Schweizer Regierungssystem

ursi

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Teammitglied
Rovere schrieb:
Wobei ich das französische Modell bevorzuge. In den USA ist mir für meinen Geschmack der Präsident doch etwas zu mächtig.#

Wie funktioniert eigentlich das Schweizer Modell? Der Präsident wird meines Wissens aus den Reihen der Bundesregierung gewählt und amtiert nur einige Monate. Welche Rechte und Pflichten hat er/sie dabei?

In der Schweiz haben wir sieben Bundesräte, die werden von der vereinigten Bundesversammlung (Nationalrat und Ständerat) gewählt. Der Bundespräsident ist nur für ein Jahr gewählt und gilt in dieser Zeit als Primus inter pares, das heisst Erster unter Gleichgestellten.

Die Aufgaben des Bundesrates sieht so aus:

Verantwortung für die Regieungstätigkeit
Beaufsichtigung der Bundesverwaltung
Leitung der Vorverfahren der Gesetzgebung
Der Bundesversammlung Bundesgesetzte und Bundesbeschlüsse unterbreiten
Verordnungen erlassen
 
Entschuldige meine Unwissenheit über die Verfassung eines Nachbarlandes - aber ich glaub ich habs nicht ganz verstanden.
Die exekutive Gewalt in der Schweiz wird von einer Bundesregierung getragen. Diese Regierung wird vom gewählten Bundesrat "überwacht".
Die Regierung selbst aber bildet sich ähnlich wie in Deutschland un Österreich, indem Parteien Koalitionen bilden um eine Mehrheit in den Parlamenten zu erhalten.
Stimmt das so? Oder ist der Bundesrat gleichzeitig die Regierung der Schweiz?
 
Rovere schrieb:
Entschuldige meine Unwissenheit über die Verfassung eines Nachbarlandes - aber ich glaub ich habs nicht ganz verstanden.
Die exekutive Gewalt in der Schweiz wird von einer Bundesregierung getragen. Diese Regierung wird vom gewählten Bundesrat "überwacht".
Die Regierung selbst aber bildet sich ähnlich wie in Deutschland un Österreich, indem Parteien Koalitionen bilden um eine Mehrheit in den Parlamenten zu erhalten.
Stimmt das so? Oder ist der Bundesrat gleichzeitig die Regierung der Schweiz?

Ich versuche es mal zu erklären ;)


Wichtig ist das man zuerst mal die Unterscheidung zwischen parlamentarischem und präsidialem System macht:

Im parlamentarischen System wie in Grossbritannien oder Deutschland bestimmt die Parlamentsmehrheit die Regierung. Verliert die Regierungsfraktion die Mehrheit, dann fällt auch die Regierung. Entweder wird der Vertreter einer neuen Mehrheit mit der Neubildung eines Kabinetts beauftragt oder es finden Neuwahlen statt. Die Kontinuität dieser Vorgänge wird durch ein unabhängiges Staatsoberhaupt gewährleistet.

Im präsidentiellen System wie in den USA ist der Regierungschef gleichzeitig Staatsoberhaupt. Er wird durch das Volk, nicht vom Parlament gewählt. Aufgrund dieser Unabhängigkeit kann er vom Parlament auch nicht abgewählt werden und ist selbständig in der Ernennung des Kabinetts und in seinen Entscheidungen.

In der Schweiz haben wir ein Zwitter-Modell der beiden Grundmodelle. Das Volk wählt alle vier Jahre National- und Ständerat. Der Nationalrat besteht aus 200 Abgeordneten, die Sitze werden unter die Kantone und Halbkantone im Verhältnis ihrer Wohnbevölkerung verteilt, wobie jeder Kanton und Halbkanton Anspruch auf mindestens einen Sitz hat. Der Ständerat besteht aus 46 Abgeordneten der 23 Stände (26 Kantone und Halbkantone). Jeder Kanton entsendet zwei und jeder Halbkanton einen Standesherren oder Frau nach Bern.

Nationalrat und Ständerat bilden zusammen die vereinigte Bundesversammlung. Diese Bundesversammlung ist die Oberste Gewalt des Bundes. Das Parlament ist die höchste rechtsetzende Behörde, wobei Volk und Stände mit dem Referendum das letzte Wort haben.

Der Bundesrat ist die oberste vollziehende Gewalt und leitende Behörde der Schweiz. Die vereinigte Bundesversammlung wählt alle vier Jahre die sieben Mitglieder des Bundesrates. Jeder Bundesrat ist der Vorsitzende einer Bundesbehörde, dies sind sieben.

Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten
Eidgenössisches Departement des Innern
Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement
Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz udn Sport
Eidgenössisches Finanzdepartement
Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement
Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation

Alle wichtigen Entscheidungen werden/sollten vom Gesamtbundesrat gefasst werden. In der Schweiz gibt es keinen Regierungschef. Der Bundespräsident wechselt jährlich und ist kein Staatsoberhaupt eben der primus inter pares

Der Bundesrat gilt als Kollegialbehörde und übt zusammen die Aufgaben eines Staatsoberhaupts, des Regierungschefs und der Regierung aus.

Die Bundeskanzlei besorgt die Kanzleigeschäfte des Bundesrates und der Bundesversammlung und ist direkt dem Bundespräsidenten unterstellt. Ihre Aufgabe ist es Allgemeine Verwaltungsdienste, Sprach- und Übersetzungsdienst (es wird in den drei Landessprachen im Parlament gesprochen, romanisch wird nicht gesprochen) Rechtsdienst, Informationen usw.

Der Bundeskanzler wird ebenfalls alle vier Jahre gewählt, er nimmt mit beratender Stimme an den Sitzungen des Bundesrates teil.


Ich hoffe ich konnte das einigermassen verständlich erklären.
 
Während meines Jura-Studiums musste ich mich ua auch durch das öffentliche Rechts Österreichs QUÄLEN - war unglaublich furchtbar!
Leider wurden die politischen und konstitutionellen Systeme Europas kaum verglichen, aus diesem Grund habe ich auch sowenig Ahnung vom Schweizer System.
Was mich jetzt natürlich interessieren würde ist deine Meinung über Schwächen und Stärken der Schweizer Verfassung.
 
Rovere schrieb:
Während meines Jura-Studiums musste ich mich ua auch durch das öffentliche Rechts Österreichs QUÄLEN - war unglaublich furchtbar!
Leider wurden die politischen und konstitutionellen Systeme Europas kaum verglichen, aus diesem Grund habe ich auch sowenig Ahnung vom Schweizer System.
Was mich jetzt natürlich interessieren würde ist deine Meinung über Schwächen und Stärken der Schweizer Verfassung.

Gute Frage :kratz:

Es müsste ja nicht die Schweiz sein, aber wir haben die Bundesverfassung und jeder Kanton hat auch eine Verfassung, die Kantonsverfassungen.

Über Stärken und Schwächen, da muss ich zuerst mal Nachdenken, kann ich jetzt nicht so aus dem Stehgreif sagen.
 
ursi schrieb:
Gute Frage :kratz:

Es müsste ja nicht die Schweiz sein, aber wir haben die Bundesverfassung und jeder Kanton hat auch eine Verfassung, die Kantonsverfassungen.

Über Stärken und Schwächen, da muss ich zuerst mal Nachdenken, kann ich jetzt nicht so aus dem Stehgreif sagen.
Da wüsste ich was: Das ganze System mag zwar ziemlich stabil sein, doch ist es sehr Träge, es vergehen Jahre wenn nicht Jahrzehnte bis z. B. eine Gesetzesänderung durch alle Instanzen durch ist.
 
la_hire schrieb:
Da wüsste ich was: Das ganze System mag zwar ziemlich stabil sein, doch ist es sehr Träge, es vergehen Jahre wenn nicht Jahrzehnte bis z. B. eine Gesetzesänderung durch alle Instanzen durch ist.

Damit hast Du sicher recht. :yes:
 
@ursi (wäge dim profil häsch sicher au dini Theorie oder s'Wüsse dezue...)
Ich habe mal mit einem Freund der Anwalt ist über die Möglichkeit der Einführung einer Monarchie in der Schweiz gesprochen. Auch wenn diese Frage in der Schweiz absurd scheinen mag, so war die Antwort darauf ziemlich verwirrend und in einer Gesellschaft wo das Volk das letzte Wort hat doch eher unverständlich. Auch wenn 99% der stimmberechtigten Bevölkerung sich für eine Monarchie mit entsprechend königlichem Oberhaupt aussprechen würde (haha das geht jetzt doch ziemlich weit....but anyway), so würde gemäss Aussage meines JusFreundes eine solche Initiative spätestens von der Bunderkanzlei verworfen werden. Stimmt das? Und wenn das stimmt - wieso? Ist dies ein Paradoxon der Demokratie?
 
Die Bundeskanzlei hat eine Abteilung die heisst Politische Rechte, diese Sektion organisiert alle eidgenössischen Urnengänge und die Nationalratswahlen.
Die Sektion ist verantwortlich für die formelle Vorprüfung jeder eidgenössischen Volksinitiative. Auf Wunsch prüft sie auch Referendumslisten vor dem Start zur Unterschriftensammlung. Nach Einreichung eines Volksbegehrens prüft die Sektion, ob genügend Unterschriften gültig sind, damit das Volksbegehren zustande kommt.

Bundesgesetz über politische Rechte 161.1

Art. 69 Vorprüfung
1 Die Bundeskanzlei stellt vor Beginn der Unterschriftensammlung durch Verfügung
fest, ob die Unterschriftenliste den gesetzlichen Formen entspricht.
2 Ist der Titel einer Initiative irreführend, enthält er kommerzielle oder persönliche
Werbung oder gibt er zu Verwechslungen Anlass, so wird er durch die Bundeskanzlei
geändert.117
3 Die Bundeskanzlei prüft die Initiativtexte auf ihre sprachliche Übereinstimmung
und nimmt allfällige Übersetzungen vor.
4 Titel und Text der Initiative sowie die Namen der Urheber werden im Bundesblatt
veröffentlicht.118

Da aber laut Bundesverfassung die Schweiz eine Republik und eine Demokratie ist, ist wohl der Referendumstext schon unmöglich und wird wohl nicht weiter als bis zur Bundeskanzlei vordringen, da es gegen die Bundesverfassung ist.
Wenn man eine Monarchie einführen wollte in der Schweiz, müsste man zuerst die BV ändern, damit man einen Monarchen zulassen könnte. Zuerst Verfassungsänderung durch Initiative. Dann müsste man die Souveränität der Kantone aufheben usw.
 
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