Selbstverfassten Wikipediaartikel in wissenschftl. Arbeit einbeziehen

Anicca

Mitglied
Ich weiß, das hier ist kein Rechtsforum, aber ich meine hier auch schon dozierende Mitglieder wahrgenommen zu haben. Deshalb meine Frage:

Darf ich den Inhalt eines Wikipediaartikels, den ich nachweislich selbst verfasst habe, in eine wissenschaftliche Arbeit einbeziehen? In dem Artikel habe ich sämtliche Quellen zu dem Gegenstand ausgeschöpft und kenntlich gemacht. Die Formulierungen würde ich zudem nur ungern ändern, weshalb eine Bezugnahme kaum zu umgehen ist.

Meinen Prof habe ich bereits kontaktiert, leider ist er im Urlaub und kommt erst nach der Abgabefrist zurück. Zudem bin ich zur Zeit wegen einer langwierigen Grippe ans Bett gefesselt und kann mich nicht ins Institut begeben, um mich dort mal umzuhören. Hoffe, ihr habt Verständnis, dass ich hier mal nachhorche.

Viele Grüße,

anicca
 
Rechtsberatungen dürfen wir hier nicht geben. Aber es gibt am Institut ja sicher mehr als nur einen Prof., den du fragen könntest.
Ich würde den Artikel nur in dem Fall verwenden, wenn du ihn zeitnah verfasst hast, ggf. also im Rahmen des Seminars für das du die Hausarbeit verfasst.
Begründung:
Du sollst ja mit jeder Hausarbeit eine jeweils neue Leistung bringen. Du sollst ja z.B. deine Seminare nicht so wählen, dass du im Grund- und im Hauptstudium Seminare zu denselben Themen wählst und dementsprechend zwei mal dieselbe Hausarbeit, nur wenig überarbeitet, abgeben kannst.
 
Vorab: Ich doziere zwar gern, bin aber kein Dozent. Von daher ist mein Geschreibsel in diesem Zusammenhang mit der erforderlichen kritischen Distanz zu betrachten. :fs:

Wir werden Dir nicht großartig helfen können. Die Zulässigkeit Deiner Absicht steht und fällt mit der Einstellung Deines Profs. Wenn er I-Net-Artikel und besonders Wikipedia als wissenschaftliche Quelle grundsätzlich ablehnt, dann wird er auch nicht gutheißen, dass Du Deinen eigenen Spielzeugartikel als Quelle nutzt. Deiner Nachfrage entnehme ich, dass Du seine Einstellung zu diesem Thema nicht kennst. Das daraus entstehende Risiko tät ich ohne Not nicht eingehen. Formulierungen und Quellen aus Deinem Artikel ohne Kennzeichnung zu nutzen, wäre ein Eigenplagiat oder würde Dir im ärgsten Falle sogar als Plagiat angekreidet werden (müssen).

Mein Rat: Machs wie die Großen. Es gibt genügend Wissenschaftler, die das selbe Thema in verschiedenen Publikationen behandeln. Da werden die Themen unter etwas verändertem Blickwinkel beleuchtet und die Argumentationsreihe auf diesen veränderten Blickwinkel angepasst. Nachteil: Du musst Dich von Deinen bewährten Formulierungen lösen. Das ist aber nicht so schlimm: erstens sind diese nicht verloren, zweitens dürfte es Dir leicht fallen, neue gute Formulierungen zu entwickeln, die zu der neuen Argumentationskette passen. Zum anderen hast Du die Gelegenheit, zusätzliche Quellen zu nutzen und damit auch Deine Argumentation noch besser - und dadurch insgesamt doppelt! - abzusichern. Lass den Wikipedia-Artikel einen guten Mann sein und diese Vergangenheit ruhen. Wenn Du zu einem Thema einen guten Artikel hinbekommst, schaffst Du auch einen geänderten. Formuliere eine modifizierte These - da purzelt schon fast automatische eine andere Argumentationslinie raus...
 
Wir werden Dir nicht großartig helfen können. Die Zulässigkeit Deiner Absicht steht und fällt mit der Einstellung Deines Profs.

Die grundlegenden Regeln des wissenschaftlichen Arbeitens hängen nicht vom Prof ab.
Die gelten für Profs und Studierende gleichermaßen.

Wichtig ist: Alles offenlegen, kein Gemauschel.
- Alle Quellen müssen genau benannt werden. ("Quellen siehe Wiki" geht nicht.)
- Zitate müssen deutlich gemacht werden.
- Sich selber zitieren bzw. eigene Formulierungen wiederverwenden ist kein Plagiat*, aber wenn Teile der jetzigen Arbeit schon früher veröffentlicht wurden, muss auch das kenntlich gemacht werden.

Im konkreten Fall wird auch wichtig sein, um welche Art wissenschaftlicher Arbeit es sich handelt, wie die Aufgabenstellung lautete und wieviel Wiki die Arbeit enthält.

Wenn ich einen selbstverfassten Wiki-Artikel ausdrucke und das dann als Dissertation einreiche, habe ich sicher schlechte Karten.


* zum sogenannten "Selbstplagiat" siehe:
http://www.uni-regensburg.de/universitaet/ombudspersonen/medien/selbstplagiat-memo.pdf
 
Die Zulässigkeit Deiner Absicht steht und fällt mit der Einstellung Deines Profs. Wenn er I-Net-Artikel und besonders Wikipedia als wissenschaftliche Quelle grundsätzlich ablehnt, dann wird er auch nicht gutheißen, dass Du Deinen eigenen Spielzeugartikel als Quelle nutzt.

Das erschreckt mich. Wenn ich etwas ermittele und veröffentliche, dann ist es doch - erstmal ganz objektiv - egal, wo ich das veröffentliche. Es bleibt meine Arbeit und es zählt der Inhalt. Der kann gut oder schlecht sein.

Grundsätzlich gewisse Veröffentlichkeitsformen als "Spielzeug"-Ebene zu disqualifizieren, finde ich arrogant. Es geht doch darum, was drin steht, nicht wo es steht. Internetveröffentlichungen (egal ob eigene Webseite, Wikipedia oder auch sogar ein öffentliches Forum) sind doch nicht grundsätzlich weniger wert und damit etwas schlechteres, als wenn das gleiche Forschungsergebnis in einer Zeitschrift steht. Da Unterschiede zu machen, sind m.E. grundsätzliche Vorbehalte von vorgestern unter Akademikern, die sich damit unter ihresgleichen brüsten, in der "XYZ" veröffentlicht zu haben. Ich mache mich davon nicht frei, ich fühle mich auch geehrt, wenn mein Text in einer angesehene Fachzeitschrift erscheint.

Natürlich macht es erst einmal einen positiven Eindruck, wenn man in einer Publikation veröffentlicht, der man eine vorprüfende Redaktion unterstellt. Das kann aber nur ein Einstieg zur Bildung eines Urteils sein, nicht abschließendes Qualitätsurteil.
Wichtig sind für mich neue(!) Forschungsergebnisse. Wenn da zum x-ten mal Altbekanntes wiedergekaut wird, ist das für mich völlig unwichtig, egal wo es steht.
 
Das erschreckt mich. Wenn ich etwas ermittele und veröffentliche, dann ist es doch - erstmal ganz objektiv - egal, wo ich das veröffentliche. Es bleibt meine Arbeit und es zählt der Inhalt. Der kann gut oder schlecht sein.

Grundsätzlich gewisse Veröffentlichkeitsformen als "Spielzeug"-Ebene zu disqualifizieren, finde ich arrogant. Es geht doch darum, was drin steht, nicht wo es steht. Internetveröffentlichungen (egal ob eigene Webseite, Wikipedia oder auch sogar ein öffentliches Forum) sind doch nicht grundsätzlich weniger wert und damit etwas schlechteres, als wenn das gleiche Forschungsergebnis in einer Zeitschrift steht. Da Unterschiede zu machen, sind m.E. grundsätzliche Vorbehalte von vorgestern unter Akademikern, die sich damit unter ihresgleichen brüsten, in der "XYZ" veröffentlicht zu haben. Ich mache mich davon nicht frei, ich fühle mich auch geehrt, wenn mein Text in einer angesehene Fachzeitschrift erscheint.

Natürlich macht es erst einmal einen positiven Eindruck, wenn man in einer Publikation veröffentlicht, der man eine vorprüfende Redaktion unterstellt. Das kann aber nur ein Einstieg zur Bildung eines Urteils sein, nicht abschließendes Qualitätsurteil.
Wichtig sind für mich neue(!) Forschungsergebnisse. Wenn da zum x-ten mal Altbekanntes wiedergekaut wird, ist das für mich völlig unwichtig, egal wo es steht.

Richtig! Im Internet steht zwar einiges an Mist, aber auch Papier ist geduldig. Und letztendlich zählt nicht das Medium/Autoritäten, sondern die Argumente.
 
Das erschreckt mich. Wenn ich etwas ermittele und veröffentliche, dann ist es doch - erstmal ganz objektiv - egal, wo ich das veröffentliche. Es bleibt meine Arbeit und es zählt der Inhalt. Der kann gut oder schlecht sein.

Grundsätzlich gewisse Veröffentlichkeitsformen als "Spielzeug"-Ebene zu disqualifizieren, finde ich arrogant. Es geht doch darum, was drin steht, nicht wo es steht. Internetveröffentlichungen (egal ob eigene Webseite, Wikipedia oder auch sogar ein öffentliches Forum) sind doch nicht grundsätzlich weniger wert und damit etwas schlechteres, als wenn das gleiche Forschungsergebnis in einer Zeitschrift steht. Da Unterschiede zu machen, sind m.E. grundsätzliche Vorbehalte von vorgestern unter Akademikern, die sich damit unter ihresgleichen brüsten, in der "XYZ" veröffentlicht zu haben.

Es gibt arrogante Autofahrer, arrogante Friseure und natürlich auch arrogante Akademiker. Vielleicht auch den einen oder anderen Prof, der Wissenschaftlichkeit nach seinem persönlichen Gusto beurteilt.

Ich sehe aber bisher keinen Grund, Aniccas Prof das alles "auf Verdacht" anzuhängen oder sich gleich über Akademiker im allgemeinen zu ereifern.


Wichtig sind für mich neue(!) Forschungsergebnisse. Wenn da zum x-ten mal Altbekanntes wiedergekaut wird, ist das für mich völlig unwichtig, egal wo es steht.
Brandneue, bislang unveröffentlichte Forschungsergebnisse kannst Du in Wikipedia-Artikeln nicht erwarten.
Sie haben dort nämlich gar nichts zu suchen.
Das liegt nicht an den arroganten Akademikern, sondern an den Wikipedia-Regeln selber:
Das Wichtigste vorab: In der Wikipedia dürfen nur Inhalte stehen, die
 
Das erschreckt mich. Wenn ich etwas ermittele und veröffentliche, dann ist es doch - erstmal ganz objektiv - egal, wo ich das veröffentliche.
wirklich egal?
wer einen BILD-Artikel oder ähnliches verfasst hat, der diesen nur seltenst als Argument in einer wiss. Arbeit integrieren können ;):)
 
Okay, mal ganz simpel dahergedacht: Wenn da einer durch die Museen geht und die blendende Idee hat, daß da 5 Objekte (a - e) irgendwie zusammengehören und eine neue Interpretation von f ermöglichen, die bisher niemandem aufgefallen sind (was vor 100 Jahren nicht selten war) und seine Theorie an die BILD verkauft, statt zur archäologischen Abteilung der Humboldt-Uni zu gehen, dann ist es automatisch Blödsinn? :grübel:
 
Okay, mal ganz simpel dahergedacht: Wenn da einer durch die Museen geht und die blendende Idee hat, daß da 5 Objekte (a - e) irgendwie zusammengehören und eine neue Interpretation von f ermöglichen, die bisher niemandem aufgefallen sind (was vor 100 Jahren nicht selten war) und seine Theorie an die BILD verkauft, statt zur archäologischen Abteilung der Humboldt-Uni zu gehen, dann ist es automatisch Blödsinn? :grübel:

Natürlich nicht.

Wenn die BILD den Artikel kauft, weil sie kalkuliert, dass die Museumsinteressierten für reißenden Absatz sorgen werden... :fs:
 
Eines ist mir nicht ganz klar: Wenn ich den Wikipediaartikel erstellt habe, brauche ich ja Quellen á la Literatur, etc.pp., mit denen ich die Aussagen belegen kann. Wo ist das Problem, das ganze damit zu verwenden und diese Quellen erneut zu nutzen?
 
Die Fakten haben sich nicht geändert, Deine Meinung zum Thema/Deine Sichtweise auch nicht.
Als Begründung für die Thesen Deiner Hausarbeit sind die selben Quellen wie für den Wikipediabeitrag heranzuziehen.
Entspräche jetzt der Wikipediabeitrag Deiner Hausarbeit, hast Du was falsch gemacht, nämlich die Arbeit vorab veröffentlicht und somit "verbrannt".

Als Hintergrundinfo ist das was anderes. "Wie ich schon im Wikipediaartikel vom xxx zum Thema yyy geschrieben habe , gilt..." wäre meiner Meinung korrekt. Mit neuen Worten und eventuell ausführlicher beschreiben.
Eine richtige Erkenntnis wird ja nicht falsch, nur weil man sie woanders vor ab veröffentlichte. Man sollte es nur sagen. Natürlich darfst Du auch die dort angegebenen Quellen nutzen. Aber noch mal angeben
 
Okay, mal ganz simpel dahergedacht: Wenn da einer durch die Museen geht und die blendende Idee hat, daß da 5 Objekte (a - e) irgendwie zusammengehören und eine neue Interpretation von f ermöglichen, die bisher niemandem aufgefallen sind (was vor 100 Jahren nicht selten war) und seine Theorie an die BILD verkauft, statt zur archäologischen Abteilung der Humboldt-Uni zu gehen, dann ist es automatisch Blödsinn? :grübel:


Nein, das behauptet auch niemand. Du kannst deine Ideen auch genauso gut im Geschichtsforum veröffentlichen oder im Alibi-Artikel des lokalen Anzeigenblättchens (abgesehen natürlich von der Schwierigkeit, auf die Sepiola aufmerksam gemacht hat, dass nämlich in all diesen Medien überhaupt nicht der Raum für eine ausführlich Argumentation besteht. Papier ist geduldig, das Internet noch mehr. Aber: Bei Papier - Ausnahme sind die neuen Internetverlage á la "Books on demand" - ist zumindest die Wahrscheinlichkeit eines Lektorats und damit eines Peer Reviews, also einer positiven Beurteilung durch Fachleute- wahrscheinlicher. Die "Reliability" ist einfach höher, was aber nicht in Richtung eines Automatismus missverstanden werden sollte.
 
Wichtig zu sagen ist, dass der Artikel nicht Bestandteil einer Prüfungsleistung war, sondern ich mich ob der urpsrünglichen Version echauffierte und entschied, ihn zu überarbeiten. Die alte Version hatte den behandelten Gegenstande monokausal beleuchtet und wichtige Quellen (Inschriften, literarische Überlieferungen) ausgeklammert.

In meiner Thesis greife ich das Thema des Artikels auf und komme nicht umhin, exakt dieselben Quellen mit entsprechender Auslegung zu verwerten. Da der Artikel wissenschaftliche Qualität hat - das haben nunmal manche Wikis, trotz ihres schlechten Rufes - sehe ich persönlich keine Widersrpüche.

El Quijote schrieb:
Aber es gibt am Institut ja sicher mehr als nur einen Prof., den du fragen könntest.
Weiß ich, würde ich unbedingt machen, wäre ich nicht bettlägerig und infektiös. Auf Emails hat leider niemand reagiert...

Vielen Dank für eure Feedbacks und die guten Anregungen :)! Würde gerad gerne auf jeden einzelnen eingehen, muss mich aber wieder hinlegen, bitte nicht übel nehmen.
 
Thesis heißt, du arbeitest an der BA- oder MA-Arbeit? Oder handelt es sich noch um eine Seminararbeit? Denn wenn letzteres der Fall ist, wäre es doch mal ein Gedanke - das kommt natürlich auch darauf an, wie experimentierfreudig der Prof ist - mit dem Prof darüber zu verhandeln, ob er dir den Wikipedia-Artikel als Seminarleistung abnimmt. Du müsstest dann natürlich detailliert deine Veränderungen nachweisen, aber das geht dank der History bei Wikipedia ja mühelos.

Gute Besserung!
 
B.A-Arbeit. Heute Rückmeldung bekommen, ich könne natürlich meinen eigenen Artikel verwenden.

Liebe Grüße und danke für die Genesungswünsche :)
 
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