Mitchell, Richard E. (1992): Patricians and plebeians. The origin of the Roman state. . Ithaca, NY : Cornell University Press.
Dazu vielleicht noch:
Karl-Joachim Hölkeskamp, Senatus Populusque Romanus - Die politische Kultur der Republik - Dimensionen und Deutungen, Wiesbaden 2004, mit folgender Randbemerkung:
"Mitchells Sicht - insbesondere seine Behauptung, daß der sakralrechtlich begründete Sonderstatus der Patrizier nichts mit politischer Privilegierung zu tun habe, daß es weder Patriziat noch Plebs als politische Gruppierungen gegeben habe und daß folglich die 'Ständekämpfe' überhaupt eine Konstruktion bzw. Fiktion seien - ist ganz und gar nicht überzeugend und hat sich auch nicht durchgesetzt."
Uwe Walter, Patrizier und Plebeier in der römischen Historiographie, in: Museum Helveticum 74,2 (2017), S. 172-199 sieht seinen Standpunkt zwischen der "radikalen" Sicht Mitchells und der "optimistischen" Sicht Cornells und Raaflaubs:
"Ohne Zweifel stellt das Bild der immer wieder von gewissen Institutionen, Themen und Akteurs- beziehungsweise Krisenkonstellationen bestimmten <Ständekämpfe> zwischen Patriziern und Plebeiern eine retrospektive Konstruktion dar, die nicht zuletzt die Funktion hatte, einen sehr langen Zeitraum, nämlich die Spanne von 494 bis 287, mit plausiblen und zugleich dramatischen Geschichten und Szenen zu füllen, die für einen in der Zeit von Clodius, Cato und Caesar sozialisierten Leser wenigstens im Grundsatz nachvollziehbar waren. [...] Doch auch wenn die Belastbarkeit der Quellen skeptischer einzuschätzen sein sollte, als dies etwa Tim J. Cornell und Kurt A. Raaflaub meinen, kann man in jedem Fall - auch mit Verweis auf die aus Hesiod besser bekannten Verhältnisse im archaischen Hellas - eines festhalten: Unter den Bedingungen (und Begrenzungen) der Agrarwirtschaft, angesichts des sicher erwiesenen Zugriffs des Gläubigers auf die Person des zahlungsunfähigen Schuldners (nexum), der sozioökonomischen Differenzierung und der voranschreitenden Urbanisierung sowie einer im 5. Jahrhundert wahrscheinlich ganz Italien erfassenden wirtschaftlichen Krise und allgemeinen Unsicherheit wird man im frühen Rom mit einer nicht geringen strukturellen Konflikthaltigkeit der sozialen Verhältnisse rechnen müssen. Das gilt umso mehr, als die später so erfolgreiche Befriedigung von Interessen und Ambitionen durch eine Land und Beute abwerfende Expansion frühestens mit der Eroberung Veiis (390), wahrscheinlich aber erst nach dem Sieg im Latinerkrieg (338) einsetzte. Die Homogenisierung und Vereinfachung im Prozess der Traditionsbildung hat jedenfalls, so ist zu vermuten, sehr verschiedene soziopolitische Konflikte jeweils mit einem alles überwölbenden Kampf zwischen Patriziern und Plebeiern verbunden, der die Narration durch bestimmte wiederkehrende Elemente strukturierte und für Wiedererkennbarkeit sorgte. Es muss also nicht gedeihliche Verhältnisse postulieren, wer den überlieferten Frontlinien und Konflikten die Authentizität abspricht. Denn warum sollten, um nur ein Beispiel zu nennen, nexi ausschliesslich von Patriziern bedrückt und in Fesseln geschlagen worden sein? Der einzige nachweislich historische Konflikt zwischen Patriziern und Plebeiern fand im 4. Jahrhundert statt, als es um den Zugang zu den höchsten Ämtern ging und die Patrizier offenbar in erster Linie mit ihrer sakralen Exklusivität zu punkten beziehungsweise diese zu wahren suchten."