Sykes-Picot und die Türkei

Shinigami

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Moin.

Ich lese mich zur Zeit durch Kreisers Atatürk-Biographie und bin da über etwas gestolpert, was mir vorher so nicht bekannt war, nähmlich den Umstand, dass die Grenze zwischen der aus der Konkursmasse des Osmanischen Reiches hervorgegangenen Republik Türkei und dem britischen Mandatsgebiet Iraq anscheinend bis Mitte der 1920er Jahre umstritten war, weil beide die Territorien des nördlichen Iraq um Mossul beanspruchten.
Anscheinend wurden entsprechende Forderungen bei den Friedensverhandlungen zwischen der Republik Türkei und dem Vereinigten Königreich Großbritannien, in Lausanne, durch die von Ismet Inönü angeführte türkische Delegation vorgetragen, ließen sich aber im Gegensatz zu anderen Positionen die auf eine Revision des noch von der Sultansregierung geschlossenen Vertrags von Sèvres abzielten, nicht durchsetzen.

Die Interessen beider Seiten dürften zu einem erheblichen Teil durch die Ölvorkommen des im nördlichen Iraq (bzw. ehemaligem "Mosul Vilayet) motiviert gewesen sein.

Etwas bekannter ist möglicherweise dass von türkischer Seite in den ausgehenden 1930er Jahren vor dem Hintergrund des sich abzeichnenden neuen Konflikts in Zentraleuropa, die Ausgliederung des ehemaligen Sandschak Alexandrette/Sandschak Iskenderun als "Republik Hatay" (1938-1939) aus dem französischen Mandatsgebiet Syrien durchgesetzt werden konnte, und darüber hinaus dessen Annexion durch die Republik Türkei im Herbst 1939.


Nun würde mich rezeptionsgeschichtlich folgendes interessieren:

Vor allem in der arabischen Erinnerungskultur, aber auch im Bereich postkolonialer Theorien, spielt ja das Sykes-Picot-Abkommen eine prominente Rolle. Sowohl im Hinblick auf die Illustration des "Ziehens von Grenzen mit dem Lineal, durch die europäischen Kolonialmächte" (obwohl man dafür auch diverse andere Abkommen bemühen könnte), als auch als Bewustsein stiftendes historisches Ereignis für die arabischen Bevölkerung in der Levante und in Mesopotamien (für die arabische Halbinseln und die arabischsprachigen Teile Afrikas dürfte es sicherlich weniger Bedeutung haben).

Hierbei würde mich interessieren, ob in diesen beiden Rezeptionsbereichen, im Besonderen aber in der arabischen Erinnerungskultur im Iraq und in Syrien die türkischen Bemühungen um die Rückgewinnung früherer Positionen des Osmanischen Reiches eigentlich eine Rolle spielen und wenn ja, wie das gesehen wird?
Das Osmanische Reich selbst, wird dort ja einigermaßen regelmäßig und verständlicher Weise in einer Rolle irgendwo zwischen einem ungeliebten Hegemon in der Region und einer Kolonialmacht betrachtet (wie genau, dürfte dann wieder von der Region abhängen).
Nun trafen die türkischen Bemühungen, im Besonderen in Lausanne, neben dem Umstand, dass sie erfolglos blieben, natürlich die arabische Bevölkerung nicht in dem Ausmaß, wie das Abkommen zwischen Großbritannien und Frankreich, weil der nördliche Iraq natürlich eine vorwiegend von Kurden bewohnte Region ist, die Bemühungen um Alexandrette/Iskenderun/Hatay allerdings betrafen natürlich ein Gebiet mit durchaus beachtlichem arabischen Bevölkerunganteil.

Nun könnte man ja, etwas überspitzt formulieren, dass sich die Türkei in den 1920er und 1930er Jahren mit ihren Interessen im nördlichen Syrien und im nördlichen Iraq durchaus darum bemühte, sozusagen als dritte Partei bei der Aufteilung der Konkursmasse des Osmanischen Reiches in Levante und Mesopotamien, von den beiden europäischen Großmächten akzeptiert und mit gewissen Konzessionen bedacht zu werden.
Wird das eigentlich in dieser oder ähnlicher Form wahrgenommen/rezipiert oder nicht/respektive wenn es dort anders erinnert wird, in welcher Form findet das statt?
 
Zuletzt bearbeitet:
Du wirfst eine Menge Fragen auf, die man in ihrer Gesamtheit garnicht mit wenigen Beitraegen; oder, God forbid, mit Wiki quickies beantworten kann. Jedoch in ihren verschiedenen Einzelheiten, woraus sich dann ein recht gutes Mosaikbild entwickeln kann.
Um bei diesem interessanten Thema kohäsiv mitreden zu koennen muss man schon einige relevante Buecher gelesen haben. Als erstes Buch wuerde ich Dir empfehlen
'Handbook of the Territories Which Form the Theater of Operations of the Iraq Petrpoleum Company and Its Associated Companies.'
Published by Iraq Petroleum Company [IPC] Limited, London, 1948.
Iraq Petropoleum Company 'IPC": vor dem Krieg war es die 'TPC'
Da das orig. Buch im Internet ist irre teuer ist, bleibt noch die PDF Version der ersten Ausgabe uebrig. Allerdings finde ich die auch nicht im Internet. Die habe ich jedoch und bin gerne bereit sie hier einzustellen. Nur weiss ich nicht wie. Vorschlaege?
Ein paar low-hanging-fruit sind leicht zu beantworten:

Ich lese mich zur Zeit durch Kreisers Atatürk-Biographie und bin da über etwas gestolpert, was mir vorher so nicht bekannt war, nähmlich den Umstand, dass die Grenze zwischen der aus der Konkursmasse des Osmanischen Reiches hervorgegangenen Republik Türkei und dem britischen Mandatsgebiet Iraq anscheinend bis Mitte der 1920er Jahre umstritten war, weil beide die Territorien des nördlichen Iraq um Mossul beanspruchten.​
Fakt: Die versuchte Beanspruchung der Republik Türkei als Staatsnachfolger des Osmanisches Reiches versuchte das Umoegliche: als Kriegsverlierer oder ehemaliger 'SUZERAIN' hatte sie Null Anspruch auf ehemalige Gebiete.
Fakt: DEU. in Gestalt der Deutschen Bank und der Berlin-Bagdhad Bahn war hinter GB der groesste Aktieninhaber aller 'Oilkonzessionen' in Mesopotamien und z.T. Persien. Dies bedeutet, dass DEU der zweitgroesste Eigentuemer der gesamten Oilproduktion des Nahen Ostens gewesen war. Jedoch wurde DEU nach dem WWI voellig seiner Aktien enteignet und an Italien und Frankreich verteilt. DEU, bzw die Deutsche Bank, ungleich der Tuerkei, fragte nie nach Rueckerstattung seiner Aktienpakete.
Vor allem in der arabischen Erinnerungskultur, aber auch im Bereich postkolonialer Theorien, spielt ja das Sykes-Picot-Abkommeneine prominente Rolle. das Sykes-Picot-Abkommen.

Nach dem Krieg war das Abkommen ein totgeborenes Kind. (Warum das jetzt fett gedrukt ist, weiss ich nicht. Jedoch nicht meine Absicht.

Sowohl im Hinblick auf die Illustration des "Ziehens von Grenzen mit dem Lineal,
Es gab bis damals, also nach dem 1st WK keine Grenz-Linien im heutigen Sinn. Die Mappen die Gertrude Bell und T.E. Lawrence bei ihren Forschungsreisen zur Verfuegung standen, zeigten diese Gebiete nur in weisse Farbe, also unbekannt. Es war Gertrude Bell und z.Teil Colonel Lawrence gewesen die das Land geographisch und nach Staemmen aufzeichneten und materiell an der spaeteren Herstellung der 'Grenzen', Karten ( und Iraq) beteiligt gewesen war. Ihre intimen Kenntnisse der Sprache , des Landes,Geography usw. schickte Gertrude Bell nach England das sie somit zur Spionin gemacht hatte.

Wenn Du mehr ueber dieses Thema wissen moechtest, wuerde ich Dir unter anderen Authoren zuerst David Loyd George empfehlen: #1 WAR MEMORIES OF DAVID LLOYD GEORGE, #2 MEMOIRS of the PEACE CONFERENCE; David Lloyd George; #3THE BERLIN-BAGHDAD EXPRESS; McMEEKIN; #4: Gertrude Bell, Letters @https://archive.org/details/in.ernet.dli.2015.173485.

 
@bibliophile ein hochinteressanter Beitrag, danke!

Um bei diesem interessanten Thema kohäsiv mitreden zu koennen muss man schon einige relevante Buecher gelesen haben.
Das trifft bei diesem Thema auf mich nicht zu - aber Fragen zum Thema und seinen einzelnen Aspekten wird man sicher stellen dürfen.

Meine erste Frage betrifft gleich die Lektüreempfehlung:
Als erstes Buch wuerde ich Dir empfehlen
'Handbook of the Territories Which Form the Theater of Operations of the Iraq Petrpoleum Company and Its Associated Companies.'
Published by Iraq Petroleum Company [IPC] Limited, London, 1948.
Auf den ersten laienhaften Blick wirkt das wie rauchen ist weniger gesundheitsschädlich, als allgemein propagiert, published by Dr. Marlboro... Ist das Buch eine suada pro domo?

Meine zweite Frage betrifft:
Fakt: DEU. in Gestalt der Deutschen Bank und der Berlin-Bagdhad Bahn war hinter GB der groesste Aktieninhaber aller 'Oilkonzessionen' in Mesopotamien und z.T. Persien. Dies bedeutet, dass DEU der zweitgroesste Eigentuemer der gesamten Oilproduktion des Nahen Ostens gewesen war. Jedoch wurde DEU nach dem WWI voellig seiner Aktien enteignet und an Italien und Frankreich verteilt. DEU, bzw die Deutsche Bank, ungleich der Tuerkei, fragte nie nach Rueckerstattung seiner Aktienpakete.
War das Teil der Versailler Bestimmungen? Mich wundert, dass die deutsche Bank da kein Gezeter gemacht hat. Und warum wurde das nur an Frankreich und Italien verteilt?
 
War das Teil der Versailler Bestimmungen? Mich wundert, dass die deutsche Bank da kein Gezeter gemacht hat. Und warum wurde das nur an Frankreich und Italien verteilt?

Hier gibt es in einem Text von Dietrich Eichholtz weitere Information zum Thema:


Danach ging es um einen 25%-Anteil der Deutschen Bank an der Turkish Petroleum Co., bei der die Anglo-Persian Oil Co. 50% und die Royal Dutch-Shell ebenfalls 25% hielt. Diesen Anteil hat die Deutsche Bank erst zwei Jahre vor dem Weltkrieg erworben.

Der Anteil der Deutschen Bank wurde im Dezember 1918 beschlagnahmt und verkauft, was durch den Versailler Vertrag legalisiert wurde und 1924 ging der deutsche Anteil dann endgültig an Frankreich über, nach alle Versuche der Deutschen Bank, die Anteile zurück zu erhalten, scheitert waren.

Laut Text gab die Deutsche Bank die Ansprüche auch danach jedoch nicht aus und auch im Zweiten Weltkrieg soll das noch eine Rolle gespielt haben, auch wenn der Text dazu keine Details liefert.

Der Grund, weshalb die deutschen Anteile nur an Frankreich gingen, war vermutlich, dass die Briten über die Anglo-Persian Oil Co. bereits über einen 50%-Anteil verfügten.
 
Fakt: Die versuchte Beanspruchung der Republik Türkei als Staatsnachfolger des Osmanisches Reiches versuchte das Umoegliche: als Kriegsverlierer oder ehemaliger 'SUZERAIN' hatte sie Null Anspruch auf ehemalige Gebiete.
Nunja, Fakt ist, dass die Türkei nach den Kampfhandlungen und in den Verhandlungen um den Frieden von Lausanne durchaus einige Gebiete behalten konnte, die sie nach dem Vertrag von Sèvres eigentlich hätte verlieren sollen. Dieser sah ja eigene Staaten für Kurden und Armenier in Ostanatolien und durchaus größere Gebietsabtretungen an Griechenland vor.
Auch aus der angepeilten italienischen Einflusszone in Südwest-Anatolien, wurde nichts.

Natürlich hatte die Türkei in ihrer Situation relativ wenig Trümpfe in der Hand, die sich diplomatisch verwerten ließen. Andererseits war 1923, als in Lausanne verhandelt wurde aber auch nicht zu übersehen, dass das britische Empire mittlerweile unter Druck stand.

London hatte im Jahr zuvor der Unabhängigkeit Ägyptens, vorbehaltlich der Rechte am Suezkanal und der Gründung des irischen Freistaats zustimmen müssen, insofern durfte man sicherlich annehmen, dass auch Britanniens Position gerade nicht besonders stark war.

Letztendlich ging es mir aber weniger um das Sykes-Picot-Abkommen oder um die türkischen Möglichkeiten selbst, als mehr um die Frage, wie der türkische Versuch über Verhandlungen in diesem Territorium wieder Fuß zu fassen im besonderen in der Erinnerungskultur in diesem Raum aufgefasst wurde oder heute noch aufgefasst wird.

Es gab bis damals, also nach dem 1st WK keine Grenz-Linien im heutigen Sinn.
Naja, es gab natürlich die definierten territorialen Grenzen der Völkerbundsmandate für Syrien und die von Großbritannien verwalteten Gebiete, bzw. des neu gegründeten Iraq.


War das Teil der Versailler Bestimmungen? Mich wundert, dass die deutsche Bank da kein Gezeter gemacht hat. Und warum wurde das nur an Frankreich und Italien verteilt?
Die Enteignung von beschlagnahmtem deutschen Auslandsvermögen, oder Teilen davon, war in der Tat Teil des Versailler Vertrags.
Das betraf unter anderem auch den Besitz an Erzgruben in Lothringen und auch an Kohlezechen und -Feldern im von Deutschland abgetrennten Saargebiet.
In diesen Fällen sah der Versailler Vertrag vor, dass das Reich die Eigentümer an den entsprechenden Betrieben oder Konzessionen zu entschädigen, sprich die Kosten für diese Enteignung zu tragen hatte.
Sollten in diesem Zusammenhang Öl-Beteiligungen enteignet worden sein, wird es sich da ähnlich verhalten haben, so dass der wirtschaftliche Schaden davon dann auf das Reich abgewälzt und damit über den Staatshaushalt mehr oder weniger sozialisiert worden wäre.

Entsprechende Enteignungen konnten zwar entsprechenden Firmen/Eigentümern etc. nicht gefallen, aber dadurch, dass das Reich in Haftung genommen und der wirtschaftliche Schaden mindestens zum Teil weiter gereicht wurde, konnten sie am Ende meist in irgendeiner Form damit leben, zumindest theoretisch.
Praktisch gesehen, wurde bei der Abwicklung von Schadensansprüchen und der Prozessdauer um das abzuarbeiten ein guter Teil der Entschädigung häufig durch die fortschreitende Inflation de facto wieder entwertet, denn bis das angelaufen war, dauerte es bis in die 1920er Jahre hinein.


Und warum wurde das nur an Frankreich und Italien verteilt?
Wenn da Anteile an Frankreich gingen, dann sicherlich im Rahmen vorweggenommener Reparationsleistung und Kriegsschadensregulierungen.
Das könnte auch auch bei Italien (Verwüstungen im Veneto, nach der 12. Isonzoschlacht) der Fall gewesen sein, wobei was Italien betrifft, es sich möglicherweise auch um eine Entschädigung dafür gehandelt haben könnte, bei einigen Territorialforderungen auf Basis der Londoner Vereinbarungen von 1915 gegenüber Jugoslawien (bzw. damals noch dem "Kgr. der Serben, Kroaten und Slowenen) zurückstecken zu müssen (v.a. Wilson scheint die italienischen Forderungen teilweise missbilligt zu haben) und dafür an der Konkusmasse des deutschen Kolonialreichs nicht beteiligt zu werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Naja, es gab natürlich die definierten territorialen Grenzen der Völkerbundsmandate für Syrien und die von Großbritannien verwalteten Gebiete, bzw. des neu gegründeten Iraq
Die gab es eben nicht, da erst Jahre nach dem Völkerbundsmandat franzoesische und britische Vermesser ihre Arbeit dort unten , unter der Aufsicht von einer intern. 'Border Commission; begonnen hatten, inklusiv Festsetzung von Longituden and Latituden.
Damals wurden 'Grenzen' nach Staemmen, Berg- und Flusslinien, Steles, Wuesten, usw. verstanden. Sowohl Syrien - unter franz. Mandat als auch das spaetere Iraq in Mesopotamien hatten zur Zeit der Tuerken ganz andere 'Grenzen' wie wir sie heute verstehen. Allse wurde nach 1919 in Paris umgekrempelt.
'Palaestina', od. 'Heilige Land' war in der Bible ziemlich genau beschrieben worden: von Dan bis zum Beginn der Wueste, also Be'er-Sheva und vom Meer bis zum Fluss, obwohls die tatsaechliche Ostgrenze weit in's heutige Jordanien reichte weil es die damalige, besser gesagt, die antike Kornkammer des Gebiet's darstellte.
Grenzen waren damals, sowie heute, oft 'fluid'.
 
Die gab es eben nicht, da erst Jahre nach dem Völkerbundsmandat franzoesische und britische Vermesser ihre Arbeit dort unten , unter der Aufsicht von einer intern. 'Border Commission; begonnen hatten, inklusiv Festsetzung von Longituden and Latituden.
Damals wurden 'Grenzen' nach Staemmen, Berg- und Flusslinien, Steles, Wuesten, usw. verstanden. Sowohl Syrien - unter franz. Mandat als auch das spaetere Iraq in Mesopotamien hatten zur Zeit der Tuerken ganz andere 'Grenzen' wie wir sie heute verstehen. Allse wurde nach 1919 in Paris umgekrempelt.

Es geht nicht darum, wie die Grenzen der Regionen zur Zeit des Osmanischen Reiches verliefen, dessen Provinzeinteilung war natürlich eine völlig andere, sondern darum, was zwischen 1918 und 1923 passierte.

Es mag richtig sein, dass, als mit der Türkei 1923 in Lausanne verhandelt wurde, im Gebiet noch Landvermesser tätig waren um den genauen Verlauf der Grenzen auf Basis vorheriger Vereinbarungen nachzuvollziehen und zu markieren, aber eine Einigung über Ansprüche im Großen und Ganzen hatte zwischen Großbritannien und Frankreich in dieser Sache vor 1923 stattgefunden.

Die diplomatischen Vorstöße der Türkei in den Lausanner Verhandlungen zielten allerdings auf etwas anderes. Bei der Forderung nach der Region um Mossul für die Türkei handelte es sich nicht, um die üblichen Grenzbereinigungen oder Streitigkeiten um Detailverläufe der Grenze, sondern es handelte sich um nicht mehr und nicht weniger, als die Forderung nach dem Anschluss einer ganzen Region an die Türkei, die Großbritannien zuvor verschiedentlich für den Iraq reklamiert hatte.
 
Shinigami schrieb:
Naja, es gab natürlich die definierten territorialen Grenzen der Völkerbundsmandate für Syrien und die von Großbritannien verwalteten Gebiete, bzw. des neu gegründeten Iraq.
Völkerbundsmandate fuer von FRA verwaltetem Syrien und die von Großbritannien verwalteten Gebiete, bzw. des neu gegründeten Iraq zeigen keine geographischen Grenzen. Die vorhergehenden osmanischen Gebietseinteilungen wurden 1918 null und nichtig.
Man darf nicht vergessen dass das Völkerbundsmandat vom Völkerbund lediglich Richtlinien fuer potenzielle Mandatoren gegeben hatte, an die sich diese entsprechend halten sollten. Die neuen Grenzziehungen hatten die Mandatoren selber oder unter sich ausgearbeitet, Den Grenzkommissionen hatte das viel Arbeit und Zeit gekostet.
Z.B. wurde in Paris ein Mandat fuer 'Palaestina' ausgesprochen, doch niemand konnte genau sagen, was der Begriff 'Palaestina' , 'Heiliges Land' nun eigentlich bedeutet, besonders, was dessen praezise Grenzen darstellten. Um das zu klaeren wurde ein schottischer Wissenschaftler beauftragt.

Es mag richtig sein, dass, als mit der Türkei 1923 in Lausanne verhandelt wurde, im Gebiet noch Landvermesser tätig waren um den genauen Verlauf der Grenzen auf Basis vorheriger Vereinbarungen nachzuvollziehen und zu markieren,

Mit dem Sieg ueber den 'kranken Mann in Europa' waren fuer die Englaender alle 'vorherigen Vereinbarungen' zwischen Sykes-Picot bzgl 'spheres of interest' null und nichtig. Damals in 1916 hatte FRA die Bedeutung des Oels verkannt.
Sowohl die von Britain an Italien und Frankreich, als auch , bis zu einem gewissen Grad, die an Weizman & Co. in 1917 gegebenen Versicherungen, fanden in der 1924 Cairo Conference 'short shrift' . Fuer England gab es in Paris nur drei Dinge: 1) Gesicherte Oelfelder in Mesopotamia 2)gesicherte Zugaenge zu Oel Pipelines und oil farms in Haifa (riesige Oeltanks die man noch heute via Google satellite view sehen kann) und gesicherte Seewege.
aber eine Einigung über Ansprüche im Großen und Ganzen hatte zwischen Großbritannien und Frankreich in dieser Sache vor 1923 stattgefunden.

Ja, stimmt. Doch nach dem Sieg ueber das osmanische Reich zeigte GB ploetzlich Amnesia diesbezueglich. Allerdings war es GB nicht daran gelegen FRA zu vergrollen. So lagen z.B. die Golan Hoehen urspruenglich in der britischen 'Sphere of Interest', G.B. trat sie nun als Zeichen des guten Willens an FRA ab. Um die Zionisten wegen diesem Tausch nicht zu veraergern, wurden sie mit Zugabe der Wueste Negev - 'waste land'; 'unnuetzes/braches Land' wie die Britains es nannten - vertroestet.
Man darf auch nicht vergessen dass die Tuerken ihre Oelfelder behalten wollten. No chance! Die Aktien und Konzessionen wurden unter ITA, FRA, GB und den USA ver- und geteilt, auch DEU verlor alle seine gewaltigen Oel Aktien und langjaehrige vom Sultan ausgestellten oil exploration, field drilling and oil production concessions.
Die diplomatischen Vorstöße der Türkei in den Lausanner Verhandlungen zielten allerdings auf etwas anderes. Bei der Forderung nach der Region um Mossul für die Türkei handelte es sich nicht, um die üblichen Grenzbereinigungen oder Streitigkeiten um Detailverläufe der Grenze, sondern es handelte sich um nicht mehr und nicht weniger, als die Forderung nach dem Anschluss einer ganzen Region an die Türkei, die Großbritannien zuvor verschiedentlich für den Iraq reklamiert hatte.
Ich versteh' nicht ganz was Du meinst.
 
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