Schiffe versenken... und rasch bergen (1905 Port Arthur)

dekumatland

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(die Zitate sind alle aus Belagerung von Port Arthur – Wikipedia wobei ich aber nicht über den Festungskrieg fachsimpeln werden)
Die russische Pazifikflotte wurde im Hafen von Port Arthur versenkt, was für das Militär des Zaren ein schmerzlicher Verlust war. Aber offenbar wurden nicht wenige der teils durch Artillerietreffer, teils durch selber fluten versenkten Kriegsschiffe rasch von den siegreichen Japanern geborgen und danach wohl weiter genutzt:
In der Nacht auf den 2. Januar 1905, als die russische Garnison kapitulierte, versenkte Kapitän Nikolai von Essen das letzte Linienschiff, die Sewastopol, selbst durch einseitiges Fluten im tieferen Teil des Hafens, um dadurch und durch die Seitenlage des Wracks eine Bergung durch die Japaner zu verhindern.
Die Japaner bargen in den folgenden Monaten die Mehrzahl der im Hafen versenkten Schiffe, setzten sie instand und stellten die Schiffe wieder in Dienst.
Wie hat man das 1905 bewerkstelligt?
Natürlich betrifft das "nur" die in flachem Wasser auf Grund gesetzten (Beschuss/Leck oder Flutung) Schiffe, wie sie auf einem Foto im Wikipedia Artikel zu sehen sind - wenn ich mich erinnere, was für ein Aufwand in unseren Hightech-Zeiten die Bergung der Costa Concordia war...
Gibt es Materialien/Berichte/Quellen dazu, wie man 1906 diese Kriegsschiffe hatte bergen können?
 
Eigentlich gibt es einen detaillierten Bericht zu den Bergungsarbeiten:
Die Hebung der russischen Schiffe in Port Arthur und Tschimulpo durch die Japaner (1905). Mit 2 Abb. in: Marine-Rundschau. Jg. 17, 1906. T.1. S. 304-311. ,
doch fand ich den nirgends vollständig digitalisiert.

Unter dem Titel Le relèvement des navires russes à Port-Arthur et à Tchemoulpo veröffentlichte die Revue Maritime den Artikel in der Mai-Ausgabe 1906 auf Französisch und der ist digitalisiert. Revue maritime / publiée par le Ministère de la Marine

Um es kurz zu machen: Taucher, Holz, Segeltuch, Werg, Platten aus Blei, Zement, sowie viele starke Pumpen genügten, um die Schiffe schwimmfähig und zur Überführung in die Trockendocks nach Japan bereit zu machen. 2 der 6 großen Schiffe schafften die Überfahrt dann auch alleine. Material sei noch genügend vorhanden gewesen.
Es waren insgesamt 12 Löcher/Risse zu stopfen:
Poltawa, eins von 6.20 mal 2.80 m;
Pallada, drei, von denen eins 8 mal 5 m groß war
Retwisan, vier zwischen 5 und 7 m
Bajan, zwei zwischen 5 und 7 m
Pobeda, zwei zwischen 5 und 7 m
Pereswet, nichts
Übrigens alles von den Russen mittels Sprengladungen in der Nacht auf den 2. Januar 1905 selbst zugefügte Beschädigungen. Außer eine bei der Bajan gab es keine Beschädigung durch japanischen Artilleriebeschuss unterhalb der Wasserlinie.
Journal of the United States Artillery
Effects of high-angle fire on Russian ships at Port Arthur, Journal of the United States Artillery, Volume 26, 1906, S. 133-139
Antiaircraft Journal
Damaged Russian warships at Port Arthur, Journal of the United States Artillery, Volume 24, 1905, S. 174-178

In der Revue Maritime liest man unter dem Titel Le renflouage du Variag à Tchemoulpo (die Bergung der Warjag (Schiff, 1899) – Wikipedia in Tschemulpo) weiter, wie die Pumpen dort nicht mehr ausreichten und Senkkästen (Caissons) und anderes Hi-Tech eingesetzt werden mussten. Sie lag auch einiges tiefer.

Die erwähnte Sewastopol wurde nie geborgen. Sie lag außerhalb des Hafens in 55m Wassertiefe.
 
Mich interessiert noch: War der Nordische Bergungsverein an der Hebung der Schiffe beteiligt?
Innsbrucker Nachrichten, 21.3.1905
Hebung der Schiffe von Port Arthur. Hamburg, 20. März.
Eine interessante Nachricht kommt aus Cuxhaven: Dem norddeutschen Bergungsverein soll die Bergung der vor Port Arthur gesunkenen Schiffe übertragen werden. Der Verein besitzt Riesenhebewerke in seinen Prahmen in Ober-Elbe und Unter-Elbe. Das gesamte Hebematerial soll in der nächsten Zeit nach Port Arthur abgehen. Es wird auch von Verhandlungen mit dänischen Bergungsgesellschaften gesprochen.


Dänische und Schwedische Beteiligung an den Bergungsarbeiten lässt sich einigermaßen belegen. So verzichtete z.B. eine dänische Bergungsfirma (vermutlich Svitzer) darauf, den im Februar 1905 in der Ha Long Bucht gestrandeten französischen Kreuzer Sully zu bergen, mit der Begründung, sie hätten in Port Arthur schon alle Hände voll zu tun und einen Vertrag zu erfüllen. Vom Nordischen Bergungsverein finde ich nach dieser Zeitungsmeldung keine Spur mehr.

Ein von der russischen Botschaft in England übermitteltes Protestschreiben an die englische Regierung, es würde sich auch eine englische Firma daran beteiligen, wurde dahin gehend beantwortet, es handele sich um ein rein kommerzielles Unterfangen und rechtfertige kein Handeln ihrerseits.
aus Britain, Russia and the Road to the First World War: The Fateful Embassy of Count Aleksandr Benckendorff (1903–16), Marina Soroka, 2011

Wurde der Bergungsverein vielleicht zurückgepfiffen oder gab es zwischen Russland und Deutschland auch Verstimmungen wegen Beteiligung einer deutschen Bergungsfirma in Port Arthur?
 
Vom norddeutschen Bergungsverein Anfang 20. Jh. habe ich noch nie gehört, danke für diese Info.
Die haben also 1905 Riesenhebewerke und diese sollten von der Nordseeküste nach Port Arthur geschippert werden - ganz sicher kein billiges Vergnügen. Dass es zu dieser Zeit möglich war, mit Tauchern die Größe von Lecks gesunkener/versenkter Schiffe (das waren recht große Kästen!) so genau zu ermitteln, dass man abschätzen konnte, ob eine Bergung möglich sei, finde ich erstaunlich.
 
Dass es zu dieser Zeit möglich war, mit Tauchern die Größe von Lecks gesunkener/versenkter Schiffe (das waren recht große Kästen!) so genau zu ermitteln, dass man abschätzen konnte, ob eine Bergung möglich sei, finde ich erstaunlich.
Vielleicht war ja doch noch eine Erfindung des italienischen Schatztauchers und Erfinders Giuseppe Pino im Einsatz.
Ich fand zwar keine weiteren Hinweise dazu, aber in The Book of Buried Treasure, Ralph D. Paine, 1911, Kapitel VIII steht:
The Japanese government successfully employed his submarine inventions in raising the Russian war ships sunk at Port Arthur.

Sein Hydroskop meldete er 1903 zum Patent an.
US849570A - Hydroscope. - Google Patents

ganz sicher kein billiges Vergnügen.
Zu den Kosten meint oben verlinkter Bericht zur schwierigen Bergung der Warjag, dass sie ungefähr ein Siebtel von dem ausmachten, was die Herstellung eines neuen Schiffes vom gleichen Typ gekostet hätte.
Ich zweifle auch etwas daran, dass man Hebewerke von der Elbe nach Port Arthur schaffte.
 
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