Straf- und Rechtssystem unter der Yuan-Dynastie (1278-1368)

SRuehlow

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Das Strafsystem während der Yuan-Zeit ist von Klassenzugehörigkeit und Diskriminierung geprägt. Die Bestrafung zielte auf die Zugehörigkeit der entsprechenden Gruppierung innerhalb der Bevölkerung ab. Das bedeutet, dass Vergehen oder Verbrechen, die von den ersten beiden Gruppen begangen wurden, der mongolischen Herrscherklasse und den Personen mit Spezialstatus, meist nur mit geringen Geldsummen bestraft wurden. Hingegen die chinesische Bevölkerung der letzteren beiden Gruppen, insbesondere die Südchinesen, mit hohen Geldstrafen oder mit der Todesstrafe rechnen mussten. Tötete ein Mongole einen Chinesen war das nicht weiter von Bedeutung für seinen sozialen Status. Er musste lediglich einen geringen Geldbetrag als Buße entrichten. Tötete jedoch ein Chinese einen Mongolen wurde über ihm unweigerlich die Todesstrafe verübt. Die Familie musste neben den Bestattungskosten ihres Angehörigen auch die Exekutionskosten und das Begräbnis des Opfers bezahlen (shaomaiyin). Geringere Vergehen, wie Diebstahl, wurden mit der Tätowierstrafe belegt, die ausschließlich an Chinesen vollstreckt wurde.

Schwerverbrechern war eine langsame Hinrichtung oder ein langsam einzutretender Tod vorbehalten (lingchi). Das Opfer sollte langsam zu Tode gequält werden. Der Waffenbesitz und das Tragen einer Waffe war nur den ersteren beiden Klassen erlaubt. Chinesen war dies grundsätzlich verboten. Wurde dies aber durch besondere Verdienste einem Chinesen erlaubt, kam das einer überaus hohen Auszeichnung gleich. Ab 1309 war den hanren der allgemeine Waffenbesitz verboten. Um 1340 wird dieses Verbot auf den privaten Besitz von Kriegswaffen minimiert.

Die Mongolen legten das Straf- und Rechtssystem nach Belieben zu ihren Gunsten aus. Die Strafanwendung war zugunsten der herrschenden Klasse ausgerichtet und zielte auf eine Unterdrückung der Restbevölkerung ab. Durch ein exemplarisch-grausames Strafvollzugssystem sollte die Bevölkerung gemahnt sein, sich nicht gegen seine Herren aufzulehnen und treue, folgsame Untergebene zu sein. Doch diese Taktik trug nur zu einer Verschlechterung der Stimmung der chinesischen Bevölkerung gegenüber dem mongolischen System bei.

Kurze Einfürhrung in die verschiedenen Klassen des Gesellschaftsystems der Yuan:


Das wiedervereinigte China unter dem Yuan–Khanats setzte sich aus vier Gruppierungen zusammen. Die politische, sowie militärische, Gewalt hatte die erste Gruppe inne, die auch gleichzeitig mit der zweiten Gruppe, den kleinsten Bevölkerungsanteil stellte. Die erste Gruppe, also die Herrscherklasse, war den Mongolen und dessen Adel vorbehalten. Diese Gruppe war in allen Bereichen der Politik, des Militärs und des gesellschaftlichen Lebens (in sämtlichen Bereichen) hoch privilegiert. Die zweite Gruppe stellten die semujen, die Personen mit Spezialstatus dar, welche größtenteils Muslime waren. Hier waren Türken, Syrer, Perser, Tibeter und alle anderen Ausländer vertreten. Dieser zweiten Gruppierung gelang es während der Regierungszeit Khubilai Khans hohen Einfluss zu gewinnen und sämtliche Ämter des Finanzpolitik und Vermögenspolitik inne zu haben. Hierbei sei angemerkt, dass Khubilai Khan von seinen chinesischen Beamten durch deren horrende Privatpolitik in Bezug auf das Finanzwesen so enttäuscht war, dass er seine muslimischen Untertanen fortan mit diesen Ämtern beehrte.

Zudem stellen die semujen jeweils den stellvertretenden Provinzgovaneur in fast allen Provinzen; meistens war dieser ein Muslim. Die muslimischen Händler organisierten sich in Bruderschaften, den so genannten ortaq. Diese ortaq hatten das Steuermonopol an sich gerissen und trieben die Steuern mittels kleinerer Militärverbünde, die von mongolischen Militärs angeführt wurden, zusammen, die ihnen Sicherheit bei ihrer „gefährlichen“ Arbeit bot. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass die Gruppe der semujen vor allem bei den manzu verhasst war. Darüber hinaus hatten Angehörige der semujen-Klasse andere Ämter inne, wie zum Beispiel Leiter vorrangiger Bauarbeiten, wie dem nördlichen Abschnitt des Kaiserkanals (von 1279-1294) oder dem Erbauer der neuen Hauptstadt Tatu oder auch Khanbalik genannt.

Die dritte Gruppe, die hanren, waren zum größten Teil Nordchinesen, also Chinesen, die vor der Eroberung der Südlichen Song 1279 ins Yuan-Khanat integriert waren. Weiterhin teilten sich die hanren in Koreaner, Dschurdschen und der Bevölkerung von Khitan auf.

In der vierten Gruppe, den manzu (Südbarbaren) oder xin furen (Neue Untertanen), war der Rest der Bevölkerung integriert. Hier waren die Bewohner der ehemaligen Südlichen Song vertreten, aber auch Dai Viet und andere Minderheiten, die nach 1279 in das Reich eingefügt wurden. Den manzu war seit dem Tode Khubilai Khans das Erlernen von Fremdsprachen verboten und ihre Gruppe wurde mit einer Ämtersperre belegt, dass heißt, dass sie keinen Zugang zu höheren Ämtern, gleich welcher Art, hatten. Man kann sagen, dass die Südchinesen allgemein deklassiert waren. Den höhergestellten manzu war eine problematische Karriere vorprogrammiert. Das Prüfungssystem für die kaiserlichen Beamten war abgeschafft worden, da die Mongolen, die mit hohen Ämtern begleitet wurden, meist des Chinesischen nicht mächtig waren. 1315 wurde das Prüfungssystem erst wieder eingesetzt. Gleichzeitig war die Ämtersperre eingesetzt worden. Für die ehemaligen Beamten der Südlichen Song, die zu einem hohen Grade literarisch und philosophisch gebildet waren, war das mit einer Katastrophe gleichzukommen. Das Mongolische ersetzte größtenteils die chinesische Sprache im Verwaltungsapparat. Dadurch wurde die chinesische Sprache im traditionellen Gesellschaftssystem der Literatenbeamten grundlegend in Frage gestellt. Durch die Sinnfrage getrieben, wandten sich viele Literatenbeamten neuen Kunst- und Kulturräumen zu, wie zum Beispiel dem Singspiel oder der Literatenmalerei. Dies war aber nur möglich, wenn die Beamten über erhebliche finanzielle Mittel verfügten. Zudem waren die höheren Beamtenstellen von Nepotismus und erblichen Positionsverteilung geprägt. Die wenigen, für Nicht-Mongolen oder semujen zugänglichen, Stellen waren schlecht bezahlt und weniger attraktiv.

Die Einstufung der Bevölkerung in diese vier Gruppen wurde für rechtliche, administrative, sowie steuerpolitische Diskriminierungen vorgenommen. Die Rangfolge der vier Gruppen hatte keine rassistischen Beweggründe zur Grundlage, sondern war lediglich nach dem Zeitpunkt der Eingliederung in das Yuan-Khanat gegliedert. Angemerkt sei, dass während der kurzen Zeit der Mongolenherrschaft in Nordchina ein Bevölkerungsrückgang von bis zu 40% vermerkt werden kann. Zum einen ist dies in einer Abwanderbewegung Richtung Süden, aber größtenteils durch die Hungerkatastrophen zu erklären, die ab 1300 das Yuan-Reich heimsuchten. Statistisch gesehen stellten die mongolische Herrscherklasse rund eine halbe bis einer Millionen Einwohner ihres Reiches, hingegen die chinesische Bevölkerung bei 60 Millionen lag





 
Angemerkt sei, dass während der kurzen Zeit der Mongolenherrschaft in Nordchina ein Bevölkerungsrückgang von bis zu 40% vermerkt werden kann.

Diese Zahl ist sehr umstritten, ebenso besagte Hungersnöte. Auch schon für den Einfall der Mongolen vermerken chinesische Historiker einen Rückgang von 40% der Zivilbevölkerung.
Sie rechnen dabei aber auch Kinder ein, die nicht geboren wurden wegen des Mongoleneinfalls, daß sind sehr obskure Rechnungen.

Pollenanalysen zeigen, daß die Hypothese von weitgehenden Hungersnöten vermutlich nicht stimmt, auch wenn es sicher in manchen Provinzen Hungersnöte hin und wieder gab.

Andere Hypothesen gehen wiederum von einer Erholung und Vermehrung der Bevölkerung während der Yuan Dynastie aus.

Fakt ist allein : daß die Bevölkerungszahl schon vor Khublai Khan in Nordchina stark zurückgegangen ist durch den Mongoleneinfall und die Herrschaftszeit von Ögedai KaKhan und Quyuk KaKhan. Wie stark aber der Bevölkerungsrückgang wirklich war, ist mMn nicht zu beantworten, man kann nur feststellen, daß er stark war (zwischen mindestens 20% und maximal 40%). Ob er während der Yüan Dynastie weiterging oder stoppte kann mMn ebenso nicht mit gewißheit sagen.

Zum Bestrafungssystem muß man noch anfügen, daß sich für die einfachen Bauern nicht sonderlich viel änderte, schon vor den Mongolen waren die Bauern unterdrückt worden, ebenso gab es Verbote des Tragens von Waffen und Ungleiches Recht. Und auch nach der Yüan Dynastie kann man nicht von einem gerechten Justizsystem sprechen.

Die Veränderungen des Rechtssystems in der Yüan Zeit zeigen aber auch klar, wie die Jasagh an Bedeutung verlor im Laufe der Zeit. Was mMn ein entscheidender Grund für die folgende Schwächung der Yüan und überhaupt der mongolischen Nachfolgereiche war. Vergleichbare Vorgänge finden sich auch im Westen in Rußland.
 
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