sowjetische Militarismus

Hipokampus

Mitglied
Hallo zusammen

Ich beschäftige mich mit Thema "Sowjetische Militarismus". Es wäre für mich sehr interessant über dieses Thema ihre Meinungen zu lesen.

Was für ein System war der sowjetische Militarismus?
 
Ich persönlich würde meinen, daß damit der überhobene Nationalstolz auf die Armee und andere bewaffnete Organe verbunden ist, was sich in der Unmenge an verschiedenen paramilitärischen Einheiten des Innenministeriums wie OMON, SPEZNAS, ALFA, VYMPEL, sowie anderen halbstaatlichen und privaten Sicherheitsdiensten zeigt, die es auch heute in Rußland gibt. Auch der in den russischen Nachrichten überbetonte Aspekt der Sicherheit mit Nachrichten zu neuentwickelten Waffensystemen und Ereignissen rund um die Armee ist hier sicher ein Bestandteil, wie Kriegsfilme, die sicher analog dem amerikanischen Pedanten, ihren Part innehaben. Da ist das im Zusammenhang eine Fortführung des sowjetischen Militarismus.

Betonen sollte man, daß es auch westliche Staaten gibt, die dem gleichzusetzen sind. Beispielsweise Frankreich und die USA. In Grundzügen sicher auch Großbritannien.
 
Der sowjetische Militarismus hatte zwei Gesichter.
Zum war da eine gewisse Experimentier-Freude. Also die Rote Armee als politische, revolutonäre Armee. Immer wieder hatte man versucht, die Armee neu zu erfinden. Quasi ohne Offiziere, geführt von Sowjets statt von Generälen. Bis in den Zweiten Weltkrieg hinein wird an der Roten Armee herumgedoktert. Das Problem war nämlich die idealistisches Absichten nicht immer militärisch effizient waren.
Am Ende blieb nur noch die kommunistische Folklore, die mit den Hinterlassenschaften des zaristischer Folklore untrennbar vermischt wurde.
Die Widersprüche haben offenbar niemanden wirklich.
Die Rote Armee war im Grunde, dass was die vielen Völker zusammenhalt. Sie selbst wurde zu einer sowjetischen Gründungsmythos überhöht. Geschaffen im Kriegskommunismus steht sie am Anfang des neuen Staates und wird der entscheidende Träger und im "Großen vaterländischen Krieg" gebärt sie quasi einer mutmaßlichen Sowjet-Nation. An der Stelle muss man die Dimensionen der Gewalt begreifen. Im Grunde war der Bürgerkrieg erst mit dem Ende des 2. Weltkrieges zu Ende. 30 Jahre lang beherrschten Kriege oder zumindest kriegsähnliche Zustände in der Sowjet-Union.
 
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Im Grunde war der Bürgerkrieg erst mit dem Ende des 2. Weltkrieges zu Ende. 30 Jahre lang beherrschten Kriege oder zumindest kriegsähnliche Zustände in der Sowjet-Union.

Du mischst Bürgerkrieg mit Totalismus, der speziell in der Ausprägung des Stalinismus ausgeübt wurde. Das sind 2 völlig unterschiedliche Dinge!
 
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Die Widersprüche haben offenbar niemanden wirklich.
Fehlt da ein Wort wie "gestört" am Satzende?

Die Rote Armee war im Grunde, dass was die vielen Völker zusammenhalt.
Eine interessante These. Ich bin mir aber nicht sicher, ob man das wirklich sagen kann.
Natürlich hat die Armee als Machtinstrument das Imperium zusammengehalten - aber es war doch wohl nicht so, daß sich die Völker in der Dienstzeit dort wesentlich näher gekommen wären.
Bei einer Berufsarmee wie den römischen Legionen kann man so eine Verschmelzung hinkriegen, aber doch nur schwer mit einer Wehrpflichtarmee, bei der jeder nur schnell wieder nach Hause will.

Der Zerfall der SU nach 1990 zeigt ja auch, daß da nicht viel Zusammengehörigkeitsgefühl entstanden war.

Im Grunde war der Bürgerkrieg erst mit dem Ende des 2. Weltkrieges zu Ende.
Da würde ich grundsätzlich zustimmen. Obwohl natürlich ein Stück Bürgerkrieg auch nach 1945 weiterging, sowohl im Kampf gegen Partisanenrest wie bei der Strafdeportation von Volksgruppen wie den Balten.
 
Der sowjetische Militarismus hatte zwei Gesichter.
Zum war da eine gewisse Experimentier-Freude. Also die Rote Armee als politische, revolutonäre Armee. Immer wieder hatte man versucht, die Armee neu zu erfinden. Quasi ohne Offiziere, geführt von Sowjets statt von Generälen. Bis in den Zweiten Weltkrieg hinein wird an der Roten Armee herumgedoktert. Das Problem war nämlich die idealistisches Absichten nicht immer militärisch effizient waren.
Am Ende blieb nur noch die kommunistische Folklore, die mit den Hinterlassenschaften des zaristischer Folklore untrennbar vermischt wurde.
Die Widersprüche haben offenbar niemanden wirklich.
Die Rote Armee war im Grunde, dass was die vielen Völker zusammenhalt. Sie selbst wurde zu einer sowjetischen Gründungsmythos überhöht. Geschaffen im Kriegskommunismus steht sie am Anfang des neuen Staates und wird der entscheidende Träger und im "Großen vaterländischen Krieg" gebärt sie quasi einer mutmaßlichen Sowjet-Nation. An der Stelle muss man die Dimensionen der Gewalt begreifen. Im Grunde war der Bürgerkrieg erst mit dem Ende des 2. Weltkrieges zu Ende. 30 Jahre lang beherrschten Kriege oder zumindest kriegsähnliche Zustände in der Sowjet-Union.
Eine wichtige Frage für mich ist Gibt
es überhaupt einen Militarismus in der Sowjetunion, denn gemäss
sozialistischen Militarismuskritikern (Luxemburg, Liebknecht, Bebel - ) kann es per definitionem keinen Militarismus mehr geben,
wenn der Kapitalismus überwunden und die sozialistische Gesellschaft
eingeführt ist.
 
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So kann man es natürlich auch sehen. Nach Meinung des anderen Lagers gab es aber durchaus Militarismus oder gar einen Imperialismus der Sowjet-Union.;)
Ideologie ist schon das richtige Stichwort. Schließlich reden wir ja von einem -ismus und nicht vom Militär, wie es wirklich war.
Die Frage ist also, welches bildet hat die Rote Armee von sich selbst und die Partei von der Armee. Interessanterweise sind ja die Monumente für den 2. Weltkrieg in Russland allgegenwärtig. Denn dieser ist der "Große Vaterländische Krieg". Mutter Heimat ruft ihre Kinder zum Kampf. Das war der Kerngedanke der Roten Armee, eine Volksarmee die Heimat und Vaterland verteidigt. Und zu dem russischen Nationalismus rührt man dann noch nach Bedarf Internationalismus hinzu, gegebenfalls werden auch andere Völker befreit.
 
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Eine wichtige Frage für mich ist Gibt
es überhaupt einen Militarismus in der Sowjetunion, denn gemäss
sozialistischen Militarismuskritikern (Luxemburg, Liebknecht, Bebel - ) kann es per definitionem keinen Militarismus mehr geben,
wenn der Kapitalismus überwunden und die sozialistische Gesellschaft
eingeführt ist.

Wobei beide sicher davon ausgingen, daß es keinen äußeren Feind mehr gibt, der "die sozialistische Gesellschaft" militärisch bekämpft.
 
Der sowjetische Militarismus hatte zwei Gesichter.
Zum war da eine gewisse Experimentier-Freude. ...
Sie selbst wurde zu einer sowjetischen Gründungsmythos überhöht. Geschaffen im Kriegskommunismus steht sie am Anfang des neuen Staates und wird der entscheidende Träger und im "Großen vaterländischen Krieg" gebärt sie quasi einer mutmaßlichen Sowjet-Nation. An der Stelle muss man die Dimensionen der Gewalt begreifen. Im Grunde war der Bürgerkrieg erst mit dem Ende des 2. Weltkrieges zu Ende. 30 Jahre lang beherrschten Kriege oder zumindest kriegsähnliche Zustände in der Sowjet-Union.

Der Militarismus ist wohl kaum von den Machtverhältnissen und den "Bedürfnissen" der Stalin-Diktatur zur Sicherung der Macht nach innen und nach außen zu trennen. Zwischen Bürgerkrieg mit Geburt der Roten Armee und dem Großen Vaterländischen Krieg liegen noch die stalinistischen "Säuberungen" der Führungsspitze.

Auch die Zwischenkriegszeit sollte also bedacht werden, wenn ansonsten der Militarismus meist in Verbindung mit dem Sieg 1945 gebracht wird: die Sowjetunion ging fast 20 Jahre lang (vor 1939) von einer Einkreisung aus, die gigantische Aufrüstung der 30er-Jahre paßt in diese Rechnung. Alle politischen Spielchen des Systems der "kollektiven Sicherheit" dienten im Prinzip dem Zeitgewinn für den einzigen sozialistischen Staat, bis zur militärischen Unangreifbarkeit. Der Militarismus, auch seine politische Kontrolle findet hier quasi eine Entsprechung in der ökonomischen Mobilisierung des Staates.
 
die Sowjetunion ging fast 20 Jahre lang (vor 1939) von einer Einkreisung aus
So gesehen, war sie das ja auch und daß die kapitalistische Welt vor Interventionen zur Durchsetzung ihrer Ziele nicht zurückschreckte, zeigte sich Anfang der 20er Jahre (...).
 
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Im Prinzip stimme ich der Einschätzung von @silesia zu. Ein paar Aspekte der Vertiefung möchte ich dennoch anführen:

Wirkung und Bedeutung: In seiner Bedeutung hat der SU-Militarismus sicherlich eine innen- und eine außenpolitische Bedeutung besessen.

Diese Bedeutung kann man vermutlich an vier Bereichen der Gesellschaft relativ gut deutlich machen:

1. Gesellschaft: Für den Militarismus kennzeichnend ist auch die dominante Präsentation des Militärs und der Durchdringung des zivilien Lebens durch militärische Umgangsformen und Denkmuster. In diesem Sinne ist Militarismus eine Ideologie, die durch die entsprechenden SU-Institutionen (Komsomol, Rote Armee, Partei, und Pressesystem) aufgebaut und stabilisiert werden mußte

2. Politik: Diese Dimension bezieht sich auf das Funktionalisieren des Militarismus für innen- und außenpolitische Zwecke. Im wesentlichen ist damit die Vorgehensweise gemeint, aufgrund einer aggressiven Außenpolitik, die innenpolitische Opposition zum Schweigen zu bringen und einen extremen Anpassungsdruck zu erzielen. Im Falle von Russland durch dien Konflikt mit den „Weißen“, den Angriff der Polen, der fernöstlichen Bedrohung durch Japan und der Bedrohung durch das Deutsche Reich.

3. Militärisch: Das Betreiben einer intensiven Aufrüstung und das Einbeziehen großer Bevölkerungsschichten in das militärische Leben. Im Falle der Roten Armee war es noch die Notwendigkeit, am einsetzenden Rüstungswettlauf in den dreißer Jahren teilzunehmen, um sich eine relativ sichere militärische Position zu erarbeiten.

4. Wirtschaftlich: Der Aufbau entsprechender Rüstungsindustrien mit der Entwicklung entsprechender Bürokratien und Funktionseliten. In disem Zusammenhang kann man sicherlich von der Entwicklung einer spezifischen SU-Variante des „Militärisch-Industriellen-Komplexes“ (MIK) sprechen.

Für ein Verständnis für die Entwicklung des Militarismus in der UdSSR ist es m.E. aber notwendig, auf die Gründungsprobleme der SU einzugehen. Die UdSSR ist eine Gesellschaft, die aus einer Revolution hervorgegangen ist, die durch einen harten Machtkampf zwischen den „Roten“ und den „Weißen“ gekennzeichnet war. Im Laufe dieses Prozesses wurden Personen an die Spitze der KPDSU gespült, die als Organisatoren des Überlebenskampfes erfolgreich waren. Der Druck auf die SU hielt an, als die Polen bis Kiev in die „junge“ UdSSR einmarschiert sind. Das Denken der Ideologen der KpdSU drehte sich im wesneltich um Fragen des Überlebens, der Frage der Landwirtschaft, der Industriealisierung und nicht um die Entwicklung der gesellschaftlichen Voraussetzungen für eine humanistisch geprägte kommunistische Gesellschaft.

Die Herausforderung für die UdSSR war in diesem Zusammenhang, dass sie eine „Übergangsgesellschaft“ war, die sich in Richtung einer „kommunistischen Gesellschaft“ bewegen sollte. Das damit verbundenen Problem in dieser Phase ist insbesonders von A. Gramsci eingehend dargestellt worden, der auf die Notwendigkeit des „Lebens der positiven Utopie“ hingewiesen hat. Im Gegensatz dazu blieb die Entwicklung eines alternativen Lebensentwurf immer stecken, in der gebetsmühlenartigen Wiederholung von ideologischen Phrasen.

Dieser angeborene Defekt der UdSSR, der quasi in der Geburtsstunde die Disposition zur Militarisierung der Gesellschaft in die Wiege gelegt wurde, setzte sich fort. In den dreißiger Jahren ergab sich die Notwendigkeit für nahezu alle europäischen Länder, sich an dem einsetzenden Rüstungswettlauf zu beteiligen. Für die UdSSR wurde damit die Rolle der Roten Armee, als „Schule der Nation“ festgeschrieben. Gesellschaftlich bot die Rote Armee, wie man an der Biographie von Schukow gut nachvollziehen kann, eine hervorragende Basis für den gesellschafltichen Aufstieg (die Säuberungen waren ja nicht vorherzusehen).

Mit dem WW2 setzte eine neue Phase der Militarisierung der SU ein. Es gelang der KPdSU, die bis dahin über eine vermutlich geringe Zustimmungsquote in der Gesellschaft verfügt hat, durch die enge Bindung zwischen Partei und Roter Armee und dem Ausrufen des großen „Vaterländischen Krieges“ ihre geselslchaftliche Legitimation deutlich zu erhöhen.

Der Preis für diese ideologische Mobilsierung wurde nach dem WW2 ersichtlich. Das Militär hatte sich, auch aufgrund der extrem hohen Verluste, eine moralische Position in der SU erarbeitet, die es den politischen Führern nicht mehr möglich machte, die Rolle der Roten Armee deutlich zu begrenzen.

Die Dynamik des „Kalten Krieges“ verstärkte diese Tendenz zur Zementierung der dominanten Position der „Roten Armee“. Erst die Überdehnung der UdSSR und die damit verbundenen finanziellen Probleme der Hochrüstung ließen diese Konstruktion zusammen brechen.

Im post-kommunistischem Russland und auch in den anderen ehemaligen Staaten der UdSSR zeigt sich aber deutlich, welche ideologische Leere entstanden ist mit dem Wegfall des „Militarismus“. Es wird sicherlich spannend sein, wie Russland seine Position in der Welt, auch ideologisch, auch nach innen, untermauern wird in der Zukunft.
 
Ein Gedanke zu den Quellen, um einmal den Blick auch über die entstandene Sowjetunion hinaus zu lenken.

Militarismus wird bislang für die Sowjetunion überwiegend reaktiv erklärt:
- Bürgerkrieg + Interventionskrieg
- Aufrüstung, Einkreisung, Bedrohung
- Zweiter Weltkrieg
- Kalter Krieg

Den Militarismus kann man aber auch bereits für die Weiße Bewegung, also gewissermaßen "im Vorfeld" beobachten (auch wieder reaktiv -> Bürgerkrieg). Daneben gab es weitere Zutaten: Ungeklärte/fehlende Verfassungsdebatte, Territorialregime, hochgeputschte Generäle, provisorische Herrschaftsregeln meist per Kriegsrecht.

Auch bezogen auf diese Gebiete bildete sich bereits vor der Ausdehung des sowjetischen Machtbereichs Militarismus heraus, auf der Grundlage des Weltkriegstraumas, verfallender Maychtstrukturen, oder des Erbe der Zarenherrschaft - allgegenwärtige Gewalt als Wurzel des Militarismus?

Nikolaus Katzer, Die Weisse Bewegung in Russland, Beiträge Geschichte Osteuropas Band 28.


Um den Gedanken mit der Verknüpfung im Zweiten Weltkrieg ("Vaterländischer" Krieg) zu präzisieren: Stand die Sowjetunion hier klar in der Tradition des Zarenreiches, was die Komponente des russischen Patriotismus/Nationalismus, die Bedeutung des Verwaltungs- und Militärapparates (als quasi "eigengewichtiger" Militärstaat) angeht?

Andreas Renner (Russischer Nationalismus und Öffentlichkeit im Zarenreich 1855-1875, Beiträge Geschichte Osteuropas Band 31)
spricht von einer Trias aus Autokratie, Reichsidee und Orthodoxie, und zwar in dieser Rangfolge!
 
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Es ist ja interessant, dass es sehr unterschiedliche Formen des Militarismus gibt mit völlig unterschiedlichen Auswirkungen auf seinen Phänotyp.

Für das Deutsche Reich bzw. für das Heer wird in der Regel ein "konservativer" Militarismus unterstellt, der interessanter Weise die Ausweitung der Armee behinderte. Sie fürchteten eher um den "Elitestatus" des aristokratisch geprägten Offiziers-Korps und sprachen sich gegen das Eindringen bürgerlicher Kreise oder noch "suspekterer" Gesellschaftsschichten aus. Ein Konflikt, der bereits bei den preußischen Militärreformen von Scharnhorst/ Gneisenau angelegt ist.

Mit dieser "konservativen" Ausprägung des Militarismus standen aristokratischem Militärs in einem deutlichem Kontrast zum "radikalen" Militarismus, der in der Person von z.B. Ludendorf eine gegenseitige Durchdringung von "Volk" und "Armee" propagierte und in der Konsequenz ein "Volk in Waffen" anstrebte.

An diesem Punkt wird der Einfluss des sozialdarwinistischen Denkens extrem deutlich.

In ähnlicher Weise kann man viellicht auch den Unterschied zwischen dem Militarismus der "Weißen" und der "Roten" verstehen. Aber das kann ich ehrlich nicht beurteilen.

@silesia: Schone Grüße an Tamara Jagelowsk und an Lydia van Dyke ;-)
 
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Grundsatzfrage: Kann man denn den Begriff des Militarismus eigendlich mit der sowjetischen Diktatur des Proletariats in einem Topf werfen?

Ist die Grundlage für den Militarismus nicht die kapitalistische Gesellschaftsordnung?
 
nicht so eindeutig

@0815: Militarismus definiert die Beziehung zwischen der Armee und der Gesellschaft. In diesem Sinne kann man sicherlich beriets in Sparta von einer frühen Ausprägung des Militarismus sprechen. Es ist eine allgemeine analytische Kategorie, die m.E. nicht an eine spezifische Epoche gebunden werden kann.

Anders zum Beispiel die Diskussion über den "Militärisch-Industriellen-Komplex" in den westlichen, kapitalistischen Gesellschaften, der einen klaren historischen Bezug hatte und, zumindest in der ursprünglichen Version, auch an das "kapitalistische Marktmodell" gebunden war.

Die Kategorie "Diktatur des Proletariats" war ursprünglich nicht als Durchsetzung eines Gesellschaftsmodells mit Hilfe von Macht und der Unterdrückung der anderen Schichten gedacht. Vielmehr war es ein alternativer Gesellschaftsentwurf, der die Unterdrückung der Arbeiterschaft kritisierte und der Arbeiterschaft, als deutliche Mehrheit des Volkes, die führende Rolle in einem Staat zusprach. Die Einsicht in die Vorteile der "Diktatur des Proletariats" sollte sich aufgrund der besseren Lebensbedingungen ergeben und vermittelt über die Macht des Wortes. Die Theoretiker des Kommunismus/Sozialismus sind in der Vor-Lenin-Ära noch Produkte der "Aufklärung".

@Themistokles: Bin mir persönlich nicht sicher, ob es eine universelle "Wirkkette" gibt. Weiter oben wurde bereits darauf hin gewisen, das Militarismus zur gleichen Zeit in zwei durchaus konträren Versionen in einer Gesellschaft bestehen kann.

Zumal gerade die deutschen "konservativen Militaristen" nicht selten auch die konservativen Militärtheoretiker waren und einer Modernisierung der Armee eher skeptisch gegenüber standen. In diesem Sinne ergibt sich sogar eine negative Korrelation zwischen den Interessen von Großindustriellen / Kapitalisten und Teilen der konservativen Militaristen in der Armee.
 
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