Henker und Abdecker waren unter den unehrlichen Berufen bei weitem die verfemtesten. Niemand spielte mit den Kindern des Scharfrichters, in einigen Städten mußten die Henker Latrinen reinigen, Straßen fegen, dazu hatten sie häufig auch die Aufsicht über die Prostituierten. Unehrlichkeit war keine moralische, sondern eine soziale Kategorie. Unehrlichkeit galt als übertragbar, wer mit einem Henker trank oder einen Hund tötete und damit in den Aufgabenbereich des Schinders eingriff, wurde ehrlos. Es gab Fälle, in denen sich Leute aus diesem Grund umbrachten. Außer Scharfrichtern und Abdeckern gehörten Prostituierte, Schauspieler, Büttel und Gerichtsdiener, Schäfer und Müller zu den unehrlichen Berufen. Dennoch sollte man die Unehrlichkeit auch nicht überbewerten, Scharfrichter oder Müller gehörten durchaus zu den wohlhabenderen Zeitgenossen. Es wäre gar nicht so einfach, einen Handwerkszweig anzugeben, der nicht von konkurrierenden Zünften als "unehrlich" diskreditiert wurde. Wie Pariahs haben die unehrlichen Berufe nicht gelebt, Tabuisierung und Ausgrenzung war das eine, Faszination und Neugier das andere. Bei der medizinischen Unterversorgung waren Henker, Abdecker, Schäfer und Hirten vielgeschätzte Heilpraktiker und Veterinäre. Vor allem bestand auch ein großer Bedarf an Accessoires die in Verbindung mit der Exekution standen. Stücke eines Stricks oder die Handschuhe des Scharfrichters waren beliebte Glücksbringer. Blut der Hingerichteten galt als wirksames Mittel gegen Epilepsie, und der Verkauf dieses Blutes wurde noch im 19. Jahrhundert von den Obrigkeiten gebilligt.