Straftatbestand Zuhälterei & Bettel(s) im Wilhelminismus

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Gast

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Hallo!

Wer kann sagen, was in der Zeit unter Kaiser Wilhelm II. (1871 bis 1918) unter den Straftatbestand der "Zuhälterei" und den des "Bettels" fällt?

Natürlich weiß ich, was Betteln und Zuhälterei im allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet. Ich würde es aber gerne genauer wissen, so habe ich beispielsweise im Hinterkopf, dass "früher" unter den Tatbestand der Zuhälterei auch fällt, wenn man z.B. ein Pärchen etwa aus dem Bekanntenkreis, das nicht miteinander verheiratet war, bei sich wohnen lässt (vielleicht heißt das auch Kuppelei?).

Was versteht man alles unter "Zuhälterei" und was alles unter "Bettel" im Jahre 1912?

Danke schon mal im Voraus,

Gast.
 
Zumindest wenn es um die Zuhälterei geht, ist da für dich die "Lex Heinze" wichtig. Hier wird ab 1900 der Straftatbestand der Zuhälterei genannt.
Mehr Infos und Wortlaut hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Lex_Heinze

Ansonsten kannst du von Glück reden, denn wir haben hier einen Rechtsanwalt, der sich zudem gut mit dem Kaiserreich auskennt - auch wenn ich nicht immer mit seinen Meinungen und Einschätzungen einverstanden bin. ;)

Er kann dazu sicher genaueres sagen...
 
danke für die schnelle Antwort

Vielen Dank für die schnelle Antwort! Wäre nur interessant, ob der "Rechtsanwalt" die Frage liest und beantwortet.
 
Gast schrieb:
Vielen Dank für die schnelle Antwort! Wäre nur interessant, ob der "Rechtsanwalt" die Frage liest und beantwortet.

Hat sich intern gemeldet - er weiß da ohne "staubige Recherche" auch nichts...
:sorry:
 
Gast schrieb:
Wer kann sagen, was in der Zeit unter Kaiser Wilhelm II. (1871 bis 1918) unter den Straftatbestand der "Zuhälterei" und den des "Bettels" fällt?

Natürlich weiß ich, was Betteln und Zuhälterei im allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet. Ich würde es aber gerne genauer wissen, so habe ich beispielsweise im Hinterkopf, dass "früher" unter den Tatbestand der Zuhälterei auch fällt, wenn man z.B. ein Pärchen etwa aus dem Bekanntenkreis, das nicht miteinander verheiratet war, bei sich wohnen lässt (vielleicht heißt das auch Kuppelei?).

Was versteht man alles unter "Zuhälterei" und was alles unter "Bettel" im Jahre 1912?
Also die staubige Recherche des Juristen hat folgendes ergeben:

§ 180 Strafgesetzbuch: "Wer gewohnheitsmäßig oder aus Eigennutz durch seine Vermittlung oder durch Gewährung oder Verschaffung von Gelegenheit der Unzucht Vorschub leistet, wird wegen Kuppelei mit Gefängnis nicht unter einem Monate bestraft (...)."

§ 181 StGB: "Die Kuppelei ist, selbst wenn sie weder gewohnheitsmäßig noch aus Eigennutz betrieben wird, mit Zuchthaus bis zu 5 Jahren zu bestrafen, wenn
1. um der Unzucht Vorschub zu leisten, hinterlistige Kunstgriffe angewendet werden, oder
2. der Schuldige zu der verkuppelten Person in dem Verhältnisse des Ehemannes zur Ehefrau, von Eltern zu Kindern, von Vormündern zur Pflegeperson, von Geistlichen, Lehrern oder Erziehern zu den von ihnen zu unterrichtenden oder zu erziehenden Personen steht. (...)"

§ 181a StGB Abs.1: "Eine männliche Person, welche von einer Frauenperson, die gewerbsmäßig Unzucht treibt, unter Ausbeutung ihres unsittlichen Erwerbs ganz oder teilweise Lebensunterhalt bezieht, oder welche einer solchen Frauensperson gewohnheitsmäßig oder aus Eigennutz in Bezug auf die Ausübnung des unzüchtigen Gewerbes Schutz gewährt oder sonst förderlich ist (Zuhälter), wird mit Gefängnis nicht unter einem Monate bestraft."
Der Abs. 2 dieser Vorschrift sieht die Erhöhung der Strafe für die Fälle vor, in denen die Zuhälterei als Ehemann der Frauensperson oder unter Anwendung von Gewalt oder Drohung begangen wird. In diesem Fall beträgt die Strafe nicht unter einem Jahr.

§ 361: "Mit Haft wird bestraft, (...)
3. wer als Landstreicher umherzieht;
4. wer bettelt oder Kinder zum Betteln anleitet oder ausschickt oder Personen, welche seiner Gewalt oder Aufsicht geben sind und zu seiner Hausgenossenschaft zählen gehören, wom Betteln abzuhalten unterläßt (...).

Alle Straftatbestände haben 1912, so wie ich sie gepostet habe, gegolten.

Die Gewährung einer Wohnung an eine Prostituierte wurde vom Reichsgericht als Kuppelei im Sinne des § 180 StGB bewertet. Da § 180 StGB es für die Strafbarkeit genügen ließ, dass der Unzucht Vorschub geleistet wird, musste die "Lohnhurerei" nicht unbedingt in der gewährten Wohnung stattfinden. Es genügte, dass der "Vermieter" die Vorstellung hatte, dass die Mieterin in der "gewährten" Wohnung der Unzucht nachgeht.
 
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