Seleukiden

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Gast

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Hallo ihr Lieben!

Ich muss einen Essay schreiben zum Thema "Kann man sagen, dass das Seleukidenreich eine Militärmonarchie war?" schreiben. Könnt ihr mir helfen? Habt ihr einige Anregungen?
 
Kann man oder kann man nicht. Es wäre besser du hättest bereits eine Vorstellung oder zumindest einige Punkte an denen du für dich selbst die Antwort festmachen willst. Dann viele die Antwort leichter. So werde ich weiter ausholen.


Alle Diadochenreiche sind die Nachfolgestaaten oder auch 'Konkursmasse' des Alexanderreiches. Alexander d. Gr. eroberte mit seinem makedonisch-griechischen Heer das gesamte ehemalige Perserreich der Archämeniden. Dabei setzte er zunehmend auch lokale Truppen ein um dieses Reich nicht nur zu erobern, sondern auch zu halten. Bei seinem frühen Tode im Jahre 323 war seine Nachfolge dieses neuen Reiches, dass völlig auf seine Person fixiert war nicht ausreichend geregelt. Sein unmündiger Sohn und seine fremdländische Frau wurden zu Spielsteinen im Machtpoker seiner führenden Generäle, die sich um die Nachfolge regelrecht balgten. Mit dem Untergang der letzten Generäle, die sich noch wirklich als Statthalter Alexanders angesehen hatten und dem Scheitern des Antigonos beim Versuch das komplette Reich zu beerben zerbrach das längst nur noch fiktive Reich endgültig. Die Diadochen bauten ihre eigene Herrschaft auf. Die Bedeutendsten wurden Makedonien, Ägypten und das Seleukidenreich.

Im Rahmen dieser Kämpfe waren aus dem stehenden Heer der Makedonen und ihrer Verbündeten längst Söldnerverbände geworden, die durch ihren Eid nur noch an ihre unmittelbaren Feldherren gebunden waren. Ihnen folgten sie auch bei diesen Bürgerkriegen. In der Folge hatte das Seleukidenreich ständig an allen Seiten seiner geographischen Ausdehnung Kriege zu führen. Im Osten erlangten 'Hindu-Herrscher' wieder ihren Einfluss auf das Industal zurück, im Nordosten drängten die Parther an, im Südwesten wurde das Ägypten der Ptolemäer zum gefährlichen Feind, dazu gab es ständig Aufstände und Unabhängigkeitsbestrebungen (Lysimachos oder der jüdische Makkabäeraufstand). Das Reich war also fast ständig in kleinere oder größere Kriege verwickelt.

Meines Erachtens war das Seleukidenreich, mehr noch als alle anderen Diadochenreiche eine Militärmonarchie. Das Recht der Regierung durch den König leitete sich einerseits theoretisch von Alexander d. Gr. ab und andererseits von der Akklamation durch das Heer, in dem griechisch/makedonische Elemente bestimmend blieben. Die 'lokalen' Truppen gewannen aber immer mehr Einfluss. Das folgende gilt für alle Diadochenreiche:

Der Staat war straff zentralisiert mit einem umfangreichen Beamtentum, das es dem König ermöglichte quasi Absolut zu herrschen. Das Heer war Basis seiner Macht und quasi Gefährte des Königs. Der Herrscher sicherte seinen Machtanspruch durch das Heer, das den König als Herrscher ausrief und seinen Eid leistete. Das Heer musste auch zustimmen in allen Bereichen der Nachfolgeregelung und konnte auch sonst deutlichen Einfluss gewinnen. Auch in anderer Hinsicht leistete das Berufsheer sehr wichtige Dienste. Ähnlich wie später das römische Heer bei der Romanisierung der Provinzen ganz entscheidenden Vorschub leistete, erzielten die Heere der Diadochen und ihrer Nachfolger ähnliches im gestammten Nahen Osten indem die Länder mehr oder weniger gräzisiert wurden. Die Epoche des Hellenismus verdankt ihre Existenz und Besonderheit den Diadochenstaaten.
Planmäßig wurden Militärsiedlungen als Garnisonen und Ausstrahlungsstätten griechischer Kultur angelegt. Da die Soldaten, zumindest der Phalanx fast ausschließlich Makedonen oder Griechen waren, wurden sie zu Zentren der Hellenisierung. Die Seleukiden gründeten viele Städte durch ihre Militärangehörigen, wodurch vor allem Syrien deutlich hellenisiert wurde. Die griechische Kultur in Baktrien fasste ebenfalls Fuß, während etwa Israel oder Mesopotamien kaum von griechischer Kultur durchdrungen wurde. Ein steter Strom von Siedlern aus dem griechischen Stammland und Makedonien wurde gebraucht um diese Entwicklung aufrecht zu erhalten. Bei der teilweise riesigen Ausdehnung des Seleukidenreiches mussten die Könige stärker als in anderen Reichen auf Einheimische zurückgreifen.

Kurz: Das Seleukidenreich war eine Militärmonarchie. Das ganze Königtum seiner Herrscher gründete sich auf die Macht seines Heeres. Der König wurde durch das Heer ausgerufen und das Heer an den König durch Eid gebunden. Auf dieser Basis stand der König als absoluter Herrscher seinem Machtbereich vor. Wo sein Heer seine Interessen nicht durchsetzen konnte, verlor er die Macht (besonders das Seleukidenreich war ständiger Erosion der Ausdehnung unterworfen) und andere Mächte oder lokale Machthaber machten sich selbstständig. Für Herrscher und Heer arbeitete eine ungeheure Bürokratie die dem König eine fast unumschränkte Machtausübung erlaubte. Später war nur noch die Zustimmung der größten Heereskonzentrationen für den König notwendig, weil zahlreiche Soldaten in kleinen Garnisonen abkommandiert keinen politischen Einfluss erzielen konnten.
Das Heer war ein Staat im Staate und ethnisch ein Fremdkörper im Reiche. Die Griechen&Makedonen (ich meine immer beides, auch wenn ich nur einen Namen nennen sollte) bestimmten Heer und Beamtenschaft. Es gab teils eigenes Recht für Einheimische und Griechen, sogar Heiratsverbote kamen vor!
Das Herrschergeschlecht der Seleukiden führte spätestens mit Antiochos I. einen Personenkult ein. Die Herrschaft blieb quasi erblich in dieser Dynastie, was durch zeitige Mitregentschaft des ältesten Sohnes abgesichert wurde. Aufgrund der schieren Größe des Reiches und der dünnen griechisch/makedonischen Herrscherschicht entstanden neben der Verwaltungsstruktur durch Satrapien (wie unter den Archämeniden) zahlreiche privilegierte Kleinherrschaften, die in der Art von Feudalstrukturen an das Herrscherhaus gebunden wurden und Selbstverwaltung hatten.

Es überrascht nicht am Ende des Römischen Reiches und während der römischen Kaiserzeit ähnliche Phänomene anzutreffen. Hat doch auch der lateinische Begriff des Imperators etwas mit der Akklamation durch sein Heer zu tun und ist ursprünglich nur für militärische Würdenträger verwendet worden.
 
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