Schlacht von Königgrätz 1866: Karabinier oder Zündnadel und Papppatrone

Für Europa stimmt es schon, dass Königgrätz die erste große Schlacht ist, bei der der Schlachterfolg maßgebend von den überragenden logistischen Leistungen abhängig war, die die Eisenbahn ermöglichte. Dies ermöglichte bzw erleichterte den Preußen das konzentrische Vorgehen und den Angriff von mehreren Seiten.

Bildquellen mit Eisenbahnbezug sind mit leider ncht bekannt, sry.
 
Bei der ersten Schlacht von Manassas (oder Bull Run) im amerikanischen Bürgerkrieg (Juli 1861) führte der Süden Truppen (ca. 10 000 Mann zu den 22 000, die 35 000 Soldaten der Union gegenüberstanden) mit Hilfe der Bahn (Manassas Gap Railroad) aus dem Shenandoah Tal an die Front.
 
hey, danke für eure antworten :) ich habe auch herausgefunden, dass es beim acw, preußische beobachter gab, die sich dort abgeschaut haben, wie die nordamerikaner die eisenbahn benutzt haben. im wesentlichen soll es um deutsche eisenbahnen gehen, aber trotzdem, kann es sinnvoll sein, wenigstens bezüge zum acw zu machen.
 
Für das Thema Königgrätz finde ich das Buch "Königsgrätz" von Gordon A. Craig aus dem Jahr 1966 immer noch sehr gelungen.

Die Verlegung der preußischen Truppen an die diversen Gebirgsübergänge zum böhmischen Becken erfolgte mittels Eisenbahntransport. Aber die entscheidende Leistung Moltkes war der getrennte Vormarsch der 1. Armee von Prinz Carl Friedrich sowie die der 2. Armee des preußischen Kronprinzen. Während die Stabschefs dieser Armeen auf eine Vereinigung drängten, ließ Moltke beide Armeen getrennt marschieren (und nicht mit der Eisenbahn fahren). Erst während der Schlacht fand die Vereinigung statt - mehr oder weniger im Rücken der österreichisch-sächsischen Armee. Im nachhinein erscheint uns diese Strategie schlüssig. Für die damaligen Beobachter war der preußische Vormarsch in mehreren Kolonnen über die Gebirgspässe höchst riskant. Die Benutzung der Eisenbahn mag - da neu - beachtenswert sein, die Leistung Moltkes betrachte ich jedoch mit anderen Schwerpunkten als diesen.
 
Wenn ich #17 und den Bezug zur Eisenbahn interpretiere, dann kann hier doch auch auf die Bedeutung der Eisenbahn speziell in der Mobilisierungsphase abgestellt.

In dieser Sichtweise ist 1866 sicher ein Einschnitt: die Gewinnung eines strategischen Vorteils aus der Mobilisierungsgeschwindigkeit mit Hilfe der Eisenbahn (danach die operative Verwertung des Vorteils im Feldzug bzw. der Entscheidungsschlacht).

Bremm, Klaus-Jürgen: Von der Chaussee zur Schiene. Militär und Eisenbahnen in Preußen 1833-1866, Militärstrategie und Eisenbahnen in Preußen von 1833 bis zum Feldzug von 1866, Militärgeschichtliche Studien 40, aus 2005.
 
Im nachhinein erscheint uns diese Strategie schlüssig. Für die damaligen Beobachter war der preußische Vormarsch in mehreren Kolonnen über die Gebirgspässe höchst riskant.

Das deckt sich mit meinen Informationen. Soweit ich mich erinnern kann, war den Befehlshabern die Gesamtheit der Bewegung nicht vollständig verständlich. Eine ähnliche Schlacht wurde vorher wohl noch nicht geschlagen.

Es gab durchaus eine Distanz im Verständnis zwischen der genialen Planung eines Moltkes und der doch eher bodenständigen Sichtweise der einzelnen Armeebefehlshaber.

Gerade das forcierte schlachtentscheidende Heranrücken von Norden der preußischen Garden entsprang einem hohen taktischen Verständnis, das aber natürlich in die gelungene Gesamtaufmarschplanung eingebettet war.
 
Soweit ich mich erinnern kann, war den Befehlshabern die Gesamtheit der Bewegung nicht vollständig verständlich. Eine ähnliche Schlacht wurde vorher wohl noch nicht geschlagen.

So ganz habe ich das Ungewøhnliche daran noch nicht verstanden.
Von der Eisenbahn mal abgesehen, lies Napoleon z.B. seine Armee vom Kanal bis nach Ulm genauso aufmarschieren - oder worin unterscheiden sich die Plæne?
"Getrennt marschieren - vereint kæmpfen" (sprich: idealerweise Vereinigung auf dem Schlachtfeld) sehe ich da als nichts neues.

Gruss, muheijo
 
Naja, vieles gab es sicherlich schon vorher und wurde auch bereits genutzt. Es war vermutlich die Summe der Neuerungen, die diese Schlacht als so innovativ erscheinen lies:

Wki: "Zugleich wurde hier jedoch die Auftragstaktik erstmalig in großem Stil zur Anwendung gebracht, jene auf Friedrich II. und Napoleon gleichermaßen zurückgehende Weiterentwicklung der ursprünglich durch die Lineartaktik bedingten engen Bindung auch der mittleren Truppenoffiziere an die strikten operativen Vorgaben der Armeebefehlshaber zu selbstständiger, eigenverantwortlicher und den jeweiligen Geländeverhältnissen flexibel anzupassender Truppenführung. Nun konnten bereits Kompaniechefs, also Offiziere im Hauptmanns- oder auch Leutnantsrang; im Zweifelsfall nach eigenem Ermessen Entscheidungen treffen, ohne eine Abstrafung durch vorgesetzte Kommandos wegen Ungehorsams befürchten zu müssen."

Dieses System ist nicht ohne Probleme in der Praxis anzuwenden und macht ein einheitliches Ausbildungssysem auf allen Ebenen der Armee notwendig. Insbesondere auch auf der Ebene der Generalstabsoffiziere.

Und auf diesen Aspekt bezog sich meine Einschätzung. Das System der Generalstabsausbildung war zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen und es hätte zu sehr gravierenden Friktionen kommen können, sofern die 1., 2. oder die Elbarmee falsche Entscheidung getroffen hätten.
 
Wenn ich #17 und den Bezug zur Eisenbahn interpretiere, dann kann hier doch auch auf die Bedeutung der Eisenbahn speziell in der Mobilisierungsphase abgestellt.

In dieser Sichtweise ist 1866 sicher ein Einschnitt: die Gewinnung eines strategischen Vorteils aus der Mobilisierungsgeschwindigkeit mit Hilfe der Eisenbahn (danach die operative Verwertung des Vorteils im Feldzug bzw. der Entscheidungsschlacht).

Bremm, Klaus-Jürgen: Von der Chaussee zur Schiene. Militär und Eisenbahnen in Preußen 1833-1866, Militärstrategie und Eisenbahnen in Preußen von 1833 bis zum Feldzug von 1866, Militärgeschichtliche Studien 40, aus 2005.

Die Bedeutung der Logistik hatte Moltke bis 1866 wohl noch nicht so ganz richtig erkannt gehabt. Der preußische Generalstab hatte es nämlich schlicht unterlassen, die Versorgungs- und Nachschubzüge mit in den Mobilmachungsplan aufzunehmen. Und geradezu fahrlässig wurde der Experte von Wartensleben auch noch an die Front beordert.
 
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