Ostrogotha
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Info an Alle, die dies über Theodora lesen möchten:
folgenden Bericht habe ich einmal zu einem rein privaten Zweck verfasst; da wusste ich noch nichts vom Geschichtsforum. Ich stelle ihn trotzdem in seiner ursprünglichen Form ein, ohne daran herum zu doktern. Die Fakten sind hierin etwas literarisch verpackt; ich hoffe, es stört nicht.
Theodora, Kaiserin von Byzanz:
vom Zirkus zum Kaiserthron
(ca. 497 – 28.06.548 n. Chr.)
Teil 1
„Wenn dieses Weib ein Mann wäre, der müsste mir sterben. – Er wäre gefährlicher als die Barbaren, samt Byzanz. Aber dann freilich, dann wäre die Bosheit nicht so unergründlich teuflisch.“
So lautet die Meinung des Präfekten von Rom, Cethegus über seine schöne Jugendfreundin in dem Roman „Ein Kampf um Rom“ von Felix Dahn (VI, 11). Eine harte Aussage! Roman oder Realität?
Schön, klug, willensstark, mutig, intrigant, teuflisch, verrucht --- Eigenschaften, die man Theodora, der Kaiserin von Byzanz an der Seite Justinians I., zuschreibt. Was trifft davon zu?
Byzanz, die Hauptstadt des Oströmischen Reiches, war um das Jahr 500 n. Chr. eine Metropole mit rd. 750.000 Einwohnern, ein Schmelztiegel vieler Völker. Was die Byzantiner jener Zeit verband, war eine Leidenschaft für theologische Diskussionen, die oft recht hitzig und nicht immer nur verbal geführt wurden. Aber diese wurde noch übertroffen durch die Leidenschaft für Wagenrennen, organisiert von den beiden Zirkusparteien, den Grünen und den Blauen. Die Zirkusparteien waren allerdings mehr als nur Fan-Clubs, sie verkörperten auch politische und religiöse Richtungen. Im Hippodrom tobte sich die Sportleidenschaft des Volkes aus mit allen auch heute bekannten Begleiterscheinungen. Hooligans sind keineswegs nur eine Erscheinung unserer Zeit. Unter Umständen bekam bei den Rennen auch der Kaiser hier die Meinung des Volkes zu spüren.
In diese Umgebung hinein wurde Theodora als Tochter des Bärenwärters der Grünen, Akakios geboren. Sie gehörte damit zur untersten sozialen Schicht des Oströmischen Reiches. Als Theodora ca. 5 Jahre alt war, starb der Vater und ihre Mutter versuchte ihrem neuen Partner den Job ihres verstorbenen Mannes zu verschaffen, um sich und ihre Kinder ernähren zu können. Der war jedoch bereits vergeben und Geld für eine Bestechung hatte sie nicht. So richtete sie öffentlich im Hippodrom in Begleitung ihrer 3 Töchter an ihre Partei die entspr. Bitte. Diese betrachteten das als erheiterndes Schauspiel und wiesen sie ab. Die Blauen aber sahen darin eine willkommene Chance, der Gegenpartei eins auszuwischen und verschafften Theodoras Stiefvater Arbeit und Einkommen. Das Problem schien gelöst und geriet bei den Zirkusparteien in Vergessenheit. Theodora jedoch vergaß die Demütigung ihrer Familie im Hippodrom nie, wurde eine erbitterte Feindin der Grünen und blieb es zeitlebens.
Dort wo sie aufwuchs, zählten Durchsetzungsvermögen, Härte, Schlagfertigkeit und, um damals im Theater als Schauspielerin Erfolg zu haben, frivole Auftritte bis hin zum Strip. Und Theodora hatte Erfolg! Dass sie diesen aber auch ihrer Schönheit, ihrem Charme und ihrer Anmut verdankt, gibt selbst der zeitgenössische Geschichtsschreiber des byzantinischen Kaiserhofes, Prokop zu. Aber von ihm stammt auch die Aussage, dass sie sich neben der Schauspielerei hemmungslos der Prostitution hingab. Mögen auch manche Details Prokops Abneigung gegen Theodora entsprungen sein, tugendhaft war sie in diesem Lebensabschnitt ganz gewiss nicht. Moralische Bedenken hatte aber auch niemand, der in der Umgebung des Hippodroms aufgewachsen war.
520 n. Chr. folgte Theodora ihrem Liebhaber Hekebolos nach Nordafrika. Nach einem Streit setzte dieser sie völlig mittellos auf die Straße. Sie schlug sich bis Alexandria durch, damals eine der wichtigsten Städte der Christenheit. In jener Zeit teilten sich die Gläubigen der byzantinisch/römischen Welt in zwei Lager: Streitpunkt war die Natur Christi. Die orthodoxe Lehre gestand Christus eine menschliche und eine göttliche Natur zu. Für die Monophysiten ging die menschliche Natur in der göttlichen auf. Welche Seite auch immer die Kaiser in Byzanz begünstigten, die Gegenseite sah sich brutalsten Verfolgungen ausgesetzt, wenn sie nicht auf den „Regierungskurs“ umschwenkte. Von der Toleranz eines „Barbarenkönigs“ wie Theoderich d. Gr., der da sagte „Ich war immer der Überzeugung, die Religionen können wir nicht befehlen, weil sich niemand zwingen lässt, wider seinen Willen etwas zu glauben“ keine Spur im Oströmischen Kaiserreich. Seit der Thronbesteigung von Kaiser Justinus galt die orthodoxe Lehre wieder als die „richtige“. Während in Syrien und Palästina die Monophysiten verfolgt wurden, ließ man sie in Ägypten allerdings aus wirtschaftspolitischen Gründen in Ruhe. Ägypten war die Kornkammer des Reiches; ein Aufstand dort hätte katastrophale Folgen für die Getreideversorgung gehabt. Das Land wurde daher Zufluchtsort aller Verfolgten.
In dieser wirren Zeit traf Theodora in Alexandria ein. Eine mittellose Hure inmitten hunderter Flüchtlinge. Auf welche Weise sie dort Timotheus, den Patriarchen von Alexandria kennen lernte, ist nicht bekannt, aber unter seinem Einfluss wurde sie zur Anhängerin der monophysitischen Lehre.
522 n. Chr. kehrte Theodora nach Byzanz zurück. Jedoch nicht, um ihr früheres Lotterleben wieder aufzunehmen, sondern um sich in einer ärmlichen Unterkunft ihren Lebensunterhalt mit dem Spinnen von Wolle zu verdienen. Ob das der Wahrheit entsprach oder nur erzählt wurde, um den Hof damit zu beruhigen, dass sie ein ehrbares Leben begonnen hätte, sei dahingestellt. Wie sie bald darauf Justinian, den Neffen des Kaisers Justinus kennenlernte, bleibt im Dunkel der Geschichte. Es wurde gemunkelt, eine Edel-Kurtisane, die in der byzantinischen High Society verkehrte, hätte die Kupplerin gespielt. Justinian, geboren als Sohn armer Bauern, aber hochintelligent, war von seinem Onkel adoptiert worden. Er erhielt eine exzellente Erziehung und Justinus, der Karriere-Soldat, der es bis zum Kaiser gebracht hatte, verließ sich zunehmend auf seinen Rat. Hätte es damals schon eine Regenbogenpresse gegeben, sie wäre voll gewesen mit Schlagzeilen über die Beziehung des Thronfolgers zu der ehemaligen Hure, denn er holte Theodora als Geliebte in seinen Palast. Diese Liebesbeziehung reichte Justinian nicht --- er wollte heiraten. Es existierte jedoch ein Gesetz, das Männern von Stand verbot, eine Frau zu ehelichen, die einmal Schauspielerin gewesen war. Dieses Gesetz sollte Onkel Justinus ändern, aber der Protest Tante Euphemias stoppte die Aktion. Eine Frau mit solcher Vergangenheit in der kaiserlichen Familie? Ein Skandal, den sie nicht zulassen wollte! Dabei ignorierte sie völlig, dass sie selbst als Sklavin geboren wurde. Und so musste das Liebespaar mit der Heirat warten, bis die alte Kaiserin starb. Im April 527 machte Justinus seinen Neffen zum Mitregenten. In der Sophienkirche wurde Theodora neben Justinian zur Kaiserin gekrönt.
Theodora lernte sehr schnell standesgemäßes Verhalten und duldete keinerlei Nachlässigkeit in der strengen Hofetikette ihr gegenüber. Wehe der Person, die diese nicht einhielt. Auch für sich verlangte sie die Proskynese (Fußfall). Sie hatte nie vergessen, woher sie stammte, aber sie wusste auch genau, welche Machtposition sie jetzt inne hatte. Wahrscheinlich standen ihr als Kaiserin auch Senatoren und Beamte wieder gegenüber, die einstmals ihre Kunden gewesen waren. Eine pikante Situation, in der unbedingt Distanz geschaffen werden musste. Theodora genoss nicht nur die Macht, sondern natürlich auch den Luxus und betrieb stundenlang Schönheitspflege. Und sie machte eine völlig neue Erfahrung: zum ersten Mal war nicht nur ihr Körper gefragt, sondern ihr Rat; ihr Intellekt wurde gefordert. Theodora wurde Justinians treueste Ratgeberin in allen politischen Dingen. Sie war keine Dekoration auf dem Kaiserthron; sie regierte mit, verhandelte mit Gesandten, unterzeichnete Verträge! Die Beamten mussten den Eid nicht nur auf den Kaiser, sondern auch auf die Kaiserin ablegen.
Nach dem Tod des alten Kaisers gehörte ab dem 01.08.527 die Macht über das Oströmische Reich dem Paar allein. Ein Reich, in dem es bald unter der Oberfläche zu brodeln begann. Die Staatskasse war leer und Justinian fing an, sich Feinde zu machen. Er plante, gegen die Großgrundbesitzer vorzugehen, die sich an den Kleinbauern bereichert hatten; er ignorierte das, wenn auch nur förmliche Mitspracherecht der Senatoren und er bevorzugte nicht mehr die Blauen (Zirkuspartei). Das größte Problem aber wurde sein Praefectus praetorio, Johannes von Kappadokien; zwar ein guter Verwaltungsbeamter von Justinians Standpunkt aus, mit Blick für nötige Reformen, aber ein ungehobelter Kerl ohne jegliches Benehmen, der rücksichtslos und brutal gegen Arm und Reich vorging, bäuerliche Existenzen vernichtete. Die Folge war Lebensmittelknappheit.
Das Volk muckte auf. Hinrichtungen als Strafe für einen Aufstand brachten Anfang Januar 532 im Hippodrom den Kessel zum Überkochen, als obendrein Justinian Gnadengesuche ignorierte. Die beiden Zirkusparteien vergaßen ihre Rivalität und zogen an einem Strang. „Nika! Nika!“ (= Sieg!) brüllend zog die Menge durch die Stadt, setze Gebäude in Brand und stellte die Forderung nach Entlassung des Stadtpräfekten Eudaimon, des obersten Justizbeamten (Quaestor Sacri Palatii) Tribonian, der als bestechlich galt und vor allem des Johannes von Kappadokien. In die Enge getrieben, stimmte Justinian zu. Aber es war zu spät; das Volk ließ sich damit nicht mehr beruhigen. Der Feldherr Belisar versuchte mit Waffengewalt in den Straßen der Lage Herr zu werden und scheiterte. Ein Friedensappell des Kaisers im Hippodrom wurde niedergebrüllt und das aufgebrachte Volk suchte sich einen Anführer: Hypatios, Neffe des Vorvorgängers Justinians, der darüber alles andere als glücklich war. Der zunächst Widerstrebende wurde kurzerhand zum Kaiser gemacht. Die Stadt Byzanz glich einem Hexenkessel.
Die im Kaiserpalast bei Justinian Verbliebenen, u. a. Belisar, Narses, Johannes von Kappadokien, rieten ihm angesichts der ausweglosen Lage zur Flucht. Nur eine Person weigerte sich, solches in Betracht zu ziehen: die Kaiserin! „.......Ich will nie den Tag erleben, an dem man mich nicht mehr als Kaiserin grüßt. Wenn Du Dich, mein Kaiser in Sicherheit bringen willst, dann bitte! ....Ich halte mich an die alte Weisheit: Der Purpur ist ein gutes Leichentuch!“ Sie dachte nicht daran, davon zu laufen; dann lieber sterben --- und beschämte mit ihrer temperamentvollen Rede die Männer!
Von ihrer Entschlossenheit angesteckt, schleusten Belisar und Mundus unbemerkt ihre Truppen zum Hippodrom durch, wo das Volk seinen neuen Kaiser hochleben ließ. Die in der Falle Sitzenden wurden gnadenlos abgeschlachtet. 30.000 Menschen kostete der so genannte Nika-Aufstand das Leben. Hypatios wurde hingerichtet, obwohl Justinian ihn zunächst verschonen wollte. Er war ja unfreiwillig in den Aufstand hineingeraten. Aber Theodora setze das Todesurteil durch.
folgenden Bericht habe ich einmal zu einem rein privaten Zweck verfasst; da wusste ich noch nichts vom Geschichtsforum. Ich stelle ihn trotzdem in seiner ursprünglichen Form ein, ohne daran herum zu doktern. Die Fakten sind hierin etwas literarisch verpackt; ich hoffe, es stört nicht.
Theodora, Kaiserin von Byzanz:
vom Zirkus zum Kaiserthron
(ca. 497 – 28.06.548 n. Chr.)
Teil 1
„Wenn dieses Weib ein Mann wäre, der müsste mir sterben. – Er wäre gefährlicher als die Barbaren, samt Byzanz. Aber dann freilich, dann wäre die Bosheit nicht so unergründlich teuflisch.“
So lautet die Meinung des Präfekten von Rom, Cethegus über seine schöne Jugendfreundin in dem Roman „Ein Kampf um Rom“ von Felix Dahn (VI, 11). Eine harte Aussage! Roman oder Realität?
Schön, klug, willensstark, mutig, intrigant, teuflisch, verrucht --- Eigenschaften, die man Theodora, der Kaiserin von Byzanz an der Seite Justinians I., zuschreibt. Was trifft davon zu?
Byzanz, die Hauptstadt des Oströmischen Reiches, war um das Jahr 500 n. Chr. eine Metropole mit rd. 750.000 Einwohnern, ein Schmelztiegel vieler Völker. Was die Byzantiner jener Zeit verband, war eine Leidenschaft für theologische Diskussionen, die oft recht hitzig und nicht immer nur verbal geführt wurden. Aber diese wurde noch übertroffen durch die Leidenschaft für Wagenrennen, organisiert von den beiden Zirkusparteien, den Grünen und den Blauen. Die Zirkusparteien waren allerdings mehr als nur Fan-Clubs, sie verkörperten auch politische und religiöse Richtungen. Im Hippodrom tobte sich die Sportleidenschaft des Volkes aus mit allen auch heute bekannten Begleiterscheinungen. Hooligans sind keineswegs nur eine Erscheinung unserer Zeit. Unter Umständen bekam bei den Rennen auch der Kaiser hier die Meinung des Volkes zu spüren.
In diese Umgebung hinein wurde Theodora als Tochter des Bärenwärters der Grünen, Akakios geboren. Sie gehörte damit zur untersten sozialen Schicht des Oströmischen Reiches. Als Theodora ca. 5 Jahre alt war, starb der Vater und ihre Mutter versuchte ihrem neuen Partner den Job ihres verstorbenen Mannes zu verschaffen, um sich und ihre Kinder ernähren zu können. Der war jedoch bereits vergeben und Geld für eine Bestechung hatte sie nicht. So richtete sie öffentlich im Hippodrom in Begleitung ihrer 3 Töchter an ihre Partei die entspr. Bitte. Diese betrachteten das als erheiterndes Schauspiel und wiesen sie ab. Die Blauen aber sahen darin eine willkommene Chance, der Gegenpartei eins auszuwischen und verschafften Theodoras Stiefvater Arbeit und Einkommen. Das Problem schien gelöst und geriet bei den Zirkusparteien in Vergessenheit. Theodora jedoch vergaß die Demütigung ihrer Familie im Hippodrom nie, wurde eine erbitterte Feindin der Grünen und blieb es zeitlebens.
Dort wo sie aufwuchs, zählten Durchsetzungsvermögen, Härte, Schlagfertigkeit und, um damals im Theater als Schauspielerin Erfolg zu haben, frivole Auftritte bis hin zum Strip. Und Theodora hatte Erfolg! Dass sie diesen aber auch ihrer Schönheit, ihrem Charme und ihrer Anmut verdankt, gibt selbst der zeitgenössische Geschichtsschreiber des byzantinischen Kaiserhofes, Prokop zu. Aber von ihm stammt auch die Aussage, dass sie sich neben der Schauspielerei hemmungslos der Prostitution hingab. Mögen auch manche Details Prokops Abneigung gegen Theodora entsprungen sein, tugendhaft war sie in diesem Lebensabschnitt ganz gewiss nicht. Moralische Bedenken hatte aber auch niemand, der in der Umgebung des Hippodroms aufgewachsen war.
520 n. Chr. folgte Theodora ihrem Liebhaber Hekebolos nach Nordafrika. Nach einem Streit setzte dieser sie völlig mittellos auf die Straße. Sie schlug sich bis Alexandria durch, damals eine der wichtigsten Städte der Christenheit. In jener Zeit teilten sich die Gläubigen der byzantinisch/römischen Welt in zwei Lager: Streitpunkt war die Natur Christi. Die orthodoxe Lehre gestand Christus eine menschliche und eine göttliche Natur zu. Für die Monophysiten ging die menschliche Natur in der göttlichen auf. Welche Seite auch immer die Kaiser in Byzanz begünstigten, die Gegenseite sah sich brutalsten Verfolgungen ausgesetzt, wenn sie nicht auf den „Regierungskurs“ umschwenkte. Von der Toleranz eines „Barbarenkönigs“ wie Theoderich d. Gr., der da sagte „Ich war immer der Überzeugung, die Religionen können wir nicht befehlen, weil sich niemand zwingen lässt, wider seinen Willen etwas zu glauben“ keine Spur im Oströmischen Kaiserreich. Seit der Thronbesteigung von Kaiser Justinus galt die orthodoxe Lehre wieder als die „richtige“. Während in Syrien und Palästina die Monophysiten verfolgt wurden, ließ man sie in Ägypten allerdings aus wirtschaftspolitischen Gründen in Ruhe. Ägypten war die Kornkammer des Reiches; ein Aufstand dort hätte katastrophale Folgen für die Getreideversorgung gehabt. Das Land wurde daher Zufluchtsort aller Verfolgten.
In dieser wirren Zeit traf Theodora in Alexandria ein. Eine mittellose Hure inmitten hunderter Flüchtlinge. Auf welche Weise sie dort Timotheus, den Patriarchen von Alexandria kennen lernte, ist nicht bekannt, aber unter seinem Einfluss wurde sie zur Anhängerin der monophysitischen Lehre.
522 n. Chr. kehrte Theodora nach Byzanz zurück. Jedoch nicht, um ihr früheres Lotterleben wieder aufzunehmen, sondern um sich in einer ärmlichen Unterkunft ihren Lebensunterhalt mit dem Spinnen von Wolle zu verdienen. Ob das der Wahrheit entsprach oder nur erzählt wurde, um den Hof damit zu beruhigen, dass sie ein ehrbares Leben begonnen hätte, sei dahingestellt. Wie sie bald darauf Justinian, den Neffen des Kaisers Justinus kennenlernte, bleibt im Dunkel der Geschichte. Es wurde gemunkelt, eine Edel-Kurtisane, die in der byzantinischen High Society verkehrte, hätte die Kupplerin gespielt. Justinian, geboren als Sohn armer Bauern, aber hochintelligent, war von seinem Onkel adoptiert worden. Er erhielt eine exzellente Erziehung und Justinus, der Karriere-Soldat, der es bis zum Kaiser gebracht hatte, verließ sich zunehmend auf seinen Rat. Hätte es damals schon eine Regenbogenpresse gegeben, sie wäre voll gewesen mit Schlagzeilen über die Beziehung des Thronfolgers zu der ehemaligen Hure, denn er holte Theodora als Geliebte in seinen Palast. Diese Liebesbeziehung reichte Justinian nicht --- er wollte heiraten. Es existierte jedoch ein Gesetz, das Männern von Stand verbot, eine Frau zu ehelichen, die einmal Schauspielerin gewesen war. Dieses Gesetz sollte Onkel Justinus ändern, aber der Protest Tante Euphemias stoppte die Aktion. Eine Frau mit solcher Vergangenheit in der kaiserlichen Familie? Ein Skandal, den sie nicht zulassen wollte! Dabei ignorierte sie völlig, dass sie selbst als Sklavin geboren wurde. Und so musste das Liebespaar mit der Heirat warten, bis die alte Kaiserin starb. Im April 527 machte Justinus seinen Neffen zum Mitregenten. In der Sophienkirche wurde Theodora neben Justinian zur Kaiserin gekrönt.
Theodora lernte sehr schnell standesgemäßes Verhalten und duldete keinerlei Nachlässigkeit in der strengen Hofetikette ihr gegenüber. Wehe der Person, die diese nicht einhielt. Auch für sich verlangte sie die Proskynese (Fußfall). Sie hatte nie vergessen, woher sie stammte, aber sie wusste auch genau, welche Machtposition sie jetzt inne hatte. Wahrscheinlich standen ihr als Kaiserin auch Senatoren und Beamte wieder gegenüber, die einstmals ihre Kunden gewesen waren. Eine pikante Situation, in der unbedingt Distanz geschaffen werden musste. Theodora genoss nicht nur die Macht, sondern natürlich auch den Luxus und betrieb stundenlang Schönheitspflege. Und sie machte eine völlig neue Erfahrung: zum ersten Mal war nicht nur ihr Körper gefragt, sondern ihr Rat; ihr Intellekt wurde gefordert. Theodora wurde Justinians treueste Ratgeberin in allen politischen Dingen. Sie war keine Dekoration auf dem Kaiserthron; sie regierte mit, verhandelte mit Gesandten, unterzeichnete Verträge! Die Beamten mussten den Eid nicht nur auf den Kaiser, sondern auch auf die Kaiserin ablegen.
Nach dem Tod des alten Kaisers gehörte ab dem 01.08.527 die Macht über das Oströmische Reich dem Paar allein. Ein Reich, in dem es bald unter der Oberfläche zu brodeln begann. Die Staatskasse war leer und Justinian fing an, sich Feinde zu machen. Er plante, gegen die Großgrundbesitzer vorzugehen, die sich an den Kleinbauern bereichert hatten; er ignorierte das, wenn auch nur förmliche Mitspracherecht der Senatoren und er bevorzugte nicht mehr die Blauen (Zirkuspartei). Das größte Problem aber wurde sein Praefectus praetorio, Johannes von Kappadokien; zwar ein guter Verwaltungsbeamter von Justinians Standpunkt aus, mit Blick für nötige Reformen, aber ein ungehobelter Kerl ohne jegliches Benehmen, der rücksichtslos und brutal gegen Arm und Reich vorging, bäuerliche Existenzen vernichtete. Die Folge war Lebensmittelknappheit.
Das Volk muckte auf. Hinrichtungen als Strafe für einen Aufstand brachten Anfang Januar 532 im Hippodrom den Kessel zum Überkochen, als obendrein Justinian Gnadengesuche ignorierte. Die beiden Zirkusparteien vergaßen ihre Rivalität und zogen an einem Strang. „Nika! Nika!“ (= Sieg!) brüllend zog die Menge durch die Stadt, setze Gebäude in Brand und stellte die Forderung nach Entlassung des Stadtpräfekten Eudaimon, des obersten Justizbeamten (Quaestor Sacri Palatii) Tribonian, der als bestechlich galt und vor allem des Johannes von Kappadokien. In die Enge getrieben, stimmte Justinian zu. Aber es war zu spät; das Volk ließ sich damit nicht mehr beruhigen. Der Feldherr Belisar versuchte mit Waffengewalt in den Straßen der Lage Herr zu werden und scheiterte. Ein Friedensappell des Kaisers im Hippodrom wurde niedergebrüllt und das aufgebrachte Volk suchte sich einen Anführer: Hypatios, Neffe des Vorvorgängers Justinians, der darüber alles andere als glücklich war. Der zunächst Widerstrebende wurde kurzerhand zum Kaiser gemacht. Die Stadt Byzanz glich einem Hexenkessel.
Die im Kaiserpalast bei Justinian Verbliebenen, u. a. Belisar, Narses, Johannes von Kappadokien, rieten ihm angesichts der ausweglosen Lage zur Flucht. Nur eine Person weigerte sich, solches in Betracht zu ziehen: die Kaiserin! „.......Ich will nie den Tag erleben, an dem man mich nicht mehr als Kaiserin grüßt. Wenn Du Dich, mein Kaiser in Sicherheit bringen willst, dann bitte! ....Ich halte mich an die alte Weisheit: Der Purpur ist ein gutes Leichentuch!“ Sie dachte nicht daran, davon zu laufen; dann lieber sterben --- und beschämte mit ihrer temperamentvollen Rede die Männer!
Von ihrer Entschlossenheit angesteckt, schleusten Belisar und Mundus unbemerkt ihre Truppen zum Hippodrom durch, wo das Volk seinen neuen Kaiser hochleben ließ. Die in der Falle Sitzenden wurden gnadenlos abgeschlachtet. 30.000 Menschen kostete der so genannte Nika-Aufstand das Leben. Hypatios wurde hingerichtet, obwohl Justinian ihn zunächst verschonen wollte. Er war ja unfreiwillig in den Aufstand hineingeraten. Aber Theodora setze das Todesurteil durch.