"schwere Gefahren" des deutschen Imperialismus

H

hyokkose

Gast
Nachdem die originale Diskussion versehentlich gelöscht wurde, stelle ich hier die bei Yahoo auffindbaren Teile (Dank an Pope & Silesia fürs Suchen) wieder hier herein.
Wer sich an weitere Beitragsinhalte erinnert oder etwas Neues weiß, ist herzlich eingeladen, sich an der weiteren Diskussion zu beteiligen.



ONeill schrieb:
Hallo!
Ich soll in einer Hausaufgabe folgendes Zitat untersuchen:
"Der deutsche Imperialismus war moralisch nicht besser und nicht schlechter als andere auch. Aber er brachte Deutschland in schwerere Gefahren als andere Mächte." Paul Sethe

Mein Problem bei der ganzen Sache ist jedoch, dass ich mir nicht sicher bin, warum das gerade für das Reich solche Gefahren mit sich gebracht haben soll.

Klar, Imperialismus birgt immer die Gefahr, dass man Probleme mit anderen Ländern bekommt, aber das würde ja für alle Mächte gelten und nicht nur extra für das Reich.
Oder war man nach der verspäteten Reichsgründung noch gar nicht bereit um sich einen "Platz an der Sonne" zu sichern.
Andererseits schien man sich außenpolitisch doch zu etablieren (da gab es doch einige Bündnisse, hatte man sich nicht sogar mit England im Kampf um Afrika einigen können).

Darum weiß ich nicht, warum ausgerechnet das deutsche Reich davon so bedroht worden sein soll (zumindest nicht mehr wie andere Länder).

Wäre sehr nett, wenn ihr mir da helfen könntet. Ein paar Stichpunkte reichen da sicherlich schon, brauch kein langer Text zu sein
Danke schon mal und schönes Restwochenende.



Pope schrieb:
Finde ich auch etwas schwierig, dieses Zitat ausserhalb des Kontexts...


Arne schrieb:
Ich weiß es nicht genau, schätze aber, daß Sethe hier auf die Gefahr abzielte, im weltweiten Engagement (vor allem) mit GB in einen Konflikt zu kommen. Er hat sich offenbar auch in anderen Arbeiten mit der deutschen Flottenpolitik beschäftigt und dabei untersucht, wie das zur Gegnerschaft mit GB führte, bzw. am Ausbruch des Weltkriegs relevant war.

http://www.geschichtsforum.de/showpo...2&postcount=32


silesia schrieb:
Hallo,
ich glaube, Du bist da schon auf dem richtigen Weg. Wenn nach der Themenstellung die deutsche Ausprägung nicht moralisch oder auf andere Weise qualifiziert werden soll, dürfte es um die Rahmenbedingungen imperialer Machtansprüche des Deutschen Reiches gehen. Dafür könnte man dort ansetzen, wo sich imperiales Bestreben des Deutschen Reiches gezeigt hat, nämlich Kolonialismus und Seerüstung.

Die Frage wäre dann darauf gerichtet, warum der Zeitpunkt und die Machtkonstellation in Europa und in den globalen Interessengebieten der Weltmächte imperiale Bestrebungen des Deutschen Reichs für Deutschland gefährlich machte:
- Machtkonstellation in Europa
- Situation der großen Kolonialmächte
- "freie Gebiete"

Ausdruck des imperialen Strebens für die klassische "Landmacht" Deutschland (Preußen) in Mitteleuropa, und das nicht nur in territorialer Hinsicht gesehen, wäre auch der Aufbau der Hochseeflotte. Dieses kollidierte mit englischen Machtansprüchen, etc.

Vielleicht hilft das schon einmal weiter.
Grüße
Thomas


Pope schrieb:
"Aber [der Imperialismus] brachte Deutschland in schwerere Gefahren als andere Mächte."

Würde man das auch für die Zeit unter Bismarck so stehen lassen? Immerhin schaffte er es, gegen Österreich 1866 und Frankreich 1870 Krieg zu führen, ohne einen "Weltkrieg" zu provozieren. Bei der "Krieg-in-Sicht-Krise" tastete er den militärischen Spielraum des jungen Deutschen Reiches ab, und zog daraus seine Lehren für Deutschland:


Es galt, Deutschland als saturierte Macht darzustellen und mit den Mitteln der Diplomatie Frankreich möglichst isoliert zu halten, um nicht zu einem Zweifrontenkrieg gezwungen zu werden.

In der Folge zeigte es sich jedoch, dass die Nachfolger Bismarcks (unter Kaiser Wilhelm II.) durch eine aggressive Außenpolitik Deutschland isolierten und die anderen Großmächte geradezu in die Entente trieben.
Weitere Links:
http://de.wikipedia.org/wiki/Bündnis..._von_Bismarcks
http://de.wikipedia.org/wiki/Risikoflotte
http://de.wikipedia.org/wiki/Zweite_Marokkokrise
http://de.wikipedia.org/wiki/Daily-Telegraph-Affäre

Die Gefahr war die Isolation, aber diese Gefahr bestand für alle europäischen Mächte. Dass die deutsche Politik nach 1890 - gewollt oder ungewollt - die Isolation Deutschlands förderte und durch dilomatische Kurzsichtigkeit stets Gefahr lief, in kriegerische Auseinandersetzungen zu geraten, halte ich weniger für eine "explizit deutsche Gefahr". Es hätte Italien oder Frankreich (z.B. in Fashoda) ebenso treffen können. Und wenn man genau hinsieht, dann war der Erste Weltkrieg für die Mächte Österreich-Ungarn und Osmanisches Reich ebenso folgenreich und destruktiv, wie für das Deutsche Reich.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ich weiss noch, dass ich geschrieben habe, dass sich Deutschland durch seinen Imperalismus sehr unbeliebte machte. Die Deutschen fingen sehr spät an, als eigentlich schon alles "verteilt" war. Und dann verhielten sie sich sehr rücklsichtslos. Ihr Hauptanliegen war ja Frankreich an Macht zu nehmen und es weitgehend zu isolieren, und dies auf allen Kontinenten. Desweiteren musste sich auch England durch den deutschen Imperalismus bedroht fühlen. SIch mit 2 Großmächten anzulegen war nicht gerade clever...
 
Hallo,

und dann gab es noch eine Diskussion um die Sonderrollen der Mächte Österreich-Ungarn, Osmanisches Reich und Italien, und ob deren Ambitionen in geringerem Umfang als die des Deutschen Reiches für die Groß- und Kolonialmächte Frankreich und Großbritannien eine Bedrohung darstellen konnte.

Grüße
Thomas
 
Genau. Ich sah Deutschland nicht in gefährlicheren Gewässern, als Italien, Osmanien oder Österreich (zugegebenermaßen keine imperialen Schwergewichte).

Bleiben Frankreich, Großbritannien und Russland. Für die Zeit 1880-1900 war eigentlich nur GB in der Situation, mehr oder weniger freie Hand bei der Ausübung seiner imperialen Bestrebungen zu haben. Selbst als isolierte Macht wären die Briten für jeden Angreifer - ob in Europa oder in Übersee - ein unüberwindbarer Gegner gewesen.
 
Ich weiss noch, dass ich geschrieben habe, dass sich Deutschland durch seinen Imperalismus sehr unbeliebte machte. Die Deutschen fingen sehr spät an, als eigentlich schon alles "verteilt" war. Und dann verhielten sie sich sehr rücklsichtslos. Ihr Hauptanliegen war ja Frankreich an Macht zu nehmen und es weitgehend zu isolieren, und dies auf allen Kontinenten. Desweiteren musste sich auch England durch den deutschen Imperalismus bedroht fühlen. SIch mit 2 Großmächten anzulegen war nicht gerade clever...

meines wissens unterstützte bismarck geradezu die französichen kolonialambitionen, um es von europa respektrive elsass-lothringen abzulenken. erst unter wilhelm II., marokko-krise, gabs konflikte mit frankreich um kolonien.
 
ach, ist das gemein!

ich habe gerade meinen beitrag von gestern noch einmal in einer ähnlichen form eingegeben und es wurde mir mitgeteilt, obwohl ich angemeldet war, dass ich die seite nochmal laden müsse, weil ich keine benutzerrechte hier hatte!
also habe ich nochmal die seite geladen, aber da war wie schon erwartet mein beitrag zum zweiten mal weg. ich gebs auf, vielleicht findet man ja meinen ursprungsbeitrag irgendwo im tiefen forumsarchiv oder im internet sonstwo!
 
Hallo Leute!

Na dann werde ich mal eine Zusammenfassung dieses Pfades hier reinstellen (ein paar klicks auf meinen Browserverlauf und schon war alles Wichtige wieder da):

Gestern, 20:02 #1
ONeill
Mitglied
"schwere Gefahren" des deutschen Imperialismus
Hallo!
Ich soll in einer Hausaufgabe folgendes Zitat untersuchen:
"Der deutsche Imperialismus war moralisch nicht besser und nicht schlechter als andere auch. Aber er brachte Deutschland in schwerere Gefahren als andere Mächte." Paul Sethe

Mein Problem bei der ganzen Sache ist jedoch, dass ich mir nicht sicher bin, warum das gerade für das Reich solche Gefahren mit sich gebracht haben soll.

Klar, Imperialismus birgt immer die Gefahr, dass man Probleme mit anderen Ländern bekommt, aber das würde ja für alle Mächte gelten und nicht nur extra für das Reich.
Oder war man nach der verspäteten Reichsgründung noch gar nicht bereit um sich einen "Platz an der Sonne" zu sichern.
Andererseits schien man sich außenpolitisch doch zu etablieren (da gab es doch einige Bündnisse, hatte man sich nicht sogar mit England im Kampf um Afrika einigen können).

Darum weiß ich nicht, warum ausgerechnet das deutsche Reich davon so bedroht worden sein soll (zumindest nicht mehr wie andere Länder).

Wäre sehr nett, wenn ihr mir da helfen könntet. Ein paar Stichpunkte reichen da sicherlich schon, brauch kein langer Text zu sein.
Danke schon mal und schönes Restwochenende.
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Gestern, 23:21 #2
Pope
Premiummitglied
Finde ich auch etwas schwierig, dieses Zitat ausserhalb des Kontexts...
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Heute, 07:17 #3
Arne
Premiummitglied
Ich weiß es nicht genau, schätze aber, daß Sethe hier auf die Gefahr abzielte, im weltweiten Engagement (vor allem) mit GB in einen Konflikt zu kommen. Er hat sich offenbar auch in anderen Arbeiten mit der deutschen Flottenpolitik beschäftigt und dabei untersucht, wie das zur Gegnerschaft mit GB führte, bzw. am Ausbruch des Weltkriegs relevant war.

http://www.geschichtsforum.de/showpo...2&postcount=32
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Heute, 07:24 #4
silesia
Premiummitglied
Hallo,

ich glaube, Du bist da schon auf dem richtigen Weg. Wenn nach der Themenstellung die deutsche Ausprägung nicht moralisch oder auf andere Weise qualifiziert werden soll, dürfte es um die Rahmenbedingungen imperialer Machtansprüche des Deutschen Reiches gehen. Dafür könnte man dort ansetzen, wo sich imperiales Bestreben des Deutschen Reiches gezeigt hat, nämlich Kolonialismus und Seerüstung.

Die Frage wäre dann darauf gerichtet, warum der Zeitpunkt und die Machtkonstellation in Europa und in den globalen Interessengebieten der Weltmächte imperiale Bestrebungen des Deutschen Reichs für Deutschland gefährlich machte:
- Machtkonstellation in Europa
- Situation der großen Kolonialmächte
- "freie Gebiete"

Ausdruck des imperialen Strebens für die klassische "Landmacht" Deutschland (Preußen) in Mitteleuropa, und das nicht nur in territorialer Hinsicht gesehen, wäre auch der Aufbau der Hochseeflotte. Dieses kollidierte mit englischen Machtansprüchen, etc.

Vielleicht hilft das schon einmal weiter.
Grüße
Thomas
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Heute, 10:16 #5
Pope
Premiummitglied
"Aber [der Imperialismus] brachte Deutschland in schwerere Gefahren als andere Mächte."

Würde man das auch für die Zeit unter Bismarck so stehen lassen? Immerhin schaffte er es, gegen Österreich 1866 und Frankreich 1870 Krieg zu führen, ohne einen "Weltkrieg" zu provozieren. Bei der "Krieg-in-Sicht-Krise" tastete er den militärischen Spielraum des jungen Deutschen Reiches ab, und zog daraus seine Lehren für Deutschland:


Es galt, Deutschland als saturierte Macht darzustellen und mit den Mitteln der Diplomatie Frankreich möglichst isoliert zu halten, um nicht zu einem Zweifrontenkrieg gezwungen zu werden.

In der Folge zeigte es sich jedoch, dass die Nachfolger Bismarcks (unter Kaiser Wilhelm II.) durch eine aggressive Außenpolitik Deutschland isolierten und die anderen Großmächte geradezu in die Entente trieben.

Weitere Links:
http://de.wikipedia.org/wiki/Bündnis..._von_Bismarcks
http://de.wikipedia.org/wiki/Risikoflotte
http://de.wikipedia.org/wiki/Zweite_Marokkokrise
http://de.wikipedia.org/wiki/Daily-Telegraph-Affäre

Die Gefahr war die Isolation, aber diese Gefahr bestand für alle europäischen Mächte. Dass die deutsche Politik nach 1890 - gewollt oder ungewollt - die Isolation Deutschlands förderte und durch dilomatische Kurzsichtigkeit stets Gefahr lief, in kriegerische Auseinandersetzungen zu geraten, halte ich weniger für eine "explizit deutsche Gefahr". Es hätte Italien oder Frankreich (z.B. in Fashoda) ebenso treffen können. Und wenn man genau hinsieht, dann war der Erste Weltkrieg für die Mächte Österreich-Ungarn und Osmanisches Reich ebenso folgenreich und destruktiv, wie für das Deutsche Reich.
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Heute, 14:50 #6
Barbarossa
Mitglied
Ich stimme silesia=Thomas und Pope zu und möchte aber noch einiges hinzufügen.

Das eigentliche Problem bei der ganzen Sache war folgendes:

Deutschlands Vereinigung kam mit dem Jahre 1871 sehr spät zu stande. Die meisten anderen europäischen Mächte hatten bereits die Interessenzonen weitgehend unter sich aufgeteilt und große Gebiete in der Welt waren bereits kolonialisiert. Aber nun kam Deutschland dazu und wollte ebenfalls ein "Stück vom Kuchen". So mußte sich das Reich "seine" noch freien Gebiete suchen und fand sie vor allem in Afrika und noch ein paar Inseln in Südostasien. Gemessen an den anderen Mächten in Europa kam Deutschland jedoch relativ kurz. Bismarck gelang es trotz seiner "Blut und Eisen-Politik", ein Bündnissystem aufrecht zu erhalten, durch das Deutschland einigermaßen sicher in der Mitte Europas leben konnte. Bald nach dem Amtsantritt Kaiser Wilhelms II. wurde Bismarck jedoch seines Amtes enthoben und der Kaiser, der nun weitgehend selbst die Regierung führte, war offensichtlich mit den komplizierten Machtkonstellationen in Europa überfordert, sodaß Deutschland weitgehend isoliert dastand. Der Kaiser war für seine Zeit ein guter Repräsentand - im Publik machen seiner Politik war er gut, aber es hätte nach Bismarck einen Politiker geben müssen, der genauso gut wie Bismarck gewesen wäre. Der fand sich jedoch nicht mehr und so wurden Fehler in der Außenpolitik zur größten Gefahr für Deutschland.

Im Übrigen würde ich mich durchaus der Eingangsthese anschließen:

ONeill schrieb:
"Der deutsche Imperialismus war moralisch nicht besser und nicht schlechter als andere auch. Aber er brachte Deutschland in schwerere Gefahren als andere Mächte."


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Heute, 14:51 #7
Roxie-Hart
Mitglied
Mit dem zitat ist sicherlich die Art und Weise gemeint wie Deutschland den imperalismus ausgeübt hat...
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Heute, 14:56 #8
ursi
Moderatorin
Roxie-Hart[URL="http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?p=232078/lpost232078" schrieb:
Roxie-Hart[URL="http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?p=232078/lpost232078" schrieb:
Mit dem zitat ist sicherlich die Art und Weise gemeint wie Deutschland den imperalismus ausgeübt hat...


Wie hat den Deutschland im Gegensatz zu den andern Mächten den Imperialismus ausgeübt?
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Heute, 15:06 #9
Pope
Premiummitglied
Aber [der Imperialismus] brachte Deutschland in schwerere Gefahren als andere Mächte.


Ich weise nochmal auf Österreich-Ungarn und Osmanien hin. Waren sie nicht (im Nachhinein gesehn) in viel größerer Gefahr, als Deutschland? Ich meine sehr wohl.

Der Satz ist daher m.E. ohne weitere Konkretisierung so nicht haltbar.
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Heute, 15:08 #10
psbvbn1
Mitglied
Mit dem zitat ist sicherlich die Art und Weise gemeint wie Deutschland den imperalismus ausgeübt hat...


Hallo, Roxie!

Glaube ich nicht ganz so! Nicht nur das Deutsche Reich hat Verbrechen in seinen Kolonien begangen, denken wir nur mal an die ersten KZ's im Burenkrieg von den Engländern. Das man chauvinistisch, militaristisch auftrat, haben andere Staaten auch gemacht. Allerdings hatte Deutschland einen "Möchtegern-Sonnenbader" an der Spitze, der Bismarcks doch sehr instabiles Bündnissystem nicht verstand und durch sein Auftreten in der Öffentlichkeit ehemalige Bündnispartner brüskierte, wie wo er den Rückversicherungsvertrag mit Russland nicht mehr verlängern ließ, obwohl der russische Zar (übrigens sein Vetter!) dies wollte!

Das Besondere am deutschen Imperialimus bestand aus wesentlich zwei Punkten:

1. Wie hier schon gesagt wurde, hatte Dtl. sich erst spät zusammengefunden, und Bismarck war kein Verfechter einer expansiven Kolonialpolitik. So hatten 1890 die meisten anderen Staaten (Russland, Frankreich, England) sich schon ein recht großes Imperium zusammengebracht. Das störte die imperialistischen, nationalistischen Kräfte in Dtl., sie drängten die Führung, da Abhilfe zu schaffen.

2. Die geopolitische Situation. Dtl. war als einzige imperialistische Großmacht fast vollständig von solchen Staaten umgeben, da es sich im Herzen Europas befindet. Im Westen lag Frankreich, im Nordwesten zur See lag England, im Osten Russland und im Süden Österreich-Ungarn. Das führte bei den deutschen Eliten zu zwei Phänomenen, einerseits eine "Einkreisungsneurose", also sie sahen sich ständig von feindlichen Kräften umgeben, die sie zusammen schlagen wollen und andererseits zur Einsicht, dass man in Europa in der unmittelbaren Umgebung keine Gebiete gewinnen konnte, ohne einen Krieg mit einer anderen Großmacht vom Zaun zu brechen. So konzentrierte man sich, obwohl man eine klassische Kontinentalmacht war, auf überseeische Territorien, die allerdings schon meist besetzt waren (siehe 1.). Um neue zu gewinnen, brauchte man eine große Flotte, nur die hatte man nicht. Wenn man sich eine neue anschaffen würde, gäbe es so viel Ärger mit klassischen Seemächten wie England, den es dann ja auch gab.

Zum Schluss kann man also sagen, dass jede expansive Politik bei Deutschland schon von vornherein zum Scheitern verurteilt war, was bei anderen Großmächten nicht unbedingt der Fall war!
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Heute, 15:36 #11
Barbarossa
Mitglied
Pope schrieb:
Ich weise nochmal auf Österreich-Ungarn und Osmanien hin. Waren sie nicht (im Nachhinein gesehn) in viel größerer Gefahr, als Deutschland? Ich meine sehr wohl.
Der Satz ist daher m.E. ohne weitere Konkretisierung so nicht haltbar.


Also den Begriff "Imperialismus" würde ich auf das KuK-Reich und das Os.-Reich gar nicht anwenden.
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Heute, 20:13 #12
ONeill
Mitglied
Wow ich bin ja richtig begeistert von dieser Resonanz. Hätte ja nicht gedacht, dass man dieses Zitat so vielfältig auslegen kann.
Bin mir zwar noch nicht sicher, was ich von den ganzen Argumenten halten soll, da muss ich mir nochmal die ganzen Links ansehen, die hier gepostet wurden.
Auf jeden Fall mal ein großes Dankeschön für die Hilfestellungen!
Schönes Fasching wünsch ich noch.
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Heute, 20:45 #13
Pope
Premiummitglied
ONeill schrieb:
Wow ich bin ja richtig begeistert von dieser Resonanz. Hätte ja nicht gedacht, dass man dieses Zitat so vielfältig auslegen kann.


Gut, dass es Dir weiterhilft.

Bedenke nur: i.d.R. hat der Historiker recht und Pope unrecht. Aber ich hoffe, dass meine Gegenargumente nicht völlig unlogisch erscheinen.

Viel Erfolg!
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Heute, 20:46 #14
Pope
Premiummitglied
Barbarossa schrieb:
Also den Begriff "Imperialismus" würde ich auf das KuK-Reich und das Os.-Reich gar nicht anwenden.

Und Italien?
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Heute, 20:58 #15
silesia
Premiummitglied
Pope schrieb:


Hallo Pope,
Italien ist der Gefangene des Mittelmeeres (Bismarck). Die Ambitionen wurden wohl kaum so ernst genommen, dass es gefährlich werden würde.
Grüße
Thomas
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Heute, 21:03 #16
Pope
Premiummitglied
Also waren Italien, Osmanien und Österreich keine imperialen Mächte? Und schwerwiegenden Gefahren waren sie z.B. auf dem Balkan auch nicht ausgesetzt?
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Heute, 21:34 #17
Barbarossa
Mitglied
Pope schrieb:
Also waren Italien, Osmanien und Österreich keine imperialen Mächte? Und schwerwiegenden Gefahren waren sie z.B. auf dem Balkan auch nicht ausgesetzt?




Also "der kranke Mann vom Bosporus" war kein Imperium mehr, und KuK würde ich auf Grund des fehlenden weltweiten Engagements auch nicht als imperiale Macht bezeichnen.
Italien dagegen war eine Kolonialmacht in Afrika hatte historisch auch genau das gleiche Problem, wie Deutschland und hatte sogar noch weniger Kolonien, als Deutschland. Die Frage, warum Italien nun nicht eine ähnliche Militanz entwickelte, wie Deutschland, kann ich leider nicht beantworten und gehört auch nicht in diesen Pfad.
Wenn du Lust hast, kannst du ja einen Pfad dazu eröffnen, um dieses Problem zu erörtern.

P.S. meine Vermutung wäre ja, daß es bei den genannten Staaten mit der schwächeren Wirtschaftskraft gegenüber Deutschland zu tun hat.
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Heute, 21:43 #18
silesia
Premiummitglied
Barbarossa schrieb:
Italien dagegen war eine Kolonialmacht in Afrika hatte historisch auch genau das gleiche Problem, wie Deutschland und hatte sogar noch weniger Kolonien, als Deutschland. Die Frage, warum Italien nun nicht eine ähnliche Militanz entwickelte, wie Deutschland, kann ich leider nicht beantworten


Hallo,

so war es gemeint:
weniger Ambitionen, und für Frankreich und Großbritannien aufgrund der verwundbaren Lage im Mittelmeer wohl kaum gefährlich.

Grüße
Thomas
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ach, ist das gemein!
ich habe gerade meinen beitrag von gestern noch einmal in einer ähnlichen form eingegeben und es wurde mir mitgeteilt, obwohl ich angemeldet war, dass ich die seite nochmal laden müsse, weil ich keine benutzerrechte hier hatte!
also habe ich nochmal die seite geladen, aber da war wie schon erwartet mein beitrag zum zweiten mal weg. ich gebs auf, vielleicht findet man ja meinen ursprungsbeitrag irgendwo im tiefen forumsarchiv oder im internet sonstwo!

Um solchen, oder ähnlichen Havarien aus dem Wege zu gehen, schreibe ich alle längeren Beiträge in einer eigenen Worddatei vor und kopiere sie dann nur noch hier rein. ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo, Forianer!

Ich denke, man sollte einen Unterschied machen zwischen Kolonialmacht und imperialistischer Macht. Ich meine, Kolonialmächte sind eine Unterkategorie der imperialistischen Mächte. Sie streben nach möglichst viel Prestige und Wirtschaftsschüben bei der Gewinnung von immer mehr Land, das in Ferne zu ihrem ursprünglichen Territorium liegt.
Imperialistische Mächte sind allgemein diejenigen, die immer mehr Territorien erobern wollen, sie in einem großen Reich zu einen versuchen, mit derselben Begründung wie schon bei den Kolonialmächten geschrieben. Das allgemeine liegt darin, dass sie Territorien okkupieren, die entweder in der Ferne ihres ursprünglichen Territoriums liegen oder in unmittelbarer Nachbarschaft.

Ich weiß nicht wie man die Mächte wie Ö/U und Russland nennen sollte, vielleicht "Teppichmächte" (weil sie ja ihr Gebiet erweitern, ohne große geographische Lücken zu lassen, also wie einen Teppich zusammenweben, ohne Löcher eben).
Mächte wie Frankreich oder England würde ich dagegen in dieser Zeit als Kolonialmächte bezeichnen, da diese solche geographischen Lücken in ihren Territorien aufweisen
 
Hallo psbvbn1,

wozu sollte diese Unterscheidung nützlich sein? Für die okkupierten Gebiete und ihre Bevölkerung sehe ich keinen Unterschied zwischen Randlage und Entfernung.

Und Konfliktpotential zwischen diesen bezeichneten Mächten dürften doch wohl unabhängig davon bestehen, wo die "Interessensphären" gezogen werden, wenn nur die selbst definierten Interessensphären beiträchtigt werden. Darum ging es in der Ausgangsfrage.

Der Gefährdung durch den Imperialismus für das Deutsche Reich würde ich da ansetzen, wo er (die deutschen Bestrebungen) auf andere Interessensphären stößt, gleich wo die liegen. Also sucht man nach Reibungsflächen.

Grüße
Thomas
 
Der Begriff "Imperialismus" bezieht sich ja - im Gegensatz zum neuzeitl. europäischen Kolonialismus, der 500 Jahre umfasst - auf einen recht begrenzten Zeitraum in der Geschichte. Ohne ihn genau abgrenzen zu wollen, beinhaltet er m.E. eine Reihe von Merkmalen, die ihn von den vorhergehenden unterscheidet:

- Einsetzen der Industriellen Revolution
- Unabhängigkeit der nord- und südamerikanischen Kolonien
- Erste Demokratien und Aufkommen der Mediengesellschaft in Europa
- Blütezeit der Wissenschaften

Die Erfahrungen des napoleonischen Griffs nach der Weltherrschaft hatte gezeigt, dass jeder Versuch einer Nation, den Hegemonieanspruch militärisch umzusetzen, auf den Widerstand aller anderen Mächte stoßen würde. Es musste also vielmehr das Ziel im Vordergrund stehen, seinen Handlungsspielraum zu vergrößern, indem man Forderungen stellte oder Tatsachen schuf, die von anderen Nationen toleriert oder als berechtigt angesehen wurden.

Man musste sich also Einfluss, Prestige und Autorität erwerben.

König Leopold II. von Belgien erwarb sich diese durch seine öffentliche "Wohltätigkeit" und Wissenschaftsförderung, durch die Person Stanleys, mithilfe der bezahlten Agenten, Journalisten und Lobbyisten und durch geschicktes Manövrieren zwischen den Großmächten.

Bismarck trat mehrmals als "ehrlicher Makler" zwischen den Mächten auf, was ihm durch die Hintertür Einfluss auf Verhandlungsergebnisse sicherte, und er erwarb Kolonien, als er merkte, dass er mit wenig Aufwand erheblich an Prestige, Verhandlungsspielraum und Mitspracherecht in aussereuropäischen Fragen gewinnen konnte.

Bismarck erkannte den Kolonialismus als eine Option im imperialistischen Spiel. Die anderen Nationen waren aus vielerlei historischen und politischen Gründen nicht in der Lage, streng zwischen Kolonialismus (als Option) und Imperialismus (als Maxime) zu trennen. Für mich steht dennoch ausser Frage, dass Bismarck recht behielt: Wer in seinen kolonialen Anstrengungen nur die Karte Afrikas heranzog, der hatte das Spiel nicht begriffen. (König Leopold, wenn auch kein Imperialist im klassischen Sinn, war ein Meister dieses Spiels.) Und so schlidderten Franzosen und Briten oft in unangenehme Situationen, riskante und kostspielige Abenteuer - und verbrannten sich nicht selten die Finger (Bismarck hätte ihnen sicherlich noch jahrzehntelang liebend gerne großväterlich über die Finger gepustet).

Auf die Phänomene, die ich oben erwähnte, will ich garnicht weiter eingehen. Schlachtschiff, Dampfschiff, Telegraph, Artillerie, Sklaverei und Menschenrechte, Politisierung der Öffentlichkeit, Mediengesellschaft, Rohstoffbedarf, Kolonialwaren, Botanische Gärten, usw. usw. waren allesamt Facetten dieser Phase des Kolonialismus. Ihr raison d'être, also ihre Berechtigung nach Jahrzehnten der Kolonialmüdigkeit, war der Imperialismus: Das Bestreben, sich im Rennen um die Vormacht in Europa den einen oder anderen Vorteil zu sichern.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo psbvbn1,

wozu sollte diese Unterscheidung nützlich sein? Für die okkupierten Gebiete und ihre Bevölkerung sehe ich keinen Unterschied zwischen Randlage und Entfernung.

Grüße
Thomas

Hallo, Thomas!

ich hatte diesen Beitrag nur verfasst, um der Auffassung, dass Österreich und Italien keine imperialistischen Mächte seien, entgegen zu treten.
Du hast recht, für die Besatzten war es völlig egal, ob da eine Kolonialmacht kam oder eine andere Großmacht, die deren Land besetzte.
 
Ich denke, man sollte einen Unterschied machen zwischen Kolonialmacht und imperialistischer Macht. Ich meine, Kolonialmächte sind eine Unterkategorie der imperialistischen Mächte...Imperialistische Mächte sind allgemein diejenigen, die immer mehr Territorien erobern wollen, sie in einem großen Reich zu einen versuchen, mit derselben Begründung wie schon bei den Kolonialmächten geschrieben. Das allgemeine liegt darin, dass sie Territorien okkupieren, die entweder in der Ferne ihres ursprünglichen Territoriums liegen oder in unmittelbarer Nachbarschaft.
Ich weiß nicht wie man die Mächte wie Ö/U und Russland nennen sollte, vielleicht "Teppichmächte" (weil sie ja ihr Gebiet erweitern, ohne große geographische Lücken zu lassen, also wie einen Teppich zusammenweben, ohne Löcher eben).
Mächte wie Frankreich oder England würde ich dagegen in dieser Zeit als Kolonialmächte bezeichnen, da diese solche geographischen Lücken in ihren Territorien aufweisen

Das sehe ich ja genau so. Nur im Falle des KuK sehe ich die imperialistischen Bestrebungen eben nicht, da hier die meisten Eroberungen im Abwehrkampf gegen die Osmanen zu Stande gekommen sind, wärend das Osmanische Reich, wie ich auch geschrieben habe (nachzulesen in der Zusammenfassung #17), mal ein Imperium war, mit dem Verlust der afrikanischen und der meisten europäischen Besitzungen jedoch nicht mehr. Russland würde ich im 17.-20. Jh. in der Tat als Imperium bezeichnen. Hier sind die imperialistischen Bestrebungen deutlich sichtbar und bei Italien waren solche Bestrebungen ebenfalls erkennbar.
Und die USA sind etwa seit dem Beginn des 20. Jh. eine imperialistische Macht und sind es heute noch.
 
Dass Österreich Bosnien und Herzegovina im Abwehrkampf gegen das Osmanische Reich gewonnen habe, halte ich für nicht haltbar, da es mehr Okkupationen waren, die genau geplant waren. So wurde 1908 das lange unter österreichische Verwaltung stehende, aber trotzdem zum O.R. gehörende Bosnien einfach vom Franz Joseph I. annektiert!
Weiterhin wurden nationale Eigenständigkeitsbetrebungen und andere Kulturen wie der slawischen Serben dauerhaft unterdrückt, noch ein Merkmal der imperialistischen Mächte im 19. Jh.
 
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