Stamm der Chatten

heinz

Aktives Mitglied
Frage von Heinz :

Was wißt Ihr über den germ. Stamm der Chatten?

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Antwort von Mercy :

z. B. das:
Die Chatten siedelten an der Fulda und an der Eder und hatten mit Zustimmung der Römer das Land der Ubier in Besitz genommen, die ja ihrerseits von den Römern umgesiedelt worden waren.
Sie nahmen ebenfalls an der Schlacht im Teutoburger Wald 9 n. Chr. und am Bataveraufstand des Civilis 69/70 n. Chr. teil. Im Jahre 58 n. Chr. erlitten sie eine Niederlage gegen die Hermunduren bei einem innergermanischen Streit um einen Salzfluß, wahrscheinlich der Werra. Die Römer eroberten von den Chatten unter Domitian im Jahre 83 n. Chr. die Wetterau, wodurch sie dort den Limes aufbauen konnten. Im Jahre 162 fielen sie in Obergermanienein, 170 in die Provinz Belgien. Nach 203 wird ihr Name nicht mehr erwähnt, dafür jedoch im 7. Jahrhundert in ihrem ehemaligen Gebiet die Namen Hassii, Hessi, Hessones, heute Hessen, sodaß auf Grund der Lautverschiebung angenommen werden kann, daß die heutige hessische Bevölkerung direkt auf die Chatten und auch später auf die Franken zurückgeführt werden kann.




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Dankeschön von Heinz :

Danke für die ausführliche Auskunft. Da ich gebürtiger Kasseläner, wie auch Herr Eichel, bin, interesiert es mich, wie weit die Chatten nach Süden gewohnt haben. Bis zum Vogelsberg? Weil es bei uns in Hessen den Nord/Süd-Gegensatz gibt. Ich nehme an, dass die Frankfurter und Darmstädter Franken waren.

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Antwort von Heinz :

Nochmals die Frage, wie weit sind die Chatten nach Süden gekommen.

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Antwort von Heinz :

Ja, wie weit sind nun Die Chatten nach Südhessen gekommen.

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Antwort von Larissa :

Hilfe aus dem Lexikon des Mittelalters:


Die Hessen, erstmals um 738 als 'Hessi' in der Adresse eines in der Briefslg. des Bonifatius (ep. 43) überlieferten Schreibens Papst Gregors III. erwähnt, waren die Bewohner der Beckenlandschaften an unterer Eder, Schwalm und unterer Fulda, wo Bonifatius seit 721 missionierte und seit der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts der 'Hessengau' (pagus Hassorum, Hessorum) erscheint.
Diese Landschaft war das Kerngebiet des seit 11 v. Chr. wiederholt in antiken Quellen genenannten germanischen Stammes der Chatten. Als Germanicus 15 n. Chr. von Mainz aus einen Feldzug gegen diese unternahm, überschritt er die Eder (Adrana) und verbrannte den Hauptort des Stammes Mattium (bisherige Lokalisierung in dem spätlatènezeitlichen Oppidum der Altenburg bei Niedenstein [Schwalm-Eder-Krs.] wohl nicht mehr aufrechtzuerhalten; jedenfalls n. der Eder, der Name lebt im nahen Dorf Metze und im Bach Matzoff fort).

Auch archäologisch zeigten sich die Ebene von Fritzlar-Wabern und das Kasseler Becken als Kerngebiet der Chatten. So wurde bei Geismar (w. Fritzlar) eine seit ca. Chr. Geburt bis über das 8. Jahrhundert hinaus ununterbrochen bewohnte chatt. Großsiedlung mit bäuerlichen, aber auch handwerklichen Betrieben ausgegraben. Das besesonders nach Süden und Südwesten erheblich größere chatt. Stammesgebiet läßt sich im einzelnen noch nicht eindeutig festlegen.

Zumindest darf der nördliche Teil des heutigen Hessen zwischen den Ausläufern des Rothaargebirges im W bis ö. der Fulda sowie von der Diemel im N bis zur Wetterau und zu den Ausläufern des Vogelsbergs im S als chatt. Siedlungsland gelten. Im O grenzten die Chatten an die Hermunduren, denen sie 58 n. Chr. im Kampf um einen salzführenden Grenzfluß (thür. oder frk. Saale, Werra?) unterlagen.

Zuletzt wird der Stamm der Chatten Anfang des 3. Jh. eindeutig bezeugt. Die Siedlung von Geismar und andere archäolog. Fundplätze, ebenso die zahlreichen Ortsnamen der ältesten, vorfränkischen Schicht belegen die fortdauernde Besiedlung der n. Beckenlandschaften der Westhess. Senke durch die Völkerwanderungszeit in das FrühMA hinein, bis zum Einsetzen der schriftl. Überlieferung nun für die Hessen.
Dieser Befund stützt die seit langem von der Forschung vertretene Meinung, daß die Hessen aus den Chatten in ihrem Kerngebiet hervorgegangen sind, zumal auch der Name Hessen nach allg. Ansicht sprachlich den der Chatten fortsetzt.

Literatur:

K.E. Demandt, Geschichte des Landes Hessen, 1972

Hessen im FrühMA. Archäologie und Kunst, hg. H. Roth - E. Wamers, 1984

Das Werden Hessens, hg. W. Heinemeyer (Veröff. der Hist. Komm. für Nassau 50), 1986 [Beitr. G. Mildenberger, H. Roth, K. Heinemeyer, W. Heinemeyer, P. Moraw; Lit.].

weitere Seiten zum Siedlungsgebiet der Chatten:

Hausarbeit: Die sicherheitspolitischen Ursachen des Limesbaus am Beispiel der Wetteraustrecke (http://www.uni-mainz.de/~meyec012/porta/hausarb/wetter.html)

Theodor Mommsen: Römische Geschichte (Achtes Buch)
Länder und Leute von Caesar bis Diocletian
(http://www.gutenberg2000.de/mommsen/roemisch/Druckversion_roem08.htm)


Grüße, Larissa

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Dankeschön von Heinz :
Liebe Larissa,
vielen Dank für die ausführliche Aufklärung. Da ich gebürtiger Kasseläner bin, war ich daran sehr interessiert.
 
Chatten

Nach meiner Auffassung stellt der Stamm der Chatten eine ähnliche Mischung aus Jastorfleuten (vielleicht Nienburger Gruppe), Spätlateneleuten und anderen Urnenfelderleuten da (Billendorfer Gruppe = Teurier?). Immerhin berichten uns römische Autoren von Teilstämmen (pagi) der Chatten.
1. Bataver (Teil der Chatten)
2. Cannenefaten (früher ein Teil der Bataver)
3. Mattiaker
4. Chattuarier

Hier liegt also ein gleiches Phänomen vor, wie bei den Treverern oder Menapiern. Die Mattiaker können also durchaus Kelten sein, welche kurzzeitig zum Stammesbund gehörten, oder sie könnten von den Chatten besiegt worden sein und in Abhängigkeit gestanden haben.
Die Herausbildung und Namensgebung kann hier aber frühestens ab dem 1.Jh.v.Chr. realisiert worden sein.
Die keltische Macht brach spätestens mit dem Drusus/Tiberius-Feldzug in die Alpengebiete 17v.Chr. zusammen. Laut Tropaeum Alpium wurden ja 45 Stämme unterworfen, darunter natürlich auch rätische und lepontische.
Hausarbeit über die Räter
Literatur von Regula Frei-Stolba: Die Räter 1992

Mit der Zerstörung des Oppida um Manching/S Ingolstadt(keltisch="ARIOBRIGA"=Adlerbrücke), des Haupthandelsplatzes der Kelten, der Hauptfeste des Vindelikervolkes (der Kernstamm saß hier, neben Brigantium=Bregenz, Camodumum=Kempten und Kehlheim) = "Vindelicii quadratorum pagi" = z.B. Liccates, Brigantes), dem Rückzug der Protohelvetier aus dem Maingebiet, sowie der Unterwerfung der verbliebenen Bojergaue und der Corentiner, vielleicht auch der Oser in Böhmen durch die Marcomannen und Quaden- Ostwanderung gab es nur noch wenige keltische "freie" Gaue nördlich der Donau.
Sicher, auch im Thüringer Wald gab es nachweislich noch Keltenreste um die Steinsburg im Thüringer Wald und die Altenburg bei Arnstadt, die 7.v.Chr erwähnten Südhermunduren an der Donau (etwa bei Radasbona=castra regini=Regensburg) beweisen hier die völlige Landnahme der germanischen gens bis zur Donau.
 
Lieber Vercingetorix,
dass die Matiaker vielleicht ein keltisch geprägter Teilstamm der Chatten war, sei Dir unbestritten.
Was aber deine weiteren Ausführungen mit den Chatten zu tun haben, konnte ich leider nicht nachvollziehen.:confused:
 
Es ist doch klar, dass die Chatten eine größtenteils germanische Völkerschaft waren, das spiegelt sich schon in ihrem Namen wieder:die Römer konnten das h nur schlecht aussprechen,somit wurden aus den Hatten die Chatten, ebenso wie aus den Heruskern die Cherusker wurden.
Hotter von dem die Chatten ihren Namen höchstwahrscheinlich ableiteten war entweder ein anderer Name für Wotan oder selbst eine eigene Gottheit.Der Name der Chatten könnte sich aber auch auf irgend ein Tier beziehen,wie zum Beispiel die Cherusker die Hirschleute waren
(ahd.herut=hirsch).
Dass die Chatten ein keltisch-germanisches Mischvolk gewesen sein sollen kann ich mir beim besten Willen nur schwer vorstellen.Die Kelten die um 100 v.Chr.noch in Hessen anzutreffen waren siedelten
in der Wetterau und am Südrand des Vogelsberges, wo ihr Zentrum am Glauberg lag.Von dort aus hatten sie mit Sicherheit keine Kontrolle über die Chatten.Erstens war die Bevölkerungszahl der Chatten zu groß ebenso wie ihr Gebiet, das von der Rhön bis zum Rothaargebirge und vom nördlichen Vogelsberg bis zur Weser reichte,als das es von Kelten besiedelt gewesen sein soll,außerdem lag es für Keltisches Stammesgebiet zu weit nördlich.
Die Mattiaker,ein kleiner Teilstamm der Chatten, hat sich wahrscheinlich mit Kelten vermischt und dann ihr daraus entstandenes Wissen zwangsweise an die Chatten hat weitergeben müssen.
Viele Grüße Aragorn
 
Man darf hier die einzelnen Stammesteile der Römerzeit nicht mit den Stämmen der Völkerwanderung und den Stammesverbänden der Frankenzeit als homogene Gebilde gleichsetzen. Die Zugehörigkeit einer bestimmten Gruppe zu einer militärischen Einheit in Form eines Stammes oder Stammesverbandes war durchaus sehr wechselhaft. Innerhalb weniger Jahrzehnte konnte der selbe Stamm zu völlig unterschiedlichen Stammesverbänden gehören, da hier die unterschiedlichsten Interessenlagen vorherrschten. So bildeten sich im 5. Jh. im Gebiet des heutigen Deutschlands 2 "große" Königreiche heraus, die auch durch sehr enge familiäre Bindungen einen Ausgleich der Interessen betrieben, was natürlich nicht auf Dauer gut ging. Es handelte sich um das Frankenreich und das Thüringerreich. Beide Reiche sogen alle umliegenden Gruppen regelrecht in sich auf, bis es zwischen beiden Reichen keine eigenständigen Stämme mehr gab. Man nimmt eine fast geschossen verlaufende Grenze zwischen Frankenreich und Thüringerreich von der Donau bis zur Nord/Ostsee an. Im 6. Jh. kam es dann durch das verschobene Kräfteverhältnis zu Auseinandersetzungen zwischen beiden Reichen, die erst 595 zu einem Ende kamen, wobei das Frankenreich das gesamte Gebiet des Thüringerreiches in sein Reichsgebiet eingliederte. Die Politik der Staatssiedlungen mittels intensiver Umsiedlung von Gruppen innerhalb des Reiches wird wohl kaum noch einen in sich geschlossenen Stamm im eigentlichen Sinne übrig gelassen haben, inklusive der Gebiete Hessens.
 
Lieber Strupanice,

woher hast du Dein Wissen? Es ist völlig klar, dass das Chattengebiet in Hessen später zu dem Frankenreich gehörte. Da die Chatten aber gegen die franken keinen Widerstand leisteten, dürfte es nicht zu Zwangsumsiedlungen wie später bei den Sachsen gekommen sein und die zumindestens noirdhessische Bevölkerung bis zum Vogelsberg dürfte auch heute noch von den Chatten abstammen. :rolleyes:
 
Strupanice schrieb:
Man darf hier die einzelnen Stammesteile der Römerzeit nicht mit den Stämmen der Völkerwanderung und den Stammesverbänden der Frankenzeit als homogene Gebilde gleichsetzen. Die Zugehörigkeit einer bestimmten Gruppe zu einer militärischen Einheit in Form eines Stammes oder Stammesverbandes war durchaus sehr wechselhaft. Innerhalb weniger Jahrzehnte konnte der selbe Stamm zu völlig unterschiedlichen Stammesverbänden gehören, da hier die unterschiedlichsten Interessenlagen vorherrschten. So bildeten sich im 5. Jh. im Gebiet des heutigen Deutschlands 2 "große" Königreiche heraus, die auch durch sehr enge familiäre Bindungen einen Ausgleich der Interessen betrieben, was natürlich nicht auf Dauer gut ging. Es handelte sich um das Frankenreich und das Thüringerreich. Beide Reiche sogen alle umliegenden Gruppen regelrecht in sich auf, bis es zwischen beiden Reichen keine eigenständigen Stämme mehr gab. Man nimmt eine fast geschossen verlaufende Grenze zwischen Frankenreich und Thüringerreich von der Donau bis zur Nord/Ostsee an. Im 6. Jh. kam es dann durch das verschobene Kräfteverhältnis zu Auseinandersetzungen zwischen beiden Reichen, die erst 595 zu einem Ende kamen, wobei das Frankenreich das gesamte Gebiet des Thüringerreiches in sein Reichsgebiet eingliederte. Die Politik der Staatssiedlungen mittels intensiver Umsiedlung von Gruppen innerhalb des Reiches wird wohl kaum noch einen in sich geschlossenen Stamm im eigentlichen Sinne übrig gelassen haben, inklusive der Gebiete Hessens.


Hallo Strupanice,
es sei dir völlig unbestritten, dass Thüringerreich und Frankenreich die umliegenden Stämme aufsogen, aber das Ostseegebiet hat wohl kaum zum Thüringerreich gehört, im übrigen, übten die Franken ein viel größeren Druck auf die anderen germanischen Stämme aus, als das Thüringer je getan hätten.
Das Reich der Thüringer umfasste die Stämme der Hermunduren, Angeln und Warnen, aus diesem Verband sind dann die endgültigen Thüringer hervorgegangen. Angeln und Warnen kamen zwar aus dem Nord-/ Ostsee-Gebiet wanderten aber dann in das Land der Hermunduren ein.
Auch kann ich nicht verstehen, dass du nur zwei große Germanen-Gruppen nennst: Franken und Thüringer, aber eine vergisst du. Dies sind die Sachsen, die noch bis ins 7.Jahrhundert
eine selbstständige Herrschaft ausübten, bevor sie von den Franken schlussendlich dem Frankenreich angegliedert wurden.
Natürlich gingen Umsiedlungen von einzelnen Sippen mit der Eroberung neuer Gebiete durch die Franken einher, aber ich denke das sich in vielen Gebieten die eigentlichen Stämme gehalten haben und dann zwangsumgesiedelte Slawen, deren Zahl auch nicht groß gewesen sein dürfte,"germanisiert" haben. In Hessen ist das sicherlich auch so vor sich gegangen,aber zur Zeit des Bonifatius, der in Nordhessen wirkte, waren die Hessen ein Stamm für sich. Dies wird in einem Bericht über die damals fränkische Grafenburg Amöneburg deutlich, die mitten in hessischem Gebiet lag und liegt: dort herrschen die Zwillinge Dettic und Deorulf, die keine einheimischen "hassi" sind, sondern fremde eingesetzte fränkische Adlige. Sie beten dort eine Mischung aus Christentum und germanischer Mythologie an, und werden von Bonifatius bekehrt.
Allein, das hier, im 8.Jahrhundert, Hessen schon zum Frankenreich gehörte und noch nicht mal ein eigenes Herzogtum war, zeigt den Unterschied der zwischen einheimischer Bevölkerung und zugewanderter Bevölkerung gemacht wird. Natürlich wurde Nordhessen auch frankisiert, aber hatte seine eigentliche Identität nicht verloren, denn hier überlagerte das Frankentum die hessischen Lebensgewohnheiten nicht derart wie andernorts.

Gruß
Aragorn
 
Zuletzt bearbeitet:
Lieber Aragorn,
Du schreibst mir aus der Seele. Da die Hessen sich nicht den Franken widersetzten, bestand auch kein Grund diese umzusiedeln. Du als Nordhesse kennst den Unterschied zwischen den Dialekten um Darmstadt und Frankfurt und dem Dialekt, wenn nicht sogar Platt, der in Kassel und weiten Teilen Nordhessens gesprochen wird. Der südhessische ist das Rheinfränkische, während das Nordhessische sich ganz anders anhört.
Auch der Menschenschlag ist verschieden. Nordhessen zurückhaltend introvertiert. Südhessen fröhlicher und extrovertiert. Die Hessen von der Diemel bis zum Vogelsberg sind über die Jahrtausende da sitzengeblieben, wo sie schon immer saßen. :)
 
Hallo Aragorn,

aus der heutigen Sicht waren die Franken sicher weitaus bedeutender, wohl auch zur fraglichen Zeit. Doch war das Thüringerreich auf gewisse Weise ebenbürtig, da es vielfach Heiraten der Könige und Königinnen zwischen Franken und Thüringern gab. So kommt der Name der Merowinger von Merweg einem thüringischen König, dessen Enkel der namengebende für das Geschlecht der salischen Frankenkönige wurde.
Und so gibt es noch eine ganze Reihe von Beispielen.

Die ethnische Zusammensetzung des Thüringerreiches war nicht statisch, änderte sich ständig. Die Hermunduren werden oftmals als "Grundstamm" angesehen. Doch haben sich die Angeln und Warnen teils friedlich, teils kriegerisch eine Führungsposition errungen. Die altangesessene indogermanischen Illyrer und Kelten wurden ebenso aufgesogen, wie Teile der hermionisch-suebischen Stämme der Semnonen, Wandalen und Burgunder, Markomanen, Langobarden.
Die Besiedlung Mecklenburgs war durchaus von Angeln und Warnen erfolgt, bevor die Slawen im 6. und 7.Jh. nach und nach in diese Region vorstießen. Unter der Anglo-Warnischen Adelsschicht bildete sich dann ein Königtum aus, welches erblich war.

Als Verbündete der Hunnen zog ein großes Heer der Thüringer Mitte des 5. Jh. in das Gebiet zwischen Maas und Schelde und blieben dort. Diese werden später wahrscheinlich aus Heruler angesprochen, die Theoderich der Große 491 in einem Brief an die Heruler, Warnen und Thüringer nennt.

Strupanice
 
Hallo Heinz,
die heutigen Hessen sind rein genealogisch so mit Leuten aus anderen Gegenden Deutschlands vermischt, daß hier kaum eine "Stammes"-Eigenschaft im eigentlichen Sinne zu erkennen ist. Übrigens gehörte der größte Teil Hessens für eine ganze Weile zur Landgrafschaft Thüringen, die nur durch Erbteilung in Landgrafschft Hessen und Thüringen geteilt wurde. Wäre dies nicht geschehen, würde Marburg und Kassel vielleicht heute in Thüringen liegen.
Übrigens die Ortsnamen auf -mar sind typische Ortnamen aus der Zeit des Thüringerreiches. Später kam der Raum der Reichsklöster Fulda und Hersfeld unter starken fränkischen Einfluß (7.-9. Jh.) dann unter starken niederdeutschen (sprich sächsischen) Einfluß.

Strupanice
 
Hallo Heinz,
noch ein Nachtrag. Ein eindeutiger Beweis für die Umsiedlung von "Hessen" ist der Hassegau im nördlichen Thüringen (heute Sachsen-Anhalt). Dies war eine der berüchtigten fränkischen Staatssiedlungsprojekte.

Strupanice
 
Strupanice schrieb:
Hallo Aragorn,

aus der heutigen Sicht waren die Franken sicher weitaus bedeutender, wohl auch zur fraglichen Zeit. Doch war das Thüringerreich auf gewisse Weise ebenbürtig, da es vielfach Heiraten der Könige und Königinnen zwischen Franken und Thüringern gab.

Eine Anmerkung: Die Thüringerkriege
ca. 511n.Chr. herrschten 3Brüder im Thüringerreich: Irminfried, Berthchar und Baderich. Da Irminfried die Alleinherrschaft anstrebte, tötete er seinen Bruder Barthachar auf einem Jagdausflug. Nur sein anderer Bruder war nicht so einfach zu beseitigen. Irminfried schickte daher Boten zum Frankenkönig Theuderich und bat diesem um Hilfe. Als Lohn sollten die Franken Reichsgebiet des Baderich erhalten. Die Franken kamen und töteten Baderich, aber Irminfried hielt sich nicht an das Abkommen und so mußten die Franken abziehen, da auch Theoderich noch lebte und seine Hand schützend über die Thüringer hielt (Irminfrieds Frau Amalaberga war die Nichte).
Da sich Irminfried auch noch bei Überfallen auf fränkisches Gebiet Geiseln holte, war nach dem Tod von Theoderich (526n.Chr.) das Maß voll. Theuderich machte durch Propaganda (über thüringerische Greueltaten an den Geiseln) mobil. Auch die Sachsen schlossen sich den Franken an. Bei Ronnenberg (Landkreis Hannover) trafen die Heere aufeinander. Erst sah es nach einem Abwehrsieg der Thüringer aus (vielleicht wie die Griechen bei der EM :) ). Da der Kampf aber 48Stunden tobte und die Franken mehr Reserven hatten, kam es zur heillosen Flucht der Thüringer. Erst am Okerübergang kam es wieder zu einem geordneten Kampf. (Das Reich der Thüringer reichte damals vom Main bis zur unteren Elbe).
Jetzt gab es Streit zwischen den fränkischen Brüder Theuderich und Chlotar (wäre fast zum Brudermord gekommen). Dieses Durcheinander nutzte Irminfried um vor den Sachsen auf seine Burg Scheidungen an der Unstrut zu fliehen. Die Sachsen sollten als Belohnung Teile des Thüringerreichs bekommen. Aber das gefiel den Franken dann auch nicht mehr so richtig. Die Sachsen machten aber "Nägel mit Köppen" und eroberten in einem nächtlichen Handstreich die Burg. Allerdings konnte der Übeltäter Irminfried mit Familie fliehen. Jetzt mußte Theuderich den Sachsen das gesamte nordthüringerische Gebiet nördlich der Unstrut überlassen. Irminfried ging auch nicht leer aus und durfte ein Teil seines Reiches behalten (das heutige Thüringen). Im Herbst 531 zogen die Franken und Sachsen ab. Theuderich lud jetzt Irminfried nach Zülpich ein. Der wollte sich das, trotz Warnung seiner Frau, nicht entgehen lassen. Außerdem hatte doch Chlotar eine Nichte von Irminfried (Radegunde)als "Beute" weggeführt und dann auch noch geheiratet. Es kam wie es kommen mußte.... :idee:
Bei dem ersten Spaziergang auf der Stadtmauer von Zülpich wurde Irminfried heruntergestoßen und er brach sich dabei das Rückgrat.
Radegunde trennte sich nach dieser Tat von Chlotar und die Witwe Amalaberga floh mit ihren Kindern nach Italien zu ihrem Bruder Theodahad (König der Ostgoten).

Thüringen wurde fränkische Provinz unter einem Herzog und Nordthüringen fiel an die Sachsen. Die Thüringer mußten von nun an über Jahrhunderte den "Schweinezins" an die siegreichen Sachsen zahlen. Erst im Jahre 1002 wurde dieser aufgehoben.

Da war früher also allerhand los! :king:

Quelle: "Schwertgenossen Sahsnotas", Franz Kurowski
 
Strupanice schrieb:
Hallo Heinz,
die heutigen Hessen sind rein genealogisch so mit Leuten aus anderen Gegenden Deutschlands vermischt, daß hier kaum eine "Stammes"-Eigenschaft im eigentlichen Sinne zu erkennen ist. Übrigens gehörte der größte Teil Hessens für eine ganze Weile zur Landgrafschaft Thüringen, die nur durch Erbteilung in Landgrafschft Hessen und Thüringen geteilt wurde. Wäre dies nicht geschehen, würde Marburg und Kassel vielleicht heute in Thüringen liegen.
Übrigens die Ortsnamen auf -mar sind typische Ortnamen aus der Zeit des Thüringerreiches. Später kam der Raum der Reichsklöster Fulda und Hersfeld unter starken fränkischen Einfluß (7.-9. Jh.) dann unter starken niederdeutschen (sprich sächsischen) Einfluß.

Strupanice

Hallo Strupanice,
warum sollten Orte, die mit -mar endenunbedingt von Thüringern gegründet worden sein?
Mit Marburg und Kassel, dass weiß ich, komm nämlich selbst aus dem Marburger Land. Könnte aber auch sein, dass Erfurt und Eisenach heute in Hessen lägen!
Einen thüringischen Einfluss, denn man in nordöstlichen Nordhessen ausmachen kann, ist der Dialekt, der manchmal ein bisschen thüringisch anmutet.
Gruß Aragorn
 
Hallo Cherusker,

danke für die Zusammenfassung der 3 sächsischen Quellen zur Beurteilung der Begebenheiten. Der Streit um die Interpretation und Motivation, die zur Erstellung dieser Quellen führte, hält ganze Heerschaaren von Historikern auf Trab. Der Vorteil der o.g. 3 Quellen (Translatio sancti Alexandri/Widukind von Corvey/Quedlinburger Annalen) ist die Raumnähe. Nachteil ist die Zeitferne zu den Ereignissen. Gregor von Tours und sein Nachfolger Fredegar beschreiben weit unvollständiger aber eben zeitnah die Ereignisse, sicher aber auch nicht ohne gewisse ideologische Verzerrung der Darstellung.
Wo nun die wahre Geschichte liegt, kann heut noch keiner sagen.
 
Hallo,
ein weiteres Beispiel, warum Sachsen wohl schon seit dem 6. Jh. zum Frankenreich gehörte:
So wie bei den Baiern, Alamannen und Thüringern gab es im 7. Jh. auch in Sachsen zahlreiche Bestrebungen die Unabhängigkeit vom Reich zu erlangen. Diese Bestrebungen schließen keineswegs aus, daß die sie tragenden Herzöge selbst fränkischen Ursprungs waren. Wenn Dagobert 522/23 die Saxones rebelles an der Weser niederwarf und ihren Herzog Bertwald, der sich selbst als des Königs servus bekannte, tötete, so sind dabei die Ausdrücke rebelles und servus staatsrechtlich durchaus ernstzunehmen. Die meisten Aufstände der Sachsen wurden aber durch die Christianisierungspolitik der Pippiniden hervorgerufen.
 
Ein "-mar-" kann in Ortsnamen
1:am Anfang z.B.Marburg,
2:am Ende z.B.Weimar; Pleißmar und
3:in der Mitte z.B.Sigmaringen vorkommen.

Im ersten Fall bedeutet es ahd. 'marca', 'marcha', mhd. 'mark' = '(Dözesen-)Grenze'.
Im zweiten Fall bedeutet es die Siedlung des 'Sigmars'.
Im dritten Fall geht es auf ein 'mari', 'meri' = 'See', 'stehendes Gewässer', 'sumpfiges Gelände' zurück (und bedeutet zusammen: 'heiliger See, heilige Quelle'.
Das heisst, das '-mar-' ermöglicht keine eindeutige Zuordnung, sondern muss immer im Kontext betrachtet werden. Eine Zuordnung zu den Thüringern allein ist also falsch und betrifft die Germanen später Deutschen allgemein.
 
Die Sachsen sollten als Belohnung Teile des Thüringerreichs bekommen. Aber das gefiel den Franken dann auch nicht mehr so richtig. Die Sachsen machten aber "Nägel mit Köppen" und eroberten in einem nächtlichen Handstreich die Burg. Allerdings konnte der Übeltäter Irminfried mit Familie fliehen. Jetzt mußte Theuderich den Sachsen das gesamte nordthüringerische Gebiet nördlich der Unstrut überlassen.

531 fand die vernichtende Schlacht der verbündeten Franken und Sachsen bei Burgscheidungen an der Unstrut statt. Die Iringsage berichtet von ihr. Erst nach der Niederlage wurde die Burg erstürmt.

Die Sage findet sich hier:
http://gutenberg.spiegel.de/grimm/sagen/g551.htm
 
Strupanice schrieb:
Hallo Heinz,
die heutigen Hessen sind rein genealogisch so mit Leuten aus anderen Gegenden Deutschlands vermischt, daß hier kaum eine "Stammes"-Eigenschaft im eigentlichen Sinne zu erkennen ist. Übrigens gehörte der größte Teil Hessens für eine ganze Weile zur Landgrafschaft Thüringen, die nur durch Erbteilung in Landgrafschft Hessen und Thüringen geteilt wurde. Wäre dies nicht geschehen, würde Marburg und Kassel vielleicht heute in Thüringen liegen.
Strupanice

Lieber Strupanice,

durch die Flüchlinge, die nach dem Kriege auch nach Nordhessen kamen, hat sich natürlich auch dort die Bevölkerungsstruktur geändert. Dass Thüringen und Hessen einmal zusammengehörten hatte an dem Bevölkerungsaufbau nichts geändert.
Du scheinst anscheinend nicht genügend Nordhessen zu kennen. Als Stammeseigenschaft, die Du sonst nicht finden wirst, kannst Du die berühmte Schwälner Tracht ansehen. :rolleyes:
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hallo Noah, hallo Aragorn.

die Endung -mar ist keinesfalls einer bestimmten ethnischen Gruppe zuzuordnen. Auffällig ist nur die Häufigkeit solcher Namen im Thüringischen und im Werra-/Fuldaraum, sowie auch das Wiederkehren der Vorsilben.
(Geismar, Friemar, Pleißmar, Weimar, Wichmar, Wechmar usw.)

Gruß
Andrei
 
Noah schrieb:
Ein "-mar-" kann in Ortsnamen
1:am Anfang z.B.Marburg,
2:am Ende z.B.Weimar; Pleißmar und
3:in der Mitte z.B.Sigmaringen vorkommen.

Im ersten Fall bedeutet es ahd. 'marca', 'marcha', mhd. 'mark' = '(Dözesen-)Grenze'.
Im zweiten Fall bedeutet es die Siedlung des 'Sigmars'.
Im dritten Fall geht es auf ein 'mari', 'meri' = 'See', 'stehendes Gewässer', 'sumpfiges Gelände' zurück (und bedeutet zusammen: 'heiliger See, heilige Quelle'.
Das heisst, das '-mar-' ermöglicht keine eindeutige Zuordnung, sondern muss immer im Kontext betrachtet werden. Eine Zuordnung zu den Thüringern allein ist also falsch und betrifft die Germanen später Deutschen allgemein.

Hallo Heinz, Strupanice,Noah,
dass Marburg von "marcburg" kommt, weiß ich. Das Orte die mit -mar enden auf wässriges Gelände zurückzuführen sind, erscheint mir auch plausibel, das -mar in Sigmaringen bedeutet soviel, wie "berühmt, bekannt, glänzend".D.h., das Sigmaringen, das Dorf eines "im Sieg berühmt gewordenen" ist.
Die Ortsnamen die auf -mar enden,gehören einfach der vorfränkischen Namensschicht an,dazu gehören aber nicht nur Orte die mit -mar enden, sondern auch diejenigen, die mit -a,-re,-lar,-e enden an. Mein Heimatort ist das Dorf Lohra, bei Marburg. Es wurde 752 erstmals in einem Bericht eines Fuldaer Mönchs als "loco lare" erwähnt. Man kann aufgrund des Names "lare" sowie des heutigen Namens Lohra davon ausgehen, dass es aus vorfränkischer , also hessischer(chattischer) Zeit stammt und soviel wie "Siedlung am Gewässer" bedeutet.
PS: Es gibt auch ein Weimar bei Marburg!

@Heinz: Das mit der Schwälmer Tracht ist so eine Sache, manche Forscher meinen, dass die Diener/-innen der heiligen Elisabeth die Tracht aus Ungarn mitgebracht hätten. Nach dieser These wäre die Tracht nicht typisch nordhessisch, was aber für Nordhessen, also allem was nördlich von Gießen liegt, typisch ist, dass es sich stark von Südhessen unterscheidet, vor allendingen in Mundart und Tracht.
 
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