Steinzeit=Demokratie?

Danke, ist ja eine aufschlußreiche Liste.
Es kämen also mehrere Begriffe in Frage, wie man eine ursprüngliche soziale Gemeinschaftsform nennen könnte.

Ist sie, wei ich bereits sagte, nicht, denn sie basiert grundsätzlich auf dem modernen Verständnis eines politisch-administraveen Systems, also eines Staates mit einer Verwaltung und einer aktiven Herrschaftsstruktur. einzig die Anarchie (sie ist keine Regierungsform, sondern die Abwesenheit einer Regierungsform) gehört nicht dazu. Die Regierungsformenlehre (auch vergleichende Regierungslehre genannt) basiert grundsätzlich auf der Aristotelischen einteilung der Regierungsformen. Die sechs Urformen, drei "gute": Monarchie (ein Herrscher), Aristokratie (wenige Herrscher), Politea (viele Herrscher) und drei "entartete"/"schlechte" Tyrannis (ein Herrscher), Oligarchie (wenige Herrscher) und Demokratie (viele Herrscher)*. Gut oder schlecht steht hier für den Dienst am Gemeinwohl.
Nun wird uns klar werden, dass diese früheste Definition, wir teilen heute ja durchaus noch ienmal differenzierter ein, in Stadtstaaten (Poleis) begründet wurde und seitdem auf Basis staatlicher Strukturen weiter entwickelt wird.

Die Mehrheit der Begriffe, die wir für eine urzeitlicheGesellschaft mit gleicher Machtverteilung finden könnten (Kommunismus, Anarchie, Demokratie, Meritokratie, Timokratie) zeigt doch schon, dass wir uns dorf definitorisch in einer ungünstigen Lage befinden. Wir können die iene oder andere Eigenschaft herausstellen, die mit den Begriffen verbunden wird, werdne aber nie eine eindeutige, oder gar eine zufrieden stellende Antwort geben was jetzt eine Urzeitliche Gesellschaft war. Wir tendieren selbstverständlich dazu sie in unserem heutigen Horizont zu betrachten. In unserem Horizont scheint die Demokratie die natürliche Regierungsform in einer gleichberechtigten Gesellschaft zu sein. Das ist aber ein rein subjektives Empfinden und jegliche weitere Forschung dürfte in eine Sackgasse führen, da unsere modernen Begriffe schlichtweg nicht für diese Organisationsform ausgelegt sind.

*Demokratie war im Sinne von Aristoteles die Herrschaft des Pöbels bzw. die Diktatur der Mehrheit zur Durchsetzung ihrer eigenen Kräfte. Die Politea sollte vom Mittelstand getragen werden, während die Demokratie laut Aristoteles eine Herrschaft des Pöbels gewesen wäre, die dem Kampf gegen die Reichen dienen sollte und lediglich das Interesse der Armen im Sinn hätte. Nur so viel zu der Tatsache, wie der Begriff Demokratie außerhalb unseres Kontextes verstanden werden kann.
 
Danke erstmal!

Ja, Ingeborg, so wie Du schreibst, hatte ich das auch in Erinnerung mit den verschiedenen Stämmen.
Man kann also wohl davon ausgehen, das, je mehr sich Gruppen/Stämme vom ursprünglichen Jäger/Sammler-Leben entfernt und sich zu größeren Gemeinschaften bis hin zu differenzierteren Gesellschaften zusammengefunden haben, so etwas wie ein "Demokratieverlust" stattgefunden hat? Mal ganz pauschal ausgedrückt.

Gibt es irgendwelche historisch-soziologische Studien darüber, oder Veröffentlichungen, Bücher usw., wo man sich als Laie mal reinlesen könnte?


Das hat doch schon Ingeborg gesagt, daß es Unterschiede gab und gibt. Die Vorstellung, daß es seit Jahr und Tag Leute gibt, die "steinzeitlich" leben, bzw keine Ahnung vom modernen Leben haben, ist komplett widersinning. Das ist eine ethnozentrische Annahme. Versuch es mal mit E. Wolf (1982) "Europe and the People Without History". Das Buch weist darauf hin, daß "andere" Leute nicht statisch sind und waren, auch wenn sie ihre Geschichte nicht aufgeschrieben haben. Mit anderen Worten: Sich heutige Jäger-Sammler-Stämme anzuschauen ist müßig. Das sagt uns nichts über die Steinzeit.
 
Hallo Taurus,

ich finde deine Fragestellung von vornherein sehr tendenziös. Warum willst du prüfen "ob man steinzeitliche Jäger/Sammler-Gemeinschaften und evtl. auch noch neolitische Gemeinschaften als grundsätzlich "demokratisch" bezeichnen könnte"? Die Fragestellung beinhaltet eine unnötige Wertung. Ich würde eher fragen, wie "steinzeitliche Jäger/Sammler-Gemeinschaften und evtl. auch noch neolitische Gemeinschaften" organisiert waren, mit der Bereitschaft auch Modelle hinzunehmen, die mir selbst vielleicht gar nicht schmecken.

Noch ein Gedanke hierzu: Wenn du nach Demokratie fragst, fragst du nach politischen Organisationsformen, also nach Formen der Herbeiführung politischer Entscheidungen und ihrer Durchsetzung. Wie schon bei Vorrednern durchklang, stellt sich dazu die Vorfrage, in wieweit überhaupt politische Entscheidungen zu fällen waren.

Wenn du z.B. die gängige Vorstellung eines Patriarchats hernimmst, in dem die Familie Keimzelle ist und was der Vater sagt das gilt, "und so lange du deine Beine unter meinen Tisch stellst" ... dann hat das eine stark weltanschauliche Dimension. Weil weltanschaulich für bestimmte Vorstellungssysteme bestimmt war, dass der Mann die Herrschaft über Frau und Kinder hat, hatte das in einer Familien so zu sein. Und weil das überhaupt so zu sein hat, gilt das dann auch für das ganze Dorf, die ganze Stadt, das ganze Land. Und wenn man das dann weiter treibt, darf man in bestimmte Länder keine Frau als Dolmetscherin mitnehmen, weil was aus dem Munde einer Frau kommt, mal von vornherein völlig ungültig ist. Da sind wir dann wirklich bei Politik.

Nun denk das mal vom Beginn dieser Kette anders. Nicht dass du nun einsetzt, dass gemacht wird was die Mutter sagt und der Kerl gefälligst zu kuschen hat. Das wäre ja dasselbe in grün. Lass uns mal davon ausgehen, dass keine Weltanschauung da ist, die von vornherein einen bestimmten, wie auch immer gearteten, Herrschaftsanspruch begründet. In Abwesenheit solch einer Weltanschauung werden sich Strukturen nach Opportunität herausbilden.

Herrschaft ist z.B. opportun, wenn einem das Feld gehört und andere darauf Lohnarbeit verrichten. Lohnarbeit setzt voraus, dass von dem, der den Lohn erhalten soll eine Leistung erbracht wird, die der bezahlende für des Lohnes wert erachtet. Damit der Arbeiter weiß, was der Bauer will, muss er ihm das schon sagen. Und schon haben wir eine Anweisung, also eine Form von Befehl.

Bestellt jeder sein eigenes Feld (ob nun als Eigentümer oder, weil er es war, der sich an diesr Stelle die Arbeit gemacht hat), sehe ich keinen Bedarf für eine Gruppenentscheidung, also keine Herrschaft, also kein politisches System - jedenfalls in Bezug auf eben diese Feldarbeit.

Wenn wir von kleinen Gruppen in Subsistenzwirtschaft (Neolitikum) oder gar als Jäger und Sammler ausgehen, wird der Bedarf an Befehl und Gehorsam und an politischen Entscheidungen, Gesetzen und Gerichtsbarkeit sehr gering gewesen sein.

Nun könnte es sein, dass sich Herrschaftsstrukturen herausgebildet haben, weil jemand das Bedürfnis nach Herrschaft hatte, sei es danach Herrschaft über andere auszuüben, sei es, einen Herrn zu haben, der ihm Schutz und Geborgenheit durch Regeln gab. Das wäre dann eher ein kulturelles Phänomen mit einem individuellen psychologischen Hintergrund. Verschiedene Menschen ticken verschieden, also bilden sich an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Systeme heraus. Dies aber auch nur, wenn da jemand ein Bedürfnis hatte und die Gruppe ihm gestattet hat, das umzusetzen (Ich bin jetzt euer König und ihr müsst immer machen was ich sage. Hat doch keiner was dagegen, oder?)

Wieder eine andere Situation ergibt sich bei gelegentlichen kriegerischen Auseinandersetzungen mit anderen Gruppen. In Kriegs- und Notsituationen können Herrschaft, Befehl und Gehorsam sicherlich die Effizienz für die Gruppe im Ganzen erhöhen, also die Überlebenschancen. Ich meine hier und da gelesen zu haben, dass in einer Kultur im Kriegsfall eine Person die Befehlsgewalt bekam, die sonst keine herausragende Rolle hatte. Es mag aber auch sein, dass ich das falsch erinnere. Das wäre dann soetwas wie eine Diktatur auf Zeit. Und sonst womöglich eine Gesellschaft mit einem ganz anderen oder ohne politisches System.

so long
 
Wenn du z.B. die gängige Vorstellung eines Patriarchats hernimmst, in dem die Familie Keimzelle ist und was der Vater sagt das gilt, "und so lange du deine Beine unter meinen Tisch stellst" ... dann hat das eine stark weltanschauliche Dimension. Weil weltanschaulich für bestimmte Vorstellungssysteme bestimmt war, dass der Mann die Herrschaft über Frau und Kinder hat, hatte das in einer Familien so zu sein. Und weil das überhaupt so zu sein hat, gilt das dann auch für das ganze Dorf, die ganze Stadt, das ganze Land.

Genau dies beruht jedoch auf der Vorstellung vom Vater als dem Ernährer der Familie. In Gemeinschaften, die über eine Familie hinaus gehen, also z.B. eine Dorfgemeinschaft oder eine Gruppe von Jägern und Sammlern, funktioniert das so dann aber nicht mehr, insbesondere dann nicht, wenn jeder einzelne zum Überleben der Gruppe beiträgt. Hier heißt es zwar einerseits sich der Gruppe fügen, aber andererseits auch an Entscheidungsprozessen teilnehmen. Wie diese nun im einzelnen ausgesehen haben, ist wiederum eine andere Frage. Ich wage mal eine starke Aussage: Mit der Neolithisierung beginnt die Wirtschaftsform des Ganzen Hauses, die erst seit der Industrialisierung peu a peu aufgelöst wird.
 
Ich zitiere mal mich selbst :nono:, aus dem Thread "Die Macht der Niedertracht": http://www.geschichtsforum.de/161861-post9.html

Zumindest ist in heutigen Jäger-und-Sammler-Kulturen der Neid ein wesentliches gesellschaftsregulierendes Element. Ob man den Neid allerdings mit Demokratie gleichsetzen kann, ist Geschmackssache.
 
Mich interessiert auch die Frage: wie und warum wurden diese "basisdemokratischen" Zustände aufgegeben und in herrschaftliche Systeme umgewandelt.
diese Frage setzt voraus, dass es ursprünglich solche basisdemokratischen Zustände gegeben haben müsste - diese Voraussetzung erscheint mir ein wenig in Richtung "edler Wilder" und "paradiesische Urzustände" zu gehen, d.h. mir kommt das so vor, als würden heutige Wertvorstellungen und Anschauungen auf prähistorische Verhältnisse gestülpt.

...bestimmt kassier ich rote Bommel... aber ich frage dennoch: welche "Gesellschaft" der nächsten Verwandten des Menschen ist eigentlich "demokratisch"? Falls ich mich nicht täusche, verzichten sämtliche Primaten auf Wahlurnen :still::grübel::rofl:

insofern stellt sich mir eine andere Frage ausgehend von hier: ab wann tauchen cum grano salis "basisdemokratisch" organisierte Gesellschaften überhaupt auf? Ob das nicht erst recht spät, also in historischer Zeit, so war?
 
diese Frage setzt voraus, dass es ursprünglich solche basisdemokratischen Zustände gegeben haben müsste - diese Voraussetzung erscheint mir ein wenig in Richtung "edler Wilder" und "paradiesische Urzustände" zu gehen
Was ich mit meinem vorhergehenden Beitrag sagen wollte ist nicht das, sondern, dass es auf der untersten Stufe der Gruppenbildung Mechanismen sowohl zu "demokratischer" als auch zu "autoritärer" Strukturierung dieser Gesellschaft gibt.

Das habe ich bereits im Thread http://www.geschichtsforum.de/f22/von-der-brutpflege-zur-gesellschaftsbildung-25234/ versucht zu beschreiben.

Unsere biologischen Dispositionen begünstigt einerseits autoritäre Strukturen, indem Hierarchien und wechselseitige Abhängigkeiten auf Basis von Versorgungs- oder Verteidungsverhältnissen entstehen, andererseits gibt es Dispositionen, wie z.B. den Neid, der für ein Regulativ in Richtung "demokratischer" Strukturen auf der untersten gesellschaftlichen Ebene sorgt.

Interessant ist, dass in der weiteren Entwicklung der (europäischen) Gesellschaft, hin zu größeren Verbunden, der Neid kontraproduktiv zum Funktionieren solcher Gesellschaften geworden ist und z. B. vom Christentum zu einer der sieben Todsünden erklärt wurde.
 
Ich greife das einmal heraus, weil mir - vermutlich zu sehr ökonomiegeprägt - die Diskussionsführung zunehmend unverständlich wird:

Schritt 1: eine punktuelle Beobachtung wird mittels Induktion verallgemeinert:
andererseits gibt es Dispositionen, wie z.B. den Neid, der für ein Regulativ in Richtung "demokratischer" Strukturen auf der untersten gesellschaftlichen Ebene sorgt.

Schritt 2: der induktive Schluss passt nicht zu bekannten Umweltzuständen, folglich wird eine Veränderung unterstellt (Hypothese zur Anpassung der Induktion):
Interessant ist, dass in der weiteren Entwicklung der (europäischen) Gesellschaft, hin zu größeren Verbunden, der Neid kontraproduktiv zum Funktionieren solcher Gesellschaften geworden ist

Schritt 3: die (Anpassungs-)Hypothese (I) zwecks Aufrechterhaltung des ersten Induktionsschlusses wird mit einer gedacht-plausiblen Erklärung unterlegt, die sich bzgl. unterstellter Kausalitäten als weitere Hypothese (II) herausstellt:
und z. B. vom Christentum zu einer der sieben Todsünden erklärt wurde.

ElQ hat das eine auf den Punkt gebracht: "Organisation" einer Gruppe gleich welcher Form ab der "Wirtschaftsform des Ganzen Hauses" ist eine Reaktion auf Umweltzustände und Komplexitäten des "Wirtschaftens" (Nahrungsmittelbeschaffung, etc.). Wieso Organisationsprinzipien einer Wirtschaftseinheit mit denen ungleich größeren Aggregaten von Wirtschaftseinheiten (Staaten) verglichen werden, hat sich mir noch nie erschlossen. Und zum anderen schließe ich mich der Frage an:
dekumatland schrieb:
...ab wann tauchen cum grano salis "basisdemokratisch" organisierte Gesellschaften überhaupt auf?
 
- die Diskussionsführung zunehmend unverständlich wird...

Ich lese hier nur mit, da ich von der "Frühzeit" des Menschen einfach keine Ahnung habe. Meine bescheidenen Kenntnisse hierzu beruhen auf VL im Grundstudium in denen ich meist ziemlich "verpeilt" war und einer marginalen Grabungspraxis, Grabungsziel: "Mesolithikum".

dekumatland hat das humoristisch aufgeriffen, der "Primat an der Wahlurne" - schönes Bild.

Der "Urkommunismus" ist ein zutiefst marxistisches Bild, und damit, silesia, durchaus ökonomiegetrieben, zumindest theoriegeschichtlich.

Beim Bild des "Edlen Wilden" schimmert theoriegeschichtlich die Aufklärung durch, auch nicht wirklich prickelnd.

Das Neolithikum, also die "neolithische Revolution", würde ich auch nicht bei dem Thema "Steinzeit = Demokratie?" bemühen wollen, weil bei dem Thema, das "Ganze Haus" geht es schon um Besitzverhältnisse, die jenseits eines philosophischen "Demokratiebegriffes" stehen und diesen qua Besitz gleichsam "aushebeln" könnten.

Was also bleibt m.E., erstens, wir wissen es nicht. Artefakte verraten nichts über die soziale Struktur einer Gesellschaft. Wenn jatzt jemand mit Grabbeilagen und Grabausschmückungen kommt, die sagen was aus über die soziale Stellung des Beerdigten, nichts über die soziale Struktur, schon gar nichts über soziale "Netzwerke". Ethnologische Verweise sind auch nicht hilfreich.

Was bleibt? Vllt. ein gruppendynamischer Ansatz, aber der ist von "Demokratie" sehr weit entfernt.

Nur mal so als Beitrag zu einem weit entfernten Thema.


M.
 
Genau dies beruht jedoch auf der Vorstellung vom Vater als dem Ernährer der Familie. In Gemeinschaften, die über eine Familie hinaus gehen, also z.B. eine Dorfgemeinschaft oder eine Gruppe von Jägern und Sammlern, funktioniert das so dann aber nicht mehr, insbesondere dann nicht, wenn jeder einzelne zum Überleben der Gruppe beiträgt. Hier heißt es zwar einerseits sich der Gruppe fügen, aber andererseits auch an Entscheidungsprozessen teilnehmen. Wie diese nun im einzelnen ausgesehen haben, ist wiederum eine andere Frage. Ich wage mal eine starke Aussage: Mit der Neolithisierung beginnt die Wirtschaftsform des Ganzen Hauses, die erst seit der Industrialisierung peu a peu aufgelöst wird.

Weshalb meinst du, dass gerade mit der Neolithisierung die Abhängigkeit vom / Herrschaft des Mannes aufgebrochen wird? Ich habe eher den Eindruck, dass gerade bäuerliche Kulturen zu patriarchalischen Strukturen neigen, in denen oft ein einzelner Mann die Herrschaft über eine Kleingruppe ausübt. Ich stelle mir das so vor, dass Entscheidungen über zu verrichtende Arbeiten in Bezug auf Bodenflächen oder Viehbestände zu fällen sind, die dann als Eigentum interpretiert werden. Nun hat eine Person sich das Eigentum verschafft, von dessen Beirtschaftung die Kleingruppe abhängt (als Bauer, Bäuerin, Knechte, Mägde, Kinder).

In einer Jäger- und Sammlerkultur würde ich eher eine geschlechter- und altersspezifische Rollen- und Aufgabenaufteilung sehen. Daraus ergeben sich dann evtl. temporäre Führungsrollen innerhalb der Teilgruppe.
 
Weshalb meinst du, dass gerade mit der Neolithisierung die Abhängigkeit vom / Herrschaft des Mannes aufgebrochen wird? Ich habe eher den Eindruck, dass gerade bäuerliche Kulturen zu patriarchalischen Strukturen neigen, in denen oft ein einzelner Mann die Herrschaft über eine Kleingruppe ausübt. .

Bekanntlich sind aristokratische Herrschaftsformen hierarchisch und patriarchalisch strukturiert, ganz im Gegensatz zu den bäuerlichen Kulturen des Neolithikums. Die reichhaltigen Funde zeigen, dass die neolithischen Gesellschaften relativ gleichförmig und nicht geschichtet waren, ganz anders als die Kulturen der Bronze- und Eisenzeit, wo neben heruasgehobenen Fürstengräbern auch eine feudale Aristokratie sichtbar wird.

Die neolithischen Dörfer werden also einen Dorfvorsteher oder sogar eine Dorfvorsteherin gekannt haben, während im übrigen die Frauen in gleicher Weise wie die Männer zur Existenzsicherung durch Säen, Ernten und Fruchtbarmachung des Bodens beitrugen. Insofern wird häufig die Meinung vertreten, dass Frauen in solchen neolithischen Gesellschaften eine gleichberechtigte Stellung hatten, oder zumindest besser gestellt waren, als in den feudalen Kriegergesellschaften der Bronze- und Eisenzeit.
 
Hallo Taurus,

ich finde deine Fragestellung von vornherein sehr tendenziös.

Nein, das Gegenteil sollte der Fall sein, wie ich ja schon weiter oben sagte.

Tendenziös bzw. unterstellend waren manche Antworten.

Allerdings waren auch Antworten dabei, die mir weitergeholfen haben, dafür danke ich allen Foristen.
 
@ Quijote, wenn ich dich falsch verstanden habe, wird das an der von dir nicht weiter (hinsichtlich Patriarchat oder nicht) erläuterten "Wirtschaftsform des ganzen Hauses" liegen, bei der du ofenbar ein bestimmtes Bild im Kopf hast, das mir nicht ebenso vorschwebt. Ich habe da Seßhaftigkeit und einen Hausherrn/Hausherrin assoziiert. Vor der Neolithisierung stelle ich mir eher vagabundierende Gruppen und somit eher ambulante Laubhütten als "ganze Häuser" vor. Erläuter bitte mal, was du tatsächlich meinst.

@ Dieter: Du schreibst "Bekanntlich sind aristokratische Herrschaftsformen hierarchisch und patriarchalisch strukturiert". Diese Gleichsetzung von Aristokratie und Patriarchat scheint mir doch durchaus gewagt. Wäre das weltweit und immer so, müsste man sich ja glatt Gedanken machen, ob dies das natürliche Verhalten von Menschen ist und gegenteilige Betrebungen somit widernatürlich wären. Ich vermute eher, dass Aristokratie durchaus auch matriarchalisch oder womöglich noch anders organisiert sein kann.

Falls sich mit dem Übergang vom Neolithikum zu den Metallzeiten typischer Weise andere Gesellschaftsstrukturen herausbilden sollten, wäre es interessant herauszuarbeiten, warum das so ist. Ich könnte mir z.B. vorstellen, dass wesentlich größere Menschenverbände erforderlich sind, um diese zusätzlichen Anforderungen stemmen zu können. Funktionieren Erzbergbau und Verhüttung, Metallgießen und Schmieden in Menschenverbänden von um die 50 Personen oder sind viel größere Verbände dazu erforderlich? Welche Beispiele für relativ kleine, isolierte Gruppen gibt es, die derlei auf die Reihe gebracht hätten oder noch auf die Reihe bringen?
 
Nein, das Gegenteil sollte der Fall sein, wie ich ja schon weiter oben sagte.

Tendenziös bzw. unterstellend waren manche Antworten.

Allerdings waren auch Antworten dabei, die mir weitergeholfen haben, dafür danke ich allen Foristen.

Ich hatte meinen von dir in Bezug genommenen Beitrag wie folgt begonnen:
"ich finde deine Fragestellung von vornherein sehr tendenziös. Warum willst du prüfen "ob man steinzeitliche Jäger/Sammler-Gemeinschaften und evtl. auch noch neolitische Gemeinschaften als grundsätzlich "demokratisch" bezeichnen könnte"? Die Fragestellung beinhaltet eine unnötige Wertung. Ich würde eher fragen, wie "steinzeitliche Jäger/Sammler-Gemeinschaften und evtl. auch noch neolitische Gemeinschaften" organisiert waren, mit der Bereitschaft auch Modelle hinzunehmen, die mir selbst vielleicht gar nicht schmecken.

Noch ein Gedanke hierzu: Wenn du nach Demokratie fragst, fragst du nach politischen Organisationsformen, also nach Formen der Herbeiführung politischer Entscheidungen und ihrer Durchsetzung. Wie schon bei Vorrednern durchklang, stellt sich dazu die Vorfrage, in wieweit überhaupt politische Entscheidungen zu fällen waren."

Das wesentlich zur Begründung des Attributs "tendenziös" steht da drin:

- Unterstellung einer Prämisse, ohne diese als solche zu kennzeichnen und damit ihre Richtigkeit suggerierend

- auf ein möglichses Herschaftmodell einengend, anstatt offen zu fragen, was für ein Modell stattgefunden haben mag

- Frage nach dem damaligen Zutreffen einer heutigen Modellvorstellung deren Umsetzung der Zeitgeist unserer Zeit in unserem Kulturraum praktisch als alternativlos fordert.

Meine kleine Kritik war aber nicht böse gemeint. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass man diese Fragen wesentlich offener und ideologiefrei betrachten sollte. "Kleine" Kritik schon weil ich deine Fragestellung kritisiere und nicht etwa haltlose vhemment vorgetragene Behauptungen. Das hätte ich dann "stark" kritisiert. Natürlich darf man fragen.

Ich finde die Beiträge im Thread übrigens ebenfalls interessant und hilfreich.
 
Zuletzt bearbeitet:
@ Quijote, wenn ich dich falsch verstanden habe, wird das an der von dir nicht weiter (hinsichtlich Patriarchat oder nicht) erläuterten "Wirtschaftsform des ganzen Hauses" liegen, bei der du ofenbar ein bestimmtes Bild im Kopf hast, das mir nicht ebenso vorschwebt. Ich habe da Seßhaftigkeit und einen Hausherrn/Hausherrin assoziiert. Vor der Neolithisierung stelle ich mir eher vagabundierende Gruppen und somit eher ambulante Laubhütten als "ganze Häuser" vor. Erläuter bitte mal, was du tatsächlich meinst.

Das Ganze Haus ist eine Wirtschaftsform, von der ich unterstelle, dass sie mit der Neolithisierung begonnen hat. Diese Wirtschaftsform besteht bis heute, in den sogenannten westlichen Ländern ist sie aber seit etwa 150 bis 200 Jahren rückgängig bzw. seit etwa der Mitte des 20. Jhdts. bedeutungslos. Es handelt sich um einen feststehenden Begriff aus der Soziologie, der meist auf die städtischen Handwerksbetriebe des Mittelalters angewandt wird bzw. auf solche Betriebe, die so funktionieren, wie wir uns einen zünftigen Betrieb vorstellen. Ich habe dir unterstellt, dass du die entsprechende Wirtschafts- und Familienstruktur auf vorneolithische Zeiten zurückprojeziert hat. Mir ist nicht ganz klar, ob du das immer noch tust, aber dem kritisierten Beitrag kann man diese Denke entnehmen.
 
@ Quijote: Jetzt habe ich dich wohl verstanden. Wir sagen wohl eigentlich das Gleiche: Mit der Neolithisierung vermuten wir das entstehen bäuerlicher Einheiten mit einem oft patriarchalischen Hausherrn, während wir davor, in der Zeit der Jäger und Sammler, uns ein weniger hierarchisches Zusammenleben vorstellen können, indem insbesondere Führungspositionen weniger starr vergeben sind. Einverstanden?
 
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