Tennis - von den Arabern nach Europa gebracht?

El Quijote

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Die deutsche, englische und französische Wikipedia sind sich einig: Der Begriff Tennis stammt vom französischen Imperativ Plural (Maiestatis [El Quijote]) von tener: nämlich tenez. Belegt ist dieser Name des Spiels oder Sports erst für das 17. Jahrhunderte, davor hieß es z.B. Jeu de Paume, also gewissermaßen Handschlagspiel. Es soll wohl bis ins 12. Jhdt. zurückgehen, die älteste mir bekannten Erwähnung ist der Tod Philipps des Schönen (Habsburg), der wohl bei einem tennisartigen Spiel 1506 entweder an Hitzschlag starb oder vergiftet wurde.

Allerdings scheint es Indizien zu geben, die für eine arabische Herkunft des Spiels sprechen (und damit sind keine Sandplätze gemeint).

Was meint ihr dazu?
 
Tennis ? Wikipedia

mir gefällt die Herleitung von St. Denis (siehe Link) ;)

welche Indizien für eine arabische Herkunft gibt es denn?

...spaßeshalber: ich halte den Tennisarm für älter als das Tennisspiel :D
 
Allerdings scheint es Indizien zu geben, die für eine arabische Herkunft des Spiels sprechen (und damit sind keine Sandplätze gemeint).

Was meint ihr dazu?
Scheint mir zumindest logisch, wenn “racquet”, “raquette” tatsächlich aus dem Arabischen “rakhat” kommt, was dort Handfläche bedeutet (wie das Spiel auch in Frankreich anfangs gespielt wurde).

Interessant auch das englische Wort “rack” (auch als Verb), das ebenfalls die gleiche Wurzeln haben könnte. Auch das ungarische Wort “rak” bedeutet legen, stapeln, wozu eben die Handfläche benötigt wird.

Habe hier noch andere Indizien, nur um etwas Verwirrung zu stiften: das ungarische Wort “tenyér” [sprich: tenjér] bedeutet erstaunlicherweise Handfläche und ist gar nicht so weit vom franz. “tenir” entfernt. Das ung. Wort ist bestimmt kein Lehnwort aus dem Franz., dafür klingt das Wort zu asiatisch, zudem bedeutet “tányér” [sprich: tahnjér] Teller. Hab’ jetzt nach dem Wort im Arabischen und auch auf Hindi nachgeschaut und auf den ersten Blick keine Ähnlichkeiten gefunden. Kann mir zwar nicht vorstellen, dass die Hunnen als Freizeitgestaltung die Urform des Tennis praktizierten, aber wer weiß, was sie so alles zwischen ihren Beutezügen trieben.

edit: inwieweit das Wort aus dem lat. "tenere" kommt, lasse ich mal dahingestellt. ;) (das lat. Wort könnte aber auch östlichen Ursprungs sein...)
 
Zuletzt bearbeitet:
Aus sportwissenschaftlicher Sicht muss man von Rückschlagsportarten sprechen.

Danke für den Hinweis. :hoch:

Allerdings scheint es Indizien zu geben, die für eine arabische Herkunft des Spiels sprechen (und damit sind keine Sandplätze gemeint).

Was meint ihr dazu?

Gut, dass ich "scheint" geschrieben habe, denn es bezog sich eben genau auf diese Etymologie:

Scheint mir zumindest logisch, wenn “racquet”, “raquette” tatsächlich aus dem Arabischen “rakhat” kommt, was dort Handfläche bedeutet (wie das Spiel auch in Frankreich anfangs gespielt wurde).
Diese etymologische Herleitung von racchetta (it.), raquette (fr.), raqueta (sp.) oder racquet (en.) ist aber, wie ich inzwischen feststellen konnte, zumindest als umstritten zu bezeichnen - wiewohl das DRAE, was allerdings keine etymologische Größe ist, immer noch rāḥa[t al-yad] als Etymon angibt.
(Nur ein Hinweis zur Umschrift: <kh> entspricht nicht dem <ḥ/ح>, sondern dem <ḫ/خ>)
Christian Schmitt (Die Araber und der Tennissport, in Lüdtke, Jens: Romania Arabica. Festschrift für Reinhold Kontzi zum 70. Geburtstag. Tübingen 1996) leitet den Begriff von chasse und rachasser/rechasser ab, welches wiederum von lateinisch captare/*captiare herzuleiten ist (die Argumentation im Einzelnen lasse ich hier mal aus).

In Italien sei das Tennisspiel erstmals 1324 belegt, wo nach der Schlacht von Altopassio in Gefangenschaft geratene französische Ritter sich mit diesem Rückschlagspiel die Zeit vertrieben.
</kh>
 
Diese etymologische Herleitung von racchetta (it.), raquette (fr.), raqueta (sp.) oder racquet (en.) ist aber, wie ich inzwischen feststellen konnte, zumindest als umstritten zu bezeichnen [...]
Ja, das hab ich auch gesehen.

Vielleicht noch ein Wort zum ungarischen Wort “Handfläche”: das Wort kommt definitiv nicht aus dem Lateinischen (die Herleitung ist aber nicht mehr als meine bescheidene Vermutung; sie zu erklären, würde hier wahrscheinlich auch zu weit führen). Habe aber etwas in den Quellen über alte ung. Spiele gestöbert und nicht den leisesten Verdacht zu einem mit Händen gespielten Ballspiel gefunden.

Ballspiele sind jedoch sicherlich uralt. Dass der Ball zuerst eher mit den Händen geworfen und auch geschlagen wurde, liegt auf der Hand... :D
 
Ja, das hab ich auch gesehen.

Vielleicht noch ein Wort zum ungarischen Wort “Handfläche”: das Wort kommt definitiv nicht aus dem Lateinischen (die Herleitung ist aber nicht mehr als meine bescheidene Vermutung; sie zu erklären, würde hier wahrscheinlich auch zu weit führen). Habe aber etwas in den Quellen über alte ung. Spiele gestöbert und nicht den leisesten Verdacht zu einem mit Händen gespielten Ballspiel gefunden.

Ballspiele sind jedoch sicherlich uralt. Dass der Ball zuerst eher mit den Händen geworfen und auch geschlagen wurde, liegt auf der Hand... :D

Wobei ich - oh Gott, Physik! -, gerade was das Schlagen des Balls angeht, ein Problem damit habe, was das angeht. Dann eher fangen (was ja auch bei rechasser und tener irgendwie drinsteckt) und zurückwerfen. Denn zum Zurückschlagen ist unsere Hand dann doch ein wenig klein und gerade bei den Tennis"bällen", die wohl seit dem MA in Frankreich belegbar sind, dürfte es wohl eher schmerzhaft gewesen sein, den Ball mit der Hand zurückzuschlagen. Es handelte sich wohl um mit Leder ummantelte Bälle aus Stein. Der Schläger dagegen verhinderte den Schmerz und hatte zudem eine gewisse Hebelwirkung.
Die Entwicklung des Schlägers dürfte also bei den Rückschlagsportarten zu einer Dynamisierung der Spiele geführt haben, weil er aus zwei bis drei Bewegungen nur noch eine machte, nämlich aus dem Fangen und dem Werfen das Zurückschlagen, wobei das Ausholen des Werfens vorgezogen wurde, da man nun zum Schlag ausholte, also, bevor der Ball überhaupt "gefangen" war. (Ist das einigermaßen deutlich geworden, was ich meine?)

Also: Fangen - ggf. Handwechsel - ausholen - zurückwerfen :rechts: ausholen - Schlag

Kann es beim Baseball eine ähnliche Entwicklung gegeben haben? Denn der Handschuh ist ja im Prinzip eine Polsterung und Vergrößerung der Hand, dem gegenüber steht ein ziemlich primitiver Schläger. Die älteste Darstellung eines baseballartigen Spiels kenne ich aus den Cantigas de Santa María (13. Jhdt.), dort noch ohne Handschuh:
 

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Hier noch einmal mit der Bildumgebung.

alf_pelota_max.jpg

Das Bild ist galicisch überschrieben mit:

"Como iogaban a pelota os mancebos en un prato"
Wie die Jünglinge auf einer Wiese Ball spielten.
 
Wobei ich - oh Gott, Physik! -, gerade was das Schlagen des Balls angeht, ein Problem damit habe, was das angeht. Dann eher fangen (was ja auch bei rechasser und tener irgendwie drinsteckt) und zurückwerfen. Denn zum Zurückschlagen ist unsere Hand dann doch ein wenig klein und gerade bei den Tennis"bällen", die wohl seit dem MA in Frankreich belegbar sind, dürfte es wohl eher schmerzhaft gewesen sein, den Ball mit der Hand zurückzuschlagen. Es handelte sich wohl um mit Leder ummantelte Bälle aus Stein. Der Schläger dagegen verhinderte den Schmerz und hatte zudem eine gewisse Hebelwirkung.
Trotzdem, m.M.n. liegt im Ball sowohl die Lösung, als auch die Tücke der Geschichte des Tennis. Denn eben, Tennis mit der Hand ist noch kein Tennis, v.a. nicht, wenn eine ähnliche Sportart, wie das Badminton existiert, was die Ortung der Differenzierung erfordert. Aber wie kommst Du darauf, dass der Tennisball mit Steinen gefüllt war? Sonst gab es ja Bälle, die leer oder mit Heu/Rosshaar gefüllt waren (“follis” in Rom, aber auch im Frankreich des 13. Jhs., siehe “La soule”).

Die Urgeschichte des Federballs sieht Wiki bereits auf Höhlenzeichnungen in Indien, leider ohne Quellen anzugeben (auch ein Bild wäre ganz nett gewesen).

Baseball hingegen könnte vielleicht aus dem Wikinger-Spiel “Knattleikr” entwickelt worden sein, nachdem es die Wikinger aus Indien mitgebracht hatten ;) siehe das uralte Spiel “Gilli-danda“.
 
hätte man denen nicht eher Rugby zugetraut? ;)
Nö, die Inder waren schon immer ein friedliches Volk. ;)

Spaß beiseite: wäre doch möglich, dass man aus einem Element eines Spiels ein neues entwickelte: Knattleikr :rechts: Cricket :rechts: Baseball. Aber eigentlich sieht mir dieses “Gilli-danda” sehr nach Cricket aus, sodass die Wikinger als Inspiration eher wegfallen. Möglich aber auch, dass Knattleikr die Initiative war, und dass Gilli-danda vom Cricket beeinflusst wurde (hier müsste man wissen, wie das Spiel vor der Kolonisation aussah).
 
Das mit dem lederumhüllten Steinball habe ich dem zitierten Text von Christian Schmitt entnommen.

Was die Entwicklung der Schlag- und Rückschlagsportarten geht, so denke ich nicht, dass es dazu großartiger Entlehnungen bedarf, bzw. erst dann, wenn die Sportgeräte komplizierter werden. Neben kicken und werfen ist doch die Nutzung eines Stocks eine recht naheliegende Form, einen Stein zu bewegen. Zunächst ganz ohne sportliche Ambitionen.
Sprich: Baseball kann zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten unabhängig erfunden und wieder vergessen worden sein. Eine Entwicklungslinie des Baseball ins Spanien des 13. Jahrhunderts wollte ich mit der Darstellung aus den Cantigas nicht gezogen wissen.
 
Das mit dem lederumhüllten Steinball habe ich dem zitierten Text von Christian Schmitt entnommen.

Was die Entwicklung der Schlag- und Rückschlagsportarten geht, so denke ich nicht, dass es dazu großartiger Entlehnungen bedarf, bzw. erst dann, wenn die Sportgeräte komplizierter werden. Neben kicken und werfen ist doch die Nutzung eines Stocks eine recht naheliegende Form, einen Stein zu bewegen. Zunächst ganz ohne sportliche Ambitionen.
Sprich: Baseball kann zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten unabhängig erfunden und wieder vergessen worden sein. Eine Entwicklungslinie des Baseball ins Spanien des 13. Jahrhunderts wollte ich mit der Darstellung aus den Cantigas nicht gezogen wissen.
Bin ganz Deiner Meinung bez. der nötigen Kreativität zum Eindreschen auf den Ball mit einem Stock.

Nur die steinerne und mit Leder bezogene Tennisbälle überzeugen irgendwie nicht so richtig, v.a. da das Spiel zunächst mit der Hand gespielt wurde. Wäre zudem eher ein ‘Steinball’, die steinzeitlich anmutende Urform des Federballs.

Die heutige Form des Tennis mit einem aufspringenden Ball konnte erst nach der Entdeckung Amerikas entwickelt worden sein, und musste sogar auf die Vulkanisation von Kautschuk warten (1839). Als um 1400 John Gower in einem Gedicht die Sportart mit dem Wort “tenetz” besang*, konnte er nicht wirklich “Tennis” gemeint haben, sondern das Jeu de Paume. Ansonsten könnte man die Ursprünge des Tennis bereits beim Homo Erectus sehen, als dieser in einem Anflug von Kreativität mit der Keule einen Apfel wegschlug.


*: wie von Wiki im Artikel über “Tennis” erwähnt (nur die Datierung des Werkes ist falsch).
 
Nur die steinerne und mit Leder bezogene Tennisbälle überzeugen irgendwie nicht so richtig, v.a. da das Spiel zunächst mit der Hand gespielt wurde.

Da hast du nicht ganz unrecht. Ich habe deshalb noch mal nachgelesen. Ich habe da zwei Dinge durcheinander gebracht. *Auf die Brust schlag* :( Die lederummantelten Steinbälle werden vor allem beim pelota verwendet, wobei es beim pelota verschiedene Formen gibt, nämlich mit "schnabelförmigen" Schläger, mit der Hand (da aber sicher keine Steinbälle, lederumantelt oder nicht) und mit Korbhandschuhen.
Pelota ? Wikipedia
 

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Die lederummantelten Steinbälle werden vor allem beim pelota verwendet, wobei es beim pelota verschiedene Formen gibt, nämlich mit "schnabelförmigen" Schläger, mit der Hand (da aber sicher keine Steinbälle, lederumantelt oder nicht) und mit Korbhandschuhen.
Pelota ? Wikipedia
Oh ja, der Ball muss beim Wurf mit so einem Schläger eine grandiose Beschleunigung haben (erreicht sicherlich spielend die 200 km/h). Die Form erinnert irgendwie an die Antike:
http://en.wikipedia.org/wiki/Strigil

Will hier aber eine klösterliche Urform des Tennis nicht auslassen, als der Ball angeblich zunächst auf’s Dach des Kreuzganges gehauen werden musste:
http://www.tcweinfelden.ch/hist-ten.htm
 
Erinnert tatsächlich mehr an Squash. John Gower hätte dieses Spiel auch nicht “tenetz” genannt, eher “teroof”, vielleicht auch “tegehlid” (allerdings schrieb er auf Anglonormannisch, sowie auf Franz. und Lat., was die Sache kompliziert). Wie dem auch sei, der Ball kam quasi vom Himmel...
 
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