Schlachtformationen in nap. Kriegen?

die Amerikaner sollen nach Gettysburg gut 37000 Musketen aufgelesen und zur Überprüfung nach Washington geschickt haben. Herausgekommen ist, dass gut 24.000 zwischen 2 und 10 Kugeln im Lauf hatten.
Hm, das ist aber auch etwas völlig anderes als bei den Geschossen des 18. und frühen 19.Jh.. Bei drei Ladungen der Zeit ragt der Ladestock schon bedenklich weit herraus. 2 Kugeln mit einmal zu verschießen war wohl zu der Zeit (um 1800) ein Trick, den ich mal irgendwo von einem Zeitgenossen gelesen hatte und angewendet wurde, wenn man mit einem Feuer eine möglichst verheerende Wirkung erzielen wollte.
Bei dem Mehrfachladen in der Hektik stellt sich mir auch die Frage, ob da nicht auch letztlich die Unteroffiziere nicht aufgepasst haben, die eigentlich auf das Verhalten der Soldaten ein Auge haben sollten. (Auf eine Escouade kam immerhin ein Caporal)
 
da es meistens eh' keine Profis waren, wundert es mich nicht.
ab 1813 werden viele ganz wenig Schüsse als Übung abgefeuert haben, bevor sie im Gefecht standen. Dann gab's noch die "wenig Pulver"-Fraktion die aus Angst vor dem Rückstoss zu wenig Pulver genommen haben (war bei Indianern in Nordamerika gerne gesehen, daher waren die meisten ja so lausige Schützen).
Ich würd' mal sagen, dass heutzutage ein Reenactor, besser lädt und schiesst als der Durchschnittssoldat zur napoleonischen Zeit. Davon mal abgesehen, dass er über erheblich besseres Material verfügt.
 
Wie kamen dann die z.T. erheblichen Verlustzahlen in den Schlachten des ACW zustande ?
Ist hier eigentlich OT. Die Waffen des American Civil War waren schon weitaus präziser und sind mit unseren Ausführungen daher kaum zu vergleichen. Ich las einmal, dass die verheerenden Verluste z.T. daher kamen, dass die Befehlshaber die Leistungsstärke der moderneren Gewehre nicht in ihre Überlegungen einbezogen, sondern im taktischen Denken bisweilen noch in den Napoleonischen Kriegen feststeckten, als die ungenaueren Waffen eine Massierung von Männern nötiger machten und Angriffe über weitere Strecke weniger verlustreich.

Wäre nett, wenn Beispiele aus dem ACW eher in anderen Threads positioniert würden. Wie gesagt, die Waffentechnik hatte innerhalb der ca. 50 Jahre eine bedeutende Entwicklung mitgemacht. (Perkussionsgewehre, mehrschüssige Gewehre, gezogene Läufe für "Jedermann"...)
 
man definiere "erheblich".
nehmen wir z.B. Waterloo um OT zu vermeiden.
Insgesamt cca 190.000 Teilnehmer, die mehr oder weniger lang im Gefecht waren.
Davon Verluste insgesamt cca 47.000, also 24%.
Diese Zahl beinhaltet Tote, Verwundete und Vermisste.
z.B. bei den Aliierten aufgesplittet:
Wellington:
3500 tot, 10200 verwundet, 3300 vermisst
Blücher
1200 tot, 4400 verwundet, 1400 vermisst.

Die Vermissten machen gut 20% der Gesamtsumme aus. Dies sind dann zum größten Teil Soldaten, die sich im Laufe der Schlacht davongemacht haben und später irgendwann auftauchen. Die bei Weitem größte Kategorie sind Verwundete, wobei alles was im Lazarett behandelt wurde, mitgezählt wird, also vom Streifschuss bis Beinamputation. Von den 68.000 Mann Wellingtons sind leidiglich 3500 gefallen, was 5-6% ausmacht.
 
(war bei Indianern in Nordamerika gerne gesehen, daher waren die meisten ja so lausige Schützen).
Das Pulversparen hatte jedoch völlig andere Gründe, da für die indianischen Ethnien Pulver eine Importware war, die teuer erhandelt werden mußte. Der Handel war nicht nur örtlich begrenzt, sondern auch zeitlich. Daß unter solchen Umständen sehr schnell der Gedanke aufkommt, mit einer knappen und teuren Ware sparsam umzugehen, liegt auf der Hand.
 
Worauf oder auf wen beziehst Du Dich damit?

(Die Zitierfunktion wäre an der Stelle nicht verkehrt gewesen.)

auf das "Wie kamen dann die z.T. erheblichen Verlustzahlen in den Schlachten des ACW zustande ?" Posting

Der Handel war nicht nur örtlich begrenzt, sondern auch zeitlich. Daß unter solchen Umständen sehr schnell der Gedanke aufkommt, mit einer knappen und teuren Ware sparsam umzugehen, liegt auf der Hand.
nach dem was ich dazu gelesen habe, lag es eher am Rückstoß und hat sich erst bei Hiterladern gebessert, als man keinen Einfluss mehr auf die Pulverladung einer Patrone nehmen konnte.
 
nach dem was ich dazu gelesen habe, lag es eher am Rückstoß und hat sich erst bei Hiterladern gebessert, als man keinen Einfluss mehr auf die Pulverladung einer Patrone nehmen konnte.
Es gibt etliches an nicht empfehlenswerter Literatur zu dieser Thematik, in der zb negative Stereotypen aufgenommen und verbreitet werden.

In vielen nordamerikanischen Kulturen war es ein kulturelles Ideal, Unannehmlichkeiten wie Hunger, Durst, Schmerzen, Kälte etc ohne Klagen, ohne sich etwas anmerken zu lassen zu ertragen. Es scheint nicht besonders wahrscheinlich, daß Menschen, die in solchen Kulturen sozialisiert werden, vor dem Rückstoß eines Gewehres eine solche Angst entwickeln, daß sie aus diesem Grund zu wenig Pulver nehmen. Mit diesem Verhalten hätten sie sich zum einen in ihrem sozialen Umfeld lächerlich gemacht, zum anderen wird dadurch die Nützlichkeit der erworbenen europäischen Schußwaffen geradezu ad absurdum geführt. Den indianischen Ethnien ist jedoch durchaus mehr an Intelligenz zuzutrauen.

Der sogen Indianerhandel zielte darauf ab, möglichst viel an wertvollen Handelsgütern von den Indianern einzutauschen, bei gleichzeitig möglichst geringem Aufwand an Gegenwert. Die Menge an Pelzen, die für ein Gewehr aufgerufen wurde, übertraf den Handelswert des Gewehres in der Regel um ein Mehrfaches. Diese Überteuerung war auch beim Pulver gegeben, bei dem die Indianer von weißen Zulieferern abhängig waren (Kugeln konnten sie übrigens bald selbst herstellen). Dazu wurden im Handel mit den Indianern ebenfalls als Regelfall technisch veraltete Gewehre verkauft sowie Ausschußproduktion. Diese Ursachen zusammengenommen sind zwar historisch von den Kolonisatoren so dargestellt worden, als seien Indianer schlechte Schützen, die zudem mit moderner Technik überfordert seien, Fakten sehen trotzdem anders aus.
 
@ Ingeborg
Du beziehst Dich grundsätzlich bis hier hin auf den French- and Indianwar oder?

Da würde mich interessieren, ob es Engpässe bei der Versorgung der verbündeten Indianerstämme für die Franzosen gab, als diese durch den Fall von Louisbourg bekanntlich ohne Aussicht auf Verstärkungen und nötige Lieferungen kämpfen mussten. Ich denke mal die Engländer verkauften wohl kaum Schwarzpulver oder Gewehre an die Ottawa, Ojibwas, Potawatomis, Shawnees etc., welche mit den Franzosen verbündet waren.

Oh aber das ist auch OT hier an der Stelle. Vielleicht kann man daraus einen eigenen Thread zu den Indianern auf den beiden Seiten während des French- and Indianwar machen. Spannend ist das Thema allemal.
 
wie geagt, hab's so gelesen. Französische und englische Ausbilder sollen das gesagt haben. Kann sein, dass es auch schlechten Schiessprügel gelegenhat, an mangelnder Übung wegen teurem Pulver, oder Pulverqualität oder an einer Kombination aller Faktoren. Zumindest sollen die französischen "indian trade muskets" nicht die schlechtesten gewesen sein, die Grenzer haben sie auch benutzt. natürlich nicht von Pedersoli :D

um auf Napoleon zurückzukommen, der größte Killer war dann doch der Musketenschuss. Obgleich später von der Artillerie in der Funktion abgelöst, hatte diese eher einen demoralisierenden Effekt.
 
die Amerikaner sollen nach Gettysburg gut 37000 Musketen aufgelesen und zur Überprüfung nach Washington geschickt haben. Herausgekommen ist, dass gut 24.000 zwischen 2 und 10 Kugeln im Lauf hatten.
Soll das heißen, zwei Drittel der eingesetzten Truppen waren nicht fähig korrekt zu laden?
Ich habe da enorme Glaubensprobleme.

Überhaupt kann ich mir schwer vorstellen, daß jemand zwar lädt, aber anschließend das Schießen vergißt.
Gerade in der Streßsituation einer Schlacht ist es doch die naheliegende Reaktion, auf die näherkommende Gefahr zu feuern.
Viel eher wäre umgekehrt zu erwarten, daß vor lauter Panik, möglichst bald wieder schießen zu können, Teile des Ladevorgangs vergessen werden.

Aber zehn Kugeln hintereinander - das kann doch pro Schlacht maximal einem völlig Debilen passieren, der Einwand mit dem Ladestock wurde ja schon genannt.
 
2/3 der aufgelesenen Musketen. Beteiligt waren so um die 160.000.
ich kann es nicht beurteilen. beim Laden konzentriert man sich auf das Gewehr und nicht auf den Feind, kann schon sein, dass das Stress abbaut.
passen tät's schon. der Lauf des preussischen 1809 hat so um die 1000mm bei 20mm Kaliber. bei 10 Kugeln hat man etwa 35-40% des Laufs gefüllt.

Auch das zu früh Feuern soll oft vorgekommen sein.
Auch konnte man die Artillerie schwer davon abbringen auf die gegnerische Artillerie zu feuern, wenn sie selbst unter Beschuss war. Friedrich II war schon der Ansicht, dass auf Artillerie feuern Munitionsverschwendung ist. Napoleon hatte auch beklagt, dass man die Artillerie nicht dazu bringen kann auf Infanterie zu feuern wenn sie selbst beschossen wird.
All das hat das Schlachtfeld oft viel weniger tödlich sein lassen, als es oftmals dargestellt wird.
 
2/3 der aufgelesenen Musketen. Beteiligt waren so um die 160.000.
Da stellt sich jetzt die Frage, wie "repräsentativ" die aufgelesenen Musketen für die Gesamtzahl waren.

Die aufgesammelten Musketen dürften im wesentlichen die sein, deren Besitzer zu den Verlusten der Schlacht zählten.

In erster Annahme dürfte der Anteil der "Fehllader" unter den Verlusten nicht viel anders gewesen sein als unter den Überlebenden. Ob die gegnerische Kugel trifft oder nicht hängt ja nicht davon ab, ob man selber gerade die so-und-so-vielte Kugel in den Lauf gestopfthat.

Allerdings dürfte es einigen Soldaten noch während der Schlacht aufgefallen sein, daß sie gerade beim Laden Mist gebaut haben.
Da wäre es naheliegend, die verstopfte Muskete wegzuwerfen und sich die funktionsfähige eines gefallenen Kameraden zu nehmen - das würde die Fehl-Quote bei den eingesammelten Musketen erhöhen.

Umgekehrt weiß ich nicht was passiert, wenn man eine mehrfache geladene Muskete abzufeuern versucht. Vielleicht zerreißt es diese dann so, daß sie hinterher gar nicht mehr eingesammelt würde ...

Auf jeden Fall ist der Anteil der Ladefehler schon sehr hoch, ich kann mir das immer noch nicht wirklich vorstellen.

Auch das zu früh Feuern soll oft vorgekommen sein.
Das machte neben der Ladegeschwindigkeit wohl den Hauptvorteil der Veteranen aus: Sie warteten kaltblütig ab, bis der Gegner in wirksamer Entfernung war.

All das hat das Schlachtfeld oft viel weniger tödlich sein lassen, als es oftmals dargestellt wird.
Ja.
Wobei das "wenig tödliche" des Gesamtschlachtfelds auch daran liegt, daß man meist die Gesamtzahl aller eingesetzten Truppen mit den Verlusten vergleicht.
Bei vielen Schlachten war aber der größte Teil der Einheiten gar nicht oder nur marginal wirklich an den Kämpfen beteiligt - die marschierten, sicherten, bildeten Reserven ...
Die Bataillone aber, die an dezentralen Aktionen mit Salvenbeschuß und Nahkampf eingesetzt waren, die hatten meist häßlich viele Tote (vor allem wenn man die bald nach der Schlacht noch verstorbenen Verwundeten dazuzählt).
 
Das machte neben der Ladegeschwindigkeit wohl den Hauptvorteil der Veteranen aus: Sie warteten kaltblütig ab, bis der Gegner in wirksamer Entfernung war.
genau darauf wollte ich hinaus. im Prinzip, macht auch die Garde nix anderes als Musketen auf den Feind abzufeuern. Aber zum Unterschied zu Rekruten die zu früh oder gar nicht schiessen, in Panik verfallen wenn in ihre Richtung geschossen wird oder wenn sich Kavallerie formiert, tun die Veteranen im Allgemeinen das, was sie eigentlich tun sollen.
Bei vielen Schlachten war aber der größte Teil der Einheiten gar nicht oder nur marginal wirklich an den Kämpfen beteiligt - die marschierten, sicherten, bildeten Reserven ...
deswegen habe ich auch Wellington als Beispiel hergenommen, da fast alle seiner Truppen im Feuer wahren.
 
Die Bataillone aber, die an dezentralen Aktionen mit Salvenbeschuß und Nahkampf eingesetzt waren, die hatten meist häßlich viele Tote (vor allem wenn man die bald nach der Schlacht noch verstorbenen Verwundeten dazuzählt).
Da müsste man auch schauen, wobei das hier OT wäre, in wie weit die Verbesserung der Versorgungslage so in den Lazaretten zu einer höheren Wahrscheinlichkeit beitrug lebend davon zu kommen, wenn man verwundet wurde.

Ansonsten muss ich Dir absolut zustimmen, die Bataillone, welche besondere Belastungen hatten, d.h. Angriffe abwehren oder ausführen mussten, hatten durchaus die verheerenden Verluste, während ein großer Teil der Armeen garnicht direkt zum Einsatz kam.

Wir sollten aber aufpassen, was dies konkret mit dem Thema "Schlachtformationen" zu tun hat. Ich hatte mich anfänglich ja nur zur französischen Formation ausgelassen und dabei auch eher en detail die kleineren Verbände wie Kompanien betrachtet. Das Thema "Schlachtformationen" sollte aber vermutlich eher, wenn man dem Titel folgt, die Aufstellung der verschiedenen Truppenkörper innerhalb einer Schlacht darstellen. Hier ist es schwierig grundsätzliches zu sagen. Die Aufstellung der Divisionen, Brigaden etc. änderte sich ja von Staat zu Staat über die 23 Jahre der Koalitionskriege häufig. Die Verteilung in einer Schlacht im Gesamten gesehen, war natürlich immer den jeweiligen topographischen etc. Gegebenheiten angepasst und konnte nur begrenzt bestimmten Maximen folgen.
 
Soll das heißen, zwei Drittel der eingesetzten Truppen waren nicht fähig korrekt zu laden?
Ich habe da enorme Glaubensprobleme.

Überhaupt kann ich mir schwer vorstellen, daß jemand zwar lädt, aber anschließend das Schießen vergißt.
Gerade in der Streßsituation einer Schlacht ist es doch die naheliegende Reaktion, auf die näherkommende Gefahr zu feuern.
Viel eher wäre umgekehrt zu erwarten, daß vor lauter Panik, möglichst bald wieder schießen zu können, Teile des Ladevorgangs vergessen werden.

Aber zehn Kugeln hintereinander - das kann doch pro Schlacht maximal einem völlig Debilen passieren, der Einwand mit dem Ladestock wurde ja schon genannt.

Tatsächlich ist das X-fache laden ohne zu feuern eine relativ häufig bei jungen Rekruten aufgetretene Panikreaktion im Gefecht. Logisch ist das nicht, wie die Bezeichnung schon sagt -Panik- ist dort keine Logik zu erwarten. Was in diesem Moment genau mit der Psyche geschieht, weis ich leider auch nicht.

(-> Im Trommelfeuer aus dem Unterstand zu rennen ist auch bescheuert, aber X-fach bei in Panik geratenen Soldaten geschehen)
 
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In meiner Laufbahn als aktiver Vorderladersportschütze kam es des öfteren vor, daß sich im Wettkampfstress einer der Wettkämpfer verladen hatte und hier ging es nur um einen Platz auf dem Treppchen und die Teilnehmer waren i.d.R. gut vorbereitet und
noch besser ausgerüstet.
Um wieviel größer war wohl der Stress bei einem einfachen Soldaten, der sich der gegnerischen Linie gegenüber sah und der nur darauf hoffte, möglichst mit dem Leben und ohne Blessuren davon zu kommen
 
nach dem was ich dazu gelesen habe, lag es eher am Rückstoß und hat sich erst bei Hiterladern gebessert, als man keinen Einfluss mehr auf die Pulverladung einer Patrone nehmen konnte.
Patronenmunition haben sich die Indianer noch viel weniger leisten können. Das Rumgeballer in den vielen Western ist auch reiner Mythos. Eine Schachtel mit zwölf Patronen Revolvermunition kostete im 19. Jahrhundert einen guten Wochenlohn. Gewehrmunition war noch teurer. Ich denke mir, da ist so mancher noch lange bei seinem alten, guten Vorderlader geblieben.
Zur napoleonischen Zeit brauchte eine Muskete mit dem Kaliber 69. ungefähr 4,5 Gramm Pulver. Schüsse mit zu wenig Pulver ergeben eine Höhenstreuung. Wenn man auf die Mitte zielt ergibt sich bis zu einer gewissen Entfernung ein Treffer in den Kopf oder in die Weichteile. Das könnte ein guter Schütze der alle Gegebenheiten abwägt im Griff haben.
 
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