Seit wann gibt es Rassenvorurteile?

Jacobum

Aktives Mitglied
Aus gegebenem Anlass (rassistische "Fans" bei Fußballspielen) würde mich interessieren, seit wann Menschen nur aufgrund ihrer Hautfarbe diskriminiert werden.

Gab es das schon im Altertum?

Gab es in Ägypten oder im Griechenland der Antike schon Vorurteile gegen dunkelhäutige Menschen?

Waren im alten Rom afrikanische Legionäre schlechter gestellt als weiße Römer?

Wurden im Mittelalter und der Neuzeit Menschen anderer Hautfarbe nur aus religiösen Gründen diskriminiert?

Ein Bruch setzt mit dem Sklavenhandel der Neuzeit ein, als hunderttausende Afrikaner nach Amerika verschleppt wurden. Natürlich waren es "billige" Arbeitskräfte, man fing sie ein und verkaufte sie. Aber lag es nicht vielleicht auch an der Hautfarbe?
Hat sich der Rassismus erst dadurch entwickelt, weil es viele schwarze Sklaven gab und somit die Gleichsetzung schwarz = minderwertig entstand?

Was denkt ihr darüber?

Gruß

Jacobum
 
...würde mich interessieren, seit wann Menschen nur aufgrund ihrer Hautfarbe diskriminiert werden.

Mir erscheint es realitätsnäher, zu fragen, seit wann es als anstößig empfunden wird, dass Menschen wegen ihrer Hautfarbe diskriminiert werden.

Ich vermute, dass dies ein sehr neues Phänomen ist.
 
Aus dem Kopf: Aus der Antike gibts eine ganze Menge ziemlich eindeutig diskriminierende Darstellungen von Menschen anderer Kultur und/oder anderer Hautfarbe.
 
Der Rassenhass steckt schon in den Vormenschen drin. Man hat beobachtet, dass sich verschiedene Schimpansensippen bis auf den Tod bekämpfen. Was ist das anderes als Rassismus?
Diese tierischen/äffischen Reflexe sind zutiefst mit der menschlichen Natur verflochten. Und erst in den letzten Jahrzehnten versucht man dies zu überwinden. Aber gerade weil der Rassismus so tief in der menschlichen Natur wurzelt, kann er auch einfach angestachelt werden und vergleichsweise leicht wieder hervorbrechen z.T. in barbarischer Weise. Beispiele dafür gibts zur Genüge: Bosnien, Ruanda, Holocaust...
 
Der Rassenhass steckt schon in den Vormenschen drin. Man hat beobachtet, dass sich verschiedene Schimpansensippen bis auf den Tod bekämpfen. Was ist das anderes als Rassismus?


es ist die entschuldigung der rassisten für ihre üblen taten, die mit diesem angeblichen beispiel ihre vorurteile begründen wollen!
schimpansengruppen leben in festen, abgesteckten revieren, die sich zum teil sogar überlappen, friedlich nebeneinander und gehen sich aus dem weg, wenn dieser sich einmal kreuzt - solange ihr lebensraum nicht verkleinert wird und sie zusammengedrängt werden, wodurch streß entsteht und sich die nahrungsreserven verknappen. kämpfe dienen der sicherung ihrer lebensgrundlage und sicherung der nahrung, haben mit rassismus nichts zu tun (zumal immer mal wieder einzeltiere die gruppe wechseln!)


Andronikos schrieb:
Diese tierischen/äffischen Reflexe sind zutiefst mit der menschlichen Natur verflochten. Und erst in den letzten Jahrzehnten versucht man dies zu überwinden. Aber gerade weil der Rassismus so tief in der menschlichen Natur wurzelt, kann er auch einfach angestachelt werden und vergleichsweise leicht wieder hervorbrechen z.T. in barbarischer Weise. Beispiele dafür gibts zur Genüge: Bosnien, Ruanda, Holocaust...

die reflexe sind vorsicht-vor-neuem-reflexe, gepaart mit einer vorsichtigen neugierde und haben auch nichts mit rassismus zu tun - sie bewahren die individuen vor gefährlichen überraschungen. rassismus vorverurteilt (meist gruppenweise) schon im vorfeld und drückt einfach nur angst vor neuem aus, ist eine übersteigerung der 'gesunden vorsicht'.
mit rassismus lassen sich wunderbar viele dieser ängste und auch schuldgefühle, sowie eigenes versagen, auf andere abwälzen und entschuldigen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Aus dem Kopf: Aus der Antike gibts eine ganze Menge ziemlich eindeutig diskriminierende Darstellungen von Menschen anderer Kultur und/oder anderer Hautfarbe.
Die Griechen hatten schon Vorurteile gegen Nichtgriechen/Barbaren. Hier sind sie nuelich erst dargelegt wurden:
http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=198005&postcount=10
Wie aus dem Beitrag zu erkennen, war es noch kein reiner Rassismus, da nicht Blut sondern in erster Linie das Klima für ihre Minderwertigkeit verantwortlich gemacht wurde.
 
Irgendwo las ich in einem Roman über die Rassenvorurteile der
alten Ägypter. Evtl. hatte der historische Grundlagen.
Es gab wohl sehr früh einen Konflikt Unter - gegen Oberägypten , also
in Richtung nilaufwärts .
Es ist da vom Land Kusch die Rede und dessen dunkelhäutigen Bewohnern,
deren Primitivität , Grausamkeit etc.
Das wäre also der erste dokumentierte Rassismus.

Allerdings ist das geografisch unklar und auch , ob das Land Kusch
aka Oberägypten zu sehen ist. Es muss dann wohl eine Reichseinigung
( Krone von Unter - und Oberägypten ist ja beides Zeichen des Pharao)
gegeben haben.
Später wird ja auch von dunkelhäutigen Pharaonen berichtet oder ist
dies eine Pharaonenherrschaft getrennter Genese in Äthiopien ?
Ist evtl. auch Äthiopien als das Land Kusch zu sehen ?
 
Kusch ist nicht Oberägypten, sondern das südlich davon gelegene Nubien, also das "Äthiopien" der antiken Griechen. (Nicht zu verwechseln mit dem heutigen Äthiopien, das weiter südöstlich liegt.) Die Könige von Kusch haben im 8. und 7. Jahrhundert tatsächlich einige Zeit lang auch über Ägypten geherrscht (25. oder "äthiopische" Dynastie).
 
Ab wann findet sich eigentlich der Übergang von "alle anderen sind schlecht" zu "alle mit anderer Hautfarbe/Frisu/Kopfform sind schlecht". Rassismus ist ja nciht nur Abgrenzung gegen äußere, sondern auch Einschluss weniger anderer aufgrund eines gemeinsamen Merkmals.
Bei den Griechen sehe ich insofern Ansätze, als dass man Perser, Kelten,... immer noch unter die anderen Mitgriechen stellte, die trotz ihrer eigenen Poleis noch als ebenbürtig empfundne wurden. Also auch als Feinde noch Achtung verdienten. Wenn Ägypter gegen Nubier sind, also gegen NAchbarn und somit potentielle Konkurrenten (wie viele Grenzstreitigkeiten gab es?), dann erscheint mir dass noch nicht so rassistisch, weil stark politisch motiviert.
 
Ab wann findet sich eigentlich der Übergang von "alle anderen sind schlecht" zu "alle mit anderer Hautfarbe/Frisu/Kopfform sind schlecht". Rassismus ist ja nciht nur Abgrenzung gegen äußere, sondern auch Einschluss weniger anderer aufgrund eines gemeinsamen Merkmals.

Ich finde es schwierig, hier zu einer Abgrenzung zu kommen. Vorurteile z. B. gegen rothaarige Menschen, aber auch prärassistische Vorurteile gibt es ja schon viel länger, als es Rassismus ("-ismus" verstanden als Ideologie) gibt.

Die ersten Ansätze zu Rassentheorien wurzeln wohl im 18. Jahrhundert, wobei durchaus honorige Gelehrte wie Georges-Louis Leclerc de Buffon oder Immanuel Kant ("Von den verschiedenen Racen der Menschen", 1775) sowohl über die Gründe der "Entartung" der "häßlichen" (dunklen) "Rassen" wie auch über den Zusammenhang zwischen heller Hautfarbe und überlegener Intelligenz und Moral spekulierten.

Ein ausgeprägt rassistisches Weltbild verfocht dann der wohl einflußreichste Vordenker rassistischer Ideologien, Arthur de Gobineau ("Essai sur l’inégalité des races", 1853-55) - der Erfinder der "arischen" Herrenrasse.
 
Wir sollten nicht die Chinesen außer Acht lassen. Die Bewohner des Reichs der Mitte fanden auch die Ausländer als minderwertig.

Aber ich sehe in der Tat den Anfang der "Diskriminierung" sehr früh. Das zeigen schon die vielen Volksnamen, die in der Sprache des betreffenden Volkes schlicht "Mensch" bedeuten, was bedeutet, dass die nicht zum Volk gehörenden auch keine Menschen waren.

Da fällt mir ein Vortrag eines Hebraisten auf einer Tagung in Hólar ein (er ist leider kurz danach verstorben und hat sein Manuskript für die Veröffentlichung nicht mehr fertigstellen können). Dort ging es um Grammatik und Textanalyse / Wortbedeutungen. Er hatte den Satz in Levitikus 19,18 zum Thema: "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst." Er hatte die Verwendung der Formulierung "wie Dich selbst" im ganzen AT gesucht und zusammengestellt und daraus sehr überzeugend hergeleitet, dass es genau genommen heißen muss: "Du sollst Deinen Nächsten lieben, denn er ist (ein Mensch) wie du." Dass dies besonders erwähnt und eingeschärft werden musste, legt für mich den Schluss nahe, dass dies keine selbstverständliche Auffassung vom "anderen", also dem nicht zur Sippe Gehörenden war, auch wenn er, wie der vorausgehende Text zeigt, zu den "Stammesgenossen" gehörte. Man kann also schlussfolgern, dass die Zubilligung des "Menschseins" mit dem Abstand von der eigenen Familie/Sippe abnahm
 
Die ersten Ansätze zu Rassentheorien wurzeln wohl im 18. Jahrhundert, wobei durchaus honorige Gelehrte wie Georges-Louis Leclerc de Buffon oder Immanuel Kant ("Von den verschiedenen Racen der Menschen", 1775) sowohl über die Gründe der "Entartung" der "häßlichen" (dunklen) "Rassen" wie auch über den Zusammenhang zwischen heller Hautfarbe und überlegener Intelligenz und Moral spekulierten.

Ein ausgeprägt rassistisches Weltbild verfocht dann der wohl einflußreichste Vordenker rassistischer Ideologien, Arthur de Gobineau ("Essai sur l’inégalité des races", 1853-55) - der Erfinder der "arischen" Herrenrasse.

Nicht zu vergessen der schwedische Anthropologe und Rassekundler Anders Retzius (1796-1860).
http://en.wikipedia.org/wiki/Anders_Retzius
 
Zuletzt bearbeitet:
Wir sollten nicht die Chinesen außer Acht lassen. Die Bewohner des Reichs der Mitte fanden auch die Ausländer als minderwertig.

Vorurteile gegen "die Anderen" gibt und gab es immer und überall. Die eigentlich interessante (und nicht ganz einfach zu beantwortende) Frage ist, ab wann man von Rassenvorurteilen sprechen sollte. Die Chinesen hielten ihre Zivilisation für die höchststehende der Welt und beurteilten alles, was davon abwich, als "barbarisch". Doch wenn mein Eindruck nicht trügt, hielt man nach der vorherrschenden konfuzianischen Auffassung die Barbaren grundsätzlich für lernfähig und hoffte, diese früher oder später für die Vorteile der "überlegenen" Zivilisation gewinnen zu können.

* * *


Interessante Beobachtungen macht Walter Demel, Wie die Chinesen gelb wurden - ein Beitrag zur Frühgeschichte der Rassentheorien, Bamberg 1993 (Kleine Beiträge zur europäischen Überseegeschichte 21)
Er sieht in der Vorstellung der "Blutsreinheit" in den iberischen Staaten des Spätmittelalters "die Entstehung eines ersten 'rassistischen' Konzepts", das sich gegen Nachkommen von Juden und Mauren richtete.
Demel S. 12 schrieb:
Die Taufe allein - ob freiwillig oder erzwungen - beseitigte den minderen Rechtsstatus dieser Schicht nicht. Aus einer zunächst religiösen Diskriminierung wurde eine erbliche.
[...]
In Spanien und Portugal aber führte die geradezu mit Besessenheit betriebene Nachforschung nach Spuren herkunftsmäßiger "Unreinheit" im 15. und 16. Jahrhundert zur Ausgrenzung eines ganzen Teils der Bevölkerung.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Nachdem ich jetzt das aktuelle Buch des Affenforschers Frans de Waal "Der Affe in uns" gelesen habe, glaube ich, Mißtrauen, Angst und Agression gegenüber fremden "Sippen" sind in uns schon immer genetisch angelegt - siehe Beispiel Schimpansen.
Aber de Waal beschreibt auch die Spezies der Bonobos (nach seinen Ausführungen genauso unsere Vorfahren). Diese treten fremden Sippen, anders als Schimpansen, auch freundlich gegenüber und vermischen sich mit diesen.
Und der Mensch ist ja kein Schimpanse. Also: Fremdenhass ist m.E. nicht zwangsläufig, sondern kulturgemacht.
 
Vorurteile gegen "die Anderen" gibt und gab es immer und überall. Die eigentlich interessante (und nicht ganz einfach zu beantwortende) Frage ist, ab wann man von Rassenvorurteilen sprechen sollte.

Vielleicht kann man es auch so sehen : Wenn in einem Einwanderungsland alle kulturellen Unterschiede verschwinden und sich alle Individuen der Einen, der Westlichen Kultur, anpassen, wenn Menschen ihre Herkunftskultur und -sprache aufgeben, um neue gemeinsame Verhaltenskonventionen zu entwickeln - dann bleibt als Unterschied zwischen den Individuen nur noch die Hautfarbe übrig. Und dann ist - mangels anderer Differenzierungsmöglichkeiten - jede Bezugnahme auf Unterschiede zwischen den Bevölkerungsgruppen automatisch ein Rassenvorurteil.
 
Dass es Xenophobie gibt, bzw. dass sich die Menschen in verschiedenen Gruppen von einander absondern und andere als fremd oder feindlich ansehen, ist ja nichts Neues, das sieht man bei jedem Fußballspiel...

Bekanntlich konnten sich in früheren Jahrhunderten Fremde unter gewissen Umständen in eine geschlossene Gesellschaft integrieren, wenn sie ihre eigenen Werte und Vorstellungen zugunsten der Mehrheitsmeinung ablegten. So war es im ausgehenden Mittelalter und der Neuzeit häufig möglich, dass eben noch diskriminierte Juden oder "Heiden" (meist türkische Kriegsgefangene) durch die Taufe und die Annahme eines christlichen Namens zu integrierten Mitgliedern der sie umgebenden Gesellschaft wurden.

Ob das in Mitteleuropa auch bei Menschen anderer Hautfarbe (und darum geht es ja in diesem Thema) der Fall war weiß ich nicht. Mglw. haben die sog. "Hofmohren" auch geheiratet und Kinder bekommen, ohne dass diese besonderen Vorurteilen unterworfen waren.

Waren z.B. Fremde im 16./17. Jahrhundert, die aus England kamen höher angesehen als ein Afrikaner? Lag das nur an den kulturellen und religiösen Unterschieden? Oder spielte hier die Hautfarbe eine Rolle?

Gruß

Jacobum
 
Eine Unterscheidung der Vorurteile liegt meines Erachtens vor einer "wissenschaftlichen" Rassentheorie nicht vor. Deswegen ist Rassismus in der Zeit vor diesen genannten Betrachtungen schwierig. Wie genannt, sind ja nicht einmal die Hautfarbe etc. unbedingt vor dem 18.Jh. für Rassismus/bzw. Abneigung aller Art gegenüber dem Fremden ausschlaggebend. Neben Frisuren konnten das auch Kleider (wie bei Germanen beim Besuch in Rom) sein, die für Argwohn sorgten. Eigentlich stellen diese Merkmale der Mode aber auch eher eine Abneigung gegen eine Kultur, als gegen eine künstlich deffinierte Rasse her.

Als Beispiel dafür nehme ich die Gleichberechtigung von weißen und schwarzen Sklaven in der Antike. Deutliche Trennungen kenne ich aus dem Bereich nicht. Gab es während des Spartacus-Aufstandes Ressentiments von weißen gegenüber schwarzen Sklaven?

Dass Sklaverei mit Rassismus kaum bis nichts zu tun hatte, sieht man am Beispiel von Daniel Defoes Werk "Robinson Crusoe", das immer wieder als Versuch der Darstellung der Überlegenheit der Weißen über die Schwarze Rasse hingestellt wird. Dabei macht Crusoes Überlegenheit gegenüber Freitag nur die Waffe in der Hand aus. Crusoe selbst war ja auch Sklave der Berberpiraten gewesen und hatte daraus nicht gelernt, dass Sklaverei an sich etwas schlimmes sei. Schließlich befand er sich, als er schiffbrüchig wurde, auf einem von ihm initiierten Unternehmen, Sklaven für die Plantagen für sich und weitere Geschäftsleute an der südamerikanischen Küste, zu beschaffen. Leider wird der erste Teil von Crusoes Abenteuern bei Verfilmungen und Betrachtungen oft ausgespart, was der Relativierung der Geschehnisse sehr hinderlich ist.
 
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