfschützen.

Oft wurden Scharfschützen aber gerade deswegen eingesetzt, um zu verhindern, dass sich eine Leben-und -leben lassen-Mentalität bildet, da man daraus Fraternisierungs-Tendenzen befürchtete. Etwa der berühmte "Weihnachtsfrieden" an der Westfront wurde von höheren Offizieren mit äußerstem Misstrauen betrachtet.
 
Als Scharfschütze mit ZF zu töten ist keine heroische Tat! Sniper werden im allgemeinen nicht als Kriegsgefangene behandelt, sondern erschossen. Das hat man uns, die wir eine solche Ausbildung bekamen, Ende der 80ger so beigebracht. Allerdings ist der Unterschied zwischen ZF auf 800 M. und normalem Gewehr auf 300 M. nicht allzu
groß. Ob ich als Sniper töten muß oder als einfacher Soldat, macht keinen großen Unterschied.
Zu meiner Zeit war gerade die Diskussion im Gange " Soldaten sind potenzielle Mörder". Bei uns haben sich da viele
aufgeregt, ich konnte dem aber schon zustimmen. Mit der Waffe in der Hand verroht man schnell.
 
Ob man nun fast ästhetisch-intellektuell eine Vernichtungsschlacht schlägt- seit Herodot die Perserkriege beschrieben hat ein beliebtes Thema von Historiographen und Militärhistorikern, ob man kühl distanziert aus der Vogelperspektive Städte bombardiert oder mittels Torpedos Schiffe samt ihrer Besatzung im wahrsten Sinne des Wortes zu Grunde gehen lässt, ob filigran mit Degen und Florett oder brachial mit Axt, Baseballschläger oder bloßen Fäusten. Ob mit "kalten Waffen", Kugel oder Schrot, mit Armbrust, Blasrohr, Schleuder, mit Vollmanteln, Hollow Points, Schwarzpulver oder Atomraketen das töten- und darum geht es- hat nichts heroisches, auch wenn die Effektivität zweifellos beeindruckt.
 
Zu meiner Zeit war gerade die Diskussion im Gange " Soldaten sind potenzielle Mörder". Bei uns haben sich da viele
aufgeregt, ich konnte dem aber schon zustimmen. Mit der Waffe in der Hand verroht man schnell.

Ich war zu jener Zeit, wie viele andere auch, in den 80zigern bei der Bundeswehr und konnte und kann die Aufregung sehr gut nachvollziehen. Die Aufregung war riesengroß.
Woher weißt du, das man mit der Waffe in der Hand verroht?
 
Ich denke mal, das ist in allen Kriegen so, da geht es ans eigene Fell.
Wenn Du Dich auf die BW Zeit beziehst, kann ich das verneinen.
 
Das StG77, das vom österreichischen Bundesheer verwendete Sturmgewehr, ist sogar standardmäßig mit einer optischen Zielvorrichtung (die allerdings nur eine 1,5-fache Vergrößerung bietet) ausgestattet. Das macht es freilich nicht zu einem Scharfschützengewehr, und es ist nur für eine Zielbekämpfung bis 300 m ausgelegt.
 
Patronenbedingt lassen sich die modernen "Sturmgewehre/Schnellfeuerkarabiner" kaum als Scharfschützenwaffen
für größere Entfernungen einordnen.
Hierzu sind die "schweren" Gewehrpatronen geeignet, deshalb sicnd die heute benutzten Waffen für diesen Zweck
meist noch Repetierzylinderverschlußgewehre, oder Halbautomaten, meist mit ausgesuchten Läufen.
 
In den Frontabschnitten waren Scharfschützen in der Regel bei den stationierten Truppen äußerst unbeliebt, da Scharfschützen notwendigerweise eine Politik des Leben- und -eben-lassens konterkarieren musste, die sich an vielen Frontabschnitten eingebürgert hatte.

Wenn man drüber nachdenkt eine recht eigenartige Einstellung, auch wenn ich es emotional nachvollziehen kann; auch das, was thanepower weiter oben schrieb. Eigentlich hätten Artilleristen die Abneigung viel eher verdient, sieht man sich die Verlustzahlen an. Gut, Scharfschützen rufen Gegenmaßnahmen gegen den eigenen Graben hervor, aber ich vermute, das "persönliche" Töten des Feindes, den man sieht, im Gegensatz zum "unpersönlichen" Artilleriebeschuss, auch einen psychologischen Anteil daran hat.

Ob ich als Sniper töten muß oder als einfacher Soldat, macht keinen großen Unterschied.

Naja, als Scharfschützen werden Leute eingesetzt, bei denen die Vorgesetzten davon ausgehen, dass sie Leute töten können. Beim Durchschnittssoldaten, besonders in Wehrpflicht-Armeen, ist das nicht so sicher. Gibts mWn Untersuchungen zu, dass nur ein recht kleiner Teil der Menschen wirklich schießt, um zu töten, auch wenn es befohlen ist; zumindes ohne intensives Training, was tendentiell wieder eher Scharfschützen haben dürften.
 
Naja, mit der Arty müßen die Soldaten leben und die schoß/schießt relativ ungenau, der Sniper nicht, normal trifft der!

Aber wieso bin ich dann Scharfschütze geworden?
 
Dazu kommt ja noch, einige Sniper verwunden die Gegner nur und knipsen dann dessen Kameraden ab.
Dann gibt es da noch die "Russenlöcher", überrollen lassen und die Gegner von hinten abmurksen.
Da darf man sich nicht wundern über den schlechten Ruf.
 
Wenn man drüber nachdenkt eine recht eigenartige Einstellung, auch wenn ich es emotional nachvollziehen kann; auch das, was thanepower weiter oben schrieb. Eigentlich hätten Artilleristen die Abneigung viel eher verdient, sieht man sich die Verlustzahlen an. Gut, Scharfschützen rufen Gegenmaßnahmen gegen den eigenen Graben hervor, aber ich vermute, das "persönliche" Töten des Feindes, den man sieht, im Gegensatz zum "unpersönlichen" Artilleriebeschuss, auch einen psychologischen Anteil daran hat.



Naja, als Scharfschützen werden Leute eingesetzt, bei denen die Vorgesetzten davon ausgehen, dass sie Leute töten können. Beim Durchschnittssoldaten, besonders in Wehrpflicht-Armeen, ist das nicht so sicher. Gibts mWn Untersuchungen zu, dass nur ein recht kleiner Teil der Menschen wirklich schießt, um zu töten, auch wenn es befohlen ist; zumindest ohne intensives Training, was tendenziell wieder eher Scharfschützen haben dürften.

Ob ich als Sniper töten muss oder als einfacher Soldat macht keinen Unterschied


Sicher, das Resultat ist das gleiche, psychologisch macht es aber doch einen großen Unterschied aus.


Als Artillerist schießt man auf Planquadrate, das Ziel selbst sieht man in der Regel gar nicht, der Artilleriebeobachter gibt das Ziel vor, und auch der sieht/sah in der Regel kein konkretes Ziel, sondern schoss auf eine Batterie, die dort liegen musste, auf einen Grabenabschnitt.

Die Artilleriegranate war verheerend, die meisten Verletzungen gingen auf ihr Konto-aber völlig unpersönlich. Ein Artillerist sieht nicht, was seine Granate anrichtet, ebenso wenig wie ein Bomberpilot. Die Granate trifft Soldaten, die man nicht sieht, abgefeuert von unsichtbaren Gegnern.

Im Feuergefecht der Infanterie wird es schon persönlicher, man sieht aus dem Niemandsland bewaffnete Gegner auf sich zukommen, man sieht und hört, ob man getroffen hat oder nicht, ob man gut getroffen hat, oder nicht. Man sieht Blut, Pulverdampf, Verwundungen. Man hört Verwundete schreien.

Dennoch trägt die Hektik der Situation, das handeln in der Gruppe, im Verband, die Entfernung dazu bei, das Töten unpersönlicher zu machen. Die Körperchemie pumpt den Körper voll mit Adrenalin und Stresshormonen. Man schießt, während alle schießen, wird selbst beschossen.

Im Handgemenge, auf Nahkampfdistanz Gegner mit Pistole, Handgranate, Spaten oder Grabendolch Gegner zu neutralisieren, ihnen auf doppelte Armlänge ins Gesicht zu schießen oder mit Spaten oder Gewehrkolben den Schädel zu spalten, ist psychologisch viel schwerer zu verarbeiten,

Ein Scharfschütze aber konzentriert sich auf einzelne Gegner, er handelt nicht unter akutem Stress, schießt wenn alle schießen, sondern er schießt idealerweise ohne jede Emotion aus dem Hinterhalt auf einen Artgenossen, der zum, Todeszeitpunkt arglos ist. Die Aufgabe erfordert quasi alle Merkmale des Mordes, und die Tötung eines Artgenossen ist sozusagen der größte nur denkbare Tabubruch. Das macht die Aufgabe eines Scharfschützen noch weit belastender, als die Tätigkeit eines regulären Soldaten.
 
er schießt idealerweise ohne jede Emotion aus dem Hinterhalt auf einen Artgenossen
Dasselbe macht auch die "Bedienung" einer MG-Scharte in der sozusagen heimtückisch platzierten Grabenstreiche, in der ebenso platzierten Zwischenraumstreiche (bzgl der relativen Nahverteidigung), im "MG-Nest" - ja schlimmer gar: die schießen wahllos mit ihrem mörderischen Gerät (MG) in Menschengruppen. Und die ausgeklügelte Militärarchitektur hat zuvor die optimalen Bestreichungswinkel ausgerechnet und ästhetisch anzuschauen auf Detailplänen visualisiert. Kurzum: derartige fortifikatorische Einrichtungen machen den im verborgenen "heimtückischen" stahlbetonarmierten "Nest" lauernden MG Schützen noch schrecklicher als den einzelnen "Sniper".

Das ist kein Jux vom Festungsfreak! Es existieren zahllose Detailpläne aus der Jugendstilzeit (sic) mit Bestreichungswinkeln, Schussgassen etc für Nah- und Fernwaffen für befestigte und passagere Stellungen, und sie sind bzgl der Abdeckungseffizienz furchtbar (sic) ausgeklügelt...

Diese "Systeme" sollten beim moralischen abstufen der Soldatentätigkeiten bzgl der Tatsache, dass da auf Befehl Artgenossen aufeinander schießen, nicht übersehen werden.
 
Für Scharfschützen werden erst mal gute Schützen ausgewählt. Vor dem Ernstfall an der Front wäre es schlecht, wenn sich ein Soldat als "skrupelloser Killer" entpuppt, um es mal zuzuspitzen. Nach Kriegsbeginn hängt es von der Organisationsweise, dem Ersatz- und Ausbildungswesen ab.

Ich meine, Rommel erwähnt etwas zu Scharfschützen im 1.Weltkrieg.. Es ist aber lange her, dass ich es gelesen habe.
 
Bezogen auf die Technik folgende Frage:
Mit was für Optiken hat man denn damals gearbeitet?
Also ich meine jetzt nur die Vergrößerung, nicht die genauen Typen.
Reicht da eine achtfache Vergrößerung?
 
Bezogen auf die Technik folgende Frage:
Mit was für Optiken hat man denn damals gearbeitet?
Also ich meine jetzt nur die Vergrößerung, nicht die genauen Typen.
Reicht da eine achtfache Vergrößerung?

je größer die Vergrößerung, um so mehr wackelt das Bild. Um mit dem Fernglas Wild zu beobachten, ist ein Nachtglas 8x 56 oder ein Marineglas 7x50 für freihändige Beobachtungen viel besser geeignet, als eine 10fache Vergrößerung, bei der aber das Bild nicht stabil ist.

Die Zielfernrohre im 1. und 2. Weltkrieg hatten meist eine deutlich kleinere Vergrößerung: 4-4,5 fache Vergrößerung, häufig auch deutlich kleinere 2-2,5 fache Vergrößerung. Eine 6-8 fache Vergrößerung ist bei größerer Distanz nur von Vorteil, wenn das Ziel sich nicht bewegt. Eine kleinere Vergrößerung von 2,5-4,5 hat den Vorteil, dass man damit ein Ziel viel schneller erfassen kann, dass es viel leichter ist, ein bewegliches Ziel zu erfassen.

Viele moderne Zielfernrohre, die für die Jagd verwendet werden, haben heute eine variable Vergrößerung oft 4-12-fach. Die großen Vergrößerungen sind häufig nur zu gebrauchen, wenn das Ziel/Wild sich nicht bewegt und wenn man die Waffe auflegen kann. 4-6 fache Vergrößerung ist für die meisten Gelegenheiten absolut ausreichend. Das Ziel kann schnell erfasst werden, das Bild ist stabil, und notfalls kann man auch über Kimme und Korn schießen.

Dagegen bieten Vergrößerungen, die darüber hinaus gehen, nur in wenigen Einzelfragen konkrete Vorteile. Eine Vergrößerung 4,5-6 deckt eigentlich alle Bedürfnisse ab, die sich bei der Jagd ergeben können. 8x 56 ist wohl für Jagdgläser optimal. Auch auf große Entfernung bleibt das Bild stabil, während Ferngläser mit 10 facher Vergrößerung das Bild verwackeln, und noch größere Vergrößerungen ohne Stativ kaum funktionieren, weil das Bild zu sehr wackelt.
 
Sehr interessant, im kalten Krieg war das Standardfernglas im Westen ein Zeiss 8x30 und im Osten eine eigenständige Konstruktion mit 7x40. Die Ost Konstruktion wurde übrigens auch von Yugoslawen und Rumänen nachgebaut. Die Chinesen verwenden auch 7x40.
 
Es werden viele 8x30, 10x40 Gläser verkauft, und bei Tageslicht kommt man mit so einem Glas auch gut aus. In der Dunkelheit ist aber für die Dämmerungsleistung der Objektivdurchmesser entscheidend. Da ist dann aber bei den kleineren Objektiven recht bald das Ende der Fahnenstange erreicht, während ein 8x 56 er Nacht- oder Jagdglas oder ein 7x50er in mondhellen Nächten noch sehr viel erkennen lässt, wo man mit bloßem Auge oder kleinerem Objektiv gar nichts mehr sehen kann.

Wer als Jäger, Scharfschütze, Detektiv oder auch als Voyeur und Spanner ein Fernglas erwirbt, tut gut daran, die 7x40, 10x 40, 8x30 Gläser links liegen zu lassen und sich an Land für ein 8x56er und zu Wasser für ein 7x50er zu entscheiden.
 
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